VwGH Ra 2022/03/0243

VwGHRa 2022/03/024321.12.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Mag. Samm und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Ing. G H in W, vertreten durch Dr. Herbert Marschitz, Dr. Georg Petzer und Dr. Clemens Telser, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Unterer Stadtplatz 24, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 8. Juni 2022, Zl. LVwG‑2021/23/2286‑24, betreffend Übertretung des Epidemiegesetzes 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:

Normen

COVID-19-SchutzmaßnahmenV 03te 2020 §4 Abs1
EpidemieG 1950 §15
EpidemieG 1950 §40 Abs1 litc
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022030243.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 15. Juli 2021 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe als Inhaber (Besitzer) einer näher genannten Fahrschule zu verantworten, dass ein namentlich genannter Fahrlehrer am 17. Dezember 2020 von 13:00 Uhr bis 16:30 Uhr auf einer näher dargestellten Fahrtroute eine praktische Ausbildung mit einem Kraftwagen vorgenommen habe, wobei drei Fahrschüler gleichzeitig ausgebildet worden seien und sich alle genannten Personen gleichzeitig im Schulfahrzeug befunden hätten. Bei dieser geplanten Zusammenkunft zum Zwecke der gemeinsamen Absolvierung einer praktischen Fahrausbildung habe es sich um eine Veranstaltung gehandelt, obwohl Veranstaltungen gemäß § 13 Abs. 1 der 3. COVID‑19‑Schutzmaßnahmenverordnung (3. COVID‑19‑SchuMaV) verboten gewesen seien. Insbesondere seien weder die Ausnahme nach § 13 Abs. 3 Z 9 (berufliche Aus‑ und Fortbildungszwecke) noch jene nach § 13 Abs. 3 Z 10 (nicht mehr als sechs Personen aus nur zwei verschiedenen Haushalten) vorgelegen. Der Revisionswerber habe dadurch § 13 Abs. 1 der 3. COVID‑19‑SchuMaV iVm § 15 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) verletzt, weshalb über ihn gemäß § 40 Abs. 1 lit. c EpiG eine Geld‑ und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt wurde. Mit Spruchpunkt 1. dieses Straferkenntnisses wurde dem Revisionswerber eine näher konkretisierte Übertretung des § 64b Abs. 5 vorletzter Satz Kraftfahrgesetz‑Durchführungsverordnung (KDV) angelastet.

2 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis u.a. die Beschwerde des Revisionswerbers gegen Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses unter Berichtigung des Tatzeitraumes und Präzisierung der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Strafsanktionsnorm als unbegründet ab (Spruchpunkt 1. und 3.). Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe (Spruchpunkt 4.) und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt 6.).

3 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 25. August 2022, E 1967/2022‑5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

4 In der Folge erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision, die hinsichtlich der Übertretung des EpiG zu hg. Ra 2022/03/0243 protokolliert wurde. Im Übrigen ‑ d.h. hinsichtlich der Übertretung der KDV sowie der damit zusammenhängenden Vorschreibung von Barauslagen ‑ wurde die außerordentliche Revision zu hg. Ra 2022/02/0200 protokolliert und mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 2022 zurückgewiesen.

5 Auch die zu hg. Ra 2022/03/0243 protokollierte Revision erweist sich als unzulässig:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber bringt unter Punkt I. zur „Zulässigkeit der Revision“ hinsichtlich der Bestrafung nach dem EpiG im Wesentlichen vor, dass es sich denkunmöglich um eine verbotene Zusammenkunft nach der 3. COVID‑19‑SchuMaV gehandelt habe, weil § 4 dieser Verordnung Fahrgemeinschaften explizit erlaubt habe. Die Verordnungsermächtigung des § 15 EpiG umfasse nur Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmengen, weshalb der Verordnungsgeber vom Verbot der Strafbarkeit explizit die gemeinsame Benutzung von Kraftfahrzeugen durch Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ausgenommen habe, wenn in jeder Sitzreihe einschließlich dem Lenker nur zwei Personen befördert werden und dem zusätzlichen Erfordernis des Tragens einer dem Mund‑ und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden mechanischen Schutzvorrichtung entsprochen werde. Die Fehlinterpretation durch das Verwaltungsgericht, das eine Fahrgemeinschaft wegen des Vorliegens einer geplanten Zusammenkunft ausgeschlossen habe, sei korrekturbedürftig und die Revision daher zulässig.

8 Diese Ausführungen versagen schon deshalb als Zulässigkeitsgrund, weil dazu in den Revisionsgründen nichts mehr ausgeführt wird (vgl. zB. VwGH 22.11.2017, Ra 2014/06/0038; VwGH 16.12.2019, Ra 2019/05/0310; VwGH 8.3.2021, Ra 2021/02/0012, jeweils mwN); die Revisionsgründe erschöpfen sich nämlich in einem bloßen Verweis auf das Zulässigkeitsvorbringen.

9 Wird jedoch das gesamte Revisionsvorbringen ausschließlich als Zulässigkeitsvorbringen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG unterbreitet, dann wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Erfordernis nach § 28 Abs. 3 VwGG, die Gründe, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, gesondert darzulegen, nicht entsprochen (vgl. VwGH 29.8.2022, Ra 2022/02/0158, mwN).

10 Die Revision, die somit eine Trennung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG und der Revisionsgründe vermissen lässt, erweist sich demnach als nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. hierzu auch VwGH 4.5.2021, Ra 2021/09/0088, mwN) und war daher bereits aus diesem Grund ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

11 Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes angesichts der insofern klaren Rechtslage korrekturbedürftig wäre: So war die hier zu beurteilende geplante Zusammenkunft zur Durchführung von Schulungen als untersagte Veranstaltung im Sinne des § 13 Abs. 1 und 2 der 3. COVID‑19‑SchuMaV in ihrer zum Tatzeitpunkt geltenden Stammfassung BGBl. II Nr. 566/2020 anzusehen, weil die Ausnahme des § 13 Abs. 3 Z 9 („Zusammenkünfte zu unbedingt erforderlichen beruflichen Aus‑ und Fortbildungszwecken“) nicht vorlag und eine Ausnahme vom Veranstaltungsverbot für „Fahraus‑ und weiterbildungen“ erst mit Wirkung vom 8. Februar 2021 eingefügt wurde (§ 13 Abs. 3 Z 9 der 4. COVID‑19‑SchuMaV, BGBl. II Nr. 58/2021). Weil diese spätere Regelung nicht auf eine Änderung des strafrechtlichen Unwerturteils zurückzuführen ist, ist diesbezüglich auch kein Günstigkeitsvergleich im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG vorzunehmen (vgl. VwGH 6.9.2012, 2012/09/0105, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).

12 Demgegenüber traf § 4 Abs. 1 der 3. COVID‑19‑SchuMaV nach ihrem klaren Wortlaut („... ist nur zulässig, wenn ...“) lediglich Vorschriften, die bei der gemeinsamen Benützung von Kraftfahrzeugen durch Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, einzuhalten waren, ohne einen Erlaubnistatbestand zur Einschränkung von sonst in der Verordnung geregelten Verboten zu schaffen.

Wien, am 21. Dezember 2022

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