Spruch:
Aus Anlaß der Rekurse werden die angefochtene Entscheidung und das vorangegangene Verfahren für nichtig erklärt und die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen.
Die Kosten werden gegenseitig aufgehoben.
Text
Begründung
Das Bezirksgericht Salzburg bewilligte der Klägerin auf Grund des vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrages des Bezirksgerichtes Salzburg vom 24. April 1987, 12 C 872/87, zu 6 E 7517/87 am 17. November 1987 die Exekution zur Hereinbringung des Betrages von S 26.403 samt Zinsen und Kosten durch Pfändung der der verpflichteten Partei Annemarie K*** aus der Alters- oder Invaliditätspension gegen die nunmehrige beklagte
P*** DER A*** als Drittschuldnerin
zustehenden Forderung von monatlich S 8.000. Die Exekutionsbewilligung wurde der Beklagten am 23.November 1987 zugestellt. Sie gab am 11.Jänner 1988 bekannt, daß sie an die verpflichtete Partei keine Pension auszahle.
Mit Bescheid vom 19.April 1988 lehnte die Beklagte den Antrag der Annemarie K*** vom 14.September 1987 auf Gewährung der Invaliditätspension ab. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. November 1988, 18 Cgs 150/88-26, wurde die Beklagte schuldig erkannt, der Annemarie K*** die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. Jänner 1988 zu gewähren und ihr bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides einen monatlichen Betrag von S 3.000 als vorläufige Leistung ab 1. Dezember 1988 zu zahlen.
Mit der am 13.November 1989 beim Landesgericht Salzburg "als Arbeitsgericht" eingebrachten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten als Drittschuldnerin Zahlung von S 22.000 unter Hinweis auf die Pfändung und den seit Jänner 1988 bestehenden Pensionsanspruch der Verpflichteten Annemarie K***. Die Klägerin habe schon im Exekutionsantrag auf den anhängigen Pensionsantrag der Verpflichteten hingewiesen.
Die Beklagte erhob gegen den Zahlungsbefehl des Erstgerichtes Einspruch und wendete unter anderem die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein. Der Vorsitzende überwies die Rechtssache gemäß § 38 Abs 2 ASGG dem nicht offenbar unzuständigen Bezirksgericht Innere Stadt Wien, weil der Rechtsstreit weder einem Tatbestand des § 50 ASGG noch einem des § 65 ASGG untergeordnet werden könne; damit liege keine Arbeits- oder Sozialrechtssache vor. Der Sitz der Beklagten liege im Sprengel des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien.
Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rekurses der Klägerin den Beschluß des Erstgerichtes als nichtig auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung über die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten an das Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht zurück und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Es liege eine Sozialrechtssache vor, weil die Klagebehauptungen nur den Schluß zuließen, daß die Klägerin den ihr überwiesenen Pensionsanspruch der Annemarie K*** im Leistungsstreitverfahren geltend machen wolle. Der Senatsvorsitzende hätte daher über die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten nicht entscheiden dürfen, weil dies keine ihm allein übertragene Aufgabe (§ 11 Abs 3 ASGG) sei. Weder in § 37 GOG noch in den §§ 82 ff ASGG seien insoweit Ausnahmen vorgesehen. Auch die Frage, ob der Vorsitzende eines Senates, der gemäß §§ 239, 261 Abs 6 ZPO in der vor ihm durchgeführten ersten Tagsatzung die Überweisung der Rechtssache an ein anderes Gericht beschließen könnte, auch außerhalb der ersten Tagsatzung zu einer solchen Entscheidung befugt wäre, stelle sich nicht, weil in Sozialrechtssachen nach § 65 Abs 1 Z 1, 2 und 4 bis 8 ASGG eine erste Tagsatzung nicht stattfinde. Die fehlerhafte Gerichtsbesetzung sei auch nicht geheilt. Der Rechtsmittelausschluß des § 261 Abs 6 ZPO gelte nicht, weil eine ausdrücklich gegen § 261 Abs 6 ZPO verstoßende Überweisung ausgesprochen worden sei. Aus Anlaß des zulässigen Rechtsmittels sei daher der angefochtene Beschluß als nichtig aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse (richtig: Rekurse) der Streitteile sind zulässig (§§ 19 Abs 2, 527 Abs 2 ZPO).
Aus Anlaß der sohin zulässigen Rechtsmittel ist das gesamte bisherige Verfahren für nichtig zu erklären und die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen (§ 42 Abs 1 JN; § 477 Abs 1 Z 6 ZPO).
Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges ist die Natur des erhobenen Anspruches zu prüfen. Es kommt darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (Arb 10.479 ua). Im Einzelfall wird die Zuweisung zum Bereich des öffentlichen oder des Privatrechts in der Regel durch (einfaches) Gesetz getroffen, das entweder das betreffende Rechtsgebiet ausdrücklich als öffentliches Recht bezeichnet oder eine Zuweisung an die Verwaltungsbehörden oder die Gerichte zum Ausdruck bringt (SZ 56/33 ua; zuletzt JBl 1990, 196).
Durch die Pfändung einer Forderung wird die Natur des Anspruches nicht verändert. Die Überweisung zur Einziehung berechtigt den betreibenden Gläubiger gemäß § 308 EO lediglich, die Forderung so geltend zu machen, wie sie dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner zusteht; die Rechtsstellung des Drittschuldners bleibt unverändert (vgl. SZ 51/67; 52/37 mwN). Die Sozialversicherung gehört in ihrem Kern dem öffentlichen Recht zu; die Organe der Sozialversicherungsträger treten bei Durchführung der Sozialversicherung als Träger der Verwaltung auf (Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts4 200 f; derselbe, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts 10; Oberndorfer in Tomandl aaO 675 f und 688 f; JBl 1990, 196). Trifft das - wie noch auszuführen sein wird - auch für den hier erhobenen Anspruch auf Auszahlung einer bereits zuerkannten Leistung an den Versicherten zu, so muß dies auch für den Überweisungsgläubiger gelten, weil ein öffentlich-rechtlicher Anspruch durch die Pfändung und Überweisung nicht zu einem privatrechtlichen wird.
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist das Begehren der Klägerin nicht als Sozialrechtssache gemäß § 65 Abs 1 Z 1 ASGG zu behandeln und daher auch nicht als eine den Gerichten zugewiesene Leistungssache (§ 354 ASVG) den Verwaltungssachen entzogen (vgl Oberndorfer in Tomandl aaO 688 ff). Auch wenn die Aufzählung der Sozialrechtssachen in § 65 Abs 1 ASGG - im Hinblick auf § 100 ASGG - nicht erschöpfend ist, bedürfte es zur Qualifikation einer Angelegenheit als Sozialrechtssache einer in andern Rechtsvorschriften enthaltenen Verweisung (Kuderna ASGG, 356), die für den gegenständlichen Fall fehlt. Ob die Klägerin auf Grund der Pfändung des (damals) künftigen Pensionsanspruchs der Verpflichteten in die beim Landesgericht Salzburg anhängig gewesene Rechtsstreitigkeit zwischen der Verpflichteten und der Beklagten über den Bestand und den Umfang eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen (§ 65 Abs 1 Z 1 ASGG) hätte eintreten können (- sie wurde als Nebenintervenientin zugelassen -), kann auf sich beruhen, weil im Zeitpunkt der Erhebung der Drittschuldnerklage über diesen Anspruch bereits ein rechtskräftiges Urteil vorlag. Damit geht es aber bei der vorliegenden Streitigkeit über die Höhe des pfändbaren Teils einer bereits rechtskräftig zuerkannten Versicherungsleistung allein um die Frage, an wen die Pensionsleistung zur Gänze oder zum Teil erbracht werden soll, sohin um Auszahlungsmodalitäten. Nach ständiger Rechtsprechung ist aber die Überprüfung der Auszahlung einer bereits zuerkannten Leistung keine Leistungssache (Kuderna ASGG 358; SSV-NF 1/42 und 55; SSV 1/122, 6/79; 14/32; 10 Ob S 11/87; JBl 1990, 196). Nur der Vollständigkeit halber - insbesondere weil die Klägerin die Rechtssache ursprünglich als Arbeitsrechtssache bezeichnet hat, wovon sie aber später (AS 11) abgerückt ist - sei erwähnt, daß es sich beim erhobenen Begehren auch nicht um eine Arbeitsrechtssache im Sinne des § 50 Abs 1 iVm § 52 Z 2 ASGG handelt. Eine solche könnte nur vorliegen, wenn die Drittschuldnerklage des Überweisungsgläubigers gegen den Arbeitgeber des Verpflichteten gerichtet wäre (vgl. Kuderna, ASGG 284; Arb 9.419; JBl 1990, 196). Der Umstand, daß eine Pensionsleistung schlechthin Ersatz für das im Arbeitsgerichtsprozeß erzielte Arbeitseinkommen ist, vermag diese Zuständigkeit nicht zu begründen (JBl 1990, 196).
Da es im vorliegenden Fall sohin nicht um streitige Privatrechte iS des § 1 JN geht, ist die anhängig gewordene Rechtssache den ordentlichen Gerichten überhaupt entzogen. Da eine bindende Entscheidung der Vorinstanzen über die Frage der Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht vorliegt, hatte der Oberste Gerichtshof - der Mangel der Unzulässigkeit des Rechtsweges wurde erst hier offenbar - gemäß § 42 Abs 1 JN seine Unzuständigkeit und die Nichtigkeit des vorangegangenen Verfahrens sofort durch Beschluß auszusprechen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 2 ZPO. Die Unzulässigkeit des Rechtsweges wegen Vorliegens einer Verwaltungssache wurde nicht geltend gemacht.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)