OGH 2Ob323/97g

OGH2Ob323/97g23.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt Wien, 1082 Wien, Neues Rathaus, vertreten durch Dr.Josef Milchram, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Herbert F*****, und 2. ***** Versicherungs-AG, ***** beide vertreten durch Dr.Jörg Baumgärtel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zahlung von S 910.015,06 sA und Feststellung, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 13.Mai 1997, GZ 11 R 49/97z-13, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 16.Dezember 1996, GZ 2 Cg 43/96a-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 24.967,80 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 4.161,30, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 27.1.1993 wurde eine am 28.8.1952 geborene, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur klagenden Partei stehende Krankenschwester bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Das Alleinverschulden an diesem Unfall trifft den Erstbeklagten, der von ihm gelenkte und gehaltene PKW war bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversichert.

Die klagende Partei begehrt von den Beklagten die Zahlung von S 910.015,06 sA und die Feststellung, daß sie ihr für alle künftigen Leistungen haften, die sie (die klagende Partei) aufgrund des Verkehrsunfalles vom 25.1.1993 an die Verletzte zu erbringen hat und die in jenem Schaden Deckung finden, den die Verletzte an Verdienstentgang ohne die von der klagenden Partei gewährten Leistungen erleiden würde. Die klagende Partei brachte vor, in den Jahren 1993 und 1994 an die Verletzte während deren unfallskausalen Krankenstandes Entgelt in der Höhe von insgesamt S 479.951,74 geleistet zu haben. Die Verletzte habe infolge des Unfalls dauernde Gesundheitsschäden erlitten und sei wegen nicht mehr zu erwartender Wiedererlangung der Dienstfähigkeit mit Wirkung vom 30.6.1994 in den Ruhestand versetzt worden. Im Zeitraum vom 1.7.1994 bis einschließlich 31.12.1995 seien an sie Pensionsbeträge in der Höhe von insgesamt S 430.063,32 ausbezahlt worden. Auf diese Leistungen habe sie aufgrund ihrer aus Anlaß der Folgen des Verkehrsunfalls eingetretenen Dienstunfähigkeit einen besoldungsrechtlich unbefristeten Anspruch erworben. Da sie ohne diese Leistungen einen entsprechenden Verdienstentgang erlitten hätte, sei ihr Anspruch gegen die beklagten Parteien bis zur Höhe des Klagsbetrages auf die klagende Partei übergegangen. Weiters entstünde der Verletzten aufgrund ihrer Dienstunfähigkeit auch in Zukunft ein der Höhe nach noch ungewisser Verdienstentgang, der auf die klagende Partei, welche zu diesbezüglichen Leistungen verpflichtet sei, übergegangen sei.

Die Beklagten wendeten ein, es habe kein Übergang der der Verletzten zustehenden Ersatzansprüche auf die klagende Partei stattgefunden. Die Verletzte sei durchaus in der Lage, im Bereich der klagenden Partei einer anderen, ihrer ursprünglichen Funktion als Krankenschwester adäquaten Tätigkeit nachzugehen, die Pensionierung sei zu Unrecht erfolgt. Im übrigen habe die Verletzte ihre Schadensminderungspflicht dadurch verletzt, daß sie die Annahme einer anderen zumutbaren Beschäftigung unterlassen habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei - über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehend - im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen wurden:

Die bei der klagenden Partei als Krankenschwester beschäftigte Verletzte erlitt bei dem Unfall einen Eindrückungsbruch des zwölften Brustwirbelkörpers, einen Trümmerbruch der rechten Kniescheibe und einen unverschobenen Nasenbeinbruch. Die Verletzungen führten zu gesundheitlichen Dauerfolgen im Sinne einer deutlichen Bewegungseinschränkung im Wirbelsäulenbereich und einer Behinderung bei verschiedenen Körperbewegungen. Ihre berufliche Einsatzfähigkeit ist voraussichtlich auf Dauer eingeschränkt, vor allem ist ihr eine andauernde Belastung der unteren Gliedmaßen, also ein andauerndes Stehen, ebensowenig zumutbar wie eine Tätigkeit, die mit häufigem Bücken oder der Notwendigkeit zum Heben und Tragen schwerer Lasten verbunden ist. Sie ist für einen Einsatz als Krankenschwester am Krankenbett im allgemeinen Pflegedienst nicht geeignet.

Die Verletzte war vom 27.1.1993 bis 19.1.1994, vom 24.1. bis 1.3.1994 und vom 4.3. bis 30.6.1994 im Krankenstand. Während dieser Zeiträume erbrachte die klagende Partei aufgrund der Besoldungsordnung 1967 folgende Zahlungen: im Jahr 1993 S 306.937,83 und im Jahr 1994 S 173.013,91, resultierend jeweils aus den Monatsbezügen, Sonderzahlungen, pauschalierten und einzelverrechneten Nebengebühren sowie aus der Urlaubsabgeltung und diversen Dienstgeberbeiträgen. Mit Beschluß des Stadtsenates der klagenden Partei vom 7.6.1994 wurde die Verletzte mit Wirkung ab 30.6.1994 gemäß § 52 Abs 2 lit a der Dienstordnung 1966 in den Ruhestand versetzt. Aufgrund der Pensionsordnung der klagenden Partei wurden an die Verletzte im Jahr 1994 brutto S 144.255,80 und im Jahr 1995 S 285.807,52 bezahlt. Die Pension wird nach wie vor ausbezahlt.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht gestützt auf die Entscheidung SZ 67/52, die Ansicht, der Ersatzanspruch des Dienstnehmers gegen den Schädiger gehe mit Lohnfortzahlung durch den Dienstgeber auf diesen über. Infolge dieser bloßen Schadensverlagerung könne der Dienstgeber nicht nur das Bruttogehalt, sondern auch die Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung, welche die klagende Partei im Interesse der Dienstnehmerin abführe, von den beklagten Parteien ersetzt verlangen. Die Ersatzpflicht der beklagten Parteien umfasse auch die für den Zeitraum vom 1.7.1994 bis 31.12.1995 geleisteten Pensionszahlungen. Die Verletzte wäre gemäß § 52 Abs 1 lit a der Dienstordnung 1966 aufgrund ihrer Dienstunfähigkeit jedenfalls in den Ruhestand zu versetzen gewesen. Die Beschäftigung eines Beamten in einer anderen Sparte sei nicht vorgesehen. Die Verletzte habe ihre Schadensminderungspflicht nicht verletzt, weil sie nicht verpflichtet gewesen sei, eine andere als die von ihr bisher ausgeübte Tätigkeit anzunehmen. Dem Feststellungsbegehren sei stattzugeben, weil die klagende Partei auch in Zukunft Pensionsleistungen an die Verletzte so lange zu erbringen haben werde, als nach den Umständen mit der Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit ohne das Unfallsereignis zu rechnen gewesen wäre.

Das von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.

Das Berufungsgericht führte aus, es sei die vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung vom 24.3.1994, 2 Ob 21/94, ausgesprochene Rechtsansicht auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden, obwohl sich der Unfall vor diesem Zeitpunkt ereignet habe. § 5 ABGB stelle klar, daß lediglich Gesetze nicht zurückwirken, die Unzulässigkeit der Rückwirkung geänderter Rechtsprechung sei von dieser Norm aber nicht erfaßt. Im übrigen könne allenfalls in einem hier nicht gegebenen Fall unerwartet auftretender oder spektakulärer Judikaturänderung eine Analogie zu § 5 ABGB erwogen werden.

Das Berufungsgericht verneinte auch eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Verletzte, weil diese gemäß § 52 Abs 1 lit a der Dienstordnung 1966 wegen ihrer Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen gewesen sei. Die Dienstordnung sehe die Weiterverwendung eines in einem spezifischen Bereich eingesetzten Beamten nach Eintritt seiner Dienstunfähigkeit nicht vor. Daß die Verletzte eine zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzunehmen gehabt hätte, sei gar nicht behauptet worden.

Zur Frage des Anspruches auf Ersatz der von der klagenden Partei geleisteten Pensionszahlungen verwies das Berufungsgericht auf die neuere Rechtsprechung zur Lohnfortzahlung. Die ratio der Argumente, die für eine Ersatzfähigkeit des aus der Weiterbezahlung der Aktivbezüge resultierenden mittelbaren Schadens angeführte wurden, spreche dafür, der klagenden Partei auch für die im Zeitraum vom 1.7.1994 bis einschließlich 31.12.1995 ausbezahlten Pensionsbeträge Ersatz zu gewähren und auch die künftige Haftung der beklagten Parteien für die noch zu erwartenden, von der klagenden Partei zu tragenden Pensionsleistungen festzustellen. Die Verletzte sei durch die unfallsbedingte Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität nach zunächst längerem Krankenstand dauernd dienstunfähig geworden. Der dadurch bereits entstandene und noch zu erwartende Verdienstausfall sei eine typische Folge des Verkehrsunfalls. Die Kosten hiefür träfen die klagende Partei als Dienstgeberin bzw Pensionsversicherungsträger, weshalb der der Verletzten verursachte Schaden bloß überwälzt werde. Zwischen der auf dasselbe Schadensereignis zurückzuführenden Weiterzahlung des Aktivgehaltes und der Gewährung laufender Zahlungen aus einer Dienstunfähigkeitspension bestehe kein qualitativer Unterschied, der eine Entlastung des Schädigers angezeigt erscheinen lasse. Wenngleich hier ein im Wege der Legalzession gemäß § 332 ASVG übergegangener Anspruch nicht vorliege, sprächen dieselben wertenden Überlegungen für eben diesen Übergang der Pensionsansprüche der Geschädigten auf die klagende Partei als diejenige, die eine formell eigene, materiell jedoch fremde Schuld bezahle. Die Pensionsleistungen stünden im Interesse der Dienstnehmer und dienten zu deren Erwerb und sozialem Schutz. Die Gefahr einer unübersehbaren Ausweitung der Ersatzpflicht bestehe so lange nicht, wie der Anspruch der klagenden Partei mit jenem Zeitpunkt als erloschen anzusehen sei, zu dem die Verletzte auch ohne das schädigende Ereignis nach dem natürlichen Verlauf der Dinge in den Ruhestand getreten wäre.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erachtet, weil zu der Frage, ob auch die aus einer Dienstunfähigkeitspension gewährten Leistungen einen ersatzfähigen mittelbaren Schaden darstellten, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Parteien mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat in der Revisionsbeantwortung beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Parteien nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht aufgezeigten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Die beklagten Parteien vertreten in ihrem Rechtsmittel die Ansicht, bei der Entscheidung SZ 67/52 habe es sich um eine massive Judikaturänderung gehandelt, mit der die Rechtsunterworfenen nicht zu rechnen brauchten. Änderungen der Judikatur dürften genauso wie Gesetze nur ausnahmsweise zurückwirken. In Analogie zu § 5 ABGB müßte auch die geänderte Rechtsprechung dem Rückwirkungsverbot unterworfen werden.

Bei der Dienstunfähigkeitspension handle es sich - anders als in den Fällen bloßer Lohnfortzahlung - nicht um einen bloß "verlagerten" Schaden, der im Wege einer Legalzession auf die klagende Partei übergegangen sei. In diesem Fall komme es tatsächlich zu einer uferlosen Ausweitung der Schadenersatzpflichten.

Weiters sei es zwar richtig, daß die Dienstordnung 1966 normiere, daß ein Beamter bei Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sei, wenn die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ausgeschlossen erscheine. Das bedeute aber nicht, daß der Beamte nicht eine andere als die von ihm bisher ausgeführten Tätigkeit vornehmen könne. Die Dienstordnung 1966 verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen die im ABGB normierte Schadensminderungspflicht. Es könne nicht angehen, daß ein Dienstgeber den Dienstnehmer durch eine Verordnung besser stelle als Privatangestellte oder Angestellte, die nicht einer Dienstordnung unterliegen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Wie der erkennende Senat in der grundlegenden Entscheidung 2 Ob 21/94

(= SZ 67/52 = AnwBl 1994, 905 [zust Berger] = DRdA 1995, 44 [zust

Klein] = ecolex 1994, 560 [zust Mohr] = EvBl 1994/135 = JBl 1994, 684

= RdW 1994, 243 = ZVR 1994/88) ausführlich dargelegt hat, ist es im

Falle der Verletzung eines Verkehrsteilnehmers eine typische, vom

Schutzzweck der Bestimmungen der StVO umfaßte Folge seiner hiedurch

verursachten Arbeitsunfähigkeit, daß er einen Verdienstentgang

erleidet. Ist der Verletzte Dienstnehmer und sein Dienstgeber

gesetzlich zur Lohnfortzahlung verpflichtet, wird der Schaden auf den

Dienstgeber überwälzt. Die Lohnfortzahlungsvorschriften haben nicht

den Zweck, den Schädiger zu entlasten, sie sollen vielmehr den

Dienstnehmer vor sozialen Härten schützen. Die Ersatzpflicht des

Schädigers wird daher durch die Lohnfortzahlung nicht ausgeschlossen.

Ist eine Legalzession nicht vorgesehen, liegt eine Regelungslücke

vor, die in Analogie zu § 1358 ABGB und § 67 VersVG geschlossen

werden kann. Das bedeutet, daß der Ersatzanspruch gegen den Schädiger

mit der Lohnfortzahlung auf den Dienstgeber übergeht. An dieser

Rechtsprechung hat der erkennende Senat auch in den folgenden

Entscheidungen 2 Ob 53/94 (= ZVR 1995/62), 2 Ob 43/95, 2 Ob 8/96 (=

SZ 69/27 = ecolex 1996, 671 = JBl 1996, 583 = RdW 1996, 309 = ZVR

1997/2), 2 Ob 2019/96t (= SZ 69/55 = EvBl 1997/11 = RdW 1996, 470 =

ZVR 1997/78) und 2 Ob 2282/96v (= EvBl 1997/28 = ZVR 1997/37)

festgehalten. Dabei wurde wiederholt ergänzend ausgeführt, der Dienstgeber sei immer dann ersatzberechtigt, wenn er (aufgrund welcher Norm auch immer) zur Lohnfortzahlung verpflichtet sei, also auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorliege. Diese Judikatur wurde ferner in den Entscheidungen 1 Ob 2201/96z und 2 Ob 153/97g aufrecht erhalten, von ihr abzugehen besteht auch im vorliegenden Fall kein Anlaß. Ohne Zweifel besteht daher ein Anspruch der klagenden Partei auf Ersatz der an die Verletzte weiter geleisteten Bezüge. Gleiches muß aber auch für die von der klagenden Partei geleistete Dienstunfähigkeitspension gelten. Auch diese hat nicht den Zweck, den Schädiger zu entlasten, sie soll vielmehr den Dienstnehmer vor sozialen Härten schützen. Durch die Zahlung einer Dienstunfähigkeitspension soll der Beamte durch die Gewährung der Pension trotz Dienstunfähigkeit abgesichert, es soll aber damit keineswegs zugleich auch der Schädiger entlastet werden. Zur Klarstellung ist allerdings darauf hinzuweisen, daß dies nur für die Dauer der Zahlung einer Pension wegen Dienstunfähigkeit (oder Berufsunfähigkeit oder Invalidität) gilt, nicht aber für die Zahlung von Alterspensionen. Wer bereits im Ruhestand ist, erleidet schon deshalb keinen Verdienstentgang, weil er nicht mehr arbeitet. Der Pensionist wird zwar verletzt, seine Arbeitsfähigkeit wird jedoch insoweit nicht mehr beeinträchtigt, als er aus dem Arbeitsleben bereits ausgeschieden ist (Krejci, Schadenersatz wegen Verdienstentganges trotz Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers, VR 4/958, 8 [15 f]). In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, daß es im Falle einer Zahlung einer Berufsunfähigkeitspension durch einen Sozialversicherungsträger zu einer Legalzession nach § 332 ASVG und damit zu einer Ersatzpflicht des Schädigers käme. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, daß der Anspruch auf Ersatz von Verdienstentgang dem gleichen Zweck wie der Anspruch gegen den Sozialversicherungsträger auf Leistung einer Versehrtenrente, nämlich dem Ausgleich des durch die Schadenszufügung verminderten oder nur unter erschwerten Voraussetzungen erzielbaren Erwerbseinkommens diene. Es bestehe daher eine sachliche Kongruenz zwischen dem Anspruch des Verletzten gegen den Schädiger auf Ersatz von Verdienstentgang und dem Anspruch des Verletzten gegen den Sozialversicherungsträger auf Leistung einer Versehrtenrente (SZ 56/137 mwN), es bestehen ferner sachliche Kongruenz von Invaliditätspension und Verdienstentgangsanspruch (2 Ob 2380/96v; 2 Ob 59/94 ua). Gleiches muß auch für die Berufsunfähigkeitspension gelten. Es wäre nun nicht einzusehen, daß es für den Schädiger einen Unterschied mache, ob der von ihm Verletzte von einem Sozialversicherungsträger oder aber von seinem Dienstgeber wegen unfallsbedingter Dienstunfähigkeit eine Pension erhält.

Die Beklagten können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß sich der Unfall vor der ersten den Schadenersatzanspruch bei Lohnfortzahlungspflicht bejahenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 24.3.1994 ereignete. § 5 ABGB verbietet nur die Rückwirkung von Gesetzen, nicht aber auch von Entscheidungen. Das Verbot der Rückwirkung von Gesetzen, kann eine nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand unrichtige Entscheidung nicht rechtfertigen, wenn sich diese Unrichtigkeit aus den konkreten Maßstäben, insbesondere der Gesetzesordnung, ergibt (F.Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 509; andere Ansicht Wilhelm, Die neue Form der Garantie, ecolex 1993, 14 [16]; ähnlich Posch in Schwimann**2, ABGB, Rz 11 zu § 5).

Letztlich haben die Vorinstanzen zu Recht auch eine Verletzung der Schadensminderungspflicht der Verletzten - nur auf diese kommt es an, weil der Schädiger dem Dienstgeber den auf ihn überwälzten Schaden des Dienstnehmers zu ersetzen hat und nicht etwa einen eigenen

Schaden des Dienstgebers aus dem Ausfall der Arbeitskraft (SZ 69/55 =

EvBl 1997/11 = RdW 1996, 470 = ZVR 1997/78) - verneint. Gemäß § 52 Abs 2 lit a der Dienstordnung 1966 (= § 68 Abs 2 Z 1 der wiederverlautbarten Dienstordnung 1994) ist nämlich der Beamte von Amts wegen in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig ist und die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ausgeschlossen erscheint. Unter der Dienstunfähigkeit ist die bleibende Unfähigkeit des Beamten, seinen Dienstposten ordnungsgemäß zu versehen, zu verstehen (VwSlg 13.343 ua), eine Unfähigkeit, die bei der Verletzten gegeben war. Damit war die Versetzung in den Ruhestand berechtigt. Die Verletzte hatte daher gar keine Möglichkeit, bei der Stadt Wien weiterhin - wenn auch in einem anderen Bereich - zu arbeiten.

Gegen die Verfassungsmäßigkeit der angeführten Bestimmung bestehen keine Bedenken. Gemäß Art 21 Abs 1 B-VG obliegt die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes der Bediensteten der Länder den Ländern selbst. Die zitierte Bestimmung enthält auch keine Einschränkung der dem Verletzten obliegenden Schadensminderungspflicht und ist auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht erkennbar, zumal der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, daß der Gleichheitsgrundsatz keine einheitliche Regelung der Sozialversicherungssysteme gebietet (VfSlg 13.634 mwN). Schließlich trifft die Behauptung- und Beweislast dafür, daß die Verletzte, deren Erwerbsfähigkeit verringert ist, eine konkrete Erwerbsmöglichkeit oder eine zu einer solchen führenden Umschulung grundlos ausgeschlagen hat, den Ersatzpflichtigen (Apathy, KommzEKHG, Rz 22 zu § 13 mwN). Diesen Beweis haben die Beklagten nicht erbracht.

Der Revision war somit keine Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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