OGH 3Ob2185/96m

OGH3Ob2185/96m19.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johannes S*****, vertreten durch Dr.Helwig Keber, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Helfried Klaus T*****, vertreten durch Dr.Alfred Lind und Dr.Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 75.093,74 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 27. Mai 1994, GZ 3 R 97/94-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 31. Jänner 1994, GZ 8 C 65/93-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung der Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Mit Mietvertrag vom 11.1.1989 mietete der Kläger vom Beklagten, eine, im Erdgeschoß des Hauses Graz, J*****gasse 19, gelegene Wohnung, um den "frei vereinbarten Hauptmietzins (Mietzins)" von wertgesichert S 2.100,-- zuzüglich anteiliger Betriebskosten und gesetzlicher Umsatzsteuer von derzeit 10 %. Nach § 12 des Mietvertrages sind dem Kläger unter anderen folgende Inventargegenstände in Bestand gegeben worden: Abwäsche, Kühlschrank, E-Herd, zwei Kästen, Doppelbettgarnitur, Couchtisch.

Am 24.4.1992 stellte der Kläger zu A 21/2-K8-210/92 an die Schlichtungsstelle des Magistrates Graz einen Antrag auf Überprüfung des vorgeschriebenen Hauptmietzinses, den er am 7.5.1992 zurückzog.

Über Aufkündigung des Klägers wurde das Mietverhältnis per 31.5.1992 beendet.

Am 17.7.1992 stellte der Kläger zu A 2/II-K8-423/29 an die Schlichtungsstelle des Magistrates Graz neuerlich einen Antrag, den ihm vorgeschriebenen Mietzins auf seine Gesetzmäßigkeit zu überprüfen. Mit Entscheidung des Magistrates Graz, Amt für Wohnangelegenheiten - Schlichtungsstelle vom 9.9.1992, wurde gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG in Verbindung mit § 16 Abs 2 Z 3 MRG festgestellt, daß der zulässige Hauptmietzins der Wohnung für die Zeit vom 1.8.1989 bis 30.11.1991 S 268,--, und ab 1.12.1991 S 296,--, jeweils monatlich betragen habe. Gemäß § 37 Abs 4 MRG wird dem Vermieter aufgetragen, jene vorgeschriebenen und verrechneten Beträge, die den ab 1.8.1989 zulässigen Hauptmietzins übersteigen, binnen 14 Tagen ab Rechtskraft dieser Entscheidung, zuzüglich der gesetzlichen Zinsen von jährlich 4 %, bei sonstiger Exekution dem antragstellenden Mieter rückzuerstatten. In der Begründung führte die Schlichtungsstelle aus, daß auf der Basis der im Antrag vom 15.7.1992 gemachten Angaben und des Inhaltes des Mietvertrages vom 11.1.1989 die Wohnung gemäß § 16 Abs 2 Z 3 MRG in die Ausstattungskategorie C einzuordnen sei. Der hiefür zulässige Hauptmietzins betrage daher gemäß § 16 Abs 2 Z 3 und Abs 4 MRG für den Zeitraum vom 1.1.1989 bis 30.11.1991 S 6,70 je Quadratmeter Nutzfläche und Monat und ab 1.12.1991 S 7,40 je Quadratmeter und Monat. Eine Anrufung des Gerichtes nach § 40 MRG erfolgte nicht.

Der Kläger begehrt unter Zugrundelegung der Entscheidung der Schlichtungsstelle, den Zuspruch von S 75.093,74 sA.

Der Beklagte wendete ein, daß auch Inventar mitvermietet worden sei, der Kläger durch die Zurückziehung seines Antrages am 24.4.1992 auf seinen Rückforderungsanspruch verzichtet habe und der Rechtsweg unzulässig sei, weil der Beklagte bereits durch die Schlichtungsstelle zur Rückzahlung verpflichtet worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, der Kläger habe am 7.5.1992 seinen Antrag bei der Schlichtungsstelle aufgrund einer Vereinbarung mit der Hausverwaltung zurückgezogen, wonach der Beklagte einen vom Kläger namhaft zu machenden Nachmieter akzeptiere, von dem der Kläger eine Ablöse für diverse in der Wohnung verbleibende Gegenstände beziehungsweise Investitionen verlangen könne. In der Folge habe der Kläger einen solchen Nachmieter namhaft gemacht. Von einem Untermieter des neuen Mieters habe der Kläger eine Ablöse von S 10.000,-- für diverse in der Wohnung verbliebene Gegenstände erhalten. Diese habe er aber zurückzahlen müssen, weil der Beklagte erklärt habe, diese Gegenstände seien sein Eigentum.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß es an die rechtskräftige Feststellung der Schlichtungsstelle über die Höhe des zulässigen Hauptmietzinses gebunden sei. Ein Verzicht liege nicht vor, die selbständige Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs im Rechtsweg sei zulässig, da die Frage der Rückforderung nicht Gegenstand des Außerstreitverfahrens sei und nur ein positiver Leistungsbefehl nach § 37 Abs 4 MRG in einem allfälligen Folgeprozeß Rechtskraftwirkung entfalte. Der Leistungsbefehl der Entscheidung der Schlichtungsstelle sei jedoch mangels Bestimmtheit nicht vollstreckbar und könne somit keine Rechtskraftwirkung entfalten. Die Anrufung des ordentlichen Gerichtes sei daher zulässig.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Soweit der Berufungswerber die Feststellung, wonach zwischen dem Kläger und dem Hausverwalter vereinbart worden sei, daß der Kläger seinen Antrag vom 24.4.1992 zurückziehe, wenn der Beklagte im Gegenzug dafür einen vom Kläger namhaft zu machenden Nachmieter akzeptiere, bekämpfe, sei ihm zu entgegnen, daß er in seiner Beweisrüge nicht konkret aufzeige, aufgrund welcher Beweismittel die von ihm begehrte, abweichende Feststellung zu treffen wäre. Auf die in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführte Berufung sei daher keine Rücksicht zu nehmen.

Dem Berufungswerber sei wohl zuzugestehen, daß ein allfälliger Verzicht des Klägers auf die Geltendmachung des Rückforderungsanspruches beachtlich wäre, weil es sich hiebei nicht um einen Verzicht im voraus im Sinn des § 37 Abs 3 MRG handeln würde. Die Feststellungen über die Vereinbarungen zwischen dem Kläger und dem Hausverwalter des Beklagten ließen jedoch nicht mit hinreichender Bestimmtheit den Schluß zu, daß der Kläger über die Antragsrückziehung hinaus auf die Geltendmachung seines Rückforderungsanspruches überhaupt verzichtet habe, zumal Verzicht nach ständiger Rechtsprechung einschränkend auszulegen sei. Ein solcher Verzicht könnte nur unter den Voraussetzungen des § 863 ABGB schlüssig erklärt worden sein. An die Annahme schlüssigen Verhaltens sei jedoch ein strenger Maßstab anzulegen und insbesondere bei Annahme stillschweigenden Verzichts besondere Vorsicht geboten. In der Vereinbarung, den Antrag auf Überprüfung des Hauptmietzinses unter der Voraussetzung zurückzuziehen, daß ein Nachmieter an den Kläger eine Ablöse zahle, welche im übrigen vom Kläger auf Betreiben des Beklagten wieder zurückgezahlt worden sei, könne demnach ein schlüssiger Verzicht auf jedwede Mietzinsrückforderung nicht erblickt werden.

Was den Einwand, daß im vereinbarten Mietzins auch ein Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände im Sinn des § 25 MRG enthalten sei, anlange, sei dem Beklagten zuzugestehen, daß das Erstgericht die Frage des angemessenen Mietzinses für mitvermietete Einrichtungsgegenstände nicht behandelt habe. Der Beklagte übersehe jedoch die rechtskräftige Feststellung der Schlichtungsstelle, wonach der Kläger monatlich S 2.544,84 an reinem Hauptmietzins gezahlt habe. Das angemessene Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände sei jedoch ein eigener Bestandteil des Mietzinses für Hauptmieter, der nicht unter den Begriff Hauptmietzins falle.

Ein im Sinn des § 7 EO exequierbarer Rückforderungstitel liege mangels genauer Bezeichnung des Umfanges der Leistung nicht vor. Da eine Ergänzung des Titels nur zum Nachweis der für die Fälligkeit und Vollstreckbarkeit maßgebenden Tatsachen, nicht aber zum Nachweis des Umfanges der geschuldeten Leistung zulässig sei, habe der Kläger seinen Rückforderungsanspruch im streitigen Verfahren geltend machen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig und berechtigt.

In zwei Punkten kann ihr allerdings nicht gefolgt werden: Wie bereits in der Entscheidung des verstärkten Senates vom 13.4.1994, 3 Ob 523/94 = SZ 67/65 mwN ausgeführt wurde, kommt der Rückziehung eines Antrages nach den §§ 37, 39 MRG keine materiellrechtliche Wirkung zu. Daß der Kläger auch einen Verzicht auf den Rückforderungsanspruch abgegeben hätte, läßt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, den getroffenen Feststellungen nicht entnehmen.

Soweit der Beklagte weiterhin den Standpunkt vertritt, daß für die Klageführung der Rechtsweg unzulässig sei, ist er nur darauf zu verweisen, daß beide Vorinstanzen in den Entscheidungsgründen die Zulässigkeit des Rechtsweges ausdrücklich bejaht haben, sodaß insoweit eine auch den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung vorliegt (§ 42 Abs 3 JN; Judikatenbuch 63; Mayr in Rechberger Rz 2 zu § 42 JN mwN).

Zutreffend führt der Revisionswerber allerdings aus, daß zwar der zulässige Hauptmietzins durch die rechtskräftige Entscheidung der Schlichtungsstelle festgestellt worden sei, im zulässigen Mietzins aber auch ein angemessenes Entgelt für die mitvermieteten Einrichtungsgegenstände berücksichtigt werden müsse. Nach § 15 Abs 1 MRG besteht der vom Mieter für die Überlassung eines Mietgegenstandes in Hauptmiete zu entrichtende Mietzins ua 1. aus dem Hauptmietzins und 4. aus dem angemessenen Entgelt für vermietete Einrichtungsgegenstände. Die Entscheidung der Schlichtungsstelle bezog sich gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG ausdrücklich nur auf den zulässigen Hauptmietzins nach § 15 Abs 1 Z 1 MRG. Zu dem von der Schlichtungsstelle rechtskräftig festgestellten zulässigen Hauptmietzins kommt aber bei Prüfung des zulässigen Gesamtmietzinses noch ein vom Erstgericht zu ermittelnder angemessener Betrag für die mitvermieteten Einrichtungsgegenstände.

Der Revision ist Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Rechtssache zur Prüfung des angemessenen Entgeltteils nach § 15 Abs 1 Z 4 MRG an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.

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