Spruch:
Aus einer unrichtigen Rechtsbelehrung durch einen Richter können Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden; eine Haftung des Rechtsträgers Republik Österreich hat jedoch nur einzutreten, wenn die Rechtsbelehrung in Unkenntnis der Gesetze bzw. einhelliger Lehre und Rechtsprechung unrichtig erfolgte; eine vertretbare Auffassung stellt auch kein leichtes Verschulden dar
OGH 27. Mai 1980, 1 Ob 12/80 (OLG Wien 14 R 145/79; LGZ Wien 40c Cg 509/79)
Text
Die Klägerin begehrte zu 3 Cr 649/75 des Arbeitsgerichtes Wien gegenüber der beklagten Partei Firma Helmut H die Feststellung, daß das am 23. April 1975 zwischen den Streitteilen eingegangene Dienstverhältnis aufrecht sei. Sie begrundete dies im wesentlichen damit, daß sie von der dort beklagten Partei am 23. April 1975 als Buffetkraft aufgenommen und am 21. Juli 1975 ohne Grund fristlos entlassen worden sei. Da sie schwanger sei, bestehe das Dienstverhältnis weiter aufrecht. Die dort beklagte Partei wendete ein, daß sie richtigerweise "Sieglinde H GesmbH" heiße und Helmut H nur Gesellschafter und Geschäftsführer dieser Gesellschaft sei, sodaß mangelnde Passivlegitimation geltend gemacht wurde. Daraufhin berichtigte die Klägerin die Bezeichnung der beklagten Partei auf Sieglinde H GesmbH, wogegen sich die beklagte Partei aber aussprach. Am 1. März 1976 zog der bevollmächtigte Ehegatte der Klägerin die Klage unter Anspruchsverzicht zurück und brachte am selben Tag zu 3 Cr 540/76 des Arbeitsgerichtes Wien eine gleichlautende Klage gegen die beklagte Partei Sieglinde H ein. Die Klage wurde auch an Sieglinde H persönlich und nicht an den Geschäftsführer der Sieglinde H GesmbH zugestellt. Sieglinde H wendete neuerlich mangelnde Passivlegitimation ein, worauf die Klägerin wiederum die Bezeichnung der beklagten Partei in "Sieglinde H GesmbH" richtigstellte, wogegen sich die dort beklagte Partei abermals aussprach. Das Arbeitsgericht Wien ließ mit Beschluß vom 6. Oktober 1976, 3 Cr 540/76-7, die Änderung der Bezeichnung der beklagten Partei nicht zu und wies das Klagebegehren ab. Über Rekurs und Berufung der Klägerin sprach das Landesgericht für ZRS Wien mit Beschluß vom 4. Feber 1977, 44 Cg 17/77-12, aus, daß die von der Klägerin vorgenommene Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei zwar zulässig sei, es hob aber anläßlich der Berufung das Urteil des Erstgerichtes und das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es vertrat im wesentlichen die Auffassung, daß die Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei durch die Klägerin zulässig und auch ohne gerichtlichen Beschluß wirksam gewesen sei, weil von Anfang an kein Zweifel bestanden habe, daß die Arbeitgeberin der Klägerin, das sei unbestrittenermaßen die Sieglinde H GesmbH, als beklagte Partei in Anspruch genommen werde. Das habe aber zur Folge, daß auch die Zurückziehung der Klage unter Anspruchsverzicht zu 3 Cr 649/75 des Arbeitsgerichtes Wien dieser gegenüber erfolgt sei und einer neuerlichen Erhebung desselben Anspruches im vorliegenden Verfahren als Prozeßhindernis, das einer Nichtigkeit gleichzustellen sei, entgegenstehe. Dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs gab der OGH mit Beschluß vom 21. Feber 1978, 4 Ob 12, 13/78, nicht Folge. Der OGH führte aus, daß aus dem Klagsvorbringen in beiden Verfahren eindeutig erkennbar gewesen sei, daß die Klägerin ihren Arbeitgeber als Beklagten in Anspruch nehmen wollte und dieser nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Streitteile die Sieglinde H GesmbH gewesen sei. Durch die Änderung der Bezeichnung der beklagten Partei sei daher in beiden Fällen nicht eine andere Person in den Rechtsstreit einbezogen worden als jene, die von Anfang an als beklagte Partei betrachtet und behandelt worden sei. Es läge daher nur eine Änderung der Parteibezeichnung, nicht aber eine Parteiänderung vor (Fasching II, 127, III, 103 ff.; SZ 42/146; OBl. 1975, 61; RZ 1977, 30 u. a.). Die Richtigstellung der Parteibezeichnung sei nicht nur zulässig, sondern in jeder Lage des Verfahrens auch von Amts wegen durchzuführen gewesen. Der OGH folgerte daraus, daß die tatsächlich als beklagte Partei in Anspruch genommene Sieglinde H GesmbH nicht erst durch einen Beschluß des Gerichtes als Partei am Verfahren beteiligt worden, sondern in beiden Verfahren von Anfang an die wirklich beklagte Partei gewesen sei, gegen welche der geltend gemachte Anspruch erhoben, gegen die aber im ersten Verfahren auch die Klagszurücknahme unter Verzicht auf diesen Anspruch erklärt worden sei. Beide Verfahren hätten daher denselben Anspruch mit demselben Begehren zwischen denselben Parteien betroffen. Nach der erfolgten Klagsrücknahme unter Verzicht auf den Anspruch im ersten Verfahren sei der neuerlichen Geltendmachung dieses Anspruches im nunmehrigen Verfahren das Prozeßhindernis der Zurücknahme der Klage unter Verzicht auf den Anspruch entgegengestanden.
Mit der vorliegenden Amtshaftungsklage begehrt die Klägerin den Zuspruch eines Betrages von 32 834.80 S. Ihr mit Vollmacht ausgewiesener Ehegatte habe die zu 3 Cr 649/75 des Arbeitsgerichtes Wien eingebrachte Klage nur über unrichtige Rechtsbelehrung des stellvertretenden Vorsitzenden des Arbeitsgerichtes Wien Dr. X zurückgezogen. Durch die ungerechtfertigte Entlassung habe die Klägerin einen Schaden erlitten. Dieser bestehe in der Differenz zwischen den Lohnansprüchen der Klägerin gegen ihre Dienstgeberin für die Zeit vom 21. Juli bis 15. Dezember 1975 sowie für die Kündigungsfrist (Kündigungsentschädigung) nach Ablauf der Karenzzeit (15. Dezember 1975 bis Anfang Mai 1976) in der Höhe von 30 416 S brutto und der bezogenen Arbeitslosenunterstützung von 7500 S netto. Der weitere Schaden der Klägerin bestehe in den Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung von 5954.20 S und dem ihr im zweiten Verfahren auferlegten Kostenersatz an die dortige beklagte Partei von 3964 S.
Die beklagte Partei wendete ein, Dr. X könne sich zwar an ein Gespräch mit dem Gatten der Klägerin nicht erinnern, er werde diesem aber sicherlich nicht die Rückziehung der Klage und die Einbringung einer neuen Klage angeraten haben. Im übrigen sei die von Dr. X ausgesprochene Rechtsansicht nicht als unvertretbar und damit als haftungsbegrundend zu bezeichnen. Die Entlassung der Klägerin wäre auch zu Recht erfolgt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. In seiner rechtlichen Beurteilung ging es davon aus, es sei zwar nicht Amtspflicht des Richters, eine Partei darüber zu belehren, ob sie eine Klage unter Verzicht auf den Anspruch zurücknehmen solle. Erteile aber der Richter eine derartige Belehrung, habe er dabei jede nur erdenkliche Sorgfalt und Aufmerksamkeit zu beobachten. Ein Amtshaftungsanspruch sei aber nur dann begrundet, wenn das Organ schuldhaft gehandelt habe. Eine schuldhaft falsche Rechtsbelehrung werde aber nur erteilt, wenn die Rechtsbestimmungen, deren Anwendung die Rechtsbelehrung zur Voraussetzung hatte, keine Zweifel in sich enthielten und ein Irrtum bei ihrer Auslegung nicht vorkommen könne und dürfe. Bei der Schwierigkeit bei Grenzziehung zwischen Parteiänderung und Richtigstellung der Parteibezeichnung sei die von der Klägerin behauptete Rechtsbelehrung aber nicht als grundsätzlich falsch anzusehen. Bei einer so zweifelhaften Rechtslage könne man daher Dr. X keinen Vorwurf daraus machen, sollte er die von der Klägerin behauptete Rechtsbelehrung erteilt haben.
Der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht teilweise nicht Folge und bestätigte das Ersturteil im Umfang der Abweisung eines Betrages von 5954.20 S samt Anhang als Teilurteil; im übrigen gab es der Berufung Folge und hob das Urteil, soweit auch ein weiterer Anspruch auf Zahlung von 26 880.60 S samt Anhang abgewiesen wurde, unter Rechtskraftvorbehalt auf. Dr. X habe in Vollziehung der Gesetze gehandelt. Übernehme ein Organ der Rechtspflege im Zusammenhang mit seinen Geschäftsaufgaben die Beratung einer Partei, dann sei seine Stellung ähnlich der eines Rechtsanwaltes, der seinem Klienten Rat und/oder Auskunft erteile. Zum Zeitpunkt der angeblich erteilten Rechtsbelehrung sei die Ansicht Faschings vorgelegen (Fasching II, 127), daß bei Prüfung der Parteifähigkeit das Gericht stets zu untersuchen habe, ob sich der Mangel der Parteifähigkeit nur als Folge einer unrichtigen Bezeichnung für ein bestehendes Rechtssubjekt darstelle oder ob tatsächlich das in den Prozeß gezogene Gebilde keine Rechtssubjektivität besitze. In letzterem Falle liege der Mangel der Parteifähigkeit vor, der zur Nichtigerklärung des Verfahrens führen müsse, während dann, wenn nur eine unrichtige Bezeichnung für ein existierendes Rechtssubjekt gewählt worden sei, das nach dem Willen der Gegenpartei belangt werden solle, nur eine unrichtige Parteibezeichnung vorliege, welche von Amts wegen und über Antrag richtigzustellen sei. Auch die Rechtsprechung hätte sich bereits damals in Richtung der von Fasching vertretenen Rechtsauffassung festgelegt (JBl. 1974, 101; EvBl. 1973/30; SZ 44/174 u. a.). Wenn daher Dr. X dem Gatten der Klägerin als deren Vertreter, wie behauptet wird, angeraten haben sollte, ihre erste, gegen die Firma Helmut H gerichtete Klage zurückzuziehen und eine neue Klage gegen die Sieglinde H GesmbH einzubringen, und diesem Rat beigefügt hätte, daß ansonsten die Klage zurück- bzw. abgewiesen werden müßte, dann wäre er auch verpflichtet gewesen, den Gatten der Klägerin über die in diesem Punkte anderslautende Lehre und Rechtsprechung in Kenntnis zu setzen. Das erstinstanzliche Verfahren sei daher dahin zu ergänzen, welche Rechtsauskunft Dr. X dem Gatten der Klägerin erteilt habe und ob der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Lohn und Kündigungsentschädigung zu Recht bestanden hätte. Verfahrenskosten ab jenem Zeitpunkt, in dem sich die Klägerin eines Rechtsanwaltes bediente, könnten hingegen nicht zugesprochen werden, da es Sache des Anwaltes gewesen wäre, die Klägerin mit Rücksicht auf die klare Lage der Judikatur zur Frage der Möglichkeit einer Änderung der Parteibezeichnung von einer weiteren aussichtslosen Prozeßführung abzuraten.
Über Rekurs der beklagten Partei hob der Oberste Gerichtshof den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Aufhebungsgrunde auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Amtshaftungsgesetz enthält keine eigenen Haftungsnormen, sondern nur Sondervorschriften, die allenfalls Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes abändern. Die Grundsätze des bürgerlichen Rechtes in seiner Gesamtheit bilden daher die Grundlage, nach der sich die Haftung der Rechtsträger bestimmt (EvBl. 1979/190). Als Haftungsgrundlage für eine unrichtige Rechtsbelehrung kommt die Bestimmung des § 1300 ABGB in Betracht. Selbst wenn in einer Rechtsbelehrung kein Rat, sondern nur eine Auskunft zu erblicken wäre, würde dies - Verschulden des Organes vorausgesetzt - nichts an der grundsätzlichen Haftung der beklagten Partei ändern, wird doch nach herrschender Auffassung die Erteilung einer Auskunft der Ratserteilung haftungsmäßig gleichgehalten (SZ 34/167; EvBl. 1962/160; 1 Ob 530/79; Ehrenzweig, System[2] II/1, 665; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II, 152; Koziol - Welser[5] I, 369). Die im § 1300 ABGB enthaltenen Worte "gegen Belohnung" bedeuten nach herrschender Auffassung auch nur, daß der Rat nicht bloß aus Gefälligkeit, sondern im Rahmen eines wenn auch allenfalls öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses gegeben worden sein muß (vgl. SZ 34/167; Ehrenzweig a. a. O., 666; Koziol a. a. O., 151). Ein solches Verpflichtungsverhältnis ist bei Anwendung des § 1300 ABGB auch dann anzunehmen, wenn ein Rat von einem Organ bei hoheitlichem Handeln erteilt wird (Loebenstein - Kaniak, Kommentar zum AHG, 69).
Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß überall dort, wo nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes für leichte Fahrlässigkeit gehaftet wird, auch der Rechtsträger grundsätzlich für leichtes Verschulden seiner Organe zu haften hat (EvBl. 1979/190 und die dort zitierten Lehrmeinungen). Nicht jede unrichtige Rechtsansicht begrundet aber schon Fahrlässigkeit, insbesondere dann nicht, wenn die zur Anwendung kommenden gesetzlichen Bestimmungen nicht vollkommen eindeutig sind, Unklarheiten über die Tragweite ihres Wortlautes enthalten und höchstrichterliche Rechtssprechung als Entscheidungshilfe nicht zur Verfügung steht. Damit wird die erforderliche Übereinstimmung mit der Haftung eines Rechtsanwaltes, Notars oder eines sonstigen Fachmannes gewahrt, der grundsätzlich nur für Unkenntnis der Gesetze sowie einhelliger Lehre und Rechtsprechung einzustehen, aber nicht zu haften hat, wenn ein an sich vertretbarer Rechtsstandpunkt in der Folge von der Rechtsprechung nicht geteilt (EvBl. 1977/238; SZ 45/5; SZ 44/139; JBl. 1972, 426; EvBl. 1963/336 u. a.) oder die Partei aufgeklärt wurde, daß die Prozeßführung aussichtslos sein dürfte (EvBl. 1972/124; SZ 15/121 u. a.). Zur Beurteilung, ob eine auch ein leichtes Verschulden ausschließende vertretbare Rechtsansicht des Organs vorlag, ist auf den Zeitpunkt der behaupteten Rechtsbelehrung abzustellen.
Unbestritten ist, daß eine Parteiänderung keine Klagsänderung darstellt und unzulässig ist (SZ 42/146; SZ 38/176; SZ 22/31; JBl. 1930, 383 u. a.; Fasching III, 106, 111; Pollak[2], 184, 401 f.). Fasching in seinem Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen beschäftigt sich im übrigen an verschiedenen Stellen mit der Frage, wann eine bloße Berichtigung der Parteibezeichnung oder ein im Zivilverfahren nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (II 102, 111) erlaubter Parteiwechsel vorliege. Zur Grenzziehung führt Fasching an verschiedenen Stellen aus: "Schwierigkeiten tauchen vor allem bei der Abgrenzung zwischen Parteiänderung bzw. Parteiwechsel einerseits und Berichtigung der Parteienbezeichnung andererseits auf. Eine Parteiänderung liegt nur dann vor, wenn an die Stelle des bisher als Prozeßpartei betrachteten Rechtssubjektes ein anderes treten soll. Eine Berichtigung der Parteienbezeichnung liegt immer dann vor, wenn die Bezeichnung des als Partei bezeichneten Rechtssubjektes geändert werden soll, ohne daß dadurch an die Stelle des bisher als Partei betrachteten und als solches behandelten Rechtssubjektes ein anderes auftreten soll" (III, 111 f.). "Vom Parteiwechsel ist zu unterscheiden die Änderung der Parteienbezeichnung. Während die Änderung der Parteienbezeichnung als nur unrichtige Benennung eines eindeutig identifizierten Rechtsträgers jederzeit auch ohne die Einschränkungen des § 235 ZPO möglich ist, wird der Parteiwechsel dadurch gekennzeichnet, daß nicht bloß die Bezeichnung für ein und dasselbe Rechtssubjekt geändert wird, sondern anstelle des bisherigen Rechtssubjektes ein anderes treten soll", (III, 103). "Ihre Grenzen findet die Richtigstellung der Parteienbezeichnung einerseits darin, daß .... nicht im Wege der Berichtigung der Parteienbezeichnung ein bestehendes und beklagtes Rechtssubjekt durch Richtigstellung gegen ein anderes bestehendes, nicht beklagtes Rechtssubjekt ausgetauscht werden darf. Daraus folgt, daß überall dort, wo ein zwar bestehendes, aber materiell nicht berechtigtes Rechtssubjekt in den Prozeß gezogen wird, die Richtigstellung der Parteienbezeichnung nicht zur Beseitigung des Mangels der Sachlegitimation dienen darf. Der Mangel der Sachlegitimation kann im Weg der Berichtigung nicht beseitigt werden, sondern muß zur Sachabweisung führen" (II, 127).
Keine anderen Grundsätze vertrat die vor dem Tag der behaupteten Rechtsbelehrung veröffentlichte Rechtsprechung. Die Entscheidung JBl. 1974, 101 = EvBl. 1973/30 betraf einen Fall, in dem eine nicht Parteifähigkeit genießende Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, eine Arbeitsgemeinschaft, geklagt worden war und sich aus der Klagserzählung eindeutig ergeben hatte, wer die Mitglieder dieser Arbeitsgemeinschaft waren. In diesem Fall wurde, der Lehre (Fasching III, 112) und früherer Rechtsprechung (JBl. 1955, 320) folgend, ausgesprochen, daß eine Berichtigung der Parteibezeichnung möglich ist. Die Entscheidung SZ 38/176 sprach nur aus, daß die Berichtigung der Bezeichnung einer Partei vom Namen einer nicht protokollierten Einzelfirma auf den Namen des Geschäftsinhabers zulässig ist. Die Entscheidung ÖBl. 1975, 61 betraf wiederum einen Fall, in dem eine GesmbH nicht unter ihrem eingetragenen Firmenwortlaut (W-Vertriebsgesellschaft mbH) geklagt hatte, sondern unter einer im geschäftlichen Verkehr üblichen Bezeichnung (W-Service Vertriebsgesellschaft mbH); eine von der W-Vertriebsgesellschaft mbH verschiedene juristische Person mit dem Firmenwortlaut W- Service Gesellschaft mbH existierte nicht. In der Berichtigung der Parteibezeichnung auf den im Handelsregister eingetragenen Firmenwortlaut wurde daher keine unzulässige Parteiänderung erblickt.
Überall dort aber, wo an die Stelle eines existierenden Rechtssubjektes, das nur irrtümlich geklagt worden war, ein anderes ebenso existentes in den Prozeß eingeführt werden sollte, wurde regelmäßig, insbesondere unter Hinweis auf die oben angeführten Lehrmeinungen von Fasching und Pollak, ausgesprochen, daß es sich um keine zulässige Berichtigung der Parteibezeichnung, sondern um eine unzulässige Parteiänderung gehandelt habe. So betraf gerade die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung SZ 44/174 einen Fall, in dem jemand irrtümlich ein anderes Rechtssubjekt, nämlich die Verlassenschaft nach Maria B, geboren 1901, an Stelle einer noch lebenden nicht identen, aber gleichnamigen Person geklagt hatte. Die Richtigstellung der Parteibezeichnung wurde daher abgelehnt. Ausdrücklich wurde in den Entscheidungsgründen darauf hingewiesen, daß der Fall nicht mit der Entscheidung SZ 27/241 ident sei, mit der die Richtigstellung einer fälschlicherweise geklagten Verlassenschaft auf den Namen des noch als lebend geltenden Beklagten zugelassen worden war. Auch in anderen Fällen, in denen statt eines bestehenden irrtümlich geklagten Rechtssubjektes die Richtigstellung der Parteibezeichnung auf ein anderes existentes Rechtssubjekt versucht wurde, ließ dies die Rechtsprechung regelmäßig nicht zu (EvBl. 1973/281; RZ 1969, 51; SZ 42/146); die in der Entscheidung 4 Ob 12, 13/78 unrichtig zitierte, aber offenbar gemeinte Entscheidung 4 Ob 107/76, RZ 1977/102 = GesRZ 1977, 30, wurde erst nach der behaupteten Rechtsbelehrung gefällt und veröffentlicht.
Selbst wenn also Dr. X der Klägerin den Rat erteilt haben sollte, die Klage zurückzuziehen und gegen den wahren Dienstgeber einzubringen, müßte ihm zugebilligt werden, daß er von einem nach dem Gesetzeswortlaut vertretbaren und auch in Lehre und Rechtsprechung vertretenen Rechtsstandpunkt ausging, der nur im konkreten Fall in der Folge von der Rechtsprechung nicht geteilt wurde. Darin kann, wie bereits ausgeführt wurde, ein haftungsbegrundendes schuldhaftes Verhalten eines Organs der beklagten Partei nicht erblickt werden.
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