VwGH Ro 2019/05/0013

VwGHRo 2019/05/001325.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Dr. F P in W, vertreten durch die Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße 6/5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 21. Dezember 2018, VGW- 011/001/17156/2017-20, betreffend eine Übertretung des Wiener Feuerpolizeigesetzes 2015 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
FPolG Wr 2015 §2 Z5
VStG §22 Abs2
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019050013.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Im gegenständlichen Fall geht es um eine Bestrafung des Revisionswerbers als verantwortlicher Beauftragter der U. GmbH wegen Übertretung des § 6 Abs. 3 Wiener Feuerpolizeigesetz 2015 (in der Folge: WFPolG 2015) im Tatzeitraum durch das Abstellen von zwischen drei und fünf Restmülltonnen im Bereich des Stiegenabganges der Kellerstiege eines näher genannten Hauses. 5 Die Revision ließ das Verwaltungsgericht im Hinblick darauf zu, dass keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur fahrlässigen Begehungsweise des fortgesetzten Deliktes vorliege. Es sei einerseits bei einer "tatbestandlichen Handlungseinheit" ein fortgesetztes Delikt auch bei Ungehorsamsdelikten angenommen (VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108), andererseits (VwGH 2.5.2018, Ra 2018/02/0062) trotz Annahme eines zeitlichen Zusammenhanges ein "vorgefasster einheitlicher Willensentschluss" sowie ein erkennbares "Endziel" gefordert worden.

6 In den in der Revision gesondert dargestellten Revisionszulässigkeitsgründen wird ausgeführt, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, was unter brandgefährlichen Gegenständen und Stoffen zu verstehen sei, abgewichen (Verweis auf VwGH 26.6.2018, Ra 2016/05/0005). Weiters fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob sich das Verbot des § 6 Abs. 3 zweiter Satz WFPolG 2015 nur auf brandgefährliche Stoffe im Sinne des ersten Satzes beziehe oder ob diese Einschränkung für den zweiten Satz des § 6 Abs. 3 WFPolG 2015 nicht gelte. Außerdem rügt der Revisionswerber Verfahrensmängel, zu deren näherer Darstellung er auf die "Ausführung der Revision" verweist.

7 § 2 WFPolG 2015, LGBl. Nr. 14/2016 in der Fassung

LGBl. Nr. 34/2017, lautet auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Gesetzes ist:

...

5. brandgefährlicher Stoff: Stoff, der besonders geeignet ist, eine Brandgefahr herbeizuführen;

..."

8 § 6 WFPolG 2015, LGBl. Nr. 14/2016, lautet auszugsweise:

"Brandgefährliche Stoffe und deren Lagerung

§ 6.

...

(3) Brandgefährliche Stoffe dürfen in Stiegenhäusern, Gängen, Zu- und Durchgängen, im Verlauf von Fluchtwegen und in Dachböden sowie im Nahbereich von Abgas- und von Feuerungsanlagen nicht gelagert werden. Im Verlauf von Fluchtwegen dürfen zudem leicht umzuwerfende, leicht zu verschiebende oder den Fluchtweg einengende Gegenstände nicht gelagert werden.

..."

9 Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. VwGH 31.5.2019, Ro 2018/03/0022, mwN).

10 Die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage hinsichtlich einer uneinheitlichen hg. Rechtsprechung zur Möglichkeit der fahrlässigen Begehungsweise eines fortgesetzten Deliktes erfüllt vor diesem Hintergrund nicht die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG, da die Rechtsprechungsdivergenz nicht mehr gegeben ist (vgl. zum Nicht-Mehr-Vorliegen einer Judikaturdivergenz VwGH 24.11.2010, 2009/08/0039, sowie im vorliegenden Zusammenhang VwGH 19.12.2018, Ra 2018/02/0107): Nach der somit nunmehr als einheitlich anzusehenden hg. Rechtsprechung kann auch im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz eine tatbestandliche Handlungseinheit vorliegen (vgl. VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108, sowie daran anschließend etwa VwGH 25.1.2018, Ra 2016/06/0025, VwGH 23.5.2018, Ra 2017/05/0010, VwGH 19.12.2018, Ra 2018/02/0107, sowie VwGH 21.5.2019, Ra 2018/03/0117, jeweils mwN).

11 Der Revisionswerber hat auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen, wenn die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht für die Beurteilung deren Zulässigkeit nicht ausreicht oder der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben erachtet (vgl. VwGH 22.1.2019, Ro 2018/05/0023, mwN).

12 Auch mit dem Vorbringen in den gesonderten Revisionszulässigkeitsgründen werden jedoch keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

13 In den Revisionszulässigkeitsgründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber im Fall der Behauptung einer Abweichung von der Rechtsprechung konkret darzulegen, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. VwGH 12.6.2019, Ra 2017/06/0030, mwN).

14 Abgesehen davon, dass in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht konkret dargelegt wird, inwiefern der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt dem der vom Revisionswerber zitierten Entscheidung VwGH 26.6.2018, Ra 2016/05/0005, zu Grunde gelegenen Sachverhalt gleicht und dennoch vom Verwaltungsgericht abweichend entschieden wurde, ist eine solche Abweichung auch nicht zu erkennen:

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dem Erkenntnis vom 26.6.2018, Ra 2016/05/0005, mit der Frage auseinandergesetzt, was unter brandgefährlichen Gegenständen und Stoffen im Sinne des Wiener Feuerpolizei-, Luftreinhalte- und Klimaanlagengesetzes, LGBl. Nr. 17/1957 (in der Folge: WFLKG), welches keine diesbezügliche Definition enthielt, zu verstehen sei. Dabei wurde - unter anderem - auf die im Hinblick auf generelle Merkmale näher in der Wiener Feuerpolizeiverordnung 1988, LGBl. Nr. 5/1989, umschriebenen brandgefährlichen Gegenstände zurückgegriffen und eine Subsumption von Blumenstöcken, Fahrrädern, Kinderrollern und Kinderwagen unter den Begriff der brandgefährlichen Gegenstände und Stoffe verneint.

16 In dem gegenständlich anzuwendenden WFPolG 2015 wird der brandgefährliche Stoff in § 2 Z 5 als Stoff, der besonders geeignet ist, eine Brandgefahr herbeizuführen, definiert. 17 Inwiefern das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung der gegenständlichen Restmülltonnen als brandgefährliche Stoffe, zu welcher es unter Berufung auf ein Sachverständigengutachten und unter Heranziehung der - nunmehr geltenden - Wiener Feuerpolizeiverordnung 2016, LGBl. Nr. 24/2016, gelangte, von der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, wird in der Revision nicht konkret dargetan und ist auch nicht ersichtlich.

18 Im Übrigen handelt es sich bei der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Beurteilung, ob die gegenständlichen Restmülltonnen unter § 2 Z 5 WFPolG 2015 zu subsumieren seien oder nicht, um eine solche des Einzelfalles, und durch eine solche kann in der Regel keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgeworfen werden; dass diese im Einzelfall erfolgte Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre, zeigen die Revisionszulässigkeitsgründe nicht auf und ist auch nicht ersichtlich (vgl. VwGH 17.4.2019, Ra 2019/05/0068, mwN). 19 Wenn der Revisionswerber eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Verhältnis der Tatbestände des § 6 Abs. 3 WFPolG 2015 zueinander erblicken möchte, so ist ihm entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht von einem Fluchtweg ausgegangen ist (S. 9 und 14 des angefochtenen Erkenntnisses - dies wird in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht in Abrede gestellt) und in nicht als unvertretbar zu erkennender Weise die gegenständlichen Restmülltonnen als brandgefährlich gewertet hat, wobei diese auch den Fluchtweg eingeengt hätten (S. 14 des angefochtenen Erkennntisses; auch diese Einengung wird in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht bestritten). Die Revision hängt folglich angesichts der Erfüllung der Tatbestandselemente sowohl des ersten als auch des zweiten Satzes des § 6 Abs. 3 WFPolG 2015 (durch vorliegendenfalls brandgefährliche Gegenstände) nicht von der Lösung der aufgeworfenen Rechtsfrage ab (vgl. dazu VwGH 15.5.2019, Ra 2019/01/0156, mwN).

20 Soweit der Revisionswerber darüber hinaus in den Revisionszulässigkeitsgründen Verfahrensmängel behauptet, zeigt er deren Relevanz nicht auf (vgl. VwGH 12.6.2019, Ra 2019/01/0113, mwN). Es genügt im Übrigen nicht, wenn in den gesondert darzustellenden Revisionszulässigkeitsgründen auf sonstige Ausführungen in der Revision verwiesen wird (vgl. wiederum VwGH 17.4.2019, Ra 2019/05/0068, mwN). 21 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

22 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 25. September 2019

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