Normen
B-VG Art133 Abs4
VStG §19
VStG §19 Abs2
VStG §44a
VStG §44a Z1
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2
VwGG §42 Abs3
VwGVG 2014 §44
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020170089.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 14. Juli 2017 wurde die Revisionswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin und damit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft wegen einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild Glücksspielgesetz ‑ GSpG schuldig erkannt und über sie „gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG)“ eine Geldstrafe (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Die Revisionswerberin habe zu verantworten, dass die von ihr vertretene Gesellschaft in einem näher genannten Lokal Glücksspiele „von zumindest 30.09.2016 bis zum 08.03.2017 um 10:35 Uhr“ in Form von verbotenen Ausspielungen mit einem in diesem Lokal aufgestellten, näher individualisierten Gerät veranstaltet habe.
2 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (Verwaltungsgericht) vom 29. August 2018 wurde die von der Revisionswerberin dagegen erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen, der Revisionswerberin die Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt und ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
3 Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 15. April 2020, Ra 2019/17/0029, diese Entscheidung im Umfang ihres Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens sowie des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof insoweit im Wesentlichen aus, es sei nicht die korrekte Strafsanktionsnorm im Spruch angeführt worden. Soweit sich die Revision gegen den Schuldspruch wendete, wurde sie hingegen als unzulässig zurückgewiesen.
4 Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz‑)Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde insofern Folge, als es die Geldstrafe auf EUR 4.000,‑ ‑ (samt Ersatzfreiheitsstrafe) herabsetzte und die Strafsanktionsnorm mit „§ 52 Abs. 2, erster Strafsatz Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 i.d.F. BGBl. I Nr. 118/2016“ bezeichnete. Das Verwaltungsgericht setzte die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens mit EUR 400,‑ ‑ fest und sprach aus, dass für das Beschwerdeverfahren kein Kostenbeitrag zu entrichten sei. Weiters erklärte es eine ordentliche Revision für nicht zulässig.
5 Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision, die sich als unzulässig erweist.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision ‑ gesondert ‑ vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 1. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision zunächst vor, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 12. September 2019, Maksimovic u.a., C‑64/18, u.a. Mit diesem Vorbringen wird jedoch angesichts der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 6.5.2020, Ra 2020/17/0001).
10 2. Wenn die Revisionswerberin weiters zur Zulässigkeit der Revision vorträgt, das Verwaltungsgericht sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil im zweiten Rechtsgang keine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei, gelingt es ihr ebenfalls nicht, die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen.
11 2.1. Das Verwaltungsgericht hat im ersten Rechtsgang am 21. August 2018 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
12 2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss nach einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im ersten Rechtsgang auch im zweiten Rechtsgang eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden, wenn z.B. das konkrete Feststellungen auf Sachverhaltsebene erfordernde Verschulden des Revisionswerbers an den ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen noch ungeklärt ist (vgl. VwGH 10.9.2020, Ra 2020/17/0046, mwN).
13 2.3. Im Revisionsfall ist zu beachten, dass der Schuldspruch im ersten Rechtsgang infolge des hg. Vorerkenntnisses vom 15. April 2020, Ra 2019/17/0029, rechtskräftig wurde und die Schuldfrage somit nicht mehr Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht war. Ist nämlich wie im Revisionsfall der Schuldspruch des Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen, so kann die Frage der Rechtswidrigkeit des Schuldspruches im zweiten Rechtsgang nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. VwGH 13.8.2019, Ra 2019/03/0068, 0069).
14 2.4. Wenn die Revisionswerberin diesbezüglich vorbringt, ihr hätte zu Parametern wie ihrem Vermögen und ihrem Einkommen Gehör eingeräumt werden müssen, so legt sie nicht dar, inwiefern sie im zweiten Rechtsgang an einer Bekanntgabe ihrer allseitigen Verhältnisse gehindert gewesen wäre, zumal sie bereits mit Schreiben der belangten Behörde vom 11. April 2017 zur Bekanntgabe ihrer Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse und allfälliger Sorgepflichten aufgefordert worden war und sie diesbezüglich keine Angaben gemacht hat. Vor allem wird in diesem Zusammenhang nicht ausgeführt, aufgrund welchen Vorbringens im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen gewesen wären.
15 2.5. Das Verwaltungsgericht konnte daher von der Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung absehen, sodass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt (vgl. VwGH 30.7.2018, Ra 2018/02/0183; 10.9.2020, Ra 2020/17/0046, mwN).
16 3. Die Revisionswerberin bringt abschließend zur Zulässigkeit der Revision vor, die verhängte Strafe sei nicht ausreichend begründet bzw. unangemessen hoch.
17 3.1. Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. etwa VwGH 6.5.2020, Ra 2018/17/0219, mwN).
18 3.2. Da es sich bei der Strafbemessung somit um eine einzelfallbezogene Abwägung handelt, stellt sie im Allgemeinen ‑ wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde ‑ keine grundsätzliche Rechtsfrage dar (vgl. nochmals VwGH 6.5.2020, Ra 2018/17/0219, mwN).
19 3.3. Das Verwaltungsgericht führte aus, es habe die Verfahrensdauer von über drei Jahren als mildernd gewertet, es gehe aber aufgrund wiederholter Anzeigen und eines Strafverfahrens zur Tatzeit von einem erheblichen Verschulden aus. Die allseitigen Verhältnisse seien von der Revisionswerberin nicht bekanntgegeben und daher nicht berücksichtigt worden. Weiters sei die Revisionswerberin dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Nettoeinkommen von EUR 2.500,‑ ‑ nicht entgegengetreten.
20 3.4. Auch wenn nach der hg. Rechtsprechung (vgl. z.B. VwGH 18.9.2008, 2007/09/0365) bloße Anzeigen noch nicht als Erschwerungsgrund gewertet werden dürfen, vermochte die Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen angesichts des langen Tatzeitraums eine krasse Fehlbeurteilung nicht aufzuzeigen.
21 4. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 8. März 2021
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