OGH 1Ob661/85

OGH1Ob661/8513.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ulrike A, Angestellte, Steyr, Gleinkergasse 2, vertreten durch Dr. Ronald Klimscha, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagte Partei B C D E, Fadingerstraße 1, vertreten

durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 22.000,- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 21. Juni 1985, GZ. 13 R 201/85-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes Linz vom 9. Jänner 1985, GZ. 8 C 1014/84-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.199,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 247,20 Umsatzsteuer und S 480,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Elfriede F, die Mutter des Dr. Ronald G, war am 15.5.1984 (zur Aufnahme) auf die Abteilung 4 B des Krankenhauses der D in Linz bestellt. Die Klägerin und Dr. Ronald G

begleiteten sie. Auf dem Korridor der Abteilung 4 wurden damals Reinigungsarbeiten durchgeführt. Es wurde auf dem PVC-Belag über eine Länge von ca. 10 m ein farbloser Wachsentferner aufgetragen, wodurch äußerste Rutschgefahr bestand. Die Klägerin trat als erste auf den Korridor und kam infolge des aufgetragenen Wachsentferners zum Sturz. Dadurch wurde ihre Lederkleidung beschmutzt. Die Klägerin begehrt den Zeitwert ihres Lederkostüms und der Lederstiefel in der Höhe von S 22.000,-. Die Reinigung dieser Kleidungsgegenstände sei nicht möglich. Sie sei auf die Rutschgefahr nicht hingewiesen worden.

Die beklagte Partei wendete ein, die Klägerin habe sich unbefugt auf die Abteilung 4 des Krankenhauses begeben. Das Betreten des Ganges sei ihr untersagt worden, sie sei ausdrücklich auf die Rutschgefahr hingewiesen worden. Es läge Selbstverschulden vor. Wenn überhaupt Ansprüche bestünden, gebühre der Klägerin nur der Ersatz der Reinigungskosten.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, die beklagte Partei hafte für den Schaden, den die Klägerin am 15.5.1984 durch einen Sturz im Krankenhaus der D an ihrer Bekleidung erlitten habe. Die beklagte Partei als Träger eines Krankenhauses treffe die Verpflichtung, für die Sicherheit von Patienten zu sorgen. Diese Verpflichtung bestehe auch bereits zu einem Zeitpunkt, in dem das Krankenhaus zum Zweck der Aufnahme betreten werde. Sie bestehe auch gegenüber begleitenden Personen, da vertragliche Sorgfaltspflichten zugunsten dritter Personen dann Schutzwirkungen entfalteten, wenn sie durch die vertragliche Erfüllung in erhöhtem Maße gefährdet würden und der Interessenssphäre eines Partners angehörten. In diesem Sinn seien begünstigte Personen solche Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsabschluß voraussehbar gewesen sei und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigt habe oder an denen er ein sichtbares Eigeninteresse habe oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet sei. In diesen Fällen werde den dritten Personen die Geltendmachung eines eigenen Schadens aus fremdem Vertrag zuerkannt. Für ein Krankenhaus sei es vorhersehbar, daß aufzunehmende Patienten von Personen begleitet würden. Aus diesem Grunde obläge der beklagten Partei die Verpflichtung, nicht nur für die Sicherheit der Patienten, sondern auch für Begleitpersonen und Besucher die Sicherheit des Krankenhauses zu gewährleisten.

Über Berufung der beklagten Partei änderte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Die Revision erklärte es für zulässig. Eine vertragliche Sorgfaltspflicht des Krankenhausträgers auf Grund des Aufnahmevertrages bestehe nur gegenüber nahen Angehörigen. Die Klägerin sei aber keine nahe Angehörige der Aufgenommenen. Selbst wenn man davon ausgehe, daß etwa bei Aufnahme zu einer längerdauernden stationären Behandlung umfangreicheres Gepäck zu transportieren sei, so sei im Regelfall nur mit einer Hilfeleistung durch nahe Angehörige zu rechnen, deren Hilfeleistung einer sittlichen Pflicht entspreche und deren aufmunternde Worte bei der Verabschiedung die psychische Einstellung des Patienten zur folgenden Behandlung positiv beeinflussen könnten. Daß auch andere, nicht als nahe Angehörige zu wertende Personen den künftigen Patienten zur Spitalsaufnahme bis zur zuständigen Abteilung begleiteten, sei bei objektiver Auslegung des abzuschließenden Heilbehandlungsvertrages nicht anzunehmen. Für die beklagte Partei sei daher der Kontakt der Klägerin mit der an Elfriede F zu erbringenden vertraglichen Leistung nicht vorhersehbar gewesen. Andere Haftungsgründe ergäben sich aus dem behaupteten Sachverhalt nicht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Im Revisionsstadium ist nur mehr strittig, ob die Klägerin, die einen Sachschaden geltend macht, als außenstehende Dritte von einer Schutzwirkung des von der beklagten Partei mit Elfriede F abgeschlossenen Vertrages über die Aufnahme als Pflegling in dem von ihr betriebenen Krankenhaus umfaßt war. Eine Haftung nach § 1315 ABGB wird nicht in Anspruch genommen.

Es ist heute in Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkannt, daß Schutzund Sorgfaltspflichten als vertragliche Nebenpflichten des Schuldners nicht nur seinem Vertragspartner, sondern auch dritten Personen gegenüber bestehen können. In diesem Fall erwirbt der Dritte direkte vertragliche Ansprüche gegen den Schuldner, der dann auch gemäß § 1313 a ABGB wie für sein eigenes auch für das Verschulden der Personen haftet, deren er sich zur Erfüllung bediente (JBl 1985, 295; JBl 1985, 293; SZ 54/152; SZ 51/169;

JBl 1978, 479; SZ 50/34; SZ 49/14; SZ 48/23 uva;

Koziol-Welser 7 I 277; Bydlinski, Vertragliche Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter, JBl 1960, 359 ff). Die dogmatische Begründung dieses Rechtssatzes findet die österreichische Lehre und Rechtsprechung in einer objektiven (ergänzenden) Vertragsauslegung entsprechend den Auffassungen des redlichen Verkehrs (JBl 1985, 293; SZ 51/169; 4 Ob 504/82, 6 Ob 532/80, 5 Ob 105/75;

Bydlinski aaO 359, 360, 365). Die deutsche Lehre leitet in den lezten Jahrzehnten mehrheitlich die Rechtsfigur des "Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte" (Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts 13 I 208, 209) aus dem sich aus § 242 BGB ergebenden Prinzip von Treu und Glauben und richterlicher Rechtsfortbildung ab (Larenz aaO 209 f; Esser-Schmidt, Schuldrecht 6 I 566; Gottwald in Münchener Kommentar 2 § 328 BGB Rz 62; Strauch, Verträge mit Drittschuldwirkung, JuS 1982, 824). Aber auch die objektive (ergänzende) Vertragsauslegung kann nicht umhin, im Wege der Rechtsfortbildung im Anschluß an die Auffassung des redlichen Verkehrs Regeln auszuarbeiten, die ähnlich gesetzlichen dispositiven oder wenigstens Auslegungsnormen den unzulänglichen Vertrag ergänzen (Bydlinski aaO 360). Es stimmen daher, wie Heinrichs in Palandt 44

394 zutreffend ausführt, beide Grundlagen im praktischen Ergebnis weitgehend überein (vgl. BGH LM § 328 BGB Nr. 53). Im Vordergrund steht immer die Frage, zur Vermeidung einer unkontrollierbaren Billigkeitsrechtsprechung Gesichtspunkte herauszuarbeiten, die die allgemein gehaltene Formel bei der Abwägung typischer Fälle zu übersehbaren, wenigstens im Kern festen Rechtssätzen verdichten können (Bydlinski aaO 367). Es geht darum, den Kreis des geschützten Dritten auf Grund umfassender Interessenabwägung zu umgrenzen (Strauch aaO 826; Gottwald aaO Rz 67; Kaduk in Staudinger 12 Vorbem. zu §§ 328 ff BGB Rz 79; Ballhaus in H 12 § 328 Rz 82). Die Österreichische Rechtsprechung verlangt vor allem im Anschluß an die Ausführungen Bydlinskis aaO, daß der Dritte der vertrglichen Leistung nahestehe (JBl 1985, 295; MietSlg. 30.241; JBl 1978, 479; SZ 49/14; 7 Ob 545/83, 8 Ob 539/78) und für den Schuldner der Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung bei Vertragsabschluß voraussehbar gewesen sein muß (JBl 1985, 295; JBl 1985, 293; SZ 54/152; JBl 1978, 479; SZ 51/169; SZ 49/14; 8 Ob 565,566/84, 6 Ob 532/80); verlangt wird auch, daß entweder der Vertragspartner den Dritten durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigen wollte oder der Vertragspartner dem Dritten selbst rechtlich zur Fürsorge verpflichtet war (JBl 1985, 295; JBl 1978, 479; SZ 49/14 u.a.). Wurden Sachen eines Dritten beschädigt, wurde der Kreis der schutzwürdigen Personen dahin abgegrenzt, daß an den beschädigten Gegenständen entweder die Hauptleistung vorgenommen werden sollte, ein offensichtliches Interesse des Vertragspartners bestand oder dieser selbst kraft eigener Sorgfaltspflicht die Sache zu bewahren verpflichtet war (SZ 54/152; SZ 51/169; SZ 50/34; SZ 48/23; 6 Ob 532/80). Ähnliche Abgrenzungskriterien verwendet die deutsche Lehre und Rechtsprechung. Es muß Leistungs-(Vertrags-)Nähe und eine Schutzund Fürsorgepflicht des Gläubigers sowie für den Schuldner die Erkennbarkeit der Schutzpflicht des Gläubigers für den Dritten und von dessen Leistungsnähe bestehen (BGH NJW 1984, 356, 357; NJW 1970, 38, 40; BGHZ 51, 91, 96; NJW 1968, 1929, 1931; BGHZ 49, 351, 354;

Strauch aaO 826 f; Heinrichs in Palandt aaO 395;

Gottwald aaO Rz 68 bis 71). Auch dort wird betont, daß die Erweiterung des Haftungsrisikos des Vertragsschuldners (für seine Erfüllungsgehilfen) eines rechtfertigenden Grundes bedarf, da der Schuldner seine Risiken übersehen können müsse (BGHZ 51, 91, 96;

NJW 1968, 1929, 1931; Larenz aaO 210); die Grenze zwischen Vertragsund Deliktshaftung dürfe nicht in unerträglicher Weise verwischt werden (BGH LM § 823 BGB Nr. 53; Gottwald aaO Rz 67), die Ausdehnung der Schutzwirkungen auf Dritte - insbesondere bei Sachund Vermögensschäden - käme daher nur in engen Grenzen in Betracht (BGH NJW 1970, 38, 40; BGH NJW 1968, 1929, 1931; Ballhaus aaO Rz 82). In der österreichischen Rechtsprechung bildeten oft Werkverträge die Grundlage für die Annahme einer Haftung zugunsten eines Dritten, wenn sich eine solche Schutzund Sorgfaltspflicht bereits, sei es ausdrücklich, sei es schlüssig, aus dem Vertrag ergab (JBl 1978, 479; 8 Ob 565,566/84; 8 Ob 539/78; 5 Ob 105/75). Eine wechselseitige Aufnahme in den Kreis der geschützten Dritten wurde jeweils bejaht, wenn derselbe Auftraggeber zwei verschiedenen Unternehmern unabhängig voneinander Werkaufträge erteilte und durch das Verhalten des einen Unternehmers der andere oder dessen Leute zu Schaden kamen (JBl 1960, 386; 6 Ob 532/80; 5 Ob 556/81; 7 Ob 754/78; 6 Ob 609/77; 1 Ob 19/77; 5 Ob 105/75; ähnlich bei der Abholung gekaufter Sachen:

JBl 1963, 570). Auf Grund objektiver (ergänzender) Vertragsauslegung wurde eine Haftung in Fällen angenommen, in denen die Rechtssphäre von Anrainern (SZ 50/34; 5 Ob 524/78) oder von sonstigen dinglich Berechtigten (SZ 54/65), aber auch anderer Personen, mit denen der Auftraggeber in rechtlicher Beziehung stand, so die seiner Ehegattin (6 Ob 261/74), des Mieters (ImmZ 1975, 336), seiner Arbeitnehmer (SZ 47/72; MietSlg. 18.239), des Bestandgebers (SZ 48/23), oder eines Wohnungseigentümers (MietSlg. 30.241), zu schützen war. Ähnlich wurde der Vermieter als Dritter in den Schutzbereich eines abgeschlossenen Untermietvertrages einbezogen (JBl 1979, 37). Manchmal wurden auch Dritte mit denen der Auftraggeber in keiner rechtlichen Beziehung stand, wie Mieter im selben Hause (MietSlg. 35.252, 29.205) oder Pensionsgäste derselben Pension (JBl 1985, 295) geschützt. Auch die Produkthafpflicht des Produzenten wurde auf Grund des Institutes des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bejaht (SZ 51/169; SZ 49/14), so für Mängelfolgeschäden auf Grund von Rechtsmängeln (SZ 54/152); die Haftung des Produzenten umfaßt auch den Schutz jener Personen, denen gegenüber sein Vertragspartner oder der Letztverkäufer für culpa in contrahendo haftete (4 Ob 504/82). Haftung wurde auch dort anerkannt, wo die Hauptleistung ersichtlich auch einem Dritten zugutekommen sollte, so im Falle des Wartungsdienstes für einen PKW (SZ 46/121), der Weitergabe eines Ledermantels durch die Reinigungsanstalt an eine andere Reinigungsanstalt (5 Ob 710/80), der Bestellung durch einen Vater, dessen Kind im Gasthaus mit heißem Tee verbrüht wurde (1 Ob 587/81), der Vermietung einer mobilen WC-Anlage (8 Ob 207/83) und der Streupflicht einer Flughafenbetriebsgesellschaft zugunsten der Passagiere der Fluggesellschaften (SZ 53/169), ebenso wenn der Dritte der Hauptleistung zumindest ersichtlich nahestand (schadhafte Leiter SZ 46/79; schadhafte Hühnermastanlage EvBl 1969/216; Erstattung eines Sachverständigengutachtens oder einer Bilanz erkennbar zu dem Zweck, dadurch die Kreditwürdigkeit des Auftraggebers unter Beweis zu stellen: SZ 43/236; 2 Ob 585/78). Das Naheverhältnis zur Hauptleistung wurde in den Entscheidungen SZ 51/169 und SZ 54/65 ausdrücklich betont. Hingegen hat der Oberste Gerichtshof, soweit dies ersichtlich ist, nur einmal einen Vertrag mit Schutzwirkung zgunsten Dritter auch angenommen, als der Vertragspartner bloß eine sich aus dem Vertrag ergebende Nebenleistungspflicht verletzte. In der Entscheidung 2 Ob 64/84 wurde der Frächter, der für den Käufer Bauholz frei Straße abholte, und mit seinem LKW durch Einsturz einer Brücke zu Schaden gekommen war, als ein in den Schutzbereich eines Kaufvertrages aufgenommener außenstehender Dritter angesehen. Die Haftung wurde damit begründet, daß aus der Abholvereinbarung zwischen der Verkäuferin und der Käuferin für jene erkennbar gewesen sei, daß Fahrzeuge, die der Käuferin gehörten oder für sie den Abtransport besorgten, mit den vorhandenen Verkehrseinrichtungen in Kontakt kommen werden und die Käuferin an der Unversehrtheit dieser Fahrzeuge ein großes Interesse gehabt habe. Verneint wurde die Aufnahme des Dritten in den Schutzbereich des abgeschlossenen Vertrages bei unentgeltlicher Bereitstellung eines Raumes (SZ 50/100) oder bei Weitergabe eines Abschleppauftrages, wenn dem Dritten ohnehin ein Anspruch aus eigenem Vertrag zustand (SZ 51/176).

Geht man von den bisher erarbeiteten und in der Praxis überwiegend anerkannten Grundsätzen aus, so lehnte das Berufungsgericht eine vertragliche Haftung der beklagten Partei zutreffend ab.

Gemäß § 1 oöKAG 1976 sind unter Krankenanstalten (Heilund Pflegeanstalten) Einrichtungen zu verstehen, die zur Feststellung des Gesundheitszustandes durch Untersuchung, zur Vornahme operativer Eingriffe, zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung, zur Entbindung oder zur ärztlichen Betreuung und besonderen Pflege von chronisch Kranken bestimmt sind. Gemäß § 27 Abs 2 des Gesetzes ist die Aufnahme auf Anstaltsbedürftige oder solche Personen beschränkt, die sich einem operativen Eingriff unterziehen. Die durch den Abschluß des Krankenbehandlungsvertrages dem Pflegling geschuldete Hauptleistung ist demnach die Erbringung vor allem ärztlicher Behandlung, Betreuung und Pflege. Die für die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in erster Linie erforderliche Leistungsnähe eines nicht den Vertrag schließenden Dritten ist damit, wenn nicht die Hauptleistung am Dritten zu erbringen ist (BGH NJW 1984, 1400; RGZ 152, 175, 176; Heinrichs aaO 395; Esser-Schmidt aaO 565; Gottwald aaO Rz 43), in der Regel nicht gegeben. Ein Besucher des Pfleglings kommt mit der vertraglich zu erbringenden Leistung der Krankenanstalt bestimmungsgemäß nicht in Berührung (vgl. Strauch aaO 826), so daß er von der Krankenanstalt nicht aus dem mit dem Pflegling abgeschlossenen Behandlungsvertrag zu schützen ist. Eine Ausnahme wird nur allenfalls gelten können, wenn der Besucher eine für den Kranken notwendige oder zweckmäßige Betreuungsmaßnahme, die sonst das Krankenhauspersonal vornehmen müßte, besorgt und hiebei eine Schädigung des Besuchers aus Gründen, die eine Haftung dem Patienten gegenüber eintreten lassen müßte, erfolgt. Daß eine solche Betreuung der Elfriede F durch die Klägerin während des Weges in die Krankanabteilung erforderlich gewesen wäre, hat das Verfahren aber nicht ergeben.

In seiner Entscheidung JBl 1985, 293 sprach der zweite Senat des Obersten Gerichtshofes dennoch aus, daß den Rechtsträger einer Krankenanstalt die vertragliche Pflicht zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit von nahen Angehörigen der Patienten während deren Krankenhausbesuches trifft. Der Heilbehandlungsvertrag erschöpfe sich nicht in der medizinischen Heilbehandlung. Mit Besuchen des Patienten durch nahe Angehörige sei bei Vertragsabschluß zu rechnen. Es sei auch offensichtlich, daß der Patient an den Besuchen seiner nahen Angehörigen und an deren Schutz ein erhebliches eigenes Interesse habe. Die von der genannten Entscheidung vertretene Rechtsansicht wird - bei vergleichbarer Rechtslage - nicht nur von der einheitlichen deutschen Rechtsprechung und ganz überwiegenden Lehre (BGHZ 2, 94 ff; JBl 1937, 926; zuletzt

OLG Düsseldorf NJW 1975, 596; Strauch aaO 826; Gottwald aaO Rz 68; Kaduk aaO Rz 55; Ballhaus aaO Rz 83; Heinrichs aaO 395; aA Weimar in JR 1972, 181 ff) nicht geteilt, es fehlt auch nach den von der österreichischen Lehre und Rechtsprechung aufgestellten Kriterien an der erforderlichen Leistungsnähe, weil Besucher bestimmungsgemäß mit der zu erbringenden Hauptleistung regelmäßig nicht in Berührung kommen. Dem Patienten gegenüber besteht zwar für die Krankenanstalt die Nebenverpflichtung, auch außerhalb der unmittelbaren Krankenbehandlung seine körperliche Unversehrtheit zu wahren und insbesondere auch die ungefährdete Benützung der Korridore zu ermöglichen. Diese Nebenverpflichtung kann aber nicht zu einer Hauptleistungsverpflichtung einem Dritten wie einem Besucher gegenüber werden. Der Besuch naher Angehöriger und freundschaftlich verbundener Personen dient nicht der von der Krankenanstalt zu erbringenden Behandlung, Betreuung und Pflege; er erfolgt primär nicht im Interesse der ärztlichen Hauptleistung, sondern zur Aufrechterhaltung des familiären und sozialen Kontakts, mag er auch der Gesundung des Patienten förderlich sein. Keineswegs ist der Pflegling aber rechtlich zur Fürsorge für die ihn besuchende Person verpflichtet und hat daher auch kein rechtliches Interesse am Schutz des Dritten (vgl dazu Strauch aaO 827). Daß die Psyche des Kranken allenfalls durch Besuche positiv beeinflußt werden kann, kann für die Annahme einer Haftung aus dem Vertrag der Krankenanstalt mit dem Patienten nicht genügen. Die Einbeziehung von Krankenbesuchern in den Schutzbereich des abgeschlossenen Krankenbehandlungsvertrages kommt damit nicht in Betracht. Dies muß vor allem für Personen gelten, die außerhalb der Besuchszeit den zur Aufnahme erschienenen Patienten bis zu der für ihn zuständigen Abteilung begleiten. Dann ist aber auch die in der Revision aufgeworfene Frage, warum nur nahe Angehörige, nicht aber auch andere dem Pflegling menschlich nahestehende Personen in den Schutzkreis einzubeziehen sein sollen, nicht entscheidungswesentlich.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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