VwGH Ra 2021/09/0100

VwGHRa 2021/09/01001.6.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Mag. Dr. Michael Subarsky, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 14/8, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Februar 2021, Zl. W116 2235838‑1/3E, betreffend Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides in einer Disziplinarangelegenheit nach dem HDG 2014 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesministerin für Landesverteidigung), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
HDG 2014 §62 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090100.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der im Jahr 1960 geborene Revisionswerber war von 28. Juni bis 30. September 2019 Auslandseinsatz‑Vertragsbediensteter des Österreichischen Bundeheeres und damit Soldat im Dienstverhältnis.

2 Mit Beschluss der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) vom 16. März 2020 wurde gegen den Revisionswerber ein Disziplinarverfahren nach § 72 Abs. 2 Z 1 Heeresdisziplinargesetz 2014 (HDG 2014) wegen des Verdachts von näher beschriebenen Dienstpflichtverletzungen eingeleitet. Zur weiteren Vorgeschichte wird auf den hg. Beschluss vom 26. März 2021, Ra 2021/09/0040, verwiesen.

3 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Februar 2021 wurde der vom Revisionswerber gestellte Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides hinsichtlich mutmaßlich unrichtiger Eintragungen im Personalinformationssystem des BMLV (PERSIS) bezüglich eines gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahrens gemäß § 28 Abs. 1 und 2 und § 17 VwGVG iVm § 8 AVG als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt A). Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig (Spruchpunkt B).

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst und unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 10.10.2016, Ra 2014/17/0014; 19.9.2012, 2012/01/0008) aus, dass die Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides gesetzlich nicht vorgesehen sei. Es gebe keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Erlassung dieses Bescheides, auch der Revisionswerber habe Derartiges nicht geltend gemacht. So bleibe die Frage zu klären, ob ein solcher Bescheid ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung für den Revisionswerber darstelle. Davon sei dem Verwaltungsgerichtshof zufolge dann auszugehen, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukäme, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Darüber hinaus sei zu beachten, dass es sich bei einem Feststellungsbescheid lediglich um einen subsidiären Rechtsbehelf handle, der dann nicht in Frage komme, wenn die Rechtsfrage in einem anderen Verwaltungsverfahren zu entscheiden sei. Da auch diese Zulässigkeitsausführungen hinsichtlich der vom Revisionswerber beantragten Feststellungen nicht vorliegen würden, sei der Antrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

5 Die daraufhin erhobene, vorliegende außerordentliche Revision erweist sich als unzulässig:

6 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Dementsprechend erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben. Auf Vorbringen zur Revisionsbegründung im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist nicht einzugehen, selbst wenn es als Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision bezeichnet ist (vgl. VwGH 26.2.2021, Ra 2021/09/0007; 25.4.2019, Ra 2019/09/0048).

9 In den gesondert vorzubringenden Gründen ist sohin konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 12.3.2018, Ra 2018/09/0008, mwN).

10 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision damit, dass die „Rechtsfrage welchen ‚Zustand‘ ein Disziplinarverfahren im Zeitraum einer ex lege Einstellung gemäß § 62 Abs. 4 HDG 2014 bis zu einer allfälligen bescheidmäßigen Einleitung oder Einstellung im Kommissionsverfahren [habe] und welche Rechtsfolgen für den Revisionswerber damit verknüpft“ seien, von grundsätzlicher Bedeutung sei. Die Frage, ob es ein „eingeleitetes nicht eingeleitetes“ Disziplinarverfahren gebe, sei nicht geklärt. In diesem Zusammenhang gebe es keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 2008, 2005/09/0105, von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Auslegungsregeln abweiche. Zudem sei das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Auslegungsregeln von der ständigen Rechtsprechung des Verfassungs‑ und Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Zulässigkeit der Revision neben einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz der Rechtsfrage für den Verfahrensausgang begründet wird (vgl. VwGH 25.6.2020, Ra 2019/09/0157, mwN). In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 15.9.2020, Ra 2020/09/0030, mwN). Diesen zur Relevanz dargelegten Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung, die sich überhaupt nicht mit der Frage der (Un‑) Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides und sohin nicht mit dem gegenständlichen Verfahren befasst, jedoch nicht gerecht.

12 Soweit das Zulässigkeitsvorbringen als dagegen gerichtet gesehen werden kann, dass das Verwaltungsgericht unter Heranziehung des Judikats VwGH 24.1.2008, 2005/09/0105, auch nach einer Anzeigeerstattung und der damit verbundenen ex-lege-Einstellung im Sinne des § 62 Abs. 4 HDG 2014 von einer Kontinuität des einmal (im Kommandantenverfahren) eingeleiteten Disziplinarverfahrens ausgegangen ist, ist dem Revisionswerber zu entgegnen, dass die dazu aufgeworfene Rechtsfrage bereits Gegenstand im zuvor zitierten Vorverfahren des Revisionswerbers war, wozu er kein Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufzuzeigen vermochte (vgl. noch einmal VwGH 26.3.2021, Ra 2021/09/0040).

13 Wenn der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weiters ein Abweichen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes moniert, zeigt er im Übrigen genauso wenig eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf und ist er wiederum auf die ständige und oben bereits dargelegte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zu verweisen. Ein (behauptetes) Abweichen von Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begründet außerdem schon dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 133 Abs. 4 B‑VG zufolge keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung (vgl. VwGH 12.10.2020, Ra 2020/20/0355; 23.2.2017, Ra 2016/09/0120).

14 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 1. Juni 2021

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