Normen
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §28
VwRallg
WaffG 1996 §10
WaffG 1996 §21 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030122.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - den Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Waffenpasses (durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde) gemäß § 21 Abs. 2 Waffengesetz 1996 (WaffG) ab. Die Revision erklärte es für unzulässig.
2 In der Begründung gab das Verwaltungsgericht u.a. das Vorbringen des Revisionswerbers wieder. Dieser habe (zusammengefasst) seinen Bedarf an einem Waffenpass damit begründet, dass er aus näher dargestellten (persönlichen) Gründen bedroht werde. Es sei aber „das letzte Jahr ... bereits viel ruhiger gewesen und er sehe momentan keine Gefährdung mehr.“ Der Revisionswerber habe in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, „dass sich die Bedrohungslage seit dem Zeitpunkt der Antragstellung wesentlich vermindert habe“, und dass er „zum jetzigen Zeitpunkt keinen Bedarf für einen Waffenpass mehr gegeben [sehe], jedoch könne sich die Bedarfslage auch wieder ändern“.
3 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte das Verwaltungsgericht die Rechtslage hinsichtlich der Ausstellung eines Waffenpasses dar und führte fallbezogen aus, auf Basis der maßgebenden Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt liege mit Blick auf das eigene Vorbringen des Revisionswerbers (der eine Gefährdung und einen Bedarf zum derzeitigen Zeitpunkt nicht mehr sehe) kein Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B vor. Da die Abwehr von Gefahren durch mögliche Straftäter den Sicherheitsbehörden bzw. Organen des Sicherheitsdienstes zukomme, es nicht die Absicht des Gesetzgebers sei, jede Person, die irgendwann einem tätlichen Angriff ausgesetzt sein könnte, mit dem Recht zum Führen von Schusswaffen auszustatten und ein öffentliches Interesse an der Geringhaltung der mit dem Führen von Schusswaffen verbundenen Gefahren bestehe, erweise sich auch die Ermessensentscheidung der belangten Behörde als rechtskonform.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende - außerordentliche - Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht zusammengefasst Folgendes geltend:
Das Verwaltungsgericht habe sich mit der „gegenständliche[n] spezifische[n] Konstellation“, nämlich der „lebensbedrohlichen Gefährdung“ des Revisionswerbers nicht in ausreichendem Maße auseinandergesetzt. Der Revisionswerber habe ausdrücklich vorgebracht, er sei mit dem Tod bedroht worden und es sei schon zu körperlichen Übergriffen gekommen. Wenn auch diese Drohungen und Übergriffe in letzter Zeit zurückgegangen seien, könne doch nicht ausgeschlossen werden, dass sie erneut stattfinden würden.
9 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte.
10 Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung grundsätzlich an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten. Es hat daher nicht konkret absehbare Entwicklungen außer Acht zu lassen (vgl. nur etwa VwGH 23.10.2019, Ra 2019/03/0058, mwN).
11 Hinsichtlich der für die Ausstellung eines Waffenpasses maßgebenden Rechtslage wird weiters gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG auf VwGH 9.8.2021, Ra 2021/03/0127, VwGH 7.7.2021, Ra 2019/03/0059, und VwGH 18.1.2021, Ra 2020/03/0125, verwiesen.
12 Fallbezogen ist Folgendes hervorzuheben:
Es ist allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, weiters dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hierbei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne.
Gegebenenfalls (bei Verneinung eines Bedarfs am Führen einer Schusswaffe der Kategorie B) ist zudem gesondert zu prüfen, ob im Wege des § 10 iVm § 21 Abs. 2 letzter Satz WaffG, also im Rahmen einer Ermessensentscheidung, ein Waffenpass auszustellen ist.
13 Wenn nun das Verwaltungsgericht auf Basis der eigenen Angaben des Revisionswerbers einen zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bestehenden Bedarf verneint und zudem ‑ unter Gegenüberstellung der privaten Interessen des Revisionswerbers und der öffentlichen Interessen ‑ eine negative Ermessensentscheidung getroffen hat, wurden damit die sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ergebenden Leitlinien nicht überschritten. Sieht im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts selbst der Antragsteller keinen Bedarf (mehr), rechtfertigt eine allfällige zurückliegende Bedrohungslage ebensowenig die Ausstellung eines Waffenpasses wie der Umstand, dass sich die Situation auch wieder ändern könnte.
14 In der Revision werden nach dem Gesagten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. Oktober 2021
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