WRG 1959 §137
VStG §5
VStG §19
VStG §20
VStG §31
VStG §32
VStG §45
VwGVG §29
VwGVG §50
VwGVG §52
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2022.37.3326.3
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der DIin (FH) AA, vertreten durch Dr. BB, Rechtsanwalt in **** Z, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Z (= belangte Behörde) vom 22.11.2022, Zl ***, nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im Spruch die verletzte Rechtsvorschrift wie folgt anzuführen ist: „§ 10 Abs 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959 idF BGBl I Nr 74/1997, iVm § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959, BGBl Nr 215/1959 idF BGBl I Nr 58/2017 iVm § 9 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1951 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 3/2008“
2. Die Beschwerdeführerin hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 436,00 zu leisten.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B‑VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Straferkenntnis vom 22.11.2022 legte die belangte Behörde DIin (FH) AA (= der Beschwerdeführerin) zur Last, es als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs 2 VStG der CC WohnungsGmbH mit Sitz in **** Z, Adresse 1, zu verantworten, dass die mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Z vom 27.06.2008, Zl ***, bewilligte Jahreskonsenswassermenge von maximal 19.406 m³/a im Zeitraum vom 10.01.2017 bis zumindest den 14.12.2021 in einem näher definierten Ausmaß überschritten worden sei. Durch die CC WohnungsGmbH sei daher entgegen der wasserrechtlichen Bewilligung vom 27.06.2008 über den auf dem Gst Nr **1, GB ***** Y, befindlichen Entnahmebrunnen mit der amtlichen Katasternummer *** im Zeitraum vom 10.01.2017 bis zumindest 14.12.2021, sohin in den Jahren 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021, jeweils eine die bewilligte Jahreskonsenswassermenge von maximal 19.406 m³/a erheblich übersteigende Menge an Grundwasser erschlossen worden. Dieses jeweils über die bewilligte Jahreskonsenswassermenge hinausgehend erschlossene Grundwasser sei in weiterer Folge zu einem unbekannten, jedoch nicht bloß geringfügigen Teil auch zu Heiz- und Kühlzwecken für die auf den Gste Nr **1 und **2, beideGB ***** Y, befindlichen Gebäude („Passivhäuser CC“) verwendet worden. Dadurch sei die Rechtsvorschrift des § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 iVm § 9 Abs 2 VStG verletzt worden, weswegen über die Beschwerdeführerin gemäß § 137 Abs 2 WRG 1959 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.180,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 100 Stunden) verhängt wurde.
Mit Schriftsatz vom 19.12.2022 hat DI (FH) AA, vertreten durch Dr. BB, Rechtsanwalt in **** Z, Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 22.11.2022, Zl ***, eingebracht und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; hilfsweise wird beantragt, die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen herabzusetzen. Der Beschwerde war der Schriftsatz des Mag. DD vom 30.08.2022 beigefügt.
Mit Schriftsatz vom 28.12.2022, Zl ***, hat die belangte Behörde den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 22.11.2022 vorgelegt und sich zum Beschwerdevorbringen geäußert.
Am 22.03.2023 hat die öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin verwies auf das bisherige Vorbringen, insbesondere in der Stellungnahme vom 29.09.2022 und der Beschwerde vom 19.12.2022. Ergänzend hob er hervor, dass in der Zwischenzeit mit Bescheid vom 28.02.2023, Zl ***, eine erhöhte Jahreskonsenswassermenge genehmigt worden sei (Jahresbedarf Sommerbetrieb: 7.520 m³; Jahresbedarf Winterbetrieb: 65.550 m³). Im Rahmen des Wiederverleihungsverfahrens habe die kulturbautechnische Amtssachverständige Dr.in EE das Gutachten vom 23.01.2023, Zl ***, erstattet. Aus diesem Gutachten gehe hervor, dass die nunmehr festgelegte erhöhte Jahreskonsens-wassermenge keine nachteiligen Auswirkungen für nach dem WRG 1959 zu schützende Rechtsgüter habe.
Der Vertreter der belangten Behörde verwies auf die Darlegungen im angefochtenen Straferkenntnis und in der Stellungnahme vom 28.12.2022. Zum ergänzenden Vorbringen der Beschwerdeführerin hielt der Vertreter der belangten Behörde fest, dass im Falle einer erheblichen Schädigung des Wasserhaushaltes durch Verstöße gegen die §§ 9 und 10 WRG 1959 die strengere Strafbestimmung § 137 Abs 3 Z 9 WRG 1959 anzuwenden sei. Das Unterbleiben einer erheblichen Schädigung des Wasserhaushaltes im gegenständlichen Fall sei daher nicht strafmildernd zu werten, die Strafbestimmung des § 137 Abs 3 Z 9 WRG 1959 sei ohnedies nicht herangezogen worden.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme der Beschwerdeführerin als Partei, durch die Einvernahme der kulturbautechnischen Amtssachverständigen Dr.in EE sowie durch Einsichtnahme und Verlesung des Aktes der belangten Behörde und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, jeweils samt Beilagen.
Weitere Beweise wurden nicht beantragt und auch nicht aufgenommen.
Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis verkündet. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers hat unmittelbar nach der Verkündung des Erkenntnisses dessen Ausfertigung beantragt. Der Vertreter der belangten Behörde gab kein Erklären ab.
II. Beschwerdevorbringen und Vorbringen der belangten Behörde:
1. Beschwerdevorbringen:
Die Beschwerdeführerin macht die Beschwerdegründe der inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie der Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die Beschwerdeführerin moniert, dass die belangte Behörde ihr die Stellungnahme der kulturbautechnischen Amtssachverständigen Dr.in EE vom 31.10.2022 nicht zur Stellungnahme übermittelt habe. Wie sich aus der vorgelegten Stellungnahme des Mag. DD vom 30.08.2022 ergebe, sei die Wasserentnahme auf einem Drucksollwert von 0,5 bar geregelt, wobei der minimalste notwendige Durchfluss 7 m³/h sein müsse, um eine Kühlung der Grundwasserpumpe gewährleisten zu können. Diese Schwelle sei von der entsprechenden Fachfirma an der Grundwasserregelung eingestellt worden und könne nicht unterschritten werden. Bei einem Verbrauch unter 7 m³/h könne es daher zu einem direkten Rückfluss von Wasser über einen Bypass in den Rückgabebrunnen kommen, sodass dieses Wasser ungenutzt bleibe und nicht zu Heiz- und Kühlzwecken verwendet werde. Darüber hinaus sei – auch dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Mag. DD – der eklatante Mehrverbrauch im Jahr 2021 durch ein defektes Grundwasserventil verursacht worden, das man am 11.04.2022 ausgetauscht habe. Ihr [= der Beschwerdeführerin] könnten daher die bauartbedingten Durchflüsse und das defekte Ventil nicht vorgeworfen werden.
Wäre ihr [= der Beschwerdeführerin] die kulturbautechnische Stellungnahme zur Stellungnahme übermittelt worden, hätte sie darlegen können, dass kein oder zumindest kein schuldhafter Verstoß gegen § 10 iVm § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 vorgelegen sei.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass unter Berücksichtigung der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022 und dem angefochtenen Straferkenntnis vom 22.11.2022, zugestellt am 28.11.2022, für die Tatzeiträume 02.02.2017 bis 27.12.2018 (2017 und 2018) sowohl Strafbarkeits- als auch Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Für den Zeitraum 27.12.2018 bis 03.01.2020 (2019) sei ebenso wie für den Zeitraum vom 03.01.2020 bis 31.12.2020 (2020) Verfolgungsverjährung eingetreten. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei bei dem ihr [= der Beschwerdeführerin] vorgeworfenen Verhalten von keinem Dauerdelikt auszugehen, welches vom 02.02.2017 bis 14.12.2021 angedauert habe. Entsprechend dem Bewilligungsbescheid vom 27.06.2008, Zl ***, sei eine jährliche Konsenswassermenge von 19.406 m³ festgelegt worden. Ab Jahresbeginn bis zur Erreichung der jährlichen Konsenswassermenge liege somit keine Verwaltungsübertretung vor. Eine allfällige Überschreitung der Konsenswassermenge eines Jahres werde mit jedem Jahresende beendet. Entgegen der Rechtsauffassung der belangten Behörde sei im Hinblick auf die ihr [= der Beschwerdeführerin] zur Last gelegten Verwaltungsübertretung unter Berücksichtigung des § 31 Abs 1 und 2 VStG von keinem Dauerdelikt auszugehen.
Die Beschwerdeführerin hebt zudem hervor, die belangte Behörde habe ihr sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022 als auch in dem angefochtenen Straferkenntnis die Erschließung von Grundwasser über die Jahreskonsenswassermenge von 19.406 m³ vorgeworfen. Unter einer bewilligungspflichtigen Erschließung im Sinne des § 10 Abs 2 WRG 1959 sei nur eine Maßnahme zu verstehen, die auf Grundwasser hinziele. Eine „Benutzung“ des Grundwassers liege dem gegenüber bei dessen Inanspruchnahme vor.
Unter Erschließung seien sohin jene Maßnahmen zu verstehen, die darauf abzielen würden, in weiterer Folge Grundwasser zu nutzen. Die ihr [= der Beschwerdeführerin] zur Last gelegte Erschließung des Grundwassers sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.06.2008, Zl ***, bewilligt worden. Demgegenüber sei ihr [= der Beschwerdeführerin] eine über die jährliche Konsenswassermenge hinausgehende Benutzung des Grundwassers nicht vorgehalten worden. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sei zudem nicht von Benutzung (§ 10 Abs 2 Z 2 WRG 1959), sondern von Verwendung die Rede. Eine Bestrafung, die auf die unzulässige Benutzung des Grundwassers abziele, sei rechtswidrig, da dieser Vorwurf von der Verfolgungshandlung nicht gedeckt wäre.
Die Beschwerdeführerin macht zudem die Mangelhaftigkeit des Spruchs des angefochtenen Straferkenntnisses geltend. Da – wie bereits aufgeführt – kein einheitliches Dauerdelikt vorliege, sei der angenommene Tatzeitraum 10.01.2017 bis 14.12.2021 denkunmöglich. Die Tatzeit sei somit unrichtig angegeben. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde auch nähere Feststellungen zur Überschreitung der Konsenswassermenge zu treffen gehabt. Zudem widerspreche sich der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses selbst. Laut dem ersten Absatz würde ihr [= der Beschwerdeführerin] ein Tatzeitraum vom 10.01.2017 bis zumindest 14.12.2021 vorgeworfen. Die im zweiten Absatz aufgezählten Entnahmemengen würden auf einen Zeitraum vom 02.02.2017 (anstelle 10.01.2017) bis 14.12.2021 abstellen. Demgegenüber sei in der Aufforderung zur Rechtfertigung ein Tatzeitraum vom 04.01.2017 bis 14.12.2021 angenommen worden. Zudem würden sich aus der Anführung der Entnahmemengen zeitliche Überlappungen ergeben, da jeweils der Endtermin für die festgestellten Entnahmemengen als Anfangstermin für den neuen Zeitraum herangezogen worden sei.
Die Beschwerdeführerin hebt hervor, der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ziele auf die unzulässige Erschließung des Grundwassers ab. Sollte man im zweiten Satz des dritten Absatzes im Spruch auch den Vorwurf der unzulässigen Verwendung von Grundwasser sehen, sei auch dies widersprüchlich. Gemäß § 10 Abs 2 WRG 1959 sei zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich. Es könne daher ein und dieselbe Tathandlung nicht die unzulässige Erschließung und die unzulässige Benutzung von Grundwasser darstellen. Darüber hinaus sei im Spruch nicht von Benutzung (§ 10 Abs 2 Z 2 WRG 1959), sondern von Verwendung die Rede.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche daher nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG und sei somit mangelhaft. Folglich sei die Gefahr einer Doppelbestrafung gegeben und seien ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt.
Die Beschwerdeführerin bringt abschließend vor, die über sie verhängte Geldstrafe im Ausmaß von Euro 2.398,00 sei nicht tat- und schuldangemessen. Ihr könne die Bauarteigenheit der Wasserpumpe und das Versagen eines Ventils nicht vorgeworfen werden, sodass maximal von einem geringen Verschulden auszugehen sei. Die belangte Behörde habe zudem Milderungsgründe nicht berücksichtigt. Insbesondere habe sie [= die Beschwerdeführerin] maßgebend zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB), da im Antrag auf Wiederverleihung des Wasserbenutzungsrechtes die jeweiligen Jahresentnahmemengen detailliert angeführt worden seien. Darüber hinaus habe die Überschreitung der Jahreskonsenswassermenge keinen Schaden herbeigeführt (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) und habe sie [= die Beschwerdeführerin] sich ernstlich bemüht, weitere nachteilige Folgen zu verhindern (§ 34 Abs 1 Z 15 StGB).
2. Vorbringen der belangten Behörde:
Die belangte Behörde bringt vor, dass entgegen den Darlegungen der Beschwerdeführerin wegen der Überschreitungen der maximalen Jahreskonsenswassermenge in den Jahren 2017 bis 2020 keine Verjährung eingetreten sei. Der konsenslose Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage bilde ein (fortgesetztes) Dauerdelikt. Im gegenständlichen Fall sei die wasserrechtlich bewilligte maximale Jahreskonsenswassermenge in fünf aufeinander folgenden Jahren überschritten worden. Die Beschwerdeführerin habe daher mehrere gleichartige, in einem engen zeitlich und räumlichen Zusammenhang stehenden Verletzungshandlungen gesetzt, die sich gegen dasselbe Rechtsgut richten würden. Die Frist für die Verfolgungsverjährung beginne mit Beendigung des letzten tatbildmäßigen Verhaltens. Die Aufforderung zur Rechtfertigung sei daher auch für die Überschreitungen in den Jahren 2017 bis 2020 rechtzeitig erfolgt.
Die belangte Behörde hebt unter Hinweis auf den Bericht des Mag. DD vom 27.06.2022 hervor, dass die maximale Jahreskonsenswassermenge im Jahr 2021 bereits zum 01.02.2021 deutlich überschritten worden sei. Die Entnahmemenge sei zu diesem Zeitpunkt nämlich bereits bei 29.555,4 m³ gelegen. Bei Einhaltung der Nebenbestimmung 12. des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides hätte der eklatante Mehrverbrauch spätestens zu diesem Zeitpunkt bemerkt werden müssen. Es wäre an der Beschwerdeführerin gelegen, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen oder solche zu veranlassen und mit der zuständigen Wasserrechtsbehörde in Kontakt zu treten. Der Austausch des Ventils sei mehr als ein Jahr danach am 11.04.2022 erfolgt.
Die belangte Behörde bestreitet zudem, der Beschwerdeführerin in der Aufforderung zur Rechtsfertigung vom 22.08.2022 keine unzulässige Benutzung des Grundwassers vorgeworfen zu haben. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin stehe nicht im Einklang mit dem Text der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022.
III. Sachverhalt:
1. Allgemeine Feststellungen:
Die am XX.XX.XXXX geborene Beschwerdeführerin, wohnhaft Adresse 2, **** X, ist österreichische Staatsangehörige. Sie verfügt derzeit über ein monatliches Nettoeinkommen von Euro 4.660,00 und Spareinlagen bzw Wertpapiere im Wert von ca Euro 43.000,00. Dem steht ein Kreditbetrag in der Höhe von etwas weniger als Euro 5.000,00 mit einer monatlichen Tilgungsrate von Euro 320,00 (inkl Versicherung Euro 384,00) gegenüber. Der Verwaltungsstrafregisterauszug der Beschwerdeführerin weist eine Eintragung wegen einer Übertretung nach dem WRG 1959 auf.
Die Beschwerdeführerin ist Bereichsleiterin Hausverwaltung und kaufmännische Prokuristin. Ihr nachgeordnet sind drei Gruppenleiter und zwölf Hausverwaltungen, wobei aus dem Kreis der Hausverwaltungen die Gruppenleiter stammen. Seit 10.01.2017 ist sie verantwortliche Beauftragte für Angelegenheiten nach dem WRG 1959 der CC Wohnungs GmbH und hat in diesem Zusammenhang auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung übernommen. Ihre verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung bezieht sich auch auf die wasserrechtlichen Angelegenheiten betreffend die „Passivhäuser CC“.
2. Zum Tatvorwurf:
Mit Bescheid vom 27.06.2008, Zl ***, hat die belangte Behörde der CC Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft mbH, Rechtsvorgängerin der CC Wohnungs GmbH, die wasserrechtliche Bewilligung zur Entnahme von Grundwasser für die thermische Grundwassernutzung und Einwirkung auf das Grundwasser durch Versickerung über einen Rückgabebrunnen und zur Durchführung eines Pumpversuches auf den Gste Nr **1 und **2, beide GB ***** Y, unter Vorschreibung von Auflagen befristet bis zum 31.12.2022 erteilt. Gemäß Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 27.06.2008, eingetragen unter Postzahl 1/795 des Wasserbuches für den Verwaltungsbezirk Z-Stadt, erstreckt sich das Wasserbenutzungsrecht auf maximal 12,14 l/s, 43,7 m³/h und 19.406 m³/a, sowie die Rückgabe derselben Menge über den Rückgabebrunnen in den Grundwasserleiter und auf eine maximale Wassermenge von 18 l/s für einen Pumpversuch in der Dauer von maximal drei Tagen.
Die Nebenbestimmung 12. des Spruchpunktes I. des Bescheides vom 27.06.2008, Zl ***, lautet wie folgt:
„Für die Grundwasserentnahmeanlage ist ein Betriebsbuch zu führen. In dieses Betriebsbuch sind sämtliche Wartungsarbeiten, Reparaturen und besondere Vorkommnisse der gesamten Anlage, einschließlich der Entnahme und Rückgabe einzutragen. Monatlich ist der Wasserzählerstand abzulesen mit Angabe des Datums und der Unterschrift in das Betriebsbuch einzutragen. Außerdem sind monatlich sowohl Temperaturen der Entnahme und Rückgabe sowie die entnommene Wassermenge mit Datum und Unterschrift im Betriebsbuch aufzuzeichnen.“
Im Entnahmebrunnen sind vier Pumpen, je zwei für die Häuser *** und *** untergebracht. Die beiden Pumpen für das Haus *** und Haus *** sind mit einem Grundwasserzähler ausgestattet, und zwar mit dem Wasserzähler 144 (Zähler-Nr ***) betreffend Haus E-H und den Wasserzähler 145 (Zähler-Nr ***) betreffend Haus F-J.
Entgegen den dem ursprünglichen Antrag zugrundeliegenden Berechnungen stellte sich heraus, dass für den Winterbetrieb eine viel höhere Leistung und dadurch auch eine viel höhere Grundwassermenge benötigt wurde und wird. Bei der Berechnung der benötigten Energie wurde auch nicht berücksichtigt, dass größere Teilwasserströme in Folge der zweistufigen Pumpenregelung nicht nutzbar sind und ungenützt in den Rücklaufbrunnen gepumpt werden. Zudem wird die benötigte Energie aus Grundwasser im Winter anstelle von 0 °C schon bei 5 °C benötigt und muss die minimale Zulufttemperatur 22 °C betragen.
Wenn die Grundwasserfilter verschmutzt sind, wird mehr Grundwasser gepumpt, um den höheren Druckwiderstand auszugleichen. Dabei wird auch mehr Wasser gefördert, welches jedoch nicht benötigt wird und über den Filterkurzschluss ungenützt in den Rückgabebrunnen gelangt.
Um eine Kühlung der Grundwasserpumpe zu gewährleisten, muss der minimalste notwendige Durchfluss 7 m³/h sein. Diese Schwelle wurde an der Grundwasserregelung eingestellt und kann auch nicht unterschritten werden. Bei einem Verbrauch unter 7 m³/h kann es zu einem direkten Rückfluss von Wasser über einen bypass in den Rückgabebrunnen kommen.
Die Grundwasserzähler 144 und 145 zeichnen die dem Grundwasser entnommene Wasser-menge auf. Nach den beiden Wasserzählern ist keine (weitere) Einrichtung installiert, die aufzeichnet, welche Menge an Wasser in welchem Gebäude zu Kühl- und/oder Heizzwecken verwendet wird und welche Menge an Wasser direkt – etwa über den Bypass – zum Rückgabebrunnen gelangt. Im Rückgabebrunnen erfolgt eine Vermischung des zu thermischen Zwecken verwendete Wassers mit dem über den Bypass direkt weitergeleiteten Wassers.
In den Jahren 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 wurde die bewilligte Jahreskonsenswasser-menge von maximal 19.406 m³/a deutlich überschritten. Die Entnahme von Grundwasser stellt sich nach den vorliegenden Aufzeichnungen wie folgt dar:
Datum | WZ *** (Haus E-H) | WZ *** (Haus F-J) | Gesamt: |
02.02.2017 | 213.312,40 m3 | 248.871,40 m3 | 462.183,80 m3 |
02.01.2018 | 236.193,90 m3 | 273.590,70 m3 | 509.784,60 m3 |
27.12.2018 | 277.026,90 m3 | 297.901,40 m3 | 574.928,30 m3 |
03.01.2020 | 317.980,30 m3 | 326.111,90 m3 | 644.092,20 m3 |
31.12.2020 | 346.180,20 m3 | 351.830,20 m3 | 698.010,40 m3 |
14.12.2021 | 380.135,00 m3 | 437.048,00 m3 | 817.183,00 m3 |
Hieraus ergeben sich die nachfolgenden Entnahmemengen:
Entnahmemenge im Zeitraum von 02.02.2017 bis 02.01.2018: 47.600,80 m3
Entnahmemenge im Zeitraum von 02.01.2018 bis 27.12.2018: 65.143,70 m3
Entnahmemenge im Zeitraum von 27.12.2018 bis 03.01.2020: 69.163,90 m3
Entnahmemenge im Zeitraum von 03.01.2020 bis 31.12.2020: 53.918,20 m3
Entnahmemenge im Zeitraum von 31.12.2020 bis 14.12.2021: 119.172,60 m3
Bezogen auf den Zeitraum vom 02.02.2017 bis 14.12.2021 wurden in den Jahren 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 über den Gst Nr **1, GB ***** Y, befindlichen Entnahmebrunnen mit der amtlichen Katasternummer *** die bewilligte Jahreskonsenswassermenge von maximal 19.406 m³ erheblich überschritten. Das über die bewilligte Jahreskonsenswassermenge hinausgehend entnommene Grundwasser wurde in weiterer Folge zu einem unbekannten, jedoch nicht bloß geringfügigen Teil auch zu Heiz- und Kühlzwecken für die Gste Nrn **1 und **2, beide GB ***** Y, befindlichen Gebäude („Passivhäuser CC“) verwendet.
Das Grundwasserventil im Haus A, NH-*** war im Jahr 2021 defekt. Der Austausch erfolgte am 11.04.2022.
Für die Aufzeichnungen laut dem Betriebsbuch (Nebenbestimmung 12. in Spruchpunkt I. des Bescheides vom 27.06.2008) war grundsätzlich die Hausverwaltung verantwortlich. Die Eintragungen selbst hatte der technische Hausbetreuer vorzunehmen. Die Beschwerdeführerin hat stichprobenartig in die Betriebsbücher eingesehen. Allerdings erfolgte eine derartige Einsicht eher selten, da die CC WohnungsGmbH über 640 Gebäude verfügt. Die Beschwerdeführerin wurde jedenfalls bis zum Jahr 2021 über die Überschreitung der Jahreskonsenswassermengen nicht informiert.
In der Zwischenzeit – im zweiten oder dritten Quartal des Jahres 2022 – wurde ein (neues) Kontrollsystem eingerichtet. Dieses stellt sicher, dass die Beschwerdeführerin automatisch informiert wird, sobald eine Überschreitung von festgelegten Wasserkonsensmengen möglich ist.
IV. Beweiswürdigung:
Die allgemeinen Feststellungen des Kapitels 1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses stützen sich auf die Angaben der Beschwerdeführerin sowie den eingeholten Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister. Ihre Funktion als verantwortliche Beauftragte für die Bereiche des WRG 1959 hat die Beschwerdeführerin hinreichend erläutert.
Der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid vom 27.06.2008, Zl ***, ist Bestandteil des behördlichen Aktes. Die Führung des Betriebsbuches und allfällige Kontrollen durch sie hat die Beschwerdeführerin im Rahmen der heutigen Verhandlung erläutert. Die nähere Beschreibung der Grundwasserpumpen, die bei den ursprünglichen Berechnungen falschen Annahmen sowie der Defekt der Grundwasserpumpe beim Haus *** sind in der Stellungnahme des Ing. EE, FF GmbH, vom 14.06.2022 sowie in der Stellungnahme des Mag. DD vom 30.08.2022 dokumentiert.
Die Überschreitungen der Jahreskonsenswassermengen in den Jahren 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 ergeben sich aus den dem Antrag auf Wiederverleihung des verfahrens-gegenständlichen Wasserbenutzungsrecht vom 27.06.2008, Zl ***, beigefügten Beilagen. Zu den Überschreitungen äußerte sich die Beschwerdeführerin selbst, aber auch die kulturbautechnische Amtssachverständige. Beide erläuterten übereinstimmend die Funktion der Grundwasserzähler 144 und 145. Insbesondere die kulturbautechnische Amtssachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, dass zwar die Entnahme der Grundwassermengen über die Wasserzähler aufgezeichnet wird, danach aber keine weiteren Aufzeichnungen mehr erfolgen. Folglich lässt sich auch nicht feststellen in welchem Ausmaß Wasser über den Bypass direkt zum Rückgabebrunnen geführt wird. Die deutlichen Überschreitungen der im Bescheid vom 27.06.2008, Zl ***, festgelegten Jahreswassermengen und der gegenüber den ursprünglichen Berechnungen maßgeblich höhere Bedarf an Grundwasser, insbesondere für den Winterbetrieb, rechtfertigen die Annahme, dass jedenfalls ein beträchtlicher Teil des über die wasserrechtliche Bewilligung hinaus gewonnen Grundwassers für thermische Zwecke verwendet wurde.
Zur Führung des gemäß der Nebenbestimmung 12. des Spruchpunktes I. des Bescheides vom 27.06.2008, Zl ***, vorgeschriebenen Betriebsbuches und der von ihr vorgenommenen Kontrollen äußerte sich die Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22.03.2023. Dabei erläuterte sie das im Jahr 2022 eingerichtete Kontrollsystem.
Auf der Grundlage der angeführten Beweismittel traf das Landesverwaltungsgericht Tirol die Feststellungen des Kapitels 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkanntnisses.
V. Rechtslage:
1. Wasserrechtsgesetz 1959:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959 idFn BGBl I Nr 74/1997 (§ 10) und BGBl I Nr 58/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Benutzung des Grundwassers
§ 10. (1) Der Grundeigentümer bedarf zur Benutzung des Grundwassers für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf keiner Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn die Förderung nur durch handbetriebene Pump- oder Schöpfwerke erfolgt oder wenn die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grunde steht.
(2) In allen anderen Fällen ist zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers und zu den damit im Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt sowie zur Errichtung oder Änderung der hiefür dienenden Anlagen die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich.
[…]“
„Strafen
§ 137
[…]
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14.530 €, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer
[…]
2. ohne gemäß § 10 Abs. 2 oder 3 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen Grundwasser erschließt oder benutzt, in den Grundwasserhaushalt eingreift, hiefür dienende Anlagen errichtet, ändert oder betreibt oder artesische Brunnen errichtet oder betreibt;
[…]“
2. Verwaltungsstrafgesetz 1991:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1992 in den Fassungen BGBl Nr 52/1991 (§ 20), BGBl I Nr 33/2013 (§§ 19 und 45) und BGBl I Nr 57/2018 (§§ 5, 31 und 32), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Schuld
§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder der Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
[…]“
„Strafbemessung
§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
[…]“
„Außerordentliche Milderung der Strafe
§ 20. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.“
„Verjährung
§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
[…]
Beschuldigter
§ 32. (1) Beschuldigter ist die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinne des AVG.
(2) Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Beratung, Strafverfügung udgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
(3) Eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen (§ 9 Abs. 1) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten. Eine Verfolgungshandlung, die gegen den Unternehmer (§ 9 Abs. 3) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die verantwortlichen Beauftragten.“
„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;
6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“
3. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 in den Fassungen BGBl I Nr 24/2017 (§ 29) und BGBl I Nr 57/2018 (§§ 50 und 52), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Verkündung und Ausfertigung der Erkenntnisse
§ 29 (1) Die Erkenntnisse sind im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.
[…]
(2a) Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer mündlichen Verkündung die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Der Niederschrift ist eine Belehrung anzuschließen:
1. über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß Abs. 4 zu verlangen;
2. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt.
[…]“
„Erkenntnisse
§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen und das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.
[…]“
„Kosten
§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
(2) Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.
[…]
(8) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
[…]“
VI. Erwägungen:
1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.
Das Straferkenntnis vom 22.11.2022, Zl ***, wurde der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters am 28.11.2022 zugestellt. Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde vom 19.12.2022 ist am 20.12.2022 und somit innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist bei der belangten Behörde eingebracht worden. Die Erhebung der Beschwerde erfolgte somit fristgerecht.
2. In der Sache:
2.1. Zur Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin ist seit dem 10.01.2017 verantwortliche Beauftragte der CC WohnungsGmbH für wasserrechtliche Angelegenheiten. Ergeht ein Strafbescheid gegen einen Beschuldigten in Folge seiner Stellung gemäß § 9 VStG, so hat der Spruch diesen Umstand entsprechend zum Ausdruck zu bringen. Dabei ist anzugeben, ob die Bestrafung des Beschuldigten als statutarisches Vertretungsorgan im Sinne des § 9 Abs 1 VStG oder als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs 2 VStG erfolgt [Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG 2 § 9 Rz 32 mwN (Stand 1.5.2017, rdb.at); Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG 2 § 44a Rz 4 mwN (Stand 1.5.2017, rdb.at)].
Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 in deren Funktion als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs 2 VStG zur Last gelegt. Die Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin wird somit im angefochtenen Straferkenntnis gemäß § 44a Z 1 VStG hinreichend konkretisiert.
2.2. Zum vorgeworfenen Verhalten:
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde habe ihr in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022 die Erschließung von Grundwasser über die im Bescheid vom 27.06.2008, Zl ***, konsentierte Jahreskonsenswassermenge von 19.406 m³ vorgeworfen. Die Erschließung des Grundwassers sei aber durch den eben zitierten Bescheid vom 27.06.2008, Zl ***, bewilligt worden. Demgegenüber sei eine über die jährliche Konsenswassermenge hinausgehende Benutzung des Grundwassers ihr [= der Beschwerdeführerin] nicht vorgehalten worden.
Dazu ist Folgendes festzuhalten:
Die von der CC WohnungsGmbH betriebene Anlage auf den Gste Nrn **1 und **2, beide GB ***** Y, dient der Entnahme von Grundwasser, um es in weiterer Folge thermisch zu nutzen. Die Anlage ist daher gemäß § 10 Abs 2 WRG 1959 bewilligungspflichtig. Dementsprechend hat die belangte Behörde das mit Bescheid vom 27.06.2008, Zl ***, abgeschlossene wasserrechtliche Bewilligungs-verfahren durchgeführt.
Die in den Jahren 2017 bis einschließlich 2021 über den gemäß Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 26.07.2008, Zl ***, festgelegten Jahreskonsens von 19.406 m³ hinausgehende Grundwasserentnahme war von dem durch Bescheid vom 27.06.2008, Zl ***, eingeräumten Wasserbenutzungsrecht („Entnahme von Grundwasser für die thermische Grundwassernutzung und Einwirkung auf das Grundwasser durch Versickerung über einen Rückgabebrunnen“) nicht erfasst. Die Überschreitung der wasserrechtlich bewilligten Jahreskonsenswassermenge ist bewilligungslos und bedeutet somit einen Verstoß gegen § 10 Abs 2 WRG 1959.
Der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022 ist – ebenso wie dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses – eindeutig zu entnehmen, dass ohne die gemäß § 10 Abs 2 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung eine über das eingeräumte Wasserbenutzungsrecht weit hinausgehende Menge an Grundwasser – es wird ausdrücklich auf die Differenz zwischen tatsächlicher jährlicher Entnahmemenge und der mit Bescheid vom 27.06.2008 bewilligten maximalen Jahreskonsenswassermenge hingewiesen – entnommen und zu Heiz- und Kühlzwecken verwendet wurde. Das in der Aufforderung zur Rechtfertigung aber auch im angefochtenen Straferkenntnis hinreichend bestimmt beschriebene Überschreiten der wasserrechtlich eingeräumten Jahreskonsenswassermenge ist aufgrund des klaren Wortlautes als Verletzung der Rechtsvorschrift des § 10 Abs 2 WRG 1959 zu qualifizieren. Auch § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 stellt sowohl auf die Erschließung als auch auf die Benutzung von Grundwasser ab. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde keine unzulässige Verfolgungshandlung gesetzt.
Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, entgegen der Rechtsauffassung der belangten Behörde sei von keinem Dauerdelikt auszugehen, für die Tatzeiträume vom 02.02.2017 bis einschließlich 31.12.2020 sei daher – ausgehend von der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022 – unter Berücksichtigung des § 31 Abs 1 und 2 VStG Verjährung eingetreten.
Dazu hält das Landesverwaltungsgericht Folgendes fest:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes treten bei einem „fortgesetzten Delikt“, bei welchem eine Reihe von gleichartigen Einzelhandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss umfasst sind, die äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs zu einer Einheit zusammen (VwGH 28.03.2017, Ro 2016/09/0001).
Die Überschreitung der jeweiligen Jahreskonsenswassermenge ist darauf zurückzuführen, dass für den Winterbetrieb eine viel höhere Leistung und dadurch auch eine viel höhere Grundwassermenge als ursprünglich berechnet benötigt wurde. Der Betrieb der mit Bescheid vom 27.06.2008 bewilligten thermischen Grundwassernutzungsanlage konnte daher mit der in Spruchpunkt IV. des zitierten Bescheides festgelegten Jahreskonsenswassermenge von 19.406 m³ nicht betrieben werden. Es war eine deutlich höhere Jahreskonsenswassermenge erforderlich. Die Überschreitung der Jahreskonsenswassermenge im Jahr 2021 war auch nicht allein auf die defekte Grundwasserpumpe zurückzuführen, welche ohnedies erst am 11.04.2022 getauscht wurde.
Der Betrieb der verfahrensgegenständlichen thermischen Grundwassernutzungsanlage war somit für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 02.02.2017 bis 14.12.2021 nur möglich, indem die festgelegte Jahreskonsenswassermenge deutlich überschreitende Mengen an Grundwasser entnommen und verwendet wurden. Über den verfahrensgegenständlichen Zeitraum wurde daher ein § 10 Abs 2 WRG 1959 widersprechender Zustand aufrechterhalten. Die jährliche, das eingeräumte Wasserbenutzungsrecht überschreitende Entnahme von Grundwasser und die damit verbundene Verletzung des § 10 Abs 2 WRG 1959 erfolgten jedenfalls in einem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang. Die Überprüfung der Einhaltung einer Jahreskonsenswassermenge hat laufend und damit jedenfalls jeweils zum Jahresende zu erfolgen und ist zu diesem Zeitpunkt die Einhaltung des eingeräumten Wasserbenutzungs-rechtes zu prüfen. Wird zu diesem Zeitpunkt eine Überschreitung festgestellt, gilt diese Überschreitung für den gesamten vorangegangenen Zeitraum. In diesem Sinn hat die belangte Behörde in Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 27.06.2008 neben der Jahreskonsenswasser-menge höchstzulässige Wassermengen pro Sekunde und Stunde festgelegt. Die im Widerspruch zu § 10 Abs 2 WRG 1959 stattgefundene Überschreitung der festgelegten Jahreskonsenswassermenge in den Jahren 2017 bis einschließlich 2021 ist somit als fortgesetztes Delikt zu qualifizieren. Folglich ist auch für die Tatzeiträume vom 02.02.2017 bis einschließlich 31.12.2020 entgegen dem Beschwerdevorbringen Verjährung nicht eingetreten. Aufgrund der im Spruch hinreichend bestimmten Überschreitung der Jahreskonsenswasser-mengen für die Jahre 2017 bis einschließlich 2021 hat die Beschwerdeführerin als verantwortliche Beauftragte die Rechtsverletzung des § 10 Abs 2 WRG 1959 zu vertreten und damit die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 begangen.
Die Beschwerdeführerin behauptet zudem die Mangelhaftigkeit des Spruches und damit einen Verstoß gegen § 44a VStG. Dazu ist Folgendes festzuhalten:
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis den Tatzeitraum vom 10.01.2017 bis 14.12.2021 festgelegt und damit gegenüber der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022 – Tatzeitraum vom 04.01.2017 bis 14.12.2021 – eingeschränkt. Die Beschwerdeführer ist seit dem 10.01.2017 verantwortliche Beauftragte für die Angelegenheiten des WRG 1959 einschließlich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, vor dem 10.01.2017 scheidet somit eine Strafbarkeit der Beschwerdeführerin aus. Dieser Umstand veranlasste die belangte Behörde, im angefochtenen Straferkenntnis den Tatzeitraum neu festzulegen. Die dabei vorgenommene Einschränkung gegenüber der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022 benachteiligt die Beschwerdeführerin nicht und belastet das angefochtene Straferkenntnis nicht mit Rechtswidrigkeit. Die belangte Behörde hat im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses übereinstimmend mit den Aufzeichnungen die Entnahmemengen für genau definierte Zeiträume aufgelistet. Diese – die erlaubte Jahreskonsenswassermenge von 19.406 m3 überschreitenden – Entnahmemengen ergaben sich durch Berechnungen anhand der Aufzeichnungen und sind unstrittig. Der von der belangten Behörde angesetzte Zeitraum vom 02.02.2017 bis 02.01.2018 bildet für die Beschwerdeführerin einen Vorteil, reduziert sich dadurch die Überschreitung der Jahreskonsenswassermenge. Ein Widerspruch zwischen dem angenommen Tatzeitraum und dem Zeitraum für die Berechnung des entnommenen und genutzten Grundwassers ist für das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht erkennbar. Die belangte Behörde hat ausgehend von den zu einem Anfangs- und Endtermin dokumentierten Gesamtmengen die Entnahmemenge als Differenz zwischen Ausgangs- und Endwert errechnet. Inwiefern die von der Beschwerdeführerin monierte „zeitliche Überlappung“ der Vorschrift des § 44a VStG widerspricht, ist für das Landesverwaltungsgericht Tirol daher nicht nachvollziehbar.
Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist als „Ungehorsamsdelikt“ zu qualifizieren. Gemäß § 5 Abs 1 VStG tritt somit insofern eine Verlagerung in der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dafür reichen unsubstantiierte allgemeine Behauptungen nicht hin. Nach der herrschenden Rechtsprechung hat der Beschuldigte „initiativ“ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht [Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 5 (Stand 1.5.2017, rdb.at)]. Davon könnte im gegenständlichen Fall nur dann ausgegangen werden, wenn die Beschwerdeführerin im Unternehmen ein wirksames begleitendes Kontrollsystem eingerichtet hatte, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Verwaltungsvorschriften jederzeit sichergestellt werden konnten. Es lag bei der Beschwerdeführerin, konkret darzulegen, welche Maßnahmen von ihr getroffen wurden, um die Einhaltung der im Bescheid vom 26.07.2008, Zl ***, vorgegebenen Jahreskonsenswassermenge sicherzustellen. Dazu erforderlich wären Instruktionen und wirksame – sich nicht in Stichproben erschöpfende – Kontrollen, sowie für den Fall von Verstößen der Einsatz von Sanktionierungsinstrumenten zur Sicherstellung regelkonformen Verhaltens. Die Beschuldigte hätte daher darlegen müssen, wie das Kontrollsystem konkret im Einzelnen funktionieren hätte sollen, also wer welche Maßnahmen in welcher Form zu ergreifen verpflichtet gewesen wäre, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten und weshalb die Verwaltungsübertretung im Einzelfall nicht verhindert werden konnte.
Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich lediglich angeführt, stichprobenartig Kontrollen durchgeführt zu haben. Ein entsprechendes Informationssystem zwischen der Hausverwaltung, dem Gruppenleiter und ihr war nicht vorhanden. Das nunmehr eingerichtete Kontrollsystem ist für den Tatzeitraum nicht mehr relevant.
Die Beschwerdeführerin hat somit als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs 2 VStG der CC WohnungsGmbH die vorliegende Verletzung der Vorschrift des § 10 Abs 2 WRG 1959 auch subjektiv zu verantworten und folglich die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 begangen.
2.2. Zur Strafbemessung:
Die Festlegung genauer Konsenswassermengen im Bescheid vom 26.07.2008, Zl ***, diente dem Gewässerschutz, aber auch dem Schutz der Inhaber anderer Wasserrechte, die ebenfalls zur Entnahme von Grundwasser befugt sind. Es besteht daher ein hohes Interesse an der Einhaltung festgelegter Konsenswassermengen. Der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung ist folglich gravierend. Bei dem von der Beschwerdeführerin zu verantwortenden Verschulden ist von Fahrlässigkeit auszugehen. Erschwerend waren die wegen eines ähnlich gelagerten Delikts bereits erfolgte Ermahnung sowie der lange Tatzeitraum zu berücksichtigen.
Von einer Selbstanzeige der Beschwerdeführerin ist nicht auszugehen. Im Zuge des Wiederverleihungsverfahrens war die CC WohnungsGmbH verpflichtet, das Ausmaß des bislang entnommenen Grundwassers darzustellen. Dass die Beschwerdeführerin nach einem derart langen Zeitraum Maßnahmen setzt, um nachteilige Folge zu verhindern, kann ihr jedenfalls nicht als mildernd angerechnet werden. Milderungsgründe lagen somit keine vor.
Nach ständiger Rechtsprechung zu § 45 Abs 1 Z 4 VStG müssen die dort genannten Umstände – geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden – kumulativ vorliegen. Fehlt es an einer der in § 45 Abs 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens, kommt auch keine Ermahnung nach § 45 Abs 1 letzter Satz VStG in Frage (vgl VwGH 14.09.2021, Ra 2018/06/0240, mit Hinweis auf VwGH 18.12.2019, Ra 2019/02/0180).
Im gegenständlichen Fall wurden festgelegte Jahreskonsenswassermengen massiv überschritten und dadurch konsenslos Grundwasser entnommen. Der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung ist gravierend. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG liegen nicht vor.
Die Anwendung des § 20 VStG scheidet aus, da § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 keine Mindeststrafe kennt.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis den Strafrahmen des § 137 Abs 2 Z 2 WRG im Ausmaß von bis zu Euro 14.530,00 mit rund 15 % ausgeschöpft. Ausgehend von der lang andauernden Verletzung des geschützten Rechtsgutes, dem Verschulden der Beschwerdeführerin und der einschlägigen Vorstrafe ist die von der belangten Behörde festgesetzte Strafe schuld- und tatangemessen. Die Ersatzfreiheitsstrafe entspricht den Vorgaben des § 16 iVm § 19 VStG.
3. Ergebnis:
3.1. Zur Ausfertigung des mündlich verkündigten Erkenntnisses:
Das gegenständliche Erkenntnis wurde nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 22.03.2023 verkündet. Unmittelbar nach der mündlichen Verkündung und damit fristgerecht beantragte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses. Aufgrund dieses Antrages ist das Landesverwaltungsgericht Tirol im gegenständlichen Fall gemäß § 29 Abs 2b VwGVG unter Berücksichtigung des § 25a Abs 4 letzter Satz Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl Nr 10/1985 idF BGBl I Nr 24/2017, und des § 82 Abs 3b letzter Satz Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG), BGBl Nr 80/1953 idF BGBl I Nr 24/2017, zur schriftlichen Ausfertigung des gegenständlichen Erkenntnisses verpflichtet.
3.2. Zum Erkenntnis:
Die Beschwerdeführerin hat die im Vergleich zum festgesetzten Wasserbenutzungsrecht deutlich höheren Grundwasserentnahmen der Jahre 2017 bis 2021 bei der mit Bescheid vom 26.07.2008, Zl ***, bewilligten thermischen Grundwassernutzungsanlage und die damit verbundene Verletzung des § 10 Abs 2 WRG 1959 in Form eines fortgesetzten Delikts zu verantworten. Sie hat folglich als verantwortliche Beauftragte die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 begangen. Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe ist schuld- und tatangemessen. Die Ersatzfreiheitsstrafe entspricht den Vorgaben des § 16 iVm § 19 VStG.
Die belangte Behörde hat die verletzte Rechtsvorschrift sowie Strafsanktionsnorm in der richtigen Fassung zitiert. Dementsprechend war eine Berichtigung nicht notwendig. Das Zitat der verletzten Rechtsvorschrift war allerdings durch die Bestimmung des § 10 Abs 2 WRG 1959 in der korrekten Fassung zu ergänzen. Dazu ist das Landesverwaltungsgericht Tirol auch berechtigt. Demensprechend lautet Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses.
Gemäß § 52 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat die Beschwerde-führerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahren in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch Euro 10,00 zu leisten. Ausgehend von der verhängten Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.180,00 beträgt der von der Beschwerdeführerin zu leistende Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens Euro 436,00 (vgl. Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).
VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war ein im Wesentlicher unstrittiger Sachverhalt anhand der Bestimmungen des § 10 Abs 2 und § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 zu beurteilen. Die zitierten Bestimmungen sind eindeutig. Zudem ist das Landesverwaltungsgericht Tirol von der Judikatur, insbesondere zu § 10 Abs 2 WRG 1959, nicht abgewichen. Dies gilt auch für die Qualifikation des der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verhaltens als fortgesetztes Delikt. Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung für einen einzelnen Fall, die keine grundsätzliche Rechtsfrage darstellt (vgl. VwGH 24.10.2022, Ra 2022/02/0194). Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung waren daher nicht zu erörtern Dementsprechend erklärt das Landesverwaltungsgericht Tirol die ordentliche Revision in Spruchpunkt 3. des gegenständlichen Erkenntnisses für nicht zulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der belangten Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hirn
(Richter)
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