Normen
AVG §45 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §66 Abs4
AVG §8
B-VG Art132 Abs1 Z1
GVG NÖ 2007 §11
GVG NÖ 2007 §11 Abs3
GVG NÖ 2007 §11 Abs5
GVG NÖ 2007 §11 Abs6
GVG NÖ 2007 §11 Abs6 idF 2019/038
GVG NÖ 2007 §11 Abs9 idF 2019/038
GVG NÖ 2007 §2
GVG NÖ 2007 §26
GVG NÖ 2007 §3 Abs1
GVG NÖ 2007 §3 Z4
GVG NÖ 2007 §3 Z4 lita idF 2019/038
GVG NÖ 2007 §4 Abs1
GVG NÖ 2007 §4 Abs2
GVG NÖ 2007 §6 Abs2 Z1
GVG NÖ 2007 §6 Abs2 Z2
GVG NÖ 2007 §6 Abs2 Z3
GVG NÖ 2007 §6 Abs2 Z4
LiegTeilG 1929 §1 Abs1
VermG 1968 §7a Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §9
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022110129.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Revisionsbeantwortung des J L in E, wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1.1. Mit Bescheid vom 25. Jänner 2022 erteilte die belangte Behörde dem zwischen der Dritt- und dem Viertmitbeteiligten als Geschenkgeber und der Erst- und dem Zweitmitbeteiligten als Geschenknehmer vor einem öffentlichen Notar am 20. Oktober 2021 abgeschlossenen Schenkungsvertrag über einen 1/10‑Anteil des Grundstückes Nr. „129/1 (neu entstanden)“ in der KG E mit einem Flächenausmaß von 11.348 m2 gemäß §§ 4, 6 Abs. 2, 7 Abs. 1 und § 11 NÖ Grundverkehrsgesetz 2007 (NÖ GVG 2007) die grundverkehrsbehördliche Genehmigung.
2 Begründend führte die belangte Behörde, soweit hier maßgeblich, aus, J H habe rechtzeitig eine Interessentenanmeldung abgegeben, doch beziehe sich diese auf ein nicht mehr bestehendes Verfahren und enthalte keine Preisangabe zum Erwerb des 1/10‑Anteils des Grundstückes Nr. 129/1 (neu entstanden) mit einem katastralen Flächenausmaß von 11.348 m2. Es liege daher keine rechtwirksame Interessentenanmeldung vor, weswegen der Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 nicht gegeben sei.
3 1.2. Gegen diesen Bescheid erhob J H eine Beschwerde, in der er sich gegen die Verneinung seiner Interessentenstellung wendet, eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung durch die Erwerber in Frage stellt und behauptet, es liege ein Scheingeschäft vor.
4 1.3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich diese Beschwerde ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
5 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die beantragte grundverkehrsbehördliche Genehmigung betreffe einen ideellen 1/10 Anteil „an dem neu vermessenen Grundstück Nr. 129/1“ in der KG E im Ausmaß von 11.348 m2. Laut dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde E sei das Grundstück Nr. 129 „mit einem Gesamtflächenausmaß von 26.794 m2 (vor der Teilung in die Grundstücke Nr. 129/1 und 129/2)“ als „Grünland/Land- und Forstwirtschaft“ gewidmet. Das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr. 129/1, KG E, weise die Kulturgattung „Wald“ auf und sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Schenkungsvertrages nicht verpachtet gewesen.
6 Hinsichtlich der künftigen Verwendung des Grundstückes hätten die Erwerber in ihrem Antrag ausgeführt, eine forstwirtschaftliche Nutzung mit einer Brennholzgewinnung für den Eigenbedarf sowie eine Aufforstung zu beabsichtigen. Hinweise auf eine geplante abweichende Nutzung bzw. eine zu erwartende nicht ordnungsgemäße Bewirtschaftung lägen nicht vor.
7 Im Kundmachungsverfahren sei J H fristgerecht als Interessent aufgetreten. In seiner Interessentenanmeldung habe dieser zunächst ausgeführt, dass ein Kaufvertrag zwischen den nunmehrigen Parteien des Schenkungsvertrages über das verfahrensgegenständliche Grundstück nach einem verbindlichen Kaufanbot von ihm „zurückgezogen“ worden sei. Sein nunmehriges Anbot sei wie folgt formuliert gewesen: „Abschließend erneuere ich das Kaufangebot der beiden gegenständlichen Waldparzellen und garantiere den Kaufpreis durch die beigefügte Bankgarantie.“ Eine Erklärung, eine ziffernmäßig bestimmte Summe als Kaufpreis oder eine solche in Höhe des ortsüblichen Verkehrswertes für den Erwerb des gegenständlichen Grundstückes zu bezahlen, enthalte die Interessentenanmeldung nicht. Beigeschlossen sei eine (teils wörtlich wiedergegebene) Zahlungsgarantie einer näher genannten Bank ohne Datum.
8 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, das gegenständliche Rechtsgeschäft sei im Hinblick auf das Flächenausmaß des betroffenen land- bzw. forstwirtschaftlichen Grundstückes und dessen Widmung gemäß §§ 4 und 5 NÖ GVG 2007 grundverkehrsbehördlich genehmigungspflichtig.
9 Zur Frage, ob J H infolge seiner Interessentenanmeldung im weiteren Verfahren die Stellung einer Partei erlangt habe, führte das Verwaltungsgericht aus, dass die in der Interessentenanmeldung kundzumachende Kaufbereitschaft rechtsverbindlich und von Verkäuferseite einklagbar sein müsse. Ein gleichartiges Rechtsgeschäft iSd. § 3 Z 4 lit. a NÖ GVG 2007, welches ein bäuerlicher Landwirt abzuschließen bereit sein müsse, sei jenes Rechtsgeschäft, mit welchem der Veräußerer gegen Erhalt des ortsüblichen Verkehrswertes bereit sei, den Verlust seines Eigentums am Vertragsgegenstand hinzunehmen. Für Schenkungsverträge bedeute dies, dass der sein Interesse anmeldende Landwirt sich nicht auf eine Schenkung berufen könne, sondern mit seiner Erklärung, ein gleichartiges Rechtsgeschäft abschließen zu wollen, auch einen ortsüblichen Preis nennen müsse. Dem Wort „gleichartig“ komme nicht die Bedeutung des Wortes „gleich“ zu.
10 In der Interessentenanmeldung des J H werde weder eine konkrete Summe als Kaufpreis genannt noch die Bereitschaft erklärt, den ortsüblichen Verkehrswert als Kaufpreis zu bezahlen. Angesichts der Formulierung in der Interessentenanmeldung, „das Kaufangebot der beiden gegenständlichen Waldparzellen zu erneuern“, ohne dieses Anbot in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Liegenschaften näher auszuführen, werde keine rechtsverbindliche und einklagbare Erklärung gegenüber der Geschenkgeberseite gegeben. J H habe in der Beschwerde vorgebracht, er habe sich in seiner Interessentenanmeldung auf ein früheres Kaufanbot bezogen, wobei die betroffenen Personen und Grundstücke ident seien. Das seinerzeitige Kaufanbot habe sich jedoch auf zwei Kaufverträge, welche Gegenstand eigener grundverkehrsbehördlicher Verfahren gewesen seien, bezogen. Auch wenn es sich unter Berücksichtigung eines weiteren anhängigen grundverkehrsbehördlichen Verfahrens insgesamt um dieselben Flächen und dieselben Vertragsparteien handle, hätte J H im jeweiligen Verfahren ein eigenes einklagbares Kaufanbot legen müssen. Nach Ablauf der Kundmachungsfrist sei die Interessentenanmeldung nicht mehr verbesserbar. Wegen der mangelhaften Interessentenanmeldung habe J H im weiteren Verfahren nicht die Parteistellung erlangt.
11 Es müsse daher nicht mehr darauf eingegangen werden, dass die der Interessentenanmeldung beigeschlossene Zahlungsgarantie der Bank nicht gegenüber J H, sondern gegenüber der „Bezirksbauernkammer X, Bezirksgrundverkehrskommission“ abgegeben worden sei.
12 In Ermangelung eines Interessenten komme der Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 nicht zum Tragen. Daher entfalle eine Überprüfung der Landwirteeigenschaft der Rechtserwerber. Es bestünden keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der Versagungsgründe des § 6 Abs. 2 Z 2 bis 4 NÖ GVG 2007. Im Übrigen sei der Schutz der öffentlichen Interessen allein der Grundverkehrsbehörde überantwortet.
13 Interessenten sei keine subjektiv‑öffentlichrechtliche Abwehrposition betreffend die ordnungsgemäße Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke eingeräumt. Auf das Vorbringen, dass eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nicht gewährleistet sei, sei daher nicht weiter einzugehen.
14 J H habe auch den Verdacht geäußert, der Schenkungsvertrag stelle ein sittenwidriges Scheingeschäft dar, weswegen ein rechtsunwirksames Umgehungsgeschäft vorliege. Die Grundverkehrsbehörde sei jedoch nicht berechtigt, zivilrechtliche Fragen der zur Genehmigung vorgelegten Rechtsgeschäfte zu beurteilen, zumal im vorliegenden Fall ein notariell beglaubigter Vertrag vorliege. Die Beweggründe der Vertragsparteien seien für die grundverkehrsbehördliche Genehmigung ohne Relevanz.
15 Es stehe daher schon auf Grund der im behördlichen Verfahren erzielten Beweisergebnisse fest, dass die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu Recht erteilt worden sei. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, welche von den Parteien nicht beantragt worden sei, könne gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden.
16 1.4. Gegen dieses Erkenntnis (zur Gänze) richtet sich die vorliegende Amtsrevision.
17 Im Vorverfahren erstatteten die Erst- bis Viertmitbeteiligten eine gemeinsame Revisionsbeantwortung, die Dritt- und der Viertmitbeteiligte weiters eine Stellungnahme. J H erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher er beantragte, die Revision zuzulassen und das angefochtene Erkenntnis aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
18 2. Das NÖ Grundverkehrsgesetz 2007 ‑ NÖ GVG 2007, LGBl. 6800‑5 in der Fassung LGBl. Nr. 38/2019, lautet (auszugsweise):
„§ 2
Geltungsbereich
Dieses Gesetz gilt für Rechtsgeschäfte unter Lebenden über den Erwerb von Rechten an
1. land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, sowie an den dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dienenden Wohngebäuden und Wirtschaftsbauwerken oder Teilen dieser Bauwerke;
2. allen Grundstücken sowie an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken, wie Wohnungen, wenn ausländische Personen Rechte erwerben.
§ 3
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:
1. Land- und forstwirtschaftliches Grundstück:
ein Grundstück, das im Flächenwidmungsplan als Grünland/Land- und Forstwirtschaft oder als Grünland/Land- und forstwirtschaftliche Hofstelle oder als Grünland/Freihaltefläche gewidmet ist, wenn es gegenwärtig zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehört oder land- und forstwirtschaftlich genutzt ist.
Dabei sind die Beschaffenheit und die Art seiner tatsächlichen Verwendung maßgebend.
Eine Aussetzung der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung eines Grundstückes, Betriebes oder Bauwerkes beendet die Eigenschaft als land- und forstwirtschaftliches Grundstück solange nicht, als dieses nicht rechtmäßig einem anderen Zweck zugeführt wird.
...
4. Interessent oder Interessentin ist bzw. sind:
a) wer als bäuerliche Landwirte oder bäuerliche Landwirtinnen im Sinne des § 3 Z 2 bereit ist, anstelle des Rechtserwerbers oder der Rechtserwerberin durch ein rechtsverbindliches Anbot ein gleichartiges Rechtsgeschäft unter Lebenden über alle vertragsgegenständlichen Grundstücke abzuschließen und in der Lage ist, die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die sonstigen ortsüblichen und für den Verkäufer oder die Verkäuferin (Verpächter oder Verpächterin und dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen zu erfüllen (§ 1 Z 1);
...
§ 4
Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte
(1) Unter Lebenden abgeschlossene Rechtsgeschäfte, die zumindest ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück betreffen, bedürfen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn sie die Übertragung des Eigentumsrechtes oder die Überlassung zur Nutzung zum Gegenstand haben.
...
§ 6
Genehmigungsvoraussetzungen
(1) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn das land- und forstwirtschaftliche Grundstück
...
(2) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes nicht widerspricht. Soweit ein solches Interesse im Einzelfall nicht besteht, ist die Genehmigung auch dann zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Die Genehmigung ist insbesondere nicht zu erteilen, wenn
1. der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin kein Landwirt oder keine Landwirtin ist und zumindest ein Interessent oder eine Interessentin vorhanden ist;
2. das Interesse an der Stärkung oder Schaffung eines oder mehrerer bäuerlicher Betriebe das Interesse an der Verwendung aufgrund des vorliegenden Vertrages überwiegt;
3. Gründe zur Annahme vorliegen, dass eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks nicht zu erwarten ist oder dass dieses ohne wichtigen Grund der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen wird oder
4. die Gegenleistung den ortsüblichen Verkehrswert ohne ausreichende Begründung erheblich übersteigt.
...
§ 11
Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde
(1) Die Grundverkehrsbehörde hat im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 den Bezirksbauernkammern, in deren Bereich die vertragsgegenständlichen Grundstücke liegen, die in § 10 Abs. 3 Z 1 bis 5 genannten Informationen zu übermitteln.
(2) Die Grundverkehrsbehörde hat im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß § 6 Abs. 2 den Gemeinden und den Bezirksbauernkammern, in deren Bereich die vertragsgegenständlichen Grundstücke liegen, eine Kundmachung zu übermitteln, in der die Art des Rechtsgeschäftes und folgende Angaben enthalten sind:
1. Name und Adresse des Veräußerers oder der Veräußerin bzw. des Nutzungsüberlassers oder der Nutzungsüberlasserin;
2. Grundstücksnummer;
3. Katastralgemeinde;
4. Flächenausmaß;
5. kalendermäßige Angabe des Endes der Anmeldefrist.
Den Bezirksbauernkammern sind darüber hinaus die in § 10 Abs. 3 Z 2 bis 5 genannten Informationen und die Urkunde über das Rechtsgeschäft (§ 10 Abs. 3 Z1) zu übermitteln.
(3) Die Anmeldefrist beträgt drei Wochen und beginnt mit dem Tag der Übermittlung der Kundmachung an die Bezirksbauernkammer.
(4) Die Gemeinden haben ihrem Ortsvertreter oder ihrer Ortsvertreterin unverzüglich eine Kopie der Kundmachung zu übermitteln.
(5) Die Kundmachung ist von der Gemeinde und der Bezirksbauernkammer unverzüglich mit dem Hinweis ortsüblich zu verlautbaren, jedenfalls aber während der Anmeldefrist an der Amtstafel anzuschlagen, dass innerhalb der Anmeldefrist jede Person bei der Bezirksbauernkammer ihr Interesse am Erwerb schriftlich oder niederschriftlich anmelden kann. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass bei der Grundverkehrsbehörde und bei der Bezirksbauernkammer Einsicht in die Urkunde über das Rechtsgeschäft genommen werden kann.
(6) Gleichzeitig mit der Anmeldung ist die Interessenteneigenschaft glaubhaft zu machen und sind insbesondere Angaben darüber zu machen, wodurch die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die Erfüllung sonstiger ortsüblicher und für den Verkäufer oder die Verkäuferin (Verpächter oder Verpächterin und dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen gewährleistet ist. Der Interessent oder die Interessentin hat nach ordnungsgemäßer Anmeldung im weiteren Verfahren die Stellung einer Partei gemäß § 8 AVG. Die Interessenteneigenschaft nach § 3 Z 4 lit. a und b ist bis zum Abschluss des Verfahrens nachzuweisen.
...
(9) Langt bei der Grundverkehrsbehörde eine Interessentenanmeldung oder eine fachlich begründete Stellungnahme ein, hat sie weitere Ermittlungen durchzuführen. Der Bezirksbauernkammer ist eine Ausfertigung des Bescheides zuzustellen.
...“
19 3.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur zu den Grundverkehrsgesetzen der Länder betont, dass der Schutz der in den Grundverkehrsgesetzen verankerten öffentlichen Interessen allein der Grundverkehrsbehörde überantwortet ist (vgl. zum NÖ GVG 2007 VwGH 29.5.2019, Ra 2017/11/0314 bis 0315, mwN).
20 Weiters ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die subjektive Rechtssphäre von landwirtschaftlichen Interessenten iSd. § 3 Z 4 NÖ GVG 2007 im Verfahren zur Erlangung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nicht unbeschränkt. Zwar haben solche Interessenten jedenfalls in Ansehung des Versagungsgrundes nach § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 (Erwerber kein Landwirt) eine subjektiv‑öffentliche Abwehrrechtsposition, die in § 11 Abs. 6 NÖ GVG 2007 klargestellt ist (vgl. VwGH 17.3.2016, Ro 2016/11/0001 mwN; 22.2.2018, Ro 2016/11/0025), dh. sie haben ein Recht darauf, dass die Genehmigung eines Rechtserwerbs durch einen Nichtlandwirt unterbleibt. Die Abwehrrechtsposition eines Interessenten reicht nur so weit, dass er einerseits seine prozessuale Stellung als Interessent verteidigen und andererseits verhindern kann, dass der Rechtserwerb durch einen Nichtlandwirt grundverkehrsbehördlich genehmigt wird (vgl. VwGH 29.5.2019, Ra 2017/11/0314 bis 0315; 15.3.2022, Ra 2019/11/0187 bis 0188).
21 Hinsichtlich der Versagungsgründe des § 6 Abs. 2 Z 3 und 4 NÖ GVG 2007 kommt einem Interessenten hingegen ein subjektiv‑öffentliches Recht nicht zu (vgl. VwGH 8.4.2019, Ra 2018/11/0095 und Ra 2018/11/0096 bis 0097).
22 Die Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte ist keine unbegrenzte. Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides. Dieser Rahmen wird in den Fällen einer Trennbarkeit der behördlichen Entscheidung weiter eingeschränkt, wenn in der Beschwerde von mehreren trennbaren Absprüchen nur ein Teil bekämpft wird. Dies gilt auch für den Fall, dass die Behörde zur Erlassung eines der trennbaren Bescheidsprüche unzuständig war. Innerhalb des so eingeschränkten Prüfungsumfanges findet eine weitere Beschränkung insofern statt, als Parteibeschwerden im Sinn des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B‑VG nur insoweit zu prüfen sind, als die Frage einer Verletzung von subjektiv‑öffentlichen Rechten Gegenstand ist. Das Verwaltungsgericht kann daher etwa nicht auf Grund der Beschwerde einer auf bestimmte subjektive Rechte beschränkten Partei eine Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheides aus öffentlichen Interessen vornehmen (vgl. VwGH 3.8.2016, Ro 2016/07/0008 bis 0009 [= VwSlg 19.424 A], mwN).
23 3.2. Für den Revisionsfall bedeutet dies, dass der Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichts auf Grund der Beschwerde des J H auf den Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 beschränkt war. Dabei konnte das Verwaltungsgericht allerdings fallbezogen auch prüfen, ob überhaupt ein genehmigungsfähiges Rechtsgeschäft iSd. § 4 NÖ GVG 2007, also ein Rechtsgeschäft, welchem gemäß § 6 NÖ GVG 2007 die Genehmigung erteilt oder wegen des Vorliegens des Versagungsgrundes des Abs. 2 Z 1 leg. cit. eben nicht erteilt werden kann, vorliegt.
24 In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht, welches die Entscheidung der belangten Behörde bestätigte, J H habe die Interessenteneigenschaft iSd. § 3 Z 4 lit. a NÖ GVG 2007 nicht erlangt, die Beschwerde des J H ‑ ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt ‑ mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurück-, und nicht abweisen hätten müssen (vgl. VwGH 29.5.2019, Ra 2017/11/0314 bis 0315, Rn. 29).
25 3.3.1. Die Revisionswerberin stützt sich für ihre Legitimation zur Erhebung einer Revision auf § 17 Abs. 1 NÖ Landesverwaltungsgerichtsgesetz, demzufolge die Landesregierung gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichtes in Angelegenheiten, die in der Gesetzgebung Landessache sind, wegen Rechtswidrigkeit gemäß Art. 133 Abs. 8 B‑VG Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben kann.
26 3.3.2. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit iSd. Art. 133 Abs. 4 B‑VG zum einen vor, nur Grundstücke und nicht Grundstücksteile könnten Gegenstand einer Genehmigung nach § 4 NÖ GVG 2007 sein. Das ergebe sich schon aus der Umschreibung des Geltungsbereiches dieses Gesetzes in seinem § 2, der nur Grundstücke und Teile von Gebäuden, nicht jedoch Grundstücksteile nenne. Zivilrechtlich könne Eigentum nur an Grundstücken iSd. § 7a VermessungsG, nicht jedoch an einer Teilfläche eines Grundstückes erworben werden. Vor dem Hintergrund der Einheitlichkeit der Rechtsordnung gebe es keine Gründe, warum das NÖ GVG 2007 von dem vermessungs- und zivilrechtlichen Begriff „Grundstück“ abweichen solle. Liege kein oder ein nichtiger Vertrag vor, sei der Antrag auf grundverkehrsrechtliche Genehmigung mangels eines entsprechenden „Substrats“ zurückzuweisen. Zum anderen wendet sich die Revision im Rahmen ihres Zulässigkeitsvorbringens unter Bezugnahme auf näher zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegen die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, J H habe die Interessenteneigenschaft nicht erlangt.
27 3.3.3. Die Revision ist aus diesen Gründen zulässig.
28 4. Sie ist im Ergebnis auch begründet:
29 4.1. Was zunächst die Frage des Vorliegens eines nach dem NÖ GVG 2007 genehmigungsfähigen Rechtsgeschäfts betrifft, ist vorauszuschicken, dass Gegenstand der beantragten grundverkehrsbehördlichen Genehmigung ausschließlich der Schenkungsvertrag vom 20. Oktober 2021 war. Ein Schenkungsvertrag (unter Lebenden) zählt zu den genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften iSd. § 4 Abs. 1 NÖ GVG 2007. Auch ist die land- und forstwirtschaftliche Eigenschaft dieser Grundflächen iSd. § 3 Z 1 NÖ GVG 2007 im Verfahren unstrittig geblieben. Das Revisionsvorbringen betrifft vielmehr die Frage, was genau der Gegenstand des Rechtsgeschäftes war, für welches die grundverkehrsbehördliche Genehmigung beantragt wurde.
30 Der Revision ist zunächst darin zuzustimmen, dass sich die Genehmigungspflicht nach dem NÖ GVG 2007 auf Rechtsgeschäfte über land- und forstwirtschaftliche „Grundstück[e]“ bezieht (§ 4 Abs. 1 und 2). Von Grundstücksteilen ist im NÖ GVG 2007 nicht die Rede. Eine Genehmigungspflicht bzw. Genehmigungsfähigkeit von Rechtsgeschäften über bloße Teile von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken kennt das NÖ GVG 2007 nicht (vgl. Lienbacher et al, Die Grundverkehrsgesetze der österreichischen Bundesländer, 46. ErgLfg., § 2 NÖ GVG 2007 Anm. 1).
31 Nach den Gesetzesmaterialien zur Legaldefinition des „land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes“ in § 3 Abs. 1 NÖ GVG 2007 wurde „der bisherige Begriff ‚Liegenschaften‘ entsprechend den Bestimmungen über den Grenzkataster nach §§ 8 ff Vermessungsgesetz [...] auf den Begriff ‚Grundstücke‘ abgeändert“ (vgl. Ltg.‑685/G‑15‑2006, XVI. GP 12). Ein Grundstück ist gemäß § 7a Abs. 1 Vermessungsgesetz ‑ VermG, BGBl. Nr. 306/1968, jener Teil einer Katastralgemeinde, der im Grenzkataster oder im Grundsteuerkataster als solcher mit einer eigenen Nummer bezeichnet ist.
32 Unstrittig beziehen sich sowohl der hier maßgebliche Schenkungsvertrag, der Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung, die Kundmachung im Interessentenverfahren als auch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung auf ein mit Einlagezahl in einer näher genannten Katastralgemeinde bezeichnetes Grundstück mit der Nummer „129/1 (neu entstanden)“. Dem Schenkungsvertrag vom 20. Oktober 2021 liegt ein Teilungsplan vom 1. März 2021 bei, mit welchem das Grundstück Nr. 129 in die zwei Grundstücke Nr. 129/1 und Nr. 129/2 geteilt werden soll.
33 Die Revision bringt dazu vor, der Akt der Grundverkehrsbehörde enthalte zwar diesen Teilungsplan, aber keine zur grundbücherlichen Durchführung der Teilung erforderliche Bescheinigung iSd. § 39 VermG. Die beiden Teilflächen seien bislang nicht verbüchert worden. Der Schenkungsvertrag beziehe sich daher auf kein katastrales Grundstück; es fehle folglich ein „Substrat“ zur Erlangung einer Genehmigung nach § 4 NÖ GVG 2007.
34 Gemäß § 1 Abs. 1 Liegenschaftsteilungsgesetz ‑ LiegTeilG, BGBl. Nr. 3/1930, kann die grundbücherliche Teilung eines Grundstückes nur auf Grund eines (bestimmten Voraussetzungen genügenden) Planes durchgeführt werden. Das LiegTeilG, welches nur die grundbücherliche Teilung, also die Durchführung der Teilung im Grundbuch zum Gegenstand hat, schließt aber nicht einmal aus, dass schon vor der Herstellung eines Teilungsplanes wirksame Verträge an Grundstücksteilen abgeschlossen werden (OGH 22.3.1995, 7 Ob 511/95; RIS‑Justiz RS0019927).
35 Im Revisionsfall war Gegenstand des Schenkungsvertrages das durch den vorliegenden Teilungsplan bestimmte Grundstück Nr. 129/1. Es ist nicht ersichtlich, warum das solcherart genau bestimmte Grundstück nicht Gegenstand eines genehmigungsfähigen und ‑ angesichts seiner unstrittigen land- und forstwirtschaftlichen Eigenschaft ‑ genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäftes iSd. § 4 Abs. 1 NÖ GVG 2007 sein sollte. Das NÖ GVG 2007 würde, wenn es für die grundverkehrsbehördliche Genehmigungsfähigkeit eines Grundstückes, welches aus einer Grundstücksteilung hervorgeht, auf die Verbücherung der Teilung abstellte, strengere Voraussetzungen für die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts normieren als die zivil- und grundbuchsrechtlichen Vorschriften. Dafür gibt es aber keinen Hinweis, zumal sich der Begriff des „Grundstückes“ im NÖ GVG 2007 ‑ wie zuvor ausgeführt ‑ an der Begrifflichkeit des Grundbuchsrechts orientiert.
36 Es kann folglich im Revisionsfall, welcher die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des vorliegenden Rechtsgeschäfts (Schenkungsvertrag), nicht aber dessen grundbücherliche Durchführung zum Gegenstand hat (vgl. dazu auch § 26 NÖ GVG 2007), dahinstehen, ob die Grundstücksteilung bereits verbüchert worden ist. Es ist daher auch nicht entscheidungsrelevant, dass das Verwaltungsgericht dazu keine Feststellungen getroffen hat.
37 4.1.2. Das Verwaltungsgericht ist somit im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der gegenständliche Schenkungsvertrag über das Grundstück Nr. 129/1 ein genehmigungsfähiges und auch genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft iSd. § 4 Abs. 1 NÖ GVG 2007 darstellt.
38 4.2. Was hingegen die Beurteilung der Interessenteneigenschaft betrifft, ist das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet:
39 4.2.1. In den Revisionsgründen wird dazu vorgebracht, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssten die Voraussetzungen der Interessenteneigenschaft lediglich glaubhaft gemacht werden; ob diese tatsächlich vorlägen, sei erst in der Entscheidung über die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu klären (Hinweis auf VwGH 16.9.2020, Ra 2018/11/0100 bis 0101; 26.4.2021, Ra 2018/11/0176, 0177). Zivilrechtlich seien bei einem Anbot fehlende Punkte aus dem Parteiwillen zu erschließen oder aus dem Gesetz zu ergänzen. Aus der Interessentenanmeldung des J H gehe seine Erwerbsbereitschaft hinreichend deutlich hervor.
40 4.2.2. Gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 ist dem Rechtsgeschäft die Genehmigung nicht zu erteilen, wenn der Rechtserwerber kein Landwirt und zumindest ein Interessent vorhanden ist.
41 Die Voraussetzungen für die Erlangung der Interessentenstellung finden sich einerseits in § 3 Z 4 NÖ GVG 2007 und andererseits in § 11 leg. cit. Während die erstgenannte Bestimmung bestimmte inhaltliche Anforderungen für die Erlangung der Interessentenstellung normiert, trifft § 11 leg. cit. nähere Verfahrensbestimmungen, wie das Interesse am Grundstückserwerb im laufenden Genehmigungsverfahren geltend zu machen ist (vgl. VwGH 26.4.2021, Ra 2018/11/0176, 0177; vgl. bereits VwGH 15.10.2019, Ro 2017/11/0004, 0005).
42 § 11 Abs. 3 iVm. Abs. 5 NÖ GVG 2007 verlangt die Anmeldung des Interesses innerhalb der dreiwöchigen Anmeldefrist, wobei nach Abs. 6 erster Satz leg. cit. „gleichzeitig ... die Interessenteneigenschaft glaubhaft zu machen“ ist, also insbesondere auch die Erfüllung der in § 3 Z 4 NÖ GVG 2007 geforderten Voraussetzung. Dazu sind insbesondere Angaben darüber zu machen, wodurch die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes (Pachtzinses) gewährleistet ist. Die Parteistellung im weiteren Verfahren wird „nur nach ordnungsgemäßer Anmeldung“ (§ 11 Abs. 6 zweiter Satz leg. cit.) erlangt.
43 Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu ‑ auf die Rechtslage vor der Novelle LGBl. Nr. 38/2019 bezogen ‑ im zitierten hg. Erkenntnis Ra 2018/11/0176, 0177 zum einen aus, dass nach § 11 Abs. 6 NÖ GVG 2007 lediglich zu prüfen sei, ob die Voraussetzungen der Interessentenstellung glaubhaft gemacht wurden. Ob sie tatsächlich vorlägen, ein als Interessent auftretender Landwirt also erwiesenermaßen alle Voraussetzungen des § 3 Z 4 lit. a NÖ GVG 2007 erfülle, sei im Hinblick auf den Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 erst in der Entscheidung über die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu klären. Zum anderen leitete der Verwaltungsgerichtshof aus dieser Rechtslage ab, dass eine unvollständige oder aus sonstigen Gründen nicht dem Gesetz entsprechende Anmeldung des Interesses keinen verbesserungsfähigen Mangel darstelle. Daraus ergebe sich, dass bereits in der Interessentenanmeldung all jene Behauptungen aufzustellen und zu belegen seien, die geeignet seien, eine Erfüllung der in § 3 Z 4 NÖ GVG 2007 geforderten Voraussetzungen glaubhaft zu machen. Außerhalb der Anmeldefrist erstattete Erklärungen und beigebrachte Nachweise könnten daher nicht mehr zur Erlangung der Stellung als Interessent führen (vgl. VwGH 15.10.2019, Ro 2017/11/0004, 0005).
44 4.2.3. Durch die Novelle LGBl. Nr. 38/2019 wurde die Interessentendefinition in § 3 Z 4 lit. a NÖ GVG 2007 neugefasst, womit jedoch keine inhaltliche Änderung einherging. § 11 Abs. 6 leg. cit. wurde überdies der Satz angefügt, dass die Interessenteneigenschaft nach § 3 Z 4 lit. a und b bis zum Abschluss des Verfahrens nachzuweisen ist.
45 In den Gesetzesmaterialien zur Novelle LGBl. Nr. 38/2019 wird dazu ausgeführt (Ltg.‑589/A‑1/35‑2019, XIX. GP, 2, 5):
„Zu § 3 Z 4 lit. a und b (neu):
Die Formulierung des Interessenten des § 3 Z 4 lit. a wurde präzisiert und die Interessentengemeinschaft in einer neuen lit. b aufgenommen.
...
Zu § 11 Abs. 6:
Die Änderung stellt klar, dass der Interessent oder die Interessentin der Behörde seine Eigenschaft entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung bis zum Abschluss des grundverkehrsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahrens konkret nachweisen muss. Zur Erlangung der Parteistellung reicht die in den voranstehenden Sätzen des Abs. 6 normierte Glaubhaftmachung, dies gilt auch für den anzugebenden ortsüblichen Verkehrswert und Pachtzins, welcher bei der Anmeldung lediglich ernsthaft anzuschätzen und die Bezahlungsfähigkeit dementsprechend zu bescheinigen ist.“
46 Durch die Novelle LGBl. Nr. 38/2019 wurde somit klargestellt, dass ‑ in Übereinstimmung mit der bisherigen, oben wiedergegebenen Rechtsprechung ‑ die Interessenteneigenschaft bereits mit der Anmeldung (arg.: „gleichzeitig“ in § 11 Abs. 6 NÖ GVG 2007), somit während der Anmeldefrist, glaubhaft zu machen ist. Dazu hat der als Interessent auftretende Landwirt sowohl ein Anbot über ein gleichartiges Rechtsgeschäft zu legen als auch zu erklären, dass er bereit und in der Lage ist, den ortsüblichen Verkehrswert (Pachtzins) zu bezahlen und die sonstigen in § 3 Z 4 lit. a NÖ GVG 2007 genannten Vertragsbedingungen zu erfüllen, sowie anzugeben, von welchem Verkehrswert (Pachtzins) er ausgeht und wodurch die Bezahlung erfolgen soll. Dabei genügt, den Grundsätzen der Glaubhaftmachung (Bescheinigung) folgend (vgl. Hengstschläger/Leeb, § 45 AVG, 13. Lfg., Rz. 3 mwN zur Rspr.), nicht die bloße Behauptung, zur Bezahlung in der Lage zu sein. Vielmehr sind schon mit der Anmeldung konkrete Beweismittel anzubieten, wofür nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes alles in Betracht kommt, was üblicherweise in vergleichbaren Fällen von Vertragsparteien zur Sicherstellung von (Kauf‑)Preisforderungen beigebracht werden kann (vgl. VwGH 23.4.2021, Ra 2019/11/0172, mit konkreten Beispielen; vgl. zu weiteren Beweismitteln VwGH 21.3.2022, Ra 2019/11/0143). Mit einer diesen Anforderungen entsprechenden, rechtzeitigen Anmeldung erlangt der Landwirt im weiteren grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsverfahren Parteistellung.
47 Der Nachweis, also der volle Beweis, zur Bezahlung in der Lage zu sein, muss gemäß § 11 Abs. 6 letzter Satz NÖ GVG 2007 idF LGBl. Nr. 38/2019 allerdings erst bis zum Abschluss des Verfahrens erbracht werden. Daraus folgt, dass ‑ im Unterschied zur bisherigen, oben zitierten Rechtsprechung ‑ für die Interessentenstellung notwendige Erklärungen (betreffend das rechtsverbindliche Anbot zum Abschluss eines gleichartigen Rechtsgeschäfts) und Nachweise (betreffend die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes bzw. Pachtzinses), sofern sie noch nicht für die Glaubhaftmachung im Zuge der Anmeldung erforderlich waren, etwa im Zuge weiterer Ermittlungen der Grundverkehrsbehörde (§ 11 Abs. 9 NÖ GVG 2007) auch noch nach Ablauf der Anmeldefrist nachgebracht werden können (und insoweit eine „Verbesserung“ möglich ist).
48 Ob alle Voraussetzungen für die Interessentenstellung gemäß § 3 Z 4 lit. a NÖ GVG 2007 vorliegen, ist auch nach der Novelle LGBl. Nr. 38/2019 in der Entscheidung über den Genehmigungsantrag zu klären. Die Genehmigung des Rechtsgeschäftes darf folglich gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 nur dann versagt werden, wenn der Rechtserwerber kein Landwirt und sichergestellt ist, dass ein rechtsverbindliches Anbot eines Landwirtes über den Abschluss eines gleichartigen Rechtsgeschäftes über das gegenständliche Grundstück zum ortsüblichen Verkehrswert (Pachtzins) vorliegt und dieser in der Lage ist, die sich aus dem von ihm angebotenen Rechtsgeschäft ergebenden Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (vgl. VwGH 23.4.2021, Ra 2019/11/0172).
49 4.3. Im Revisionsfall beurteilte das Verwaltungsgericht (wie schon die belangte Behörde) die Interessentenanmeldung als nicht ausreichend, um die Interessenteneigenschaft des J H zu begründen. Dabei ging es jedoch nach dem zuvor Gesagten zu Unrecht davon aus, dass die Interessentenanmeldung des J H vom 25. November 2021 nach Ablauf der Anmeldefrist nicht „verbesserungsfähig“ sei.
50 Ausgehend von dieser unzutreffenden Rechtsansicht ließ das Verwaltungsgericht die Stellungnahme des J H gegenüber der belangten Behörde vom 10. Jänner 2022 gänzlich unbeachtet, in welcher dieser ausführte, seine „Erneuerung des Kaufangebots“ in der Interessentenanmeldung vom 25. November 2021 habe lediglich „deklarative Bedeutung“ gehabt, weil sein Kaufanbot vom 25. Mai 2021 rechtsgeschäftlich nicht befristet gewesen und daher noch aufrecht sei. Dazu legte er eine Interessentenanmeldung, bei der belangten Behörde eingegangen am 25. Mai 2021, vor, welche offenkundig ein früheres grundverkehrsbehördliches Verfahren betreffend den Kaufvertrag zwischen den Erst- bis Viertmitbeteiligten über das Grundstück „Nr. 129/1“ in derselben Katastralgemeinde betraf. Darin hatte J H verbindlich erklärt, diese Liegenschaft zum ortsüblichen Preis in der Höhe von € 9.317,61 erwerben zu wollen.
51 Das Verwaltungsgericht hat es verabsäumt zu prüfen, ob J H durch dieses ‑ vor Abschluss des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens erstattete ‑ Vorbringen in Verbindung mit seiner Interessentenanmeldung vom 25. November 2021 die Interessenteneigenschaft nachgewiesen hat.
52 5. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes zur Gänze aufzuheben.
53 6. Die Revisionsbeantwortung des J H war zurückzuweisen, weil nicht ersichtlich ist, dass dieser durch eine Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses in der Sache selbst in seinen rechtlichen Interessen berührt würde (vgl. § 21 Abs. 1 Z 4 VwGG) und ihm daher im gegenständlichen Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Stellung als mitbeteiligte Partei nicht zukommt. Der Umstand, dass er in der Verfügung über die Einleitung des Vorverfahrens als Mitbeteiligter bezeichnet wurde, vermag seine rechtliche Stellung als mitbeteiligte Partei nicht zu begründen (vgl. etwa VwGH 13.6.2023, Ro 2020/06/0008, mwN).
Wien, am 6. Oktober 2023
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