OGH 10ObS11/87

OGH10ObS11/8716.6.1987

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst und die fachkundigen Laienrichter Dr. Rudolf Oezelt und Herbert Bauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich L***, Pensionist, 5020 Salzburg, Anton-Adlgasser-Weg 8, vertreten durch Dr. Ernst Böhm, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei S*** DER G*** W***, 1051 Wien,

Wiedner Hauptstraße 84-86, wegen S 12.795,12 s.A., infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 18. Februar 1987, GZ. 12 Rs 1010/87-9, womit der Beschluß des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Salzburg in Salzburg vom 25. November 1986, GZ. 4 C 24/86-5 (40 Cgs 50/87 des Landesgerichtes Salzburg), bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 1.207,36 (darin S 109,76 Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger bezieht von der beklagten Partei seit 1. September 1984 eine Alterspension. Mit Bescheid vom 9. Juli 1986 entschied die beklagte Partei, daß ihm ab 1. September 1984 die Ausgleichszulage in der im Bescheid ziffernmäßig angeführten Höhe gebührt. Der Bescheid war in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung geteilt. Ein zweites Blatt enthielt eine mit "Abrechnung" überschriebene Berechnung, aus der sich ergibt, daß von der in der Zeit vom 1. September 1984 bis 31. Juli 1986 fällig gewordenen "Bruttoleistung" von S 55.476,60 "für sonstige Ansprüche" S 53.108,10 einbehalten würden. Zugleich wurde angekündigt, daß der Kläger über die Verwendung der einbehaltenen Beträge gesondert verständigt werde. Dies geschah mit einem Schreiben vom 29. Juli 1986, in dem dem Kläger mitgeteilt wurde, daß der Betrag von S 12.795,12 dem Magistrat der Stadt Salzburg und daß der Restbetrag von S 40.312,98 an ihn überwiesen werde. Die zuerst genannte Überweisung wurde vorgenommen, weil der Magistrat der Stadt Salzburg mit Bescheid vom 4. Juni 1985 zur Hereinbringung der Forderung von S 16.101,12 die Pfändung und Überweisung des dem Kläger gegen die beklagte Partei zustehenden Pensionsanspruchs angeordnet hatte.

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei zuletzt die Bezahlung von S 12.795,12 s.A. und bringt hiezu im wesentlichen vor, daß er gegen den Vollstreckungsbescheid Berufung erhoben und zugleich einen Aufschiebungsantrag gestellt habe. Überdies dürften auf Grund dieses Bescheides von seinem Anspruch auf Ausgleichszulage keine Abzüge vorgenommen werden.

Die beklagte Partei bestreitet die Rechtsansicht des Klägers und beantragt die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies die Klage im wesentlichen mit der Begründung zurück, daß damit keine Leistungssache i.S. des § 354 ASVG geltend gemacht werde, weshalb die Schiedsgerichte der Sozialversicherung nicht gemäß § 371 ASVG zur Entscheidung über die Klage zuständig seien.

Das Rekursgericht bestätigte auf Grund eines Rekurses der klagenden Partei den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, daß die vom Kläger bekämpfte Abrechnung nicht als Bescheidteil oder als eigener Bescheid zu werten sei. Jedenfalls sei dem Erstgericht aber darin beizupflichten, daß Streitigkeiten um Auszahlungsmodalitäten einer bescheidmäßig festgestellten Leistung, wie etwa über die Einbehaltung und Überweisung an den betreibenden Gläubiger auf Grund einer Lohnpfändung, keine Leistungssachen i.S. des § 354 ASVG seien. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der unrichtig als Rekurs bezeichnete Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, ihn aufzuheben und dem Landes- als Sozialgericht Salzburg die sachliche Entscheidung über die Klage aufzutragen oder ihn allenfalls im Sinne der Klagestattgebung abzuändern. Die beklagte Partei erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar gemäß § 46 Abs. 2 Z 1 ASGG zulässig, aber nicht berechtigt.

Schon das Rekursgericht erkannte richtig, daß die Abrechnung, die dem Bescheid über die Festsetzung der Ausgleichszulage beigeschlossen war, nicht als Teil dieses Bescheides und auch nicht als gesonderter Bescheid anzusehen ist. Es kann daraus nämlich nicht entnommen werden, daß ein Rechtsverhältnis zum Kläger in bindender Weise festgestellt oder gestaltet werden sollte. Dies bildet aber ein wesentliches Merkmal des Bescheidbegriffes (s. hiezu Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht 471 und 474 sowie Walter-Mayer, Verwaltungsverfahren3 127 je mwN aus dem Schrifttum und der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes). Ebensowenig ist das Schreiben vom 29. Juli 1986, das über die Verwendung der einbehaltenen Beträge Auskunft gibt, als Bescheid zu werten. In beiden Fällen handelt es sichsbloß um Mitteilungen der beklagten Partei darüber, was mit den an Ausgleichszulage anfallenden Beträgen geschehen wird, ohne daß erkennbar ist, daß dabei in die Rechte des Klägers durch einen Verwaltungsakt der beklagten Partei eingegriffen werden soll. Nur in diesem Fall könnte aber ein Bescheid der beklagten Partei angenommen werden. Die Frage der Zulässigkeit der Klage ist hier nach den zur Zeit der Klageeinbringung noch geltenden Bestimmungen des ASVG zu beurteilen. Hievon kommt allein § 383 Abs. 2 lit. a dieses Gesetzes in Betracht, weil die anderen die Klage regelnden Tatbestände ganz offenkundig nicht vorliegen. Nach der angeführten Gesetzesstelle kann die Klage aber nur erhoben werden, wenn der Versicherungsträger über die Angelegenheit mit Bescheid bereits entschieden hat. Ist dies nicht der Fall, so sind die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage nicht erfüllt.

Nicht zielführend sind die Ausführungen, die sich im Revisionsrekurs mit der Rechtsmittelbelehrung beschäftigen. Abgesehen davon, daß sich diese schon wegen der räumlichen Anordnung ganz offensichtlich auf die ihr nachfolgende, den Gegenstand der Klage bildende "Abrechnung" nicht beziehen sollte, könnte sie allein das Vorliegen der Bescheideigenschaft nicht begründen. Da über den mit der Klage geltend gemachten Anspruch ein Bescheid nicht erging, ist die vom Erstgericht ausgesprochene und vom Rekursgericht bestätigte Zurückweisung der Klage somit wegen Fehlens der besonderen Prozeßvoraussetzungen nichtig. Es erübrigt sich unter diesen Umständen, auf die von den Vorinstanzen erörterte Frage einzugehen, ob ein Bescheid gegebenenfalls als Bescheid in einer Leistungssache gemäß § 354 ASVG anzusehen wäre. Dem Revisionsrekurs des Klägers mußte daher der Erfolg versagt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit. b ASGG.

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