Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 4.7.1984, 14 Cg 249/82, aus dem Verschulden des Beklagten und jetzigen Antragsgegners geschieden; die Frage des Unterhaltes und der Kosten blieb dem Endurteil vorbehalten. Das Teilurteil wurde der Antragstellerin am 4.7.1984 zugestellt. Die vom Beklagten dagegen erhobene Berufung wurde vom Oberlandesgericht Linz mit Beschluß vom 10.1.1985 als verspätet zurückgewiesen. Dieser Beschluß wurde der Antragstellerin am 29.1.1985 zugestellt. Einem vom Antragsgegner gegen den Zurückweisungsbeschluß erhobenen Rekurs gab der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 16.4.1985 keine Folge. Dieser Beschluß wurde der Antragstellerin am 25.5.1985 zugestellt. Der Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens langte am 13.1.1986 bei Gericht ein.
Das Erstgericht wies den Aufteilungsantrag der Antragstellerin als gemäß § 95 EheG verfristet ab. Danach erlösche der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse, wenn er nicht binnen eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Werde dabei die Ehe durch Teilurteil aufgelöst, so werde die Frist des § 95 EheG bereits mit dem Eintritt der Rechtskraft des Teilurteiles in Lauf gesetzt. Gemäß § 466 ZPO werde der Eintritt der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit eines angefochtenen Urteiles nur durch die rechtzeitige Erhebung der Berufung gehemmt. Unzulässig oder verspätet erhobene Rechtsmittel dagegen vermöchten den Eintritt der formellen Rechtskraft nicht hinauszuschieben.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Auch nach Ansicht des Rekursgerichtes sei der Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach § 95 EheG verspätet erhoben worden und daher im Sinne der Judikatur sachlich abzuweisen gewesen. Nach § 466 ZPO schiebe nur ein rechtzeitiges Rechtsmittel den Eintritt der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit hinaus, nicht aber wie im vorliegenden Fall ein verspätetes. Mit Recht habe Fasching Kommentar IV, 7 die Entscheidung ZBl. 1935/17, die den Parteien das Recht zubilligte, vor weiteren verfahrensrechtlichen Dispositionen das Ergebnis auch eines verspäteten oder unzulässigen Rechtsmittels abzuwarten, abgelehnt, weil es eine Partei damit in ihrer Hand hätte, durch Erhebung solcher noch so aussichtsloser bzw. verfehlter Rechtsmittel nicht nur die Urteilsvollstreckung selbst, sondern auch Fristen wie jene des § 95 EheG nach Belieben in Gang zu setzen bzw. zu verlängern. Das Argument, die Antragstellerin hätte bei früherer Antragstellung (während des Rechtsmittelverfahrens im Scheidungsprozeß) eine Abweisung ihres Aufteilungsantrages zu besorgen gehabt, gehe, da sie jedenfalls auf die formelle Rechtskraft des Scheidungsurteiles als Antragsvoraussetzung hätte verweisen können, ins Leere. Eine andere Auslegung zugunsten der Antragstellerin müßte zwangsläufig eine Benachteiligung des Antragsgegners bedeuten, die nicht zu rechtfertigen sei. Der am 13.1.1986 bei Gericht eingelangte Aufteilungsantrag der Antragstellerin sei daher im Hinblick auf die am 4.7.1984 ergangene und zugestellte Entscheidung im Ehescheidungsverfahren verfristet, ein Aufteilungsanspruch bestehe sohin nicht mehr.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, über den Aufteilungsantrag zu entscheiden. Der Antragsgegner erstattete keine Revisionsrekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Antragstellerin stellt sich auf den Standpunkt, daß die Frist des § 95 EheG erst ab dem 25.5.1985, dem Tag der Zustellung des den Zurückweisungsbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz bestätigenden Beschluß des Obersten Gerichtshofes zu laufen begonnen habe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden:
Gemäß § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung ... gerichtlich geltend gemacht wird. Darunter ist die formelle Rechtskraft iS des § 411 ZPO zu verstehen (EvBl 1981/211; SZ 55/34 ua). Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, gilt für den österreichischen Rechtsbereich der Grundsatz der Einheit des Eheverfahrens nicht. Durch keine positive Vorschrift wird die Möglichkeit ausgeschlossen, daß erst nach erfolgter Scheidung ein Mitverschulden des Klägers festgestellt wird (RZ 1977/41; EvBl 1975/291; SZ 25/331 = JB 57; SZ 21/25; 1 Ob 527/81); es besteht aber auch - wie im vorliegenden Fall - durchaus die Möglichkeit, bloß Fragen des Unterhaltes dem Endurteil vorzubehalten. Die Rechtskraft der Scheidung tritt aber bereits mit Rechtskraft des Teilurteiles über das Scheidungsbegehren ein. Daß auch in diesen Fällen die Frist des § 95 EheG bereits mit dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung in Lauf gesetzt werden soll, entspricht der Absicht des Gesetzgebers. Nach dem JAB (916 BlgNR, XVI. GP 20) sollen durch die Bestimmung der Fallfrist des § 95 EheG möglichst rasch klare Verhältnisse über die Vermögenslage der Ehegatten geschaffen werden. Diesem Anliegen nach ehester Klärung der Vermögensverhältnisse entspricht es, die in § 95 EheG normierte Frist zum frühestmöglichen Termin in Lauf zu setzen. Der früheste Zeitpunkt ist aber der Eintritt der formellen Rechtskraft der Entscheidung über die Scheidung der Ehe (EvBl 1981/211; SZ 55/34, JBl 1982, 495; 5 Ob 582/83 ua).
Die formelle Rechtskraft einer Entscheidung bedeutet deren Unanfechtbarkeit in der Rechtssache, in der sie erflossen ist (Fasching IV 690; 7 Ob 743, 744/79 ua). Den Parteien gegenüber wird die Entscheidung allerdings erst mit der Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung wirksam (SZ 32/136; EFSlg 29.674; JBl 1980, 551 ff; 7 Ob 743, 744/79); das hat jedoch auf eine bereits eingetretene formelle Rechtskraft der Entscheidung keinen Einfluß mehr (SZ 32/136; 7 Ob 743, 744/79; EvBl 1981/211 ua). Nach Lehre (Fasching III 691, IV 7 und 348; derselbe, Zivilprozeßrecht Rz 1494) und Rechtsprechung (SZ 25/298; EvBl 1951/91; JBl 1965, 524; 3 Ob 83/85 ua) schieben unzulässige Rechtsmittel den Eintritt der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der unzulässigerweise bekämpften Entscheidung nicht hinaus. Das gleiche gilt gemäß § 466 ZPO, wenn das Rechtsmittel verspätet erhoben wurde, weil im Sinne dieser Gesetzesstelle nur durch die rechtzeitige Erhebung der Berufung der Eintritt der Rechtskraft gehemmt wird. Die §§ 466 und 505 ZPO müssen daher so verstanden werden, daß nur rechtzeitig erhobenen, zulässigen Rechtsmitteln eine den Eintritt der Rechtskraft verhindernde Wirkung zukommt (SZ 25/298 ua). Dies war jedoch hier nicht der Fall, weil sich die Berufung des Beklagten im Sinne der oben dargestellten Beschlüsse zweiter und dritter Instanz als verspätet erwies. Das auf Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten lautende Teilurteil des Erstgerichtes war daher mit seiner Erlassung rechtskräftig und der Antragstellerin gegenüber mit der Zustellung am 4.7.1984 wirksam geworden.
Zutreffend erachteten die Vorinstanzen daher den erst am 13.1.1986 bei Gericht einlangenden Aufteilungsantrag der Antragstellerin gemäß § 95 EheG als verspätet, weshalb ihrem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen war.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)