Spruch:
Der Rechtsträger im Sinne des Amtshaftungsgesetzes haftet für ein unvertretbares und keine sorgfältige Überlegung aller Umstände erkennen lassendes, wenn auch nur ein leichtes Verschulden seiner Organe darstellendes Abweichen von einer klaren Gesetzeslage oder ständiger Rechtsprechung
OGH 30. März 1979, 1 Ob 10/79 (OLG Linz 3 R 131/78; LG Linz 1 Cg 12/78)
Text
Am 2. Dezember 1969 wurde dem Kläger von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach ein Ausweis (Taxilenkerausweis) gemäß § 32 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. 289/1955, i. d. F. BGBl. 47/1964 (im folgenden BO) mit einer Gültigkeit bis 2. Dezember 1974 ausgestellt. Mit Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. April 1971 wurde dem Kläger seine Lenkerberechtigung bis 26. Mai 1972 entzogen. Der Taxilenkerausweis wurde dem Kläger am 24. April 1971 abgenommen, weil er nicht mehr im Besitz einer Lenkerberechtigung war. Ein Antrag des Klägers auf Wiedererteilung der Lenkerberechtigung wurde sodann in drei Instanzen, zuletzt mit Bescheid des Bundesministeriums für Verkehr vom 22. März 1974, abgewiesen und gleichzeitig die Entziehungsdauer um zwei Jahre verlängert. Schon mit Schreiben vom 17. Mai 1971 hatte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den dem Kläger abgenommenen Taxilenkerausweis unter Hinweis auf § 38 Abs. 2 BO an die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zur weiteren Veranlassung übermittelt. Nach Durchführung von Erhebungen, die u. a. ergaben, daß der Kläger mehrfach vorbestraft war, übersandte die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 14. Jänner 1974 dem Akt der Bundespolizeidirektion Linz, weil der Gewerbebetrieb, in dem der Kläger tätig war, sich in Linz befand. Die Bundespolizeidirektion Linz übermittelte der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach jedoch lediglich den Berufungsbescheid des Bundesministeriums für Verkehr vom 22. März 1974, ohne weiteres zu unternehmen.
Am 2. Dezember 1974 stellte die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach dem Kläger neuerlich die Lenkerberechtigung, befristet bis 25. November 1976, aus. Der Kläger war damals noch im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach polizeilich gemeldet, kam laut Gendarmeriebericht aber nur selten und unregelmäßig zum Besuch seiner Mutter dorthin und hielt sich sonst in Linz auf. Am 4. Dezember 1974 beantragte der Kläger bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach die Verlängerung seines alten, allenfalls die Ausstellung eines neuen Taxilenkerausweises. Der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach war damals bekannt, daß der Kläger zwölf ungetilgte Verurteilungen verschiedener Bezirksgerichte erlitten hatte, die letzte am 1. Feber 1974, darunter fünf wegen Übertretungen nach § 516 StG. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hielt hiezu in einem Aktenvermerk vom 4. Dezember 1974 fest, daß die Bundespolizeidirektion Linz bei Übermittlung des Taxilenkerausweises unter Anschluß von sechs Gerichtsurteilen kein Verfahren auf Zurücknahme des Taxilenkerausweises des Klägers eingeleitet hatte; da sie damit offenbar den Kläger noch als vertrauenswürdig erachtet habe, meinte die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, daß keine Veranlassung bestehe, dem Kläger die Vertrauenswürdigkeit abzusprechen. Es sei daher dem Ansuchen des Klägers zu entsprechen und ihm ein neuer Taxilenkerausweis, jedoch wie die Lenkerberechtigung befristet bis 25. November 1976, auszustellen, was am 5. Dezember 1974 geschah.
In der Folge langten bei der Bundespolizeidirektion Linz Beschwerden anderer Taxilenker ein, daß man dem Kläger als ausgesprochenen Exhibitionisten abermals einen Taxilenkerausweis erteilt habe. Mit der Begründung, daß dem Kläger die Vertrauenswürdigkeit gemäß § 34 Abs. 1 Z. 3 BO fehle, stellte die Bundespolizeidirektion Linz am 2. April 1975 an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung den Antrag, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 5. Dezember 1974 über die Erteilung des Taxilenkerausweises zu beheben. Hiezu holte das Amt der Landesregierung eine Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach ein, die die Ansicht vertrat, daß für die Zurücknahme des Taxilenkerausweises die Bundespolizeidirektion Linz zuständig sei. Das Amt der Landesregierung übermittelte diese Stellungnahme am 23. April 1974 an die Bundespolizeidirektion Linz mit dem Bemerken, der Akt werde daher zur weiteren Veranlassung retourniert.
Das Verkehrsamt der Bundespolizeidirektion Linz nahm mit Bescheid vom 29. April 1975 den Taxilenkerausweis des Klägers gemäß § 38 Abs. 1 lit. a BO wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit (zwölf gerichtliche Verurteilungen) zurück. Im Vorlagebericht zur dagegen erhobenen Berufung des Klägers gab die Bundespolizeidirektion Linz bekannt, den alten Taxilenkerausweis nicht zurückgenommen zu haben, weil er ohnedies nur in Verbindung mit der erforderlichen Lenkerberechtigung gegolten hätte und demnach faktisch ungültig gewesen sei; es wäre Sache der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach gewesen, die Vertrauenswürdigkeit des Klägers neuerlich zu prüfen. Das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung gab mit Bescheid vom 10. Juni 1975 der Berufung des Klägers keine Folge. Die Bundespolizeidirektion Linz sei, da der Kläger am 5. Dezember 1973 seinen Wohnsitz nach Linz verlegt hätte, zur Prüfung berechtigt gewesen, ob dieser die Voraussetzungen für den Taxilenkerausweis noch besitze; dies sei mit Recht verneint worden. Es sei ohne rechtliche Bedeutung, daß der Taxilenkerausweis erst am 5. Dezember 1974 von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach ausgestellt worden sei und der Kläger sich seither wohlverhalten habe. Mit Bescheid vom 29. August 1975 behob das Bundesministerium für Verkehr die Bescheide des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung und der Bundespolizeidirektion Linz auf Zurücknahme des Taxilenkerausweises. Dem Kläger sei am 5. Dezember 1974 von der im Hinblick auf seinen damaligen Wohnsitz zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde ein Taxilenkerausweis ausgestellt worden. Eine derartige Ausstellung trage den Charakter eines Bescheides (einer rechtsgestaltenden Verfügung) und habe nach den (zwingenden) Vorschriften des § 34 Abs. 1 BO zu erfolgen, wenn ein Ausweiswerber die darin normierten Voraussetzungen erfülle. Im gegebenen Fall habe die ausstellende Behörde (Bezirkshauptmannschaft Rohrbach) das Vorliegen der im § 34 Abs. 1 BO geregelten Voraussetzungen, mithin auch die Vertrauenswürdigkeit des Berufungswerbers, angenommen. Ihre Entscheidung sei rechtskräftig und verwehre es entsprechend dem Grundsatz der gegenseitigen Bindung der Behörden in weiterer Folge jeder Behörde zu beurteilen, ob der Einschreiter zum Zeitpunkt der Ausstellung des Taxilenkerausweises (5. Dezember 1974) vertrauenswürdig im Sinne des § 34 Abs. 1 Z. 3 BO gewesen sei. Die Behördezweiter Instanz habe nicht darzutun vermocht, weshalb im Zeitpunkt der. Erlassung ihres Bescheides das Vorliegen der gemäß § 34 Abs. 1 Z. 3 BO geforderten Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben gewesen wäre; auch das Bundesministerium könne aus der Aktenlage nicht erkennen, daß der Kläger sich seit dem 5. Dezember 1974 ein Verhalten zuschulden hätte kommen lassen, das seine Vertrauenswürdigkeit als Taxilenker im Fahrdienst in Frage stellen könnte.
Mit der Behauptung, die Zurücknahme des Taxilenkerausweises sei vorsätzlich rechtswidrig erfolgt, begehrt der Kläger von der beklagten Partei unter Berufung auf das Amtshaftungsgesetz an Kosten der Berufung an das Bundesministerium für Verkehr und Verdienstentgang für die Zeit vom 7. Mai bis 15. Oktober 1975 den Betrag von 10 513.80 S samt Anhang, wozu Mindestbeträge von je 100 S an Vertretungskosten und Verdienstentgang außer Streit gestellt wurden.
Das Erstgericht stellte mit Zwischenurteil fest, daß die Klagsforderung dem Gründe nach zu Recht bestehe. Materiell rechtskräftige Entscheidungen könnten unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 bis 4 AVG aufgehoben werden. In Betracht gekommen wäre lediglich die Erlassung der Entscheidung durch eine unzuständige Behörde. Gemäß § 33 Abs. 1 BO sei der Taxilenkerausweis von der nach dem Wohnsitz des Antragstellers zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde auszustellen. Die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach könnte tatsächlich in Zweifel gezogen werden. Es habe jedoch nicht in der Absicht des Gesetzgebers liegen können, die örtliche Zuständigkeit zu einem wichtigen, die Rechtsdurchsetzung erschwerenden Problem zu machen. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach habe zumindest auch den Wohnsitz des Klägers in ihrem Sprengel annehmen können. Die Bestimmung des § 68 Abs. 4 lit. a AVG diene offenbar nur der Beseitigung solcher Bescheide, die von einer zweifelsfrei unzuständigen Behörde erlassen worden seien. Bei einem Zuständigkeitstatbestand wie dem gegenständlichen werde eine solche nachträgliche Ausübung des Aufsichtsrechtes wohl niemals in Erwägung gezogen. Tatsächlich sei die Aufsichtsbehörde auch nicht in diesem Sinne vorgegangen. Aber selbst wenn man eine solche Möglichkeit annehmen wollte, müßte sie bei der Beurteilung des vorliegenden Rechtsfalles außer Betracht bleiben, weil ein solches Versäumnis nicht durch eine andere Behörde mittels einer ihr nicht zustehenden Maßnahme wettgemacht hätte werden dürfen. Die materielle Rechtskraft des Bescheides über die Ausstellung des Taxilenkerausweises habe gegenüber allen Behörden gewirkt; sie habe die bei der Erlassung des Bescheides allenfalls unterlaufenen Fehler saniert und dem Kläger grundsätzlich den Fortbestand der erworbenen Berechtigung bis zu deren bescheidmäßigem Ablauf auch für den Fall der Übersiedlung in den Sprengel einer anderen Bezirksverwaltungsbehörde gesichert. Eine Zurücknahme hätte nur beim nachträglichen Wegfall der Voraussetzungen bzw. Eintritt neuer Tatsachen im Sinne des § 38 Abs. 1 BO erfolgen können. Die Vorgangsweise der Bundespolizeidirektion Linz und des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung sei nicht nur schlechthin rechtswidrig, sondern auch unvertretbar gewesen, weil die Gründe ihrer Entscheidungen keine denkmögliche Auslegung des vom rechtsfreundlich vertretenen Kläger ausdrücklich aufgeworfenen Prinzips der materiellen Rechtskraft darstellten. Es möge durchaus sein, daß man bei der Bundespolizeidirektion Linz an die Vertrauenswürdigkeit von Taxilenkern strengere Maßstäbe anlege als in ländlichen Gegenden, doch könne auch dies keine Durchbrechung der Rechtskraft rechtfertigen. Auch wenn durch Mißverständnisse der Behörden untereinander ein Bescheid zustande gekommen sei, der rechtens nicht hätte erlassen werden sollen, habe nicht auf die gewählte Art Abhilfe geschaffen werden dürfen. Das Verhalten der Organe der beklagten Partei sei rechtswidrig und schuldhaft gewesen. Es liege allerdings nur leichte Fahrlässigkeit vor. Die herrschende Rechtsprechung vertrete zwar die Auffassung, daß Gesetzesunkenntnis nur bei grober Fahrlässigkeit eine Amtshaftung auslöse; sie stehe jedoch mit dem klaren Wortlaut des § 1 Abs. 1 AHG in Widerspruch und müßte zu dem unhaltbaren Ergebnisführen, daß zugleich mit einem solchen Amtshaftungsanspruch bereits die Voraussetzungen für einen Rückgriff gemäß § 3 Abs. 1 AHG gegeben wären. Damit wäre der klare Unterschied, den das Gesetz in bezug auf die Schuldformen schaffe, für einen bestimmten Teilbereich negiert, ohne daß sich hiefür im Gesetz auch nur der geringste Anhaltspunkt finden lasse. Auch Welser (JBl. 1975, 238) finde die Auffassung der bisherigen Rechtsprechung unerklärlich. Die Kritik beziehe sich allerdings lediglich auf die Begründung, nicht aber auf das Ergebnis der bisherigen Rechtsprechung. Letzteres könne auch durch eine den betreffenden Fallgruppen angepaßte Auslegung des Fahrlässigkeitsbegriffes erreicht werden. Natürlich dürfe nicht jede Rechtsauffassung, die dann durch eine höhere Instanz abgelehnt werde, dem betreffenden Organ als Verschulden zugerechnet werden. Andererseits könne sich das Verschulden nicht bloß auf Willkürakte oder besonders krasse Verstöße beschränken, vielmehr müsse, ähnlich wie bei einem Sachverständigen gemäß § 1299 ABGB, jeder klare Fehler als Verschulden gelten, sofern nicht besondere Entschuldigungsgrunde vorliegen. Eine unvertretbare Gesetzesanwendung, wie sie im vorliegenden Fall festgestellt worden sei, sei als haftungsbegrundende Fahrlässigkeit zu betrachten.
Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Das Verschulden nach § 1 Abs. 1 AHG sei allerdings im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen. Eine unrichtige Gesetzesauslegung sei als Verschulden dann nicht zuzurechnen, wenn Gesetzesbestimmungen Zweifel über ihre Auslegung in sich tragen, Unklarheiten über die Tragweite des Wortlautes enthalten und durch die höchstrichterliche Judikatur noch nicht abgeklärt seien; aber auch dann wäre dem Organ keine Fahrlässigkeit vorzuwerfen, wenn dieses es nicht an der erforderlichen pflichtgemäßen Überlegung habe fehlen lassen. Der engere Verschuldensbegriff der Judikatur sei, dem Erstgericht folgend, abzulehnen. Die Haftung des Rechtsträgers stelle nur eine Spezialform der Gehilfenhaftung des § 1313a ABGB dar und sei nach deren Kriterien zu beurteilen, setze also grobes Verschulden nicht voraus. Von einem zivilrechtlichen Verschulden eines Organs könne aber doch nur gesprochen werden, wenn dessen Rechtsansicht nicht mehr vertretbar erscheine. Ein Verschulden eines Organs sei insbesondere dann zu verneinen, wenn dieses trotz pflichtgemäßer Überlegung zu einer Ansicht gelangte, die mit Lehre und Rechtsprechung unvereinbar sei. Der Bezugnahme des Erstgerichtes auf § 1299 ABGB sei zwar grundsätzlich zu folgen; es sei jedoch darauf hinzuweisen, daß diese Bestimmung keine Haftung für das Fehlen außergewöhnlicher Kenntnisse und Fähigkeiten begrunde, sondern nur den Grad der Diligenzpflicht besonders hervorhebe und auf die Kenntnisse und Fähigkeiten abstelle, wie sie Fachgenossen üblicherweise haben. Mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft trete auch die Unwiderruflichkeit des Bescheides, also auch dessen materielle Rechtskraft, ein. Einen solchen Bescheid hätten, selbst wenn er rechtswidrig sein sollte, auch die Behörden auf Grund der Bindungswirkung zu beachten. Neue rechtliche Erwägungen könnten nicht die Aufhebung eines Bescheides rechtfertigen. Nicht umfasse die Rechtskraft eines Bescheides nur einen Sachverhalt, der sich nach Erlassung des Bescheides geändert habe. Eine weitere - wenn auch eigentlich keine echte - Ausnahme bilde die im § 68 Abs. 6 AVG ausgesprochene Nichtberührung der in Verwaltungsvorschriften eingeräumten Befugnisse zur Zurücknahme oder Einschränkung von Berechtigungen außerhalb eines Berufungsverfahrens. Auch die Betriebsordnung für den nicht linienmäßigen Personenverkehr, BGBl. 289/1955, i. d. F. BGBl. 47/1964 sehe in ihrem § 38 die Befugnis der Behörde vor, den "Ausweis" (§§ 32 ff. BO) u. a. dann zurückzunehmen, wenn die im § 34 genannten Voraussetzungen, zu denen die Vertrauenswürdigkeit zähle (§ 34 Abs. 1 Z. 3 BO), nicht mehr gegeben seien oder wenn der Lenker im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Lenker gerichtlich bestraft worden sei. Daraus ergebe sich wohl zweifelsfrei, daß das Kriterium der Vertrauenswürdigkeit nur an Hand von Fakten, die sich nach Ausstellung des Ausweises ereignet haben, zu prüfen sei. Auch beim Rücknahmegrund der gerichtlichen Vorstrafen könne aus dem Grundgedanken der Rechtskraft wohl ebenfalls nicht bezweifelt werden, daß eine Verurteilung nach der Ausstellung des Ausweises erfolgt sein müsse. Immerhin sei aber aus dem bloßen Wortlaut der Verordnung nicht eindeutig zu entnehmen, wann die gerichtliche Verurteilung ausgesprochen worden sein mußte, ob also auch eine vor der Ausstellung des Ausweises erfolgte Verurteilung, die etwa vorerst nicht bekannt gewesen sei, die Zurücknahme rechtfertigen könne. Im vorliegenden Fall sei der Bundespolizeidirektion Linz zugute zu halten, daß bei ihr Beschwerden anderer Taxilenker einlangten, weil man dem Kläger als ausgesprochenen Exhibitionisten abermals einen Taxilenkerausweis ausgestellt habe. Es solle auch nicht verkannt werden, daß im anonymen Großstadtbereich strengere Maßstäbe für die persönliche Vertrauenswürdigkeit zu gelten haben als in einem ländlichen Gebiet. Auch sei zu berücksichtigen, daß das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung einem Antrag der Bundespolizeidirektion Linz auf Behebung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach nicht entsprach und der Bundespolizeidirektion Linz kommentarlos die Auffassung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, die Bundespolizeidirektion Linz sei zur Zurücknahme des Lenkerausweises berechtigt, übersandte. Die letztgenannte Behörde habe daher der Auffassung sein können, die Zurücknahme werde bereits bei dem vorliegenden Sachverhalt von der Oberbehörde gebilligt. Freilich sei insbesondere zu Lasten beider Behörden zu berücksichtigen, daß der Rechtsvertreter des Klägers in seinen Eingaben auf das Prinzip der materiellen Rechtskraft ausdrücklich verwiesen hat. Werde allerdings noch bedacht, daß im § 38 Abs. 1 lit. c BO zumindest nach dem Wortlaut nicht eindeutig festgelegt sei, wann die gerichtlichen Verurteilungen erfolgt sein müssen, und daß überhaupt im Verwaltungsrecht dem Prinzip der materiellen Rechtskraft schon allein durch die Schaffung des § 68 AVG nicht jene Beachtung geschenkt werde, wie dies im zivilgerichtlichen Verfahren der Fall sei, so erscheine die Rechtsauffassung, es sei ein Rücknahmetatbestand gegeben, immerhin noch vertretbar, weil den zuständigen Organen nicht vorgeworfen werden könne, sie hätten es an der pflichtgemäßen Überlegung fehlen lassen.
Über die Revision des Klägers änderte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß er das Zwischenurteil des Erstgerichtes wiederherstellte.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Gemäß § 1 Abs. 1 AHG haften die dort genannten Rechtsträger, darunter der Bund, für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten schuldhaft zugefügt haben, nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Das heißt, daß die Schadenersatzverpflichtung der im § 1 Abs. 1 AHG genannten Rechtsträger grundsätzlich keine andere als die außerhalb des Geltungsbereiches des Amtshaftungsgesetzes zu sein hat; es gelten nur die ausdrücklichen Sonderbestimmungen, die das Amtshaftungsgesetz selbst vorsieht, wie etwa die Unzulässigkeit der direkten Inanspruchnahme der schuldhaft und rechtswidrig handelnden Organe. Es wurde allerdings in verschiedenen Entscheidungen des OGH ausgesprochen, daß eine Rechtsverletzung im Sinne des Amtshaftungsgesetzes nur angenommen werden kann, wenn durch eine Handlung oder Unterlassung das Recht gebeugt, also gegen eine positive Vorschrift des Gesetzes verstoßen oder Gesetzesbestimmungen in grob fahrlässiger Unkenntnis nicht angewendet wurden (ZVR 1975/49; ZVR 1967/33; JBl. 1958, 404; JBl. 1955, 476; JBl. 1952, 567 u. a.), ja es wurde sogar der Standpunkt vertreten, daß ein Abgehen von eine bekannten Rechtsprechung nur dann rechtswidrig sein könne, wenn dieses Abgehen auf verfahrensfremde Einflußnahme (Intervention) zurückzuführen sei (EvBl. 1964/141). Diese Formulierungen haben, wie die Untergerichte bereits darlegten, Kritik hervorgerufen. Insbesondere Welser (JBl. 1975, 238) meinte, es sei nicht einzusehen, weshalb der Verstoß gegen eine positive Vorschrift und die Nichtanwendung einer Vorschrift getrennt betrachtet und in der Verschuldensfrage offenbar verschieden behandelt werden sollen; hiefür lasse das Gesetz keinen Raum. Noch unerklärlicher sei, warum bei der Nichtanwendung von Gesetzen die Haftung auf grob fahrlässiges Verhalten beschränkt werde; dies widerspreche nicht nur § 1 AHG, sondern sei auch mit § 3 AHG unvereinbar, welche Bestimmung nur die Rückersatzpflicht des schuldtragenden Organs auf Vorsatz und grobes Verschulden beschränke. Schließlich sei die apodiktische Aussage abzulehnen, daß das Abgehen von einer bekannten Rechtsprechung nur bei verfahrensfremder Einflußnahme zu einer Amtshaftung führen könne. Auch Walter (Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 825) ist der Auffassung, daß grundsätzlich auch für leichte Fahrlässigkeit gehaftet wird. Koziol (Österreichisches Haftpflichtrecht II, 300) will sogar bei einem objektiven Fehlverhalten ohne Verschulden, z. B. bei Geisteskrankheit des Organs, die Amtshaftung eintreten lassen.
Die Gesetzeslage ist an sich klar: Wenn auch im Geltungsbereich des Amtshaftungsgesetzes nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zu haften ist, umfaßt die Haftungsverpflichtung des Rechtsträgers, grundsätzlich nicht nur grobes, sondern auch leichtes Verschulden seiner Organe; nur Rückersatzansprüche des Rechtsträgers nach § 3 Abs. 1 AHG gegen ein schuldtragendes Organ setzen eine vorsätzlich oder grob fahrlässig begangene Rechtsverletzung voraus. Schon das Erstgericht meinte aber ganz richtig, daß der Hinweis auf das grobe Verschulden zwar zu weitgehend gewesen sein mag, aber in Wahrheit nur bedeuten sollte, daß nicht jede an sich unrichtige Rechtsansicht bereits Amtshaftungsansprüche zur Folge haben kann. Welser a. a. O. beurteilt die Zielrichtung der Rechtsprechung des OGH durchaus richtig, wenn er ausführt, daß dem rechtsanwendenden Organ nicht allzu strenge Fesseln angelegt werden sollen, daß die Rechtsauslegung "lebendig" erhalten werden soll. Es ging letztlich immer darum, daß im Amtshaftungsprozeß nicht wie in einem Rechtsmittelverfahren zu prüfen ist, ob die in Betracht kommende Entscheidung richtig war, sondern ob sie auf einer vertretbaren Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung beruhte; eine unrichtige, jedoch vertretbare Rechtsauffassung vermag selbst dann keinen Amtshaftungsanspruch zu begrunden, wenn die Entscheidung der bisherigen Judikatur widerstreitet oder eine Rechtsansicht oder eine Beweiswürdigung von der höheren Instanz nicht gebilligt wurde; es geht im Interesse der Rechtspflege und Rechtssicherheit insbesondere nicht an, jede Frage, die im Ermessensrahmen zu entscheiden ist, in einem nachfolgenden Amtshaftungsprozeß einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen (JBl. 1977, 539; EvBl. 1964/141; ZVR 1962/65; EvBl. 1958/77 u. a.). Sind Gesetzesbestimmungen nicht vollkommen eindeutig, enthalten sie Unklarheiten über die Tragweite des Wortlautes und steht zudem eine höchstrichterliche Rechtsprechung als Entscheidungshilfe nicht zur Verfügung, kommt es allein darauf an, ob bei pflichtgemäßer Überlegung die getroffene Entscheidung als vertretbar bezeichnet werden kann (EvBl. 1977/16 u. a.; vgl. Loebenstein - Kaniak, Kommentar zum Amtshaftungsgesetz, 64). Ein Abweichen von einer klaren Gesetzeslage oder der ständigen Rechtsprechung durch das zuständige Höchstgericht, das nicht erkennen läßt, daß es auf einer sorgfältigen und damit auch schriftlich begrundeten Überlegung beruht, wird aber in der Regel als ein Verschulden anzusehen sein, das einen Amtshaftungsanspruch zur Folge haben kann. Damit wird auch die erforderliche Übereinstimmung mit der Haftung eines Rechtsanwaltes, Notars oder sonstigen Fachmannes gewahrt, der grundsätzlich für Unkenntnis der Gesetze sowie einhelliger Lehre und Rechtsprechung einzustehen, aber nicht zu haften hat, wenn nur ein an sich vertretbarer Rechtsstandpunkt in der Folge von der Rechtsprechung nicht geteilt wird (EvBl. 1977/238; SZ 45/5; SZ 44/139; JBl. 1972, 426; EvBl. 1963/336 u. a.) oder die Partei aufgeklärt wurde, daß die Prozeßführung aussichtslos sein dürfte (EvBl. 1972/124; SZ 15/121 u. a.).
Das Berufungsgericht hob bereits richtig hervor, daß nicht nur das gerichtliche Verfahren, sondern auch das Verwaltungsverfahren den Begriff der formellen und materiellen Rechtskraft kennt, da sich aus dem Zusammenhalt des § 68 Abs. 1 AVG mit § 68 Abs. 2 bis 4 AVG ergibt, daß Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unanfechtbar werden, sofern nichts anderes ausdrücklich normiert ist (Walter - Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 142; Adamovich, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts[5] I, 121). Wenn nicht die Voraussetzungen der §§ 69 und 71 AVG oder die des § 68 Abs. 2 bis 4 AVG zutreffen, sind die Behörden nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (Slg. 8035/A, 1794/A u. a.) an rechtskräftige Bescheide ungeachtet der Gesetzmäßigkeit oder Gesetzwidrigkeit ihres Inhaltes gebunden. Das Ziel jedes behördlichen Verfahrens muß es nämlich sein, Rechtsverhältnisse auf verbindliche Art zu gestalten und zu regeln und auf diese Weise Rechtssicherheit zu schaffen. Die Rechtsordnung muß es daher in Kauf nehmen dem, erwähnten Ziel zuliebe auf dem Gebiete der unbedingten Durchsetzung der Rechtsordnung ein Opfer zu bringen und auch behördlichen Erkenntnissen, die der Rechtslage nicht entsprechen, unter bestimmten Voraussetzungen dieselbe Verbindlichkeit beizulegen wie solchen, die mit der Rechtsordnung in vollem Einklang stehen. Behördliche Erkenntnisse können daher ungeachtet eingetretener Rechtskraft nur dann aufgehoben oder abgeändert werden, wenn so schwerwiegende Gründe vorliegen, daß ihnen gegenüber das Postulat der Rechtsbeständigkeit und der Rechtssicherheit, die durch ein behördliches Erkenntnis hergestellt werden soll, zurückgestellt werden kann (Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen I, 415; in diesem Sinne auch Männlicher - Quell, Das Verwaltungsverfahren[8], 372). Das Gesetz zählt die in Betracht kommenden Fälle - die §§ 69 und 71 AVG stehen vorliegend nicht zur Diskussion - im § 68 Abs. 2 bis 4 AVG auf. Sie kommen im vorliegenden Fall für die Beurteilung des Bescheides der Bundespolizeidirektion Linz und des bestätigenden Bescheides des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht in Betracht, da mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 5. Dezember 1974 dem Kläger bereits Rechte erwachsen waren (§ 68 Abs. 2 AVG), das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdende Mißstände nicht zu beseitigen und auch schwere volkswirtschaftliche Schädigungen nicht abzuwehren waren (§ 68 Abs. 3 AVG) und eine Ausübung des Aufsichtsrechtes nach § 68 Abs. 4 AVG nicht stattfand; dieses steht nur der Oberbehörde zu und hätte nur zur Nichtigerklärung und damit Beseitigung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach führen können, wogegen im vorliegenden Fall ein Zurücknahmebescheid der der Bezirkshauptmannschaft gleichrangigen Bundespolizeidirektion Linz erlassen und bestätigt wurde, der von der Existenz des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach auszugehen hatte. Der VfGH hat im übrigen ausgesprochen, daß die Rechtskraft bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage das Prozeßhindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache bewirkt (Slg. 6957/1972). Auch der VwGH hat nach seiner ständigen Rechtsprechung klargestellt, daß einer neuen Sachentscheidung die Rechtskraft eines früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Bescheides nur dann nicht entgegensteht, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist; es ist hingegen rechtswidrig, bei der Annahme einer im wesentlichen unveränderten, wenn auch durch eingehendere Erhebungen in verschiedenen Punkten erst nachträglich klargestellten Sachverhaltes eine neuerliche Sachentscheidung zu fällen (Slg. 3874/A u a). Nur Änderungen des Sachverhaltes werden von der Rechtskraft eines Bescheides nicht erfaßt (Slg. 8035/A, 2054/A u. a.). Die Bestimmung des § 68 Abs. 6 AVG läßt allerdings die den Behörden in Verwaltungsvorschriften eingeräumten Befugnisse zur Zurücknahme oder Einschränkung einer Berechtigung außerhalb eines Berufungsverfahrens unberührt. Dem einfachen Gesetzgeber ist es also nicht verwehrt, vorzusehen, daß formell rechtskräftige Bescheide bei Eintritt bestimmter im Gesetz vorgesehener Umstände wirkungslos (Barfuß in JBl. 1974, 300; Mannlicher - Quell a. a. O., 389) oder durch einen anderen Bescheid zurückgenommen oder abgeändert werden können (Mannlicher - Quell a. a. O., 387). Für die Zulässigkeit der Bescheidrücknahme oder Bescheidabänderung müssen in aller Regel aber doch auch entweder neue Tatsachen oder neu hervorgekommene Tatsachen gegeben sein (Barfuß a. a. O., 302). Es kann jedenfalls als einhellige Auffassung von Rechtsprechung und Lehre angesehen werden, daß ohne Änderung der Umstände oder Hervorkommen neuer Tatsachen zumindest dann, wenn eine in Betracht kommende Rechtsvorschrift keine andere ausdrückliche Regelung vorsieht, ein rechtskräftiger Bescheid weder abgeändert noch zurückgenommen werden kann. Eine gegenteilige Auffassung muß als unvertretbar bzw. kann nur dann als vertretbar angesehen werden, wenn sich die Behörde erkennbar, d. h. mit eingehender sachlicher Begründung mit dem Problem befaßte und darlegte, warum sie im gegebenen Fall ein Rechtsauffassung vertreten zu können glaubte. Sonst wird man aber davon ausgehen müssen, daß die bestehende Rechtslage rechtswidrig und schuldhaft mißachtet wurde.
Gemäß § 32 Abs. 1 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. 289/1955 i. d. F. BGBl. 47/1964 dürfen als Lenker im Fahrdienst nur Personen verwendet werden, die einen Ausweis nach dem Muster der Anlage zur Betriebsordnung ("Taxilenkerausweis") besitzen. Diesen Ausweis haben die nach dem Wohnsitz des Antragstellers zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden, im Wirkungsbereich der Bundespolizeibehörden diese, auszustellen (§ 33 Abs. 1 BO), worauf bei Vorliegen verschiedener Voraussetzungen (§ 34 Abs. 1 BO), darunter der Vertrauenswürdigkeit (§ 34 Abs. 1 Z. 3 BO), ein Rechtsanspruch besteht. Er gilt allerdings nur in Verbindung mit der nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften erforderlichen Lenkerberechtigung (§ 35 BO) und wird ungültig, wenn diese entzogen wird (§ 38 Abs. 3 BO). Gemäß § 38 Abs. 1 BO kann der ausgestellte Ausweis von Amts wegen für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen, die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraum zurückgenommen werden, wenn die im § 34 BO bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind (§ 38 Abs. 1 lit. a BO), der Lenker sich gröbliche Verletzungen der Bestimmungen der Betriebsordnung oder der straßenpolizeilichen oder kraftfahrrechtlichen Vorschriften hat zuschulden kommen lassen (§ 38 Abs. 1 lit. b BO) oder der Lenker im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Lenker gerichtlich bestraft worden ist (§ 38 Abs. 1 lit. c BO). Es handelt sich hiebei um eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 68 Abs. 6 AVG. Die Zurücknahme des Ausweises obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde (Bundespolizeidirektion), in deren Wirkungsbereich der Standort des Gewerbebetriebes liegt, bei dem der Inhaber des Ausweises beschäftigt ist (§ 38 Abs. 2 BO). Ausstellende und zurücknehmende Behörde müssen also nicht dieselbe sein. Der Wortlaut der Bestimmung des § 38 Abs. 1 lit. a BO stellt aber, wie auch das Berufungsgericht anerkannte, eindeutig klar, daß eine Zurücknahme des Taxilenkerausweises aus diesem Rechtsgrund nur zulässig ist, wenn Umstände aufgetreten sind, die der Ausstellung des Ausweises nachfolgen ("nicht mehr gegeben"). Nichts anderes gilt für den Rechtsgrund nach § 38 Abs. 1 lit. c BO, weil unter dem Begriff "Lenker" offensichtlich der Lenker im Fahrdienst verstanden wird, die Zurücknahme aus diesem Grund also zur Voraussetzung hat, daß der Lenker überhaupt schon im Taxifahrdienst tätig war. Auf § 38 Abs. 1 lit. c BO ist aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht einzugehen, weil weder die Bundespolizeidirektion Linz noch das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung ihre Entscheidungen auf diesen Rechtsgrund stützten. Wenn aber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 38 Abs. 1 lit. a BO die Zurücknahme des Taxilenkerausweises nur aus Gründen statthaft ist, die nach dessen Ausstellung eintraten, kann es im Hinblick auf die dargestellte einhellige Auffassung über die Bedeutung der Rechtskraft im Verwaltungsverfahren keine vertretbare Rechtsansicht mehr gewesen sein, sich über die Rechtskraft der Ausstellung des Ausweises hinwegzusetzen und für die Zurücknahme des Taxilenkerausweises Gründe heranzuziehen, die schon der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach bei Ausstellung des Ausweises bekannt gewesen waren. Die rechtswidrigen Bescheide lassen auch nicht erkennen, daß die Behörden pflichtgemäße rechtliche Überlegungen zur bestehenden Rechtslage und der dazu ergangenen Judikatur angestellt hätten und aus diesen Überlegungen zu abweichenden Auffassungen gelangt wären. Daß aber Beschwerden von Taxilenkern einlangten, die den Kläger als Exhibitionisten bezeichneten, und daß allenfalls im großstädtischen Bereich strengere Maßstäbe für die persönliche Vertrauenswürdigkeit von Taxilenkern gelten müßten, sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes keine vertretbaren Gründe, die eindeutige Rechtslage zur Frage der Rechtskraftwirkung von Vorentscheidungen zu mißachten. Ganz ohne Bedeutung muß es schließlich sein, daß das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung zuvor den Akt der Bundespolizeidirektion Linz übersendet hatte, weil allein diese erstmals zu prüfen hatte, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme des Taxilenkerausweises gegeben waren. Mit Recht vertrat damit das Erstgericht die Auffassung, daß der vom Kläger erhobene Amtshaftungsanspruch dem Gründe nach zu Recht besteht.
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