OGH 1Ob606/86

OGH1Ob606/863.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schubert, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Otto S***, Schneidermeister, Zirl, Am Wackerrain 4c, vertreten durch Dr.Eberhard Molling, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr.Harald B***, Rechtsanwalt, Innsbruck, Maria Theresienstraße 29, vertreten durch Dr.Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 195.460,02 S s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 13.März 1986, GZ 2 R 328/85-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 26.Juli 1985, GZ 14 Cg 513/84-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, dem Kläger den Betrag von 195.460,02 S samt 4 % Zinsen von 181.369,69 S vom 9.November 1984 bis 2.Juli 1985 und von 195.460,02 S seit 3.Juli 1985 zu bezahlen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 54.415,10 S bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (hievon 4.374,10 S Umsatzsteuer und 6.300 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger veräußerte mit dem am 15. Juli 1980 vor dem öffentlichen Notar Dr. Hubert E***, Rattenberg,

abgeschlossenen Vertrag die 188/2020-Anteile an der Liegenschaft EZ 301 II KG Hall, mit denen das Wohnungseigentum an der im Hochparterre des Hauses Amtsbachgasse Nr. 5 gelegenen Wohnung verbunden ist, an Walburga W***. Punkt III des Kaufvertrages sieht vor: "Der vereinbarte Kaufpreis beträgt S 800.000,--. Dieser Kaufpreis wird von der Käuferin aus dem Bausparvertrag bei der Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot beglichen. Die Vertragsparteien erklären sich damit einverstanden, daß die Bezahlung des Kaufpreises treuhändig über den öffentlichen Notar Dr. Hubert E*** in Rattenberg mit dem Auftrag abgewickelt wird, zunächst aus dem Treuhanderlag die noch aushaftende Kreditschuld bei der Sparkasse Innsbruck-Hall zum Zwecke der Löschung des Pfandrechtes zu tilgen und den sodann verbleibenden Restkaufpreis an den Verkäufer, Herrn Otto S***, auf dessen Konto 0001-314962 bei der Sparkasse Innsbruck-Hall zu überweisen. Sollte die Bezahlung und Treuhandabwicklung des Kaufpreises nicht bis längstens 31. 12. 1980 erfolgt sein, verpflichtet sich die Käuferin, den aushaftenden Kaufpreis ab dem Tage des Vertragsabschlusses mit 6 % p.a. zu verzinsen." Besitz und Gefahr gingen laut Punkt IV des Vertrages am 1.August 1980 auf die Käuferin über. Die Darlehensschuld bei der Sparkasse Innsbruck-Hall war mit 31. Juli 1980 abzurechnen und zu tilgen. Ab diesem Zeitpunkt hatte die Käuferin etwa noch auflaufende Zinsen zu tragen. Die Eigentumswohnung war gemäß Punkt V des Vertrages vom Verkäufer bis 1. August 1980 geräumt der Käuferin zu übergeben. Nach der Vertragsunterfertigung folgte Walburga W*** dem Kläger einen Betrag von 170.000 S bar aus. Es ist nicht erwiesen, daß es sich dabei um eine über den Betrag von 800.000 S hinaus zu leistende "Schwarzgeldzahlung" handelt. Da sich noch vor Unterfertigung des Kaufvertrages herausgestellt hatte, daß Walburga W*** Schwierigkeiten mit der Abwicklung der Finanzierung haben werde, erklärte sich der Kläger anläßlich der Unterfertigung des Vertrages bereit, Walburga W*** die Bezahlung des (über den Betrag von 170.000 S hinausgehenden) Restkaufpreises bis 15.April 1981 zu stunden. Dies wurde vom öffentlichen Notar Dr. Hubert E*** in einem Aktenvermerk festgehalten. Da die Bezahlung des Kaufpreises aus dem Bausparvertrag an den Treuhänder Dr. Hubert E*** nicht erfolgte, überprüfte dieser mit Schreiben vom 2.Dezember 1980 bei der Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot die Angaben der Käuferin und erfuhr, daß eine auf den Namen der Käuferin lautende Bausparvertragssumme nicht zur Verfügung stehe. Dr. Hubert E*** verständigte hievon den Kläger, der erklärte, die Angelegenheit seinem Rechtsanwalt übergeben zu wollen. Der Kläger informierte den Beklagten dahin, er habe mit der Käuferin einen Kaufpreis von insgesamt 970.000 S vereinbart; absprachegemäß sei ein Betrag von 800.000 S in die über den Kaufvertrag ausgefertigte Urkunde aufgenommen, für den Rest von 170.000 S sei eine Schwarzgeldzahlung vereinbart worden. Den Betrag von 170.000 S habe er von der Käuferin bereits erhalten. Der Rest von 800.000 S solle von der Käuferin bis längstens 31.Dezember 1980 bezahlt werden. Er habe von Notar Dr. Hubert E*** in Erfahrung gebracht, daß die Käuferin keinen Bausparvertrag mit der Bausparkasse der Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot abgeschlossen habe. Der Kläger äußerte dem Beklagten gegenüber die Befürchtung, die Käuferin, die bereits einen Offenbarungseid abgelegt habe, werde den restlichen Kaufpreis nicht aufbringen können und werde die Eigentumswohnung ihrem Lebensgefährten übertragen. Der Kläger beauftragte den Beklagten, Erkundigungen über die Käuferin einzuholen. Bei der Informationserteilung erinnerte sich der Kläger nicht daran, daß er mit der Käuferin anläßlich der Unterfertigung der Kaufvertragsurkunde die Stundung des Kaufpreises über den 31. Dezember 1980 hinaus bis 15.April 1981 vereinbart hatte. Auf Grund der ihm erteilten Information erteilte der Beklagte dem Kläger die Belehrung, es bestehe die Möglichkeit, den Restkaufpreis einzuklagen, doch sei auch ein Rücktritt vom Vertrag möglich, in welchem Falle der Kläger die Eigentumswohnung wieder zurückerlange und nutzlose Aufwendungen vom bereits erhaltenen Schwarzgeld in Abzug bringen könne. Der Beklagte riet dem Kläger auch, Selbstanzeige beim Finanzamt zu erstatten, was der Kläger auch getan hat. Der Kläger erklärte dem Beklagten schließlich, er solle für ihn das in dieser Lage Bestmögliche machen, in erster Linie gehe es ihm aber darum, den restlichen Kaufpreis zu erlangen. Die Streitteile verblieben zunächst dahin, daß der Beklagte für den Kläger an die Käuferin herantreten werde, um mit dieser die Sache abzuklären. Der Beklagte stellte fest, daß Walburga W*** am 22.Mai 1980 vor dem Bezirksgericht Salzburg zu 8 E 3184/80 einen Offenbarungseid abgelegt und als Vermögen nur eine monatliche Pension von rund

5.500 S, eine streitverfangene monatliche Leibrentenzahlung von 3.000 S und streitverfangenen Hausbesitz angegeben hatte. Mit Schreiben vom 15.Dezember 1980 forderte der Beklagte Walburga W*** auf, bis 31.Dezember 1980 durch unbedenkliche Urkunden nachzuweisen, daß sie im Besitz eines Bausparvertrages bei der Bausparkasse der Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot sei, durch welchen sie in der Lage sei, den Kaufpreis von 800.000 S umgehend zu begleichen. Auf dieses Schreiben reagierte Walburga W*** nicht. Am 12.Jänner 1981 wies Walburga W*** dem öffentlichen Notar Dr. Hubert E*** nach, daß sie in der Lage sei, aus einem Bauspardarlehen einen Betrag von 480.000 S zu erlangen. Dr. Hubert E*** unterrichtete hievon am selben Tag den Beklagten; dieser beriet am 13.Jänner 1981 den Kläger dahin, es sei im Hinblick auf die obwaltenden Umstände ratsam, den Rücktritt vom Kaufvertrag zu erklären; der Kläger stimmte diesem Vorhaben zu. In seinem an Walburga W*** gerichteten Schreiben vom 13.Jänner 1981 führte der Beklagte aus: "Notar Dr. E*** hat mir mitgeteilt, daß Sie nunmehr einen Bausparvertrag in der Höhe von

S 480.000,-- nachgewiesen haben. Dieser Betrag deckt aber nicht einmal die am ersten Rang eingetragenen Anrechte der Sparkasse Innsbruck-Hall. Es ergibt sich sohin, daß Sie die Vertragsvereinbarungen mit meinem Mandanten Herrn Otto S*** nicht zuhalten können. Namens meines Mandanten erkläre ich daher hiemit ausdrücklich den Rücktritt von der Kaufvereinbarung vom 15.7.1980 hinsichtlich der 188/2020-Anteile an der Liegenschaft in EZ 301 II KG Hall (Eigentumswohnung Kugelangergasse Nr. 1), wie dies bereits in meinem Schreiben vom 15.12.1980 angedroht wurde". Mit Schreiben vom 13.April 1981, von Walburga W*** angenommen am 14. April 1981, bot die Sparkasse Innsbruck-Hall Walburga W*** die Überbindung des zum 15.April 1981 mit 630.945 S aushaftenden Hypothekarkredits an. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Hall vom 16. April 1981 wurde die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käuferin Walburga W*** an der gekauften Liegenschaft bewilligt. Auf den Kaufpreis von 800.000 S hat Walburga W*** durch Barzahlung 170.000 S, durch Übernahme des zum 31.Juli 1980 aushaftenden Hypothekarkredits 580.000 S bezahlt, 10.000 S wurden ihr vom Kläger für Tapezierungskosten nachgelassen. Ein Betrag von 40.000 S haftet unberichtigt aus.

Am 27. Mai 1981 erhob der Beklagte in Vertretung des Klägers beim Landesgericht Innsbruck zu 6 Cg 329/81 gegen Walburga W*** Klage auf Aufhebung des Kaufvertrages vom 15.Juli 1980 und Löschung der Einverleibung des Eigentumsrechtes. Er brachte vor, im Kaufvertrag vom 15.Juli 1980 sei wohl ein Kaufpreis von 800.000 S genannt worden, doch hätten sich die Parteien des Kaufvertrages geeinigt, daß ein weiterer Betrag von 170.000 S zusätzlich "schwarz" an den Kläger zu bezahlen sei; dieser Betrag sei in der Folge von Walburga W*** auch bar bezahlt worden. Mit Schreiben vom 5. Dezember 1980 sei dem öffentlichen Notar Dr. Hubert E*** auf seine Anfrage von der Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot mitgeteilt worden, daß Walburga W*** keine Beleihungsunterlagen vorgelegt habe und auf ihren Namen keine Bauvertragsnummer bestehe. Hievon habe Dr. Hubert E*** dem Beklagten Mitteilung gemacht. Da Walburga W*** zudem im Jahre 1980 den Offenbarungseid abgelegt hatte, seien ihm Bedenken gekommen, ob Walburga W*** in der Lage sein werde, den Vertrag zu erfüllen. Der Kläger habe die Käuferin mit Schreiben vom 15.Dezember 1980 aufgefordert, bis längstens 31.Dezember 1980 durch unbedenkliche Urkunden nachzuweisen, daß sie in der Lage sei, den restlichen aushaftenden Kaufpreis von 800.000 S umgehend zu bezahlen. Für den Fall des nicht fristgerechten Nachweises habe der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Die Käuferin habe erst Anfang Jänner 1981 dem öffentlichen Notar Dr. Hubert E*** Unterlagen zur Verfügung gestellt, aus denen sich jedoch nur ergeben habe, daß ihr aus einem Bausparvertrag 480.000 S zur Verfügung stünden. Mit Schreiben vom 13.Jänner 1981 habe der Kläger daher nochmals seinen Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Walburga W*** bestritt als Beklagte dieses Klagsvorbringen und brachte vor, der vereinbarte Kaufpreis habe nur 800.000 S betragen. In Anrechnung auf diesen Kaufpreis habe sie am 15.Juli 1980 an den Kläger 170.000 S bezahlt und den auf der Liegenschaft zum 31.Juli 1980 haftenden Kredit von 580.000 S übernommen. Nach einer mit dem Kläger am 23. August 1980 getroffenen Vereinbarung sollte der Restbetrag von 50.000 S für die Bezahlung der Zinsen des Kredites bis 31.Dezember 1980 sowie der Vermittlungsgebühr der Fa. T***-Immobilien GesmbH verwendet werden. Weiters stehe ihr eine Schadenersatzforderung zu, weil der Kläger die Wohnung nicht, wie im Vertrag vereinbart, zum 1. August 1980 übergeben habe. Insgesamt sei damit der Kaufpreis von 800.000 S bezahlt. Das im Verfahren 6 Cg 329/81 gestellte Klagebegehren wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Dezember 1982, 6 Cg 329/81-26, abgewiesen. Der vom Kläger gegen dieses Urteil erhobenen Berufung wurde vom Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht nicht Folge gegeben. In dem vom Berufungsgericht wiederholten Beweisverfahren ergab sich, daß der Kläger Walburga W*** den restlichen, nach Bezahlung der 170.000 S noch offenen Kaufpreis bis 15.April 1981 gestundet hatte. Das Berufungsgericht führte in der Begründung des Urteils aus, Walburga W*** habe sich zur Zeit der Rücktrittserklärungen des Klägers nicht im Schuldnerverzug befunden, weil sie nicht die Verpflichtung übernommen hatte, einen Nachweis über die Finanzierung des Kaufpreises zu erbringen. Selbst wenn man das Rücktrittsschreiben dahin auslegen wollte, daß der Rücktritt wegen Verzugs der Walburga W*** mit der Bezahlung des Kaufpreises erklärt worden sei, wäre die Rücktrittserklärung unwirksam, weil die Fälligkeit des Kaufpreises bis 15.April 1981 gestundet worden sei. Der Kläger hatte im Verfahren 6 Cg 329/81 Verfahrenskosten in der Höhe von 115.656,69 S zu bezahlen, weiters Exekutionskosten von 2.692,13 S, Gerichtsgebühren von 53.860 S, Zeugengebühren von 4.000 S, weiters wurde dem Beklagten ein Kostenvorschuß von 11.800 S bezahlt, für die Beratung des Klägers durch Rechtsanwalt Dr. Heinz B*** zur Klärung der Frage, ob Revision erhoben werden soll, ist ein Honoraranspruch von 6.899,20 S erwachsen; weiters sind dem Kläger für die Teilnahme an einer Beweistagsatzung Fahrtauslagen in Höhe von 552 S entstanden. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bezahlung des Betrages von 195.460,02 S, weil dem Beklagten bei der Prozeßführung Kunstfehler unterlaufen seien. Der Beklagte habe mit dem Schreiben vom 15. Dezember 1980 den Rücktritt vom Vertrag erklärt, obwohl der restliche Kaufpreis damals noch nicht fällig gewesen sei. Er habe es verabsäumt, nach Eintritt der Fälligkeit die Rücktrittserklärung zu wiederholen. Von der Stundung des restlichen Kaufpreises bis 15. April 1981 habe er, Kläger, selbst auch erst anläßlich des Rechtsmittelverfahrens im Vorprozeß Kenntnis erhalten. Der Beklagte stellte den Klagsbetrag der Höhe nach außer Streit, beantragte aber Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, die Klage auf Aufhebung des Kaufvertrages sei gerechtfertigt gewesen, weil Walburga W*** nach der ihm vom Kläger erteilten Information mittellos gewesen sei und einen Bausparvertrag, mit dessen Hilfe sie den Kaufpreis finanzieren wollte, nicht habe nachweisen können. Er habe daher mit Schreiben vom 15.Dezember 1980 der Käuferin gegenüber den Rücktritt angedroht und nach Eintritt der Fälligkeit mit Schreiben vom 13.Jänner 1981 den Rücktritt erklärt. Von der weiteren Stundung des restlichen Kaufpreises bis 15.April 1981 habe ihn der Kläger nicht informiert, er habe hievon erst im Rechtsmittelverfahren des Vorprozesses erfahren.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Beklagte sei als Rechtsanwalt auf Grund des ihm vom Kläger erteilten Auftrages zur sachverständigen Beratung und Vertretung des Klägers verpflichtet gewesen. Den ihm obliegenden Beweis, an der Erfüllung dieser Verpflichtung ohne sein Verschulden verhindert gewesen zu sein, habe er nicht erbracht. Es sei vielmehr hervorgekommen, daß ihm bei der Vertretung des Klägers Kunstfehler unterlaufen seien. Die vom Beklagten für den Kläger am 15.Dezember 1980 abgegebene und am 13.Jänner 1981 wiederholte Rücktrittserklärung sei wirkungslos gewesen, weil sich Walburga W*** noch nicht im Leistungsverzug befunden habe; deshalb habe auch die Klagsführung erfolglos bleiben müssen. Der Beklagte hafte daher dem Kläger für den eingetretenen Schaden.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten nicht Folge. Es erklärte die Revision für zulässig. Der Beurteilung des Verhaltens des Beklagten sei sein Wissensstand im Zeitpunkt der Verfassung der Schreiben vom 15. Dezember 1980 und 13.Jänner 1981 zugrundezulegen. Daß der Kläger der Käuferin Walburga W*** den Kaufpreis bis 15.April 1981 gestundet habe, sei nicht zu beachten, weil der Kläger dem Beklagten hievon keine Mitteilung gemacht habe. Der Rücktritt vom Vertrag gemäß § 918 ABGB setze den Leistungsverzug des anderen Vertragsteils voraus. In der Rücktrittserklärung sei auch der Rücktrittsgrund anzugeben, weil der Schuldner in die Lage versetzt werden solle, innerhalb der gesetzten Nachfrist disponieren zu können. Der im Schreiben vom 15.Dezember 1980 angegebene Rücktrittsgrund treffe nicht zu, weil sich aus dem Kaufvertrag keine Verpflichtung der Käuferin ergebe, den von ihr geforderten Nachweis zu erbringen. Punkt III des Kaufvertrages lasse vernünftigerweise auch nur die Auslegung zu, daß die Fälligkeit des Kaufpreises erst am 31.Dezember 1980 eintreten sollte, so daß sich Walburga W*** im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 15.Dezember 1980 mit der Zahlung des Kaufpreises nicht in Verzug befunden habe. Im Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom 13.Jänner 1981 sei der Kaufpreis zwar nach der dem Beklagten erteilten Information des Klägers fällig gewesen, doch fehle der Rücktrittserklärung die Bestimmung einer Nachfrist, die nur dann entfallen könne, wenn geradezu Erfüllungsverweigerung vorliege. Daß die Einbringung der Klage keinen wirksamen Rücktritt bewirken konnte, weil zu diesem Zeitpunkt das Eigentumsrecht der Käuferin bereits verbüchert war, werde vom Beklagten ohnehin nicht bestritten. Der Beklagte hafte daher für den dem Kläger im Verfahren 6 Cg 329/81 des Landesgerichtes Innsbruck entstandenen Schaden, weil die in den Schreiben vom 15.Dezember 1980 und 13.Jänner 1981 enthaltene Vertrags- und Gesetzesauslegung (betreffend § 918 ABGB) nicht vertretbar erscheine.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung zu.

Nach Rechtsprechung und Lehre haftet der Rechtsanwalt seiner Partei gemäß § 1299 ABGB für Unkenntnis der Gesetze sowie der einhelligen Lehre und Rechtsprechung. Keine Haftung besteht, wenn nur ein an sich vertretbarer Rechtsstandpunkt in der Folge von der Rechtsprechung nicht geteilt wird (SZ 53/83; SZ 52/56; EvBl. 1977/238; SZ 44/139 u.a.; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 II 191; Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 14 zu § 1299).

Das Berufungsgericht erblickte eine unvertretbare Rechtsansicht des Beklagten darin, daß er mit dem Schreiben vom 15.Dezember 1980 den Rücktritt vom Vertrag erklärt hatte, obwohl die von Walburga W*** übernommene Leistungsverpflichtung noch nicht fällig war. Walburga W*** habe sich im Vertrag auch nicht verpflichtet, einen Nachweis zu erbringen, daß sie einen Bausparvertrag abgeschlossen habe, mit dessen Mitteln sie den Kaufpreis begleichen könne. Die Rücktrittserklärung des Klägers vom 15.Dezember 1980 war darauf gegründet, daß er in Erfahrung gebracht habe, daß Walburga W***, die im Kaufvertrag erklärt hatte, den Kaufpreis "aus dem Bausparvertrag bei der Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot" zu begleichen, keinen Bausparvertrag abgeschlossen hatte. Darüber hinaus hatte der Beklagte in Erfahrung gebracht, daß die Käuferin am 22. Mai 1980 den Offenbarungseid abgelegt und ihre praktische Vermögenslosigkeit einbekannt hatte. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung SZ 54/188 die Bestimmung des § 918 Abs. 2 ABGB dahin verstanden, daß ein Vertragsteil wegen einer bei Erfüllung eines Vertrages unterlaufenen Verzögerung von einem anderen Vertrag, der mit dem erstgenannten in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang steht, zurücktreten kann, weil Motiv für die Einführung des § 918 Abs. 2 ABGB gewesen sei, daß der Gläubiger "an den unverläßlichen Kontrahenten für die Zukunft nicht mehr gebunden sein" soll. Koziol-Welser, Grundriß 7 I 220 billigen diese Rechtsprechung. Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 7 vor §§ 918 ff., erblickt in der Bestimmung des § 918 Abs. 2 ABGB eine Regelung, in der der Gedanke der Auflösung eines Vertrages aus wichtigem Grund zum Ausdruck kommt. Er lehrt unter ausdrücklichem Hinweis auf die vorzitierte Entscheidung, daß - unabhängig von einem eingetretenen Leistungsverzug - die Erschütterung des Vertrauens in die Person des Schuldners Auflösungsgrund sei. Die Verletzung vertraglicher Pflichten sei nur der Kern des Rücktrittsrechts, nicht aber dessen ausschließlicher Inhalt. Aus wichtigem Grund bestehe unabhängig von Vertragsverletzungen ein (vorzeitiges) Auflösungsrecht. Es war dann aber jedenfalls eine vertretbare Rechtsansicht, wenn der Beklagte Walburga W***, nachdem er erfahren hatte, daß ein Bausparvertrag, der der Finanzierung des Kaufvertrages in der vertraglich vereinbarten Form dienen sollte, nicht besteht und die Käuferin den Offenbarungseid abgelegt hatte, aufforderte, den Nachweis zu erbringen, daß ihr die zur Bezahlung des Kaufpreises erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen und für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der gesetzten Frist den Rücktritt vom Vertrag (wegen Vertrauensverlustes) erklärte. Da Walburga W*** ausdrücklich erklärt hatte, einen Bausparvertrag zu besitzen, und nach dem Vertrag die Zahlung des Kaufpreises aus den Mitteln dieses Vertrages an den bestellten Treuhänder Dr. Hubert E*** vorgesehen war, konnte der Beklagte vertretbarerweise auch der Rechtsansicht sein, daß Walburga W*** eine die reibungslose Abwicklung des Hauptvertrages sichernde Nebenpflicht, dem Verkäufer den Nachweis der ihr zur Verfügung stehenden Finanzierungsmittel zu erbringen, trifft. Beinhalte die Verletzung einer solchen Nebenpflicht eine schwere Vertrauenserschütterung, ist der Rücktritt vom Vertrag gemäß § 918 ABGB gerechtfertigt (SZ 57/175; SZ 39/120; SZ 38/99; Koziol-Welser a.a.O. I 221). Da Walburga W*** die an sie gerichtete Aufforderung des Beklagten unbeantwortet ließ, konnte er annehmen, daß der Vertrag mit Ablauf der gesetzten Nachfrist aufgelöst sei. Dem Schreiben des Beklagten vom 13.Jänner 1981 kommt dann nur die Bedeutung zu, daß die Rücktrittserklärung wiederholt wurde. Das Erstgericht und das Berufungsgericht im Verfahren 6 Cg 329/81 haben diese rechtlichen Gesichtspunkte nicht erörtert. Das Klagebegehren wurde nur deshalb abgewiesen, weil sich Walburga W*** im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 15.Dezember 1980 nicht in Leistungsverzug befunden habe. Daß der Beklagte gegen das Urteil des Berufungsgerichtes nicht Revision erhob, macht ihm der Kläger nicht zum Vorwurf. Das Verfahren hat auch ergeben, daß der Kläger die Prüfung der Frage, ob Revision erhoben werden soll, einem anderen Rechtsanwalt übertrug. War aber der Rechtsstandpunkt des Beklagten, der mit Walburga W*** abgeschlossene Kaufvertrag sei zufolge des mit dem Schreiben vom 15.Dezember 1980 ausgesprochenen Rücktritts aufgelöst, nicht unvertretbar, kann in der Klagsführung zu 6 Cg 329/81 des Erstgerichts ein zu Schadenersatz verpflichtendes Verhalten des Beklagten nicht erblickt werden. Daß das Erstgericht und das Berufungsgericht den vertretbaren Rechtsstandpunkt des Beklagten nicht teilten, kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden. Damit entfällt aber die Grundlage für die Schadenersatzpflicht des Beklagten, sodaß der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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