OGH 5Ob556/88

OGH5Ob556/8831.5.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eliska W***, Hausfrau, Rom, Via Castiglione del Lago 66, vertreten durch Dr. Christian Burghardt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Walter P***, Rechtsanwalt, Wien 1., Mahlerstraße 7, und die Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei

V*** DER Ö*** B***

Versicherungs-AG, Wien 2., Praterstraße 1-7, vertreten durch Dr. Hans Schönherr, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,8 Mill. samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 12. Februar 1988, GZ 13 R 269/87-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. September 1987, GZ 6 Cg 266/86-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.092,15 (darin enthalten S 1.735,65 an Umsatzsteuer) und der Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei die mit S 18.019,65 (darin enthalten S 1.638,15 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In den verbundenen Rechtssachen zu 33 Cg 136/75 und 33 Cg 168/75 des Erstgerichtes begehrten der damalige Ehegatte der Klägerin, Siegfried W***, und die Klägerin, die beide österreichische Staatsbürger waren, mit Klage und Widerklage jeweils die Scheidung aus dem Alleinverschulden des anderen. Ab Juli 1977 wurde die Klägerin in diesem Verfahren vom Beklagten vertreten. Mit Urteil vom 2. Mai 1980 wurde die am 6. Juli 1971 in Prag zwischen Siegfried W*** und der Klägerin geschlossene Ehe geschieden und ausgesprochen, daß das Verschulden beide Teile trifft, wobei davon ausgegangen wurde, daß das Verschulden keines der Ehegatten als überwiegend beurteilt werden könne. Gegen dieses Urteil erhoben sowohl Siegfried W*** als auch die durch den Beklagten vertretene Klägerin Berufung, in welcher sie jeweils die Abänderung dahin beantragten, daß die Ehe aus dem Alleinverschulden des anderen Ehegatten geschieden werde. Diesen Berufungen wurde mit Urteil des Berufungsgerichtes vom 17. September 1980 nicht Folge gegeben. Dem Beklagten als Vertreter der Klägerin wurde die Ausfertigung dieses Urteils am 7. November 1980 zugestellt. Sowohl die Klägerin als auch Siegfried W*** erhoben gegen das Urteil des Berufungsgerichtes Revision. Siegfried W*** beantragte darin die Abänderung, daß die Ehe aus dem Alleinverschulden, allenfalls dem überwiegenden Verschulden der Klägerin geschieden werde. In der vom Beklagten verfaßten Revision der Klägerin wurde erklärt, das Urteil insoweit anzufechten, als die Ehe aus dem Verschulden beider Teile und nicht aus dem Alleinverschulden oder zumindest aus dem überwiegenden Verschulden des Siegfried W*** geschieden werde. Geltend gemacht wurden die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Der Revisionsantrag lautete dahin, das angefochtene Urteil derart abzuändern, daß die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Siegfried W*** geschieden werde, allenfalls das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht oder an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Beiden Revisionen wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 27. August 1981, 6 Ob 503/81, welches den Parteienvertretern am 19. Oktober 1981 zugestellt wurde, nicht Folge gegeben.

Am 30. Juli 1982 langte beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien der vom Beklagten als Vertreter der Klägerin gemäß §§ 81 ff EheG gestellte Antrag ein, in dem begehrt wurde, der Klägerin den ehelichen Hausrat und die eheliche Einrichtung zur Gänze zuzuweisen und den Antragsgegner Siegfried W*** zur Bezahlung der Hälfte des Erlöses einer Eigentumswohnung in Monte Carlo, die während der Ehe angeschafft und vom Antragsgegner auch wieder veräußert wurde, somit zur Zahlung von S 1,8 Mill. samt Zinsen ab Antragstag an die Klägerin zu verpflichten. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling (an welches die Außerstreitsache gemäß § 44 JN überwiesen worden war) vom 1. Februar 1984, 3 F 3/82-20, wurde dieser Antrag abgewiesen, weil die Einjahresfrist des § 95 EheG versäumt worden sei; der in den Berufungen nicht bekämpfte Scheidungsausspruch sei sogleich in Rechtskraft erwachsen, die Frist müsse von diesem Zeitpunkt an berechnet werden. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht gab mit Beschluß vom 25. Juli 1984 dem Rekurs der Klägerin gegen diesen Beschluß nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Dem von der Klägerin durch den Beklagten erhobenen Revisionsrekurs gab der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 21. Februar 1985, 7 Ob 641/84, den Parteienvertretern zugestellt am 17. April 1985, nicht Folge. Er kam hiebei zu dem Ergebnis, daß im Revisionsverfahren im Scheidungsprozeß von der Klägerin entsprechend deren Revisionsantrag nur mehr der Nichtausspruch eines überwiegenden Verschuldens des Siegfried W*** bekämpft worden sei, die Scheidung aus einem Verschulden der Klägerin daher nicht mehr bekämpft worden sei und die Frist des § 95 EheG daher ab Eintritt dieser die Scheidung betreffenden Teilrechtskraft mit Zustellung des Urteils des Berufungsgerichtes im Scheidungsverfahren am 7. November 1980 zu laufen begonnen habe. Die einjährige Frist des § 95 EheG sei daher im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages am 30. Juli 1982 bereits abgelaufen gewesen.

Mit der am 24. Oktober 1986 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes S 1,8 Mill. samt Anhang, weil ihm das Verschulden daran anzulasten sei, daß die Frist des § 95 EheG versäumt wurde und sie daher ihren Anspruch gegen ihren geschiedenen Ehegatten auf die Hälfte des Erlöses der während der Ehe angeschafften und auch wieder verkauften Eigentumswohnung in Monte Carlo verloren habe. Auch bei Fehlen höchstgerichtlicher Entscheidungen zur Frage des Fristbeginnes bei einer Teilrechtskraft im Scheidungsverfahren hätte der Beklagte den Antrag aus Gründen der Vorsicht ehestens stellen müssen. Die Fristversäumung sei aber auch auf einen Fehler des Beklagten bei Formulierung des Revisionsantrages im Scheidungsverfahren zurückzuführen. Verjährung des Schadenersatzanspruches sei nicht gegeben, weil die Verjährungsfrist nicht vor der Abweisung des Antrages nach § 81 EheG zu laufen begonnen habe. Überdies sei durch Vergleichsverhandlungen mit der Haftpflichtversicherung des Beklagten eine Ablaufshemmung eingetreten. Die Klägerin habe nicht ihre Schadensminderungspflicht verletzt. Bereichungsansprüche gegen ihren geschiedenen Gatten stünden ihr nicht zu.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens, weil ihm kein Verschulden vorzuwerfen sei. Es habe nämlich bis Sommer 1982 keine veröffentlichten Entscheidungen zu dem Thema gegeben, ab wann die Frist des § 95 EheG im Falle einer Teilrechtskraft im Scheidungsverfahren zu laufen beginne, sodaß seine Ansicht über den Beginn dieser Frist ab Rechtskraft des auch das Verschulden betreffenden Urteils im Scheidungsverfahren durchaus vertretbar gewesen sei. Der Revisionsantrag auf Scheidung der Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Siegfried W*** sei deshalb gestellt worden, weil die Unterinstanzen einen Ehebruch der Klägerin als erwiesen angenommen hätten. Im Hinblick darauf, daß Siegfried W*** die Eigentumswohnung in Monte Carlo aus Mitteln angeschafft habe, die ihm bereits bei Eingehen der Ehe mit der Klägerin zur Verfügung gestanden seien, sei es fraglich, ob die Klägerin im Aufteilungsverfahren überhaupt etwas erhalten hätte. Das Begehren der Klägerin sei auch weit überhöht, weil sie keineswegs mehr als ein Viertel des tatsächlichen Nettoerlöses der Eigentumswohnung in Monte Carlo und somit nicht mehr als S 146.994,37 von Siegfried W*** hätte erhalten können. Er habe die Klägerin schon im Frühjahr 1983 und dann neuerlich im Herbst 1983 auf die Möglichkeit der Abweisung des Antrages wegen Versäumung der Frist hingewiesen und ihr dringend zu einem Vergleich geraten, der damals mit Siegfried W*** möglich gewesen wäre. Sie habe einen Vergleich, der ihr einen Betrag von S 300.000,-- und eine Mietzinsersparnis von S 600.000,-- gebracht hätte, aber nicht geschlossen und habe hiedurch ihre Schadensminderungspflicht verletzt, sodaß deshalb ihr Anspruch erloschen sei. Schließlich machte der Beklagte auch Verjährung des behaupteten Schadenersatzanspruches geltend. Die Nebenintervenientin, die als Haftpflichtversicherer des Beklagten dem Rechtsstreit auf Seite des Beklagten beitrat, beantragt gleichfalls die Abweisung des Klagebegehrens. Auch nach Verlust des Anspruches nach den §§ 81 ff EheG hätte die Klägerin noch immer Bereicherungsansprüche gegen ihren geschiedenen Gatten stellen können, habe dies aber nicht getan. Der behauptete Schadenersatzanspruch der Klägerin sei verjährt, weil ihr der Beklagte mit Schreiben vom 7. September 1983 die zu erwartende abschlägige Entscheidung des Erstgerichtes mitgeteilt und die Klägerin somit schon zu diesem Zeitpunkt den von ihr jetzt behaupteten Schaden klar habe sehen können. Vergleichsverhandlungen mit dem Beklagten oder der Nebenintervenientin über den jetzt geltend gemachten Schadenersatzanspruch seien nicht geführt worden, sodaß daraus auch keine Ablaufhemmung der Verjährung abgeleitet werden könne.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es traf über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende Feststellungen:

Während aufrechter Ehe mit der Klägerin hatte Siegfried W*** aus seinem Vermögen ein Appartement in Monte Carlo gekauft. Die Klägerin hatte während der Ehe kein Vermögen. Das Ehepaar W*** hat in diesem Appartement nie ständig gelebt, sondern gelegentlich Urlaube dort verbracht. Die Wohnung wurde von Siegfried W*** als Einnahmsquelle vermietet. 1979 verkaufte er das Appartement um 1 Mill. französische Francs weiter.

Im Verfahren nach den §§ 81 ff EheG wendete der Antragsgegner Siegfried W*** unter anderem ein, daß die Frist des § 95 EheG ab Teilrechtskraft des Scheidungsausspruches, also mit Zustellung des Urteils erster Instanz, zu laufen begonnen habe und der Antrag der Klägerin daher verspätet sei. Am 7. September 1983 erhielt der Beklagte den Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 30. August 1983, in dem er aufgefordert wurde, wegen Spruchreife binnen 14 Tagen Kostennote zu legen. Noch am selben Tag schrieb er der Klägerin einen Brief, in dem er ihr mitteilte, daß er mit einer Zurückweisung des Antrages wegen Versäumung der Jahresfrist des § 95 EheG rechne und daß, obgleich er seine Rechtsansicht, wonach der Antrag nicht verspätet sei, weiterhin für richtig halte, die Gefahr bestehe, die Klägerin könnte letzten Endes gar nichts erhalten. Deshalb riet er der Klägerin dringend, auf die Vergleichsvorschläge ihres geschiedenen Mannes einzugehen. Es wurden in weiterer Folge längere Vergleichsverhandlungen geführt, die letztlich jedoch zu keinem Ergebnis führten.

In seiner rechtlichen Beurteilung kam das Erstgericht zu dem Ergebnis, daß die Rechtsansicht des Beklagten, wonach die Frist des § 95 EheG erst mit Rechtskraft der auch die Verschuldensfrage umfassenden Entscheidung im Scheidungsverfahren zu laufen beginne, durchaus vertretbar gewesen sei und damals eine höchstgerichtliche Rechtsprechung hiezu noch nicht vorgelegen sei. Ausgehend von dieser durchaus vertretbaren Rechtsmeinung sei auch die Formulierung des Revisionsantrages im Scheidungsverfahren durch den Beklagten keine Grundlage für seine Ersatzpflicht, weil nach der Ansicht des Beklagten auch eine Teilrechtskraft die Frist des § 95 EheG nicht ausgelöst habe. Die Haftung des Beklagten bestehe daher schon mangels eines Verschuldens nicht. Überdies sei der Klägerin gar kein Aufteilungsanspruch gegen ihren geschiedenen Gatten hinsichtlich der Eigentumswohnung in Monte Carlo zugestanden. Es habe sich nämlich nicht um die Ehewohnung gehandelt. Als eheliche Ersparnis falle diese Wohnung aber unter die Ausnahmebestimmungen des § 82 Abs. 1 Z 1 und 2 EheG, weil sie von Siegfried W*** zumindest teilweise aus vor der Eheschließung erzielten Ersparnissen angeschafft wurde. Darüber hinaus sei die Wohnung regelmäßig ausschließlich von Siegfried W*** als Einnahmsquelle gebraucht worden, sodaß sie völlig aus der Aufteilungsmasse falle. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin aus nachstehenden Erwägungen nicht Folge:

In der Beweisrüge wende sich die Klägerin gegen eine Feststellung, daß die Eigentumswohnung in Monte Carlo aus Ersparnissen angeschafft wurde, die Siegfried W*** vor der Ehe mit der Klägerin angesammelt habe. Eine solche Feststellung habe das Erstgericht aber gar nicht getroffen, weil es nur festgestellt habe, daß diese Wohnung während der Ehe aus dem Vermögen des Siegfried W*** gekauft wurde und die Klägerin während der Ehe kein Vermögen hatte. Daß das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung dann davon ausgegangen ist, daß diese Wohnung zumindest teilweise aus vor der Eheschließung erzielten Ersparnissen angeschafft wurde, sei keine Tatsachenfeststellung, sondern eine rechtliche Erwägung, für welche eine Tatsachengrundlage fehle.

Sowohl der Beklagte als auch die Nebenintervenientin machten geltend, das Erstgericht hätte sich mit der Frage der Verjährung auseinandersetzen und hiezu weitere Feststellungen treffen müssen, weil der geltend gemachte Schadenersatzanspruch jedenfalls verjährt sei. Dies sei aber nicht richtig. Nach § 1489 ABGB sei jede Entschädigungsklage in drei Jahren von jener Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt geworden seien. Es müßten also dem Geschädigten der Eintritt des Schadens und die Person des Schädigers so weit bekannt sein, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden könne, wenn auch die genaue Kenntnis der Höhe des Schadens nicht erforderlich sei (vgl. MGA ABGB32 § 1489/38, 44 und 45; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1489). Die Verjährungsfrist habe daher im gegenständlichen Fall keinesfalls vor der abweislichen Entscheidung des Bezirksgerichtes Döbling zu laufen beginnen können, sie habe aber überhaupt erst mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in diesem Verfahren begonnen, weil bis dahin die Möglichkeit bestanden habe, daß der Aufteilungsantrag der Klägerin als nicht verspätet erkannt werde, sodaß eine Schädigung durch eine Fristversäumung des Beklagten für die Klägerin erst nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes festgestanden sei. Da die Entscheidung des Erstgerichtes zu 3 F 3/82 am 1. Februar 1984 ergangen sei und der Beschluß des Obersten Gerichtshofes in dieser Sache erst am 21. Februar 1985 gefaßt worden sei, sei die von der Klägerin am 24. Oktober 1986 erhobene Schadenersatzklage keinesfalls verjährt. Weitere Feststellungen hiezu seien daher nicht notwendig gewesen. Ein Rechtsanwalt hafte gegenüber seinem Klienten gemäß §§ 1295 und 1299 ABGB für einen diesem im Rahmen seiner Vertretungstätigkeit zugefügten Schaden bei Unkenntnis der Gesetze oder der einhelligen Lehre und Rechtsprechung, also für einen auf Unwissenheit oder eine unvertretbare Rechtsmeinung zurückzuführenden Kunstfehler. Der Rechtsanwalt hafte hingegen nicht, wenn eine an sich vertretbare Rechtsmeinung, zu der noch keine Spruchpraxis der Höchstgerichte besteht, in der Folge von den Gerichten nicht geteilt werde (MGA ABGB32 § 1299/31, 44 und 45).

Die seit 1. Juli 1978 geltende Bestimmung des § 95 EheG normiere: "Der Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse erlischt, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird." Auch wenn es der Zweck dieser Regelung gewesen sei, möglichst rasch klare Verhältnisse bezüglich der Vermögenslage der Ehegatten zu schaffen, ergebe sich aus dieser Regelung nicht eindeutig, wann diese Frist zu laufen beginne, wenn infolge eines Teilurteils oder einer Teilrechtskraft bei einer Verschuldensscheidung der Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung einerseits und jener des Ausspruches über das Verschulden der Ehegatten andererseits auseinanderfielen. So werde etwa die Bestimmung des § 382 Z 8 lit. a EO, wonach einstweiliger Unterhalt im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe bestimmt werden könne, dahin ausgelegt, daß dies auch nach Teilrechtskraft der Scheidung bis zur endgültigen Erledigung des über den Verschuldensausspruch noch anhängigen Scheidungsverfahrens möglich sei (vgl. EFSlg. 34.719, 36.926 und 41.935; JBl. 1984, 198). Da bei der Entscheidung über den Aufteilungsanspruch nach den §§ 81 ff EheG das Verschulden an der Scheidung keineswegs völlig unbeachtlich sei und auch die sich aus dem endgültigen Verschuldensausspruch ergebenden unterhaltsrechtlichen Konsequenzen für das Aufteilungsverfahren von Bedeutung seien, weil hievon die weiteren wirtschaftlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten entscheidend abhingen, könne eine Verpflichtung zur Antragstellung noch vor Rechtskraft der Entscheidung über den Schuldausspruch kaum je zu einer rascheren endgültigen Entscheidung führen. Das zuständige Außerstreitgericht müsse dann nämlich entweder selbst und gesondert die Verschuldensfrage prüfen, was eine unnötige und jeglicher Prozeßökonomie widersprechende Zweigeleisigkeit wäre, oder es müsse im wohlverstandenen Interesse der Parteien den endgültigen Ausgang des Scheidungsprozesses auch hinsichtlich der Verschuldensfrage abwarten (vgl. EvBl. 1982/105 und JBl. 1982, 495). Eine raschere Entscheidung über den Aufteilungsanspruch sei daher nicht dadurch zu erwarten und zu erreichen, daß man als Zeitpunkt des Beginnes des Fristenlaufes nach § 95 EheG den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung allein auch dann ansehe, wenn bei einer Verschuldensscheidung über das beiderseitige Verschulden und dessen Abwägung noch nicht rechtskräftig entschieden sei.

Die der nunmehr herrschenden Rechtsprechung widersprechende Rechtsmeinung, daß die Frist des § 95 EheG erst dann beginne, wenn auch über das Verschulden rechtskräftig entschieden sei, habe somit viel für sich, weil sie unnötigen Leerlauf und Doppelgeleisigkeit vermeide, sodaß sie mit guten Gründen habe vertreten werden können, solange keine gegenteilige höchstgerichtliche Rechtsprechung vorgelegen sei, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt habe. Eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage sei aber erst mit den oben schon angeführten, im Juli bzw. September 1982 publizierten Entscheidungen EvBl. 1982/105 und JBl. 1982, 495 veröffentlicht worden. Die im Band XVII der EFSlg., der im Dezember 1982 erschienen sei, zu 36.489 wiedergegebene Entscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien und auch die im November 1982 in EvBl. 1981/211 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes seien auf die Frage des Auseinanderfallens der Rechtskraft der Scheidung und des damit zusammenhängenden Verschuldensausspruches gar nicht eingegangen, sondern hätten nur klargestellt, daß es auf die formelle Rechtskraft ankomme. Dem Beklagten könne daher hinsichtlich der von ihm vertretenen Rechtsmeinung für den hier relevanten Zeitraum November 1980 bis November 1981 bzw. Juli 1982 im Sinne der zitierten Grundsätze für einen anwaltlichen Kunstfehler kein Vorwurf gemacht werden, weil seine Rechtsansicht durchaus vertretbar gewesen sei. Soweit die Klägerin auf den 1980 erschienenen Kommentar Schwinds zum Eherecht verweise, sei daraus (S. 339 und 340) für die hier relevante Frage nichts zu entnehmen gewesen, weil dort zum Auseinanderfallen der Rechtskraft der Ehescheidung an sich und des damit zusammenhängenden Verschuldensausspruches nichts ausgesagt worden sei. Es entspreche ständiger Rechtsprechung, daß der Grundsatz der Einheitlichkeit des Eheverfahrens, nach dem über Klage (und Widerklage) auf Scheidung einer Ehe und über die Frage des Verschuldens nur in einem einheitlichen Urteil abgesprochen werden könne, nicht gelte, soferne und soweit der Verschuldensausspruch nicht Voraussetzung für den geltend gemachten Scheidungsgrund sei. Es könne daher auch im Ehescheidungsverfahren wegen Verschuldens dann Teilrechtskraft der Scheidung eintreten, wenn ein unangefochtener Verschuldensausspruch als Voraussetzung für die Teilrechtskraft des Scheidungsausspruches wegen Verschuldens gegeben sei (vgl. JB 57 neu = SZ 25/331; EFSlg. 33.979 und 38.727; Fasching Kommentar, IV 34 f). Auch ein Teilurteil werde daher als zulässig angesehen, dies zuletzt allerdings nicht im Falle einer Scheidung nach § 55 EheG, wenn über den Verschuldensantrag nach § 61 Abs. 3 EheG noch nicht entschieden werden könne (EvBl. 1986/179).

Dem Beklagten werde weiter vorgeworfen, die Fristversäumung auch dadurch bewirkt zu haben, daß er den Revisionsantrag im Ehescheidungsverfahren abweichend von der Revisionserklärung fehlerhaft formuliert habe. Dies habe zwar für das Scheidungsverfahren selbst keine nachteiligen Folgen gehabt, weil ohnedies beiden Revisionen nicht Folge gegeben wurde, habe aber entsprechend den Erwägungen des Obersten Gerichtshofes in seiner Entscheidung im Aufteilungsverfahren zur Teilrechtskraft der Scheidung nach Zustellung des Berufungsurteiles im Scheidungsverfahren und somit zum Beginn des Fristenlaufes nach § 95 EheG ab diesem Zeitpunkt geführt. Gehe man aber von der damals mit guten Gründen vertretenen Rechtsansicht des Beklagten aus, daß die einjährige Frist des § 95 EheG erst ab rechtskräftiger Entscheidung auch über den mit der Scheidung zusammenhängenden Schuldausspruch laufe, dann sei dies ohne Bedeutung gewesen. Dazu komme auch noch, daß bei Betrachtung der vom Beklagten für die Klägerin damals verfaßten Revision in ihrer Gesamtheit der Standpunkt sehr viel für sich habe, daß diese Revision keineswegs ein Verschulden der Klägerin unangefochten gelassen habe und somit auch keine Rechtskraft des Scheidungsausspruches habe eintreten können. Da bei der Rechtsrüge der Revision vom festgestellten Sachverhalt ausgegangen werden mußte, wie dort auch mehrfach betont worden sei, habe der Beklagte unter Zugrundelegung des festgestellten Ehebruches der Klägerin im Rahmen der Rechtsrüge und auch deren Zusammenfassung nur ein überwiegendes Verschulden des Siegfried W*** anstreben und begehren können. Im Rahmen der Mängelrüge der Revision sei aber die vom Berufungsgericht unterlassene Beweiswiederholung durch Vernehmung des Zeugen Theodor G*** geltend gemacht worden, auf dessen Aussage die Feststellung des - von der Klägerin bis zuletzt bestrittenen - Ehebruches gegründet worden sei. Berücksichtige man, daß nach der Anfechtungserklärung der Revision das Urteil angefochten wurde, soweit die Ehe nicht aus dem Alleinverschulden des Siegfried W*** geschieden wurde, mit der Mängelrüge auch die Feststellung des Ehebruches bekämpft wurde und der (freilich nur hilfsweise gestellte) Aufhebungsantrag nicht bloß auf einen Teil des Urteils des Berufungsgerichtes eingeschränkt war, so spreche sehr viel dafür, daß unter Heranziehung des gesamten Inhaltes der Revision beim Revisionsantrag nur ein Vergreifen im Ausdruck vorgelegen sei, aber von einer teilweise unterbliebenen Anfechtung des eigenen Verschuldens und somit von einer diesbezüglichen, auch die Scheidung umfassenden Rechtskraft nicht ausgegangen werden konnte. Es sei daher auch die Ansicht, daß durch die Revision kein Verschulden der Klägerin im Scheidungsverfahren unangefochten geblieben sei, mit guten Gründen zu vertreten gewesen, sodaß dem Beklagten auch aus diesen Erwägungen die Stellung des Antrages nach den §§ 81 ff EheG etwa 9 Monate nach Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über die Revision im Scheidungsverfahren nicht als Kunstfehler anzulasten sei. Auch der Vertreter Siegfried W*** habe, wie sich aus seinem Vorbringen im Aufteilungsverfahren ergebe, keineswegs eine bloß teilweise Anfechtung im Revisionsverfahren erkannt, sondern sei - unrichtig - davon ausgegangen, daß auch bei voller Bekämpfung jeglichen Verschuldens durch beide Ehegatten im Berufungsverfahren Rechtskraft der Scheidung eingetreten sei. Das Erstgericht sei somit ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gekommen, daß dem Beklagten eine Haftung für die Fristversäumung nicht anzulasten sei, sodaß aus diesem Grund die Abweisung des Schadenersatzbegehrens zu bestätigen gewesen sei. Deshalb sei nicht darauf einzugehen, ob und welchen Betrag die Klägerin im Aufteilungsverfahren von ihrem geschiedenen Gatten allenfalls hätte mit Erfolg verlangen können.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klage abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte und die Nebenintervenientin auf Seite des Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Klägerin macht in erster Linie geltend, daß es hier für ein Verschulden des Beklagten angesichts des eindeutigen Wortlautes des § 95 EheG ("Rechtskraft der Scheidung" = Auflösung des zwischen den Eheleuten bestehenden rechtlichen Bandes) auf das Vorhandensein von Lehre und Rechtsprechung sowie darauf, ob die Rechtsmeinung des Beklagten vertretbar gewesen sei, nicht ankomme. Sie meint weiter, daß der Beklagte - abgesehen davon, daß Schwind bereits 1980 in seinem Kommentar zum Eherecht auf die "Rechtskraft des die Ehe auflösenden Urteils" hingewiesen habe - selbst dann, wenn man ihm zubillige, seine Rechtsansicht sei vertretbar gewesen, schon aus Gründen anwaltlicher Vorsicht jene vertretbare (und nunmehr von der Rechtsprechung geteilte) Rechtsansicht beachten hätte müssen, die - im Hinblick auf die Fristversäumnis - für die Klägerin weniger riskant gewesen wäre. Schließlich hält die Klägerin ihren Standpunkt aufrecht, daß dem Beklagten die fehlerhafte Formulierung des Revisionsantrages im Scheidungsverfahren sehr wohl als Kunstfehler anzulasten sei. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

§ 1299 ABGB stellt bei Prüfung der Frage, ob ein Rechtsanwalt einem Klienten fahrlässig einen Schaden zugefügt hat, auf die Kenntnisse und den Fleiß ab, die seine Fachgenossen gewöhnlich haben (SZ 34/153, SZ 54/98, 1 Ob 608/81, 1 Ob 687/85 ua). Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwaltes dürfen nicht überspannt werden; der Rechtsanwalt haftet also nicht für den Mangel solcher Kenntnisse und eines solchen Fleißes, die von einem Rechtsanwalt in gleicher Situation gewöhnlicherweise nicht vorausgesetzt werden (SZ 51/38, 1 Ob 608/81 ua). Wird das schadenstiftende Verhalten des Rechtsanwaltes darauf zurückgeführt, daß dieser bei seiner Tätigkeit gesetzliche Vorschriften unrichtig auslegte, dann ist zu prüfen, ob sich zu einer bestimmten Rechtsfrage bereits eine Spruchpraxis gebildet hat; ist dies nicht der Fall und sind die gesetzlichen Bestimmungen nicht vollkommen eindeutig, sondern enthalten sie Unklarheiten über die Tragweite des Wortlautes, so ist dem Rechtsanwalt ein Verschulden nur dann anzulasten, wenn bei pflichtgemäßer Überlegung die von ihm eingehaltene Vorgangsweise nicht mehr als vertretbar bezeichnet werden kann. Die Fehlbeurteilung einer komplizierten Materie kann nicht ohne weiteres als Sorgfaltsverletzung angelastet werden. Eine unrichtige, aber vertretbare Rechtsansicht führt daher, auch wenn sie in der Folge von der Rechtsprechung nicht geteilt wird, nicht zur Haftung wegen Verschuldens (EvBl. 1963/336, EvBl. 1977/238;

JBl. 1959, 416; JBl. 1972, 426; SZ 52/56; NZ 1980, 187; 1 Ob 687/85, 1 Ob 606/86 ua; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 14 und 15 zu § 1299;

Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 11 zu § 1300; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 191).

Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, daß den Beklagten - wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben - an der Versäumung der Ausschlußfrist des § 95 EheG kein Verschulden trifft. Der Wortlaut der genannten Gesetzesstelle (auf den allein es, wie Reischauer aaO Rz 15 zutreffend hervorhebt, überdies gar nicht ankommt) ist keineswegs so eindeutig, daß unter dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung nur der Zeitpunkt, in dem die Auflösung des Ehebandes rechtskräftig wird, nicht aber (bei Scheidung aus Verschulden) erst der Zeitpunkt, in dem auch über die Verschuldensverteilung rechtskräftig abgesprochen ist, verstanden werden könnte. Die Vorinstanzen haben einleuchtend dargelegt, daß auch die zweite Meinung, obgleich sie in der Folge vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt worden ist (siehe MGA ABGB32 § 95 EheG/4; EFSlg. 43.814 bis 43.816, 49.036, 51.842, 8 Ob 702/86, 7 Ob 628/87), viel für sich hat, weil das Verschulden an der Ehescheidung auch nach neuem Recht im Rahmen der Billigkeitsklausel des § 83 Abs. 1 EheG eine, im Vergleich zum alten Recht allerdings nur untergeordnete, Rolle bei der Aufteilung spielt (MGA ABGB32 § 83 EheG/14, 15). Der Meinung des Beklagten war beispielsweise auch das Bezirksgericht Fünfhaus in der zu EvBl. 1982/105 entschiedenen Rechtssache, welche Meinung überdies entgegen der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes weiterhin von Pichler in Rummel, ABGB, Rz 1 zu §§ 81, 82 EheG vertreten wird. Angesichts der für die Rechtsmeinung des Beklagten sprechenden Argumente sowie des Fehlens von dem Beklagten zugänglichen eindeutigen Meinungsäußerungen der Lehre und Rechtsprechung, die seine Aufmerksamkeit auf die hier in Rede stehende Frage gelenkt hätten, aber auch mit Rücksicht darauf, daß das Auseinanderfallen der Zeitpunkte der Rechtskraft des Scheidungsausspruches und des Verschuldensausspruches im gegenständlichen Fall (insbesondere wegen der Verfahrensgestaltung und der Beurteilung der Revision der Klägerin) besonders schwer zu erkennen war (wie die diesbezüglich unterschiedlichen Ansichten der Parteienvertreter und der Gerichte zeigen), kann dem Beklagten auch nicht als schuldhaft angelastet werden, daß er die Möglichkeit einer Fristversäumung nicht früher bedacht und danach gehandelt hat. Die Formulierung des Revisionsantrages im Scheidungsverfahren kann dem Beklagten schon deshalb nicht zum Vorwurf gereichen, weil er damals nicht verpflichtet war, den Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruches möglichst lange hinauszuzögern, um damit einen möglichst späten Beginn der Frist des § 95 EheG zu erreichen. Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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