Normen
B-VG Art133 Abs4
VStG §44a Z2
VStG §44a Z3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §38
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023070089.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck (in der Folge: Bürgermeister) vom 22. November 2022 wurde die Revisionswerberin mit einer Geldstrafe von € 2.180 (Ersatzfreiheitsstrafe: 100 Stunden) bestraft, weil sie es als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortliche Beauftragte einer näher bezeichneten GmbH zu verantworten habe, dass diese GmbH von 10. Jänner 2017 bis 14. Dezember 2021 ohne die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung Grundwasser in einer näher beschriebenen Art benutzt habe. Als verletzte Verwaltungsvorschrift führte der Bürgermeister an: § 137 Abs. 2 Z 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. Nr. 58/2017, iVm. § 9 Abs. 2 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 3/2008.
2 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde der Revisionswerberin mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die verletzte Verwaltungsvorschrift zu lauten habe: § 10 Abs. 2 WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 74/1997, iVm. § 137 Abs. 2 Z 2 WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 58/2017, iVm. § 9 Abs. 2 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 3/2008.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst vorgebracht, das Landesverwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, soweit es die der Revisionswerberin vom Bürgermeister am 22. August 2022 übermittelte Aufforderung zur Rechtfertigung als ausreichende Verfolgungshandlung erachtet habe. Darin sei nämlich die Umschreibung der Tathandlung nicht ausreichend konkret erfolgt.
7 Diese Ausführungen sind nach dem Inhalt der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. August 2022 nicht nachvollziehbar. In dieser wurde der Revisionswerberin nämlich inhaltsgleich dasselbe Verhalten vorgeworfen, auf das sich in der Folge der Schuldspruch gründete, und dessen Strafbarkeit die Revision auch nicht konkret in Abrede stellt. Schon deshalb vermag die Revision insoweit kein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs aufzuzeigen.
8 Unter dem Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit macht die Revision im Weiteren die Verletzungen der Pflicht geltend, im Sinn von § 44a Z 2 VStG die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden sei, zu bezeichnen. Der Bürgermeister habe in seinem Straferkenntnis nur die „Blankettstrafnorm“ des § 137 Abs. 2 Z 2 WRG 1959 genannt. Das reiche jedoch nicht aus und sei einer Richtigstellung bzw. Präzisierung durch das Verwaltungsgericht auch nicht zugänglich. Das Verwaltungsgericht habe wohl § 10 Abs. 2 WRG 1959 zitiert, dabei aber nicht „zwischen den Strafbestimmungen nach § 10 Abs. 2 1. Fall WRG 1959 und § 10 Abs. 2 2. Fall WRG 1959 unterschieden“, obwohl sich insoweit der erste Fall ‑ die bewilligungslose Erschließung des Grundwassers ‑ und der zweite Fall ‑ die Benutzung des Grundwassers ohne Bewilligung ‑ ausschlössen. Es sei somit entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine nicht verletzte Strafnorm mitzitiert worden.
9 § 44a Z 2 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint (vgl. etwa VwGH 27.6.2022, Ra 2021/03/0328, mwN). Mit ihren Ausführungen zum Straferkenntnisses des Bürgermeisters verkennt die Revision jedoch, dass das Verwaltungsgericht, soweit der Spruch des angefochtenen strafbehördlichen Bescheids fehlerhaft ist, weil z.B. die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, sogar verpflichtet ist, dies in seinem Abspruch zu ergänzen oder richtigzustellen (vgl. etwa VwGH 14.5.2019, Ra 2018/16/0032, mwN).
10 Hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht geänderten Bezeichnung der verletzten Verwaltungsvorschrift ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, wonach es ‑ wie auch bei der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat gemäß § 44a Z 1 VStG ‑ bei der Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Sanktionsnorm gemäß § 44a Z 2 und 3 VStG darauf ankommt, dass die Norm (lediglich) unverwechselbar konkretisiert wird, damit die beschuldigte Person in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und ihr Rechtsschutzinteresse zu wahren. Maßgeblich ist daher, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) und der bei der Verhängung der Strafe angewendeten Gesetzesbestimmung (§ 44a Z 3 VStG) in einer Weise erfolgt, die den Beschuldigten in die Lage versetzt, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (im Hinblick auf § 44a Z 2 VStG) bzw. nachvollziehen zu können, welche konkrete Sanktionsnorm herangezogen wurde, um die Zulässigkeit und die Höhe der über ihn verhängten Strafe überprüfen (im Hinblick auf § 44a Z 3 VStG) zu können (vgl. zuletzt das Erkenntnis eines verstärkten Senates VwGH 27.6.2022, Ra 2021/03/0328, mwN und näheren Ausführungen zur erforderlichen Bezeichnung der verletzten Verwaltungsvorschrift, und ‑ darauf verweisend ‑ etwa VwGH 18.10.2022, Ra 2022/11/0121). Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Sinn auch festgehalten, dass bei der Anführung der verletzten Verwaltungsvorschrift eine genaue Bezeichnung eines von mehreren in einem Absatz einer Gesetzesstelle enthaltenen Straftatbestandes nicht erforderlich ist, wenn im Hinblick auf die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat die Zuordnung zu diesem Tatbestand klar ist (vgl. VwGH 20.9.2001, 99/11/0227, mwN).
11 Im vorliegenden Fall besteht im Zusammenhang mit der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat kein Zweifel, welches Verhalten der Revisionswerberin vorgeworfen wurde und wie dieses Verhalten rechtlich subsumiert worden ist. Die Revision vermag daher auch hinsichtlich der Bezeichnung der verletzten Verwaltungsvorschrift keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufzuzeigen.
12 Schließlich wird die Zulässigkeit der Revision auch noch damit begründet, dass keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dazu vorliege, ob es im Fahrlässigkeitsbereich ein fortgesetztes Delikt gebe. Das trifft jedoch nicht bzw. zumindest nunmehr nicht mehr zu. Vielmehr entspricht es nunmehr der einheitlich hg. Rechtsprechung, dass auch im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz eine tatbestandliche Handlungseinheit vorliegen kann (vgl. VwGH 25.9.2019, Ro 2019/05/0013, mwN).
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 1. Juni 2023
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