Normen
GSpG 1989 §19 Abs7
GSpG 1989 §3
GSpG 1989 §50
GSpG 1989 §52 Abs1
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
VStG §16
VStG §16 Abs2
VStG §19
VStG §20
VStG §54b
VStG §64
VStG §9 Abs7
12010E049 AEUV Art49
12010E056 AEUV Art56
62007CJ0316 Markus Stoß VORAB
62012CJ0390 Pfleger VORAB
62014CJ0255 Chmielewski VORAB
62018CJ0064 Maksimovic VORAB
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020170001.L00
Spruch:
I. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses (Schuldspruch) richtet, zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses (Strafausspruch und Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 VStG) richtet, abgewiesen.
Begründung
I.
1 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murtal (BH) vom 31. Jänner 2018 wurden über den Revisionswerber wegen zweier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm. § 2 Abs. 2 und 4 iVm. § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) im Zeitraum vom 1. Oktober 2017 bis 7. November 2017 an einem näher konkretisierten Tatort zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 3.000,‑ ‑ sowie zwei Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von je einem Tag und 10 Stunden verhängt. Darüber hinaus wurde dem Revisionswerber ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 600,‑ ‑ gemäß § 64 VStG vorgeschrieben. Der Revisionswerber habe als Gewerbeinhaber eines näher genannten Cafés verbotene Ausspielungen mit zwei Eingriffsgegenständen unternehmerisch zugänglich gemacht, indem er den Spielbetrieb in seinen Räumlichkeiten geduldet sowie die gastronomische Versorgung der Spieler durchgeführt habe.
2 2.1. Der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zunächst mit Erkenntnis vom 7. September 2018 lediglich insofern stattgegeben, als die Geldstrafen auf jeweils € 1.500,‑ ‑ sowie die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils einen Tag herabgesetzt wurden.
3 Dieses Erkenntnis wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. September 2019, Ra 2018/09/0198, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, bei einer Übertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG sei die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 GSpG. Das LVwG habe die Anführung dieser Strafsanktionsnorm trotz ihres Fehlens im behördlichen Straferkenntnis im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nicht nachgeholt.
4 2.2. Mit Spruchpunkt I. des nunmehr angefochtenen (Ersatz‑)Erkenntnisses wies das LVwG die Beschwerde dem Grunde nach (unter Einschränkung des Tatzeitzeitraumes und einer für das Revisionsverfahren nicht relevanten Veränderung) ab. Mit Spruchpunkt II. wurde der Beschwerde im Strafausmaß Folge gegeben und die Geldstrafen auf jeweils € 1.500,‑ ‑ sowie die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils einen Tag herabgesetzt. Weiters wurde der Kostenbeitrag gemäß § 64 VStG neu festgesetzt. Das LVwG sprach unter einem aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
5 2.2.1. Das LVwG stellte folgenden Sachverhalt fest:
6 Der Revisionswerber sei an einem näher genannten Standort Inhaber des Gewerbes „Gastgewerbe in der Betriebsart Café“. Dieses Lokal sei von der Hauptstraße aus zugänglich und bestehe aus einen Raum, in dem Sitzgelegenheiten und eine Bar eingerichtet seien; an der Bar vorbei gelange man in einen Gang, von dem rechtsseitig gelegen die Toilettenanlagen seien, gegenüberliegend eine als Notausgang gekennzeichnete Tür, die nur von innen geöffnet werden könne und die in den Hofbereich führe; im Gang geradeaus gelange man in einen weiteren Raum, der über eine milchglasausgeführte Tür zugänglich sei. Bei Veranstaltungen, wie etwa dem Stadtfest, sei dieser Raum durch Ausschank für das Gastgewerbe genutzt worden. Nachdem an einem bestimmten Tag eine Person Anzeige erstattet habe, dass in diesem Lokal mit zwei Geräten verbotene Ausspielungen zugänglich gemacht würden, hätten zwei in der Verhandlung einvernommene Zeugen am 27. Oktober 2017 zwei nicht eingeschaltete Geräte im hinteren, über den Gang zugänglichen Raum wahrnehmen können.
7 Am 7. November 2017 habe eine Kontrolle nach dem GSpG durch Mitarbeiter der belangten Behörde stattgefunden; Mitarbeiter der Finanzpolizei sowie ein Sachverständiger für das Glücksspiel hätten daran teilgenommen. Es habe im Lokal Werbung gegeben, dass an einem bestimmten Tag „jeder Gast ... 100 EUR gewinnen“ könne. In dem über den Gang erreichbaren Raum hätten die Kontrollorgane zwei betriebsbereite Glücksspielgeräte „festgestellt“, die näher umschriebene Eigenschaften aufwiesen. Auf der Seite der Geräte sei eine Aufschrift angebracht gewesen, die als Eigentümerin ein Unternehmen mit Adresse in Tschechien ausgewiesen habe. Es hätten näher dargestellte Testspiele auf den Geräten stattgefunden. Im Raum sei eine Getränkepreisliste angeschlagen gewesen, die ident mit jener des vorderen Bereiches des Lokals gewesen sei. Eine Bedienung in diesem Raum sei nicht erfolgt, die Spieler hätten die Getränke im vorderen Bereich der Bar selbst holen müssen.
8 Weiters traf das LVwG Feststellungen zur Beschlagnahme der Geräte, einer weiteren Kontrolle, der Vorlage eines Mietvertrages zwischen der auf den Geräten aufscheinenden tschechischen Gesellschaft und dem Revisionswerber hinsichtlich eines „Raumes“, sowie dazu, dass die an diese Gesellschaft von der belangten Behörde erfolgte „Einladung“, den Eigentümer der beschlagnahmten Geräte bekannt zu geben, „unbehoben“ retour gekommen sei.
9 Darüber hinaus traf das LVwG umfangreiche Feststellungen zur Beurteilung der Unionsrechtskonformität des GSpG.
10 2.2.2. Das LVwG erläuterte seine Beweiswürdigung und führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass der Revisionswerber verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht habe. Die Tatzeit sei aus näher dargestellten Gründen auf den 7. November 2017 einzuschränken. Die anzuwendenden Regelungen des GSpG seien auf der Grundlage der für die sogenannte Kohärenzprüfung getroffenen Feststellungen nicht als unionsrechtwidrig anzusehen. Die Strafsanktionsnorm sei im Spruch zu ergänzen.
11 2.2.3. Zur Strafbemessung führte das LVwG aus, die Tatzeiteinschränkung sei der Grund für die von ihm vorgenommene Herabsetzung der Strafe. Milderungs‑ und Erschwerungsgründe lägen nicht vor. Das unternehmerische Zugänglichmachen von Glücksspielapparaten außerhalb von Spielbanken sei mit einem besonderen Unrechtsgehalt behaftet, weil das nicht kontrollierte illegale Glücksspiel und eine damit verbundene Übervorteilung von Personen verhindert werden solle. Der Spielerschutz stehe an erster Stelle, um zu verhindern, dass durch die Spiellust, der ein hohes Suchtpotential zukomme, die wirtschaftlichen, sozialen und familiären Grundlagen der einzelnen Spieler zerstört würden. Der Revisionswerber habe gegen diesen Schutzzweck verstoßen; es sei nicht erkennbar, dass das tatbildmäßige Verhalten des Revisionswerbers erheblich hinter dem typisierten Unrechts‑ und Schuldgehalt zurückgeblieben wäre. Ein Absehen von der Verhängung der Strafen sei schon aus diesem Grund ausgeschlossen.
12 2.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
II.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
14 A. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
17 Liegen ‑ wie hier: in Schuld‑ und Strafausspruch ‑ trennbare Absprüche vor, ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 30.8.2019, Ra 2019/17/0049, mwN).
18 B. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses (Schuldspruch):
19 B.1.1. Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C‑347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C‑390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C‑464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C‑3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C‑79/17, Rn. 22). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten (zur Werbung durch die Konzessionäre siehe insbesondere das zuletzt genannte Erkenntnis). Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C‑390/12. Die Revision zeigt ‑ auch unter Berücksichtigung der Beweisthemen der angeblich zu Unrecht nicht durchgeführten Beweisanträge ‑ keine Umstände auf, die zu einer anderen Beurteilung geführt hätten.
20 B.1.2. Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C‑685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem für das Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C‑3/17, Rn. 55, sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff, und VfGH 12.6.2018, E 885/2018).
21 B.1.3. Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers steht auch das in § 14 Abs. 3 GSpG enthaltene Erfordernis eines inländischen Sitzes für den Erhalt einer Konzession nicht mit Unionsrecht im Widerspruch. Da § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG von diesem Erfordernis eine Ausnahme enthält, wird mit dieser Bestimmung keine der unionsrechtlichen Vorgaben verletzt: Zwar stellt auch die Notwendigkeit der Erfüllung der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung ‑ nämlich eine vergleichbare Lotteriekonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht in dem Mitgliedstaat (der EU bzw. des EWR), in dem der Konzessionswerber seinen Sitz hat ‑ eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
22 B.1.4. Schließlich wird zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht, das LVwG habe seine Entscheidung nicht verkündet. Sofern die Voraussetzungen für eine schriftliche Erlassung des Erkenntnisses nicht vorlägen, begründe die unterlassene Verkündung eine inhaltliche Rechtswidrigkeit. Im ersten Rechtsgang sei das Erkenntnis verkündet worden, nunmehr jedoch nicht, ohne hiefür eine Begründung darzulegen. Aufgrund des Grundsatzes der Mündlichkeit der Verkündung sei das LVwG hiezu verpflichtet gewesen, es habe sich die schriftliche Erlassung nicht vorbehalten und auch die Zustimmung der Parteien hiezu nicht eingeholt.
23 Gemäß § 47 Abs. 4 letzter Satz VwGVG sind nach dem Schluss der Verhandlung der Spruch des Erkenntnisses und seine wesentliche Begründung nach Möglichkeit sofort zu beschließen und zu verkünden (zur Anwendbarkeit der Rechtsprechung zu § 51h VStG auf § 47 VwGVG wegen der Gleichartigkeit dieser Bestimmungen vgl. VwGH 18.6.2018, Ra 2018/02/0188).
24 Der Revisionswerber übersieht, dass im vorliegenden Fall die Verkündung des Erkenntnisses schon deshalb nicht nach der mündlichen Verhandlung möglich war, weil nach der Aufhebung des Erkenntnisses des LVwG durch den Verwaltungsgerichtshof keine neuerliche Verhandlung stattgefunden hat. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG wird demnach nicht aufgeworfen.
25 B.2. Die Revision war daher hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Erkenntnisses (Schuldspruch) ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
26 C. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses (Strafausspruch, Kostenausspruch):
27 C.1. Die Revision erweist sich, was den Abspruch über die Strafen und die mit dem Strafausspruch untrennbar zusammenhängenden Verfahrenskosten betrifft (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2017/17/0968), als zulässig, wenn sie unter Berufung auf das Urteil des EuGH vom 12. September 2019 in der Rechtssache Maksimovic u.a., C‑64/18, u.a., geltend macht, dass die Bestrafung des Revisionswerbers nach dem gestaffelten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG sowie die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafen dem unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zuwiderlaufe; es gebe keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob das erwähnte Urteil einer uneingeschränkten Anwendung des § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG entgegenstehe.
28 C.2. Rechtslage
29 C.2.1.1. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), BGBl. III Nr. 86/1999 idF BGBl. III Nr. 132/2009, lautet (auszugsweise):
„DIENSTLEISTUNGEN
Artikel 56
(ex‑Artikel 49 EGV)
Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.
Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Union ansässig sind.“
30 C.2.1.2. Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) lautet (auszugsweise):
„Artikel 49
Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen
1. [...]
2. [...]
3. Das Strafmaß darf gegenüber der Straftat nicht unverhältnismäßig sein.“
31 C.2.2.1. Das GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 54/2010, BGBl. I Nr. 73/2010 und BGBl. I Nr. 13/2014, lautet (auszugsweise):
„Ausspielungen
§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und Verwaltungsstrafbestimmungen
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
[...]
(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.
§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,
1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;
[...]
(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen.“
32 C.2.2.2. Das Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, lautet (auszugsweise):
„Besondere Fälle der Verantwortlichkeit
§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(2) [...]
[...]
(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
[...]
Ersatzfreiheitsstrafe
§ 16. (1) Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.
(2) Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
[...]
Strafbemessung
§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
[...]
Außerordentliche Milderung der Strafe
§ 20. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.
...
Kosten des Strafverfahrens
§ 64. (1) In jedem Straferkenntnis ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
(2) Dieser Beitrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.
...“
33 C.2.2.3. Das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz ‑ VwGVG, BGBl. I Nr. 122/2013, lautet (auszugsweise):
„Anzuwendendes Recht
§ 38. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B‑VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 ‑ VStG, https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1991_52_0/1991_52_0.pdf , mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes ‑ FinStrG, https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1958_129_0/1958_129_0.pdf , und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes‑ oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Kosten
§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
(2) Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.
[...].“
34 C.3. Die Revision ist nicht begründet.
35 C.3.1. Zur Anwendbarkeit unionsrechtlicher Bestimmungen:
36 Der EuGH hat die Anwendbarkeit unionsrechtlicher Bestimmungen, insbesondere der GRC sowie des Art. 56 AEUV, für den Fall, dass der Veranstalter unzulässiger Glücksspiele in Österreich aufhältig und die vermeintliche Eigentümerin der Geräte eine in Tschechien ansässige Gesellschaft ist, bejaht (vgl. Pfleger, Rn. 10, 33 bis 36):
37 Nach der Rechtsprechung des EuGH stellt zwar eine Regelung, die u.a. den Betrieb von Glücksspielautomaten ohne vorab erteilte behördliche Erlaubnis verbietet, eine Beschränkung des durch Art. 56 AEUV garantierten freien Dienstleistungsverkehrs dar (vgl. in diesem Sinne u. a. Pfleger, Rn. 39), die Zulässigkeit einer solchen Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch die Regelungen des GSpG wurde aber vom Verwaltungsgerichtshof in seinen in Rn. 19 wiedergegebenen Erkenntnissen nach der Durchführung der unionsrechtlich gebotenen Gesamtwürdigung bejaht.
38 Aufgrund der Unzulässigkeit der Revision gegen den Schuldspruch ist im Revisionsfall lediglich die Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Sanktion zu prüfen, die für den festgestellten verbotenen Eingriff in das Monopol zu erfolgen hat.
39 Es kann dahinstehen, ob im Revisionsfall, in dem die Strafbarkeit der Übertretung für sich genommen unionsrechtlich unbedenklich ist, die Frage der Verhängung der daraus folgenden Sanktion ebenfalls in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, weil sich die vom LVwG angewendete Strafbestimmung (§ 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG) im Lichte der Judikatur des EuGH zur Auslegung des Art. 56 AEUV sowie des Art. 49 Abs. 3 GRC jedenfalls als verhältnismäßig erweist.
40 C.3.2. Die Rechtsprechung des EuGH zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Sanktionen:
41 C.3.2.1. Schon in seiner älteren Judikatur hatte der EuGH die Verhältnismäßigkeit einer Sanktion etwa für den Fall zu beurteilen, dass ein Unionsbürger von seiner Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch gemacht hatte, jedoch nach Ablauf des in der Aufenthaltserlaubnis festgesetzten Zeitraums in dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verblieben war und dort mit Maßnahmen bestraft werden konnte, die eine Freiheitsstrafe oder eine Ausweisungsempfehlung einschloss (EuGH 3.7.1980, Pieck, 157/79). Zu diesen Sanktionen führte der EuGH aus, dass es sich bei der übertretenen Norm lediglich um die Nichtbeachtung von Formalitäten handle, die ein unter dem Schutz des Gemeinschaftsrechts stehender Arbeitnehmer zum Nachweis seines Aufenthaltsrechts zu befolgen habe; aus diesem Grund erweise sich die Androhung der Ausweisung als im Widerspruch zu den Vorschriften des Vertrages. Aber auch die anderen vorgesehenen Sanktionen, wie Geld‑ oder Freiheitsstrafen, dürften nicht so ausgestaltet werden, dass sie gegenüber der Schwere des Vergehens so unverhältnismäßig wären, dass sie zum Hindernis für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer würden; dies wäre insbesondere bei Freiheitsstrafen der Fall (Pieck, Rn. 19).
42 C.3.2.2. Auch in seiner Judikatur zum Umtausch von nationalen Führerscheinen in einem anderen Mitgliedstaat hat sich der EuGH mit der Verhältnismäßigkeit von Sanktionen beschäftigt. Er erläuterte, die Umtauschpflicht, die die Mitgliedstaaten aufgrund der dort maßgeblichen Richtlinie vorsehen können, diene im Wesentlichen verwaltungstechnischen Erfordernissen (EuGH 29.2.1996, Skanavi und Chryssanthakopoulos, C‑193/94). Für die Nichtbeachtung der Formalitäten, die für die Feststellung des Aufenthaltsrechts einer durch das Gemeinschaftsrecht geschützten Person verlangt würden, dürfe keine unverhältnismäßige Sanktion vorgesehen werden, die ein Hindernis für die Freizügigkeit schaffen würde, was namentlich bei einer Freiheitsstrafe der Fall wäre (vgl. Skanavi und Chryssanthakopoulos, Rn. 36). Es sei daher unverhältnismäßig, für eine Person, die es lediglich versäumt habe, den Führerschein umtauschen zu lassen, die gleichen Sanktionen wie für eine Person, die ein Fahrzeug ohne Fahrerlaubnis führe, vorzusehen. Für den erstgenannten Verstoß dürfe keine Freiheitsstrafe oder die im konkreten Fall vorgesehene Geldstrafe verhängt werden.
43 Diese Rechtsprechung zum Umtausch nationaler Führerscheine bekräftigte der EuGH in seinem Urteil vom 26. Oktober 2017, Strafverfahren gegen I, C‑195/16: Es verstoße zwar nicht gegen die Art. 21, 45, 49 und 56 AEUV, wenn einem Fahrzeugführer, der nicht über eine Fahrerlaubnis in Deutschland verfüge, in diesem Mitgliedstaat eine Sanktion auferlegt werde. Diese dürfe jedoch nicht außer Verhältnis zur Schwere der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tat stehen (vgl. Strafverfahren gegen I, Rn. 75); der Unrechtsgehalt des Fahrens mit einem Fahrzeug mit einer in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis erscheine, insbesondere unter Berücksichtigung des Ziels der Erhöhung der Verkehrssicherheit, erheblich geringer als der Unrechtsgehalt der Fahrens ohne jede Fahrerlaubnis (Strafverfahren gegen I, Rn. 76).
44 Eine harte ‑ straf‑ oder verwaltungsrechtliche ‑ Sanktion wie eine Freiheitsstrafe oder eine hohe Geldstrafe stünde außer Verhältnis zur Schwere der in Rede stehenden Tat und würde damit das Recht dieses Fahrzeugführers, sich im Gebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, das Art. 21 AEUV den Unionsbürgern verleihe, oder die in den Art. 45, 49 und 56 AEUV gewährleisteten Grundfreiheiten beeinträchtigen. Nicht unverhältnismäßig wäre dagegen die Auferlegung einer milden Sanktion wie einer Geldbuße in angemessener Höhe (Strafverfahren gegen I, Rn. 77).
45 C.3.2.3. Schließlich hatte der EuGH wiederholt die Verhältnismäßigkeit von Sanktionen zu beurteilen, die aufgrund des Verstoßes gegen das Gebot, mitgeführte Barmittel bei der Einreise in die Europäische Union bekannt zu geben, zu verhängen waren, wobei nach Art. 9 Abs. 1 der (unionsrechtlichen) Verordnung Nr. 1889/2005 jeder Mitgliedstaat Sanktionen vorsehen müsse, die bei Nichtbeachtung dieser Anmeldepflicht verhängt würden und die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend zu sein hätten. In dem dem Urteil vom 16. Juli 2015, Chmielewski, C‑255/14, zugrunde liegenden Verfahren erachtete der EuGH die Zahlung einer verwaltungsrechtlichen Geldbuße in Höhe von 60 % der nicht angemeldeten Barmittel, wenn deren Betrag € 50.000,‑ ‑ übersteige, als unverhältnismäßig: Der EuGH verwies darauf, dass die Mitgliedstaaten in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Union auf dem Gebiet der Sanktionen bei Nichtbeachtung der Voraussetzungen, die eine nach dem Unionsrecht geschaffene Regelung vorsehe, befugt seien, die Sanktionen zu wählen, die ihnen sachgerecht erschienen. Sie seien allerdings verpflichtet, bei der Ausübung ihrer Befugnis das Unionsrecht und seine allgemeinen Grundsätze, also auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zu beachten (vgl. Chmielewski, Rn. 21).
46 Die Härte der Sanktionen müsse der Schwere der mit ihnen geahndeten Verstöße entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleiste, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahre (vgl. Chmielewski, Rn. 23).
47 Dabei sei ein System, bei dem die Höhe der Sanktionen im Sinne von Art. 9 dieser Verordnung je nach Höhe der nicht angemeldeten Barmittel unterschiedlich ausfalle, für sich genommen nicht grundsätzlich unverhältnismäßig (Chmielewski, Rn. 25).
48 Die vorgesehene Geldbuße überschreite aber die Grenzen dessen, was erforderlich sei, um die Beachtung dieser Pflicht zu gewährleisten und die Erreichung der mit dieser Verordnung verfolgten Ziele sicherzustellen. Mit dieser Sanktion würden nämlich nicht mögliche betrügerische oder widerrechtliche Handlungen geahndet, sondern allein eine Verletzung der Anmeldepflicht. Somit wäre eine Sanktion in Gestalt einer niedrigeren Geldbuße in Verbindung mit einer Maßnahme, bei der die nicht nach Art. 3 der Verordnung angemeldeten Barmittel einbehalten würden, geeignet, die mit der Verordnung verfolgten Ziele zu erreichen, ohne die Grenzen des hierfür Erforderlichen zu überschreiten.
49 C.3.2.4. Der EuGH bekräftigte diese Rechtsprechung zur Verhältnismäßigkeit einer Sanktion bei Verletzung der Anmeldepflicht von Barmitteln im Urteil vom 31. Mai 2018, Zheng, C‑190/2017. Im spanischen Recht war als Sanktion für die Verletzung dieser Anmeldepflicht eine Geldbuße vorgesehen, die unter Berücksichtigung bestimmter erschwerender Umstände berechnet wurde und bis zum Doppelten der nicht angemeldeten Barmittel betragen konnte.
50 Als von Bedeutung wurde bei der Beurteilung festgehalten, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht nur in Bezug auf die Festlegung der Tatbestandsmerkmale eines Verstoßes zu beachten sei, sondern auch in Bezug auf die Festlegung der Regeln über die Höhe der Geldbußen und die Würdigung der Gesichtspunkte, die in ihre Festsetzung einfließen können (vgl. Zheng, Rn. 40). Unter Bezugnahme auf die bereits in der Rs. Chmieleski dargestellten Überlegungen hielt der EuGH fest, dass eine solche Sanktion, die das Doppelte der nicht angemeldeten Barmittel erreichen könne und die jedenfalls wie im vorliegenden Fall auch in einer Höhe festgesetzt werden könne, die fast 100 % des Werts entspreche, über das hinausgehe, was erforderlich sei, um die Einhaltung einer Anmeldepflicht sicherzustellen. Auch eine solche Sanktion sei daher unverhältnismäßig.
51 C.3.2.5. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 12. September 2019, Maksimovic u.a., C‑64/18, C‑140/18, C‑146/18 und C‑148/18, über mehrere Vorabentscheidungsersuchen entschieden, welche zum einen die Frage nach der Unionsrechtskonformität einer Norm wie § 7i Abs. 4 des Arbeitsvertragsrechts‑ Anpassungsgesetzes (AVRAG) beinhalteten, wenn diese bei grenzüberschreitendem Arbeitskräfteeinsatz für die unterlassene Bereitstellung von Lohnunterlagen einerseits Geldstrafen in Form von Mindeststrafen, die bei mehreren betroffenen Arbeitnehmern kumulativ und ohne Höchstgrenze verhängt werden, und andererseits Ersatzfreiheitsstrafen vorsehen. Zum anderen betrafen die Vorabentscheidungsersuchen die Frage der Unionsrechtskonformität einer Norm, die (wie § 52 VwGVG im Falle der Abweisung der Beschwerde) zwingend den Beitrag zu den Verfahrenskosten des Beschwerdeverfahrens mit 20 % der verhängten Strafe vorsieht.
52 Der EuGH hat dazu im zitierten Urteil Folgendes ausgeführt:
„39 Insoweit ist hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen darauf hinzuweisen, dass die Härte der verhängten Sanktion der Schwere des mit ihr geahndeten Verstoßes entsprechen muss. Außerdem dürfen die nach den nationalen Rechtsvorschriften zulässigen administrativen oder repressiven Maßnahmen nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit diesen Rechtsvorschriften in legitimer Weise verfolgten Ziele erforderlich ist (vgl. entsprechend Urteil vom 31. Mai 2018, Zheng, C‑190/17, EU:C:2018:357, Rn. 41 und 42 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
40 In diesem Zusammenhang ist erstens festzustellen, dass mit einer Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen die Nichteinhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften über die Einholung verwaltungsbehördlicher Genehmigungen sowie die Bereithaltung von Lohnunterlagen geahndet werden soll.
41 Zweitens erscheint eine Regelung, die Sanktionen vorsieht, deren Höhe von der Zahl der von der Nichteinhaltung bestimmter arbeitsrechtlicher Verpflichtungen betroffenen Arbeitnehmer abhängt, für sich genommen nicht unverhältnismäßig (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Juli 2015, Chmielewski, C‑ 255/14, EU:C:2015:475, Rn. 26).
42 Der hohe Betrag der zur Ahndung der Nichteinhaltung solcher Verpflichtungen vorgesehenen Geldstrafen kann allerdings in Verbindung damit, dass es für sie keine Obergrenze gibt, wenn der Verstoß mehrere Arbeitskräfte betrifft, zur Verhängung beträchtlicher Geldstrafen führen, die sich, wie im vorliegenden Fall, auf mehrere Millionen Euro belaufen können.
43 Zudem kann der Umstand, dass die Geldstrafen einen im Vorhinein festgelegten Mindestbetrag jedenfalls nicht unterschreiten dürfen, dazu führen, dass solche Sanktionen in Fällen verhängt werden, in denen nicht erwiesen ist, dass der beanstandete Sachverhalt von besonderer Schwere ist.
44 Drittens führt das vorlegende Gericht aus, dass nach der in den Ausgangsverfahren anwendbaren innerstaatlichen Regelung im Fall der Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem eine solche Sanktion verhängt wird, der Beschwerdeführer einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 % der Sanktion leisten muss.
45 Viertens ergibt sich aus den Vorlageentscheidungen, dass die in den Ausgangsverfahren fragliche Regelung für den Fall der Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafe die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe vorsieht, die angesichts der daraus resultierenden Folgen für den Betroffenen besonders schwerwiegend ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Juli 1980, Pieck, 157/79, EU:C:1980:179, Rn. 19, vom 29. Februar 1996, Skanavi und Chryssanthakopoulos, C‑193/94, EU:C:1996:70, Rn. 36, und vom 26. Oktober 2017, I, C‑195/16, EU:C:2017:815, Rn. 77).
46 In Anbetracht dessen steht eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren fragliche nicht in angemessenem Verhältnis zur Schwere der geahndeten Verstöße, die in der Nichteinhaltung arbeitsrechtlicher Verpflichtungen in Bezug auf die Einholung verwaltungsbehördlicher Genehmigungen und die Bereithaltung von Lohnunterlagen bestehen.
47 Im Übrigen könnte die wirksame Durchsetzung der Verpflichtungen, deren Nichteinhaltung durch diese Regelung geahndet wird, auch mit weniger einschränkenden Maßnahmen wie der Auferlegung von Geldstrafen in geringerer Höhe oder einer Höchstgrenze für solche Strafen gewährleistet werden, und ohne sie zwangsläufig mit Ersatzfreiheitsstrafen zu verknüpfen.
48 Somit ist davon auszugehen, dass eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren fragliche über die Grenzen dessen hinausgeht, was zur Gewährleistung der Einhaltung der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf die Einholung verwaltungsbehördlicher Genehmigungen und die Bereithaltung von Lohnunterlagen sowie zur Sicherstellung der Erreichung der verfolgten Ziele erforderlich ist.
49 Angesichts dieser Erwägungen ist die Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit den Art. 47 und 49 der Charta nicht zu prüfen.
50 Nach alledem ist auf die vorgelegten Fragen zu antworten, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die für den Fall der Nichteinhaltung arbeitsrechtlicher Verpflichtungen in Bezug auf die Einholung verwaltungsbehördlicher Genehmigungen und auf die Bereithaltung von Lohnunterlagen die Verhängung von Geldstrafen vorsieht,
die einen im Vorhinein festgelegten Betrag nicht unterschreiten dürfen,
die für jeden betreffenden Arbeitnehmer kumulativ und ohne Beschränkung verhängt werden,
zu denen im Fall der Abweisung einer gegen den Strafbescheid erhobenen Beschwerde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Strafe hinzutritt und
die im Fall der Uneinbringlichkeit in Ersatzfreiheitsstrafen umgewandelt werden.“
Diese Rechtsprechung wurde vom EuGH seitdem auch auf das LSD‑BG übertragen (vgl. EuGH 19.12.2019, Rs. NE gg. Bezirkshauptmannschaft Hartberg, C‑645/18).
53 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mit den Konsequenzen unter Berücksichtigung der im Urteil Maksimovic vom EuGH dargelegten Auslegung des Gemeinschaftsrechts auf die Vollziehung (Verhängung von Strafen) nach dem AVRAG befasst (vgl. VwGH 15.10.2019, Ra 2019/11/0033,0034): In einem Fall, in dem der beanstandete Sachverhalt nach der Rechtsprechung des EuGH (Nichtbereitstellung von Lohnunterlagen) nicht von besonderer Schwere sei, erweise sich die Verhängung von Mindeststrafen als nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Sofern mehrere Arbeitnehmer von der Nichtbereitstellung der Lohnunterlagen betroffen seien, bleibe die Wortfolge „für jede/n Arbeitnehmer/in“ in § 7i Abs. 4 AVRAG unangewendet, weil damit im Ergebnis dem sich aus Rn. 42 und 47 des Urteils des EuGH ergebenden Erfordernis einer Höchstgrenze für die Summe aller Geldstrafen bei Verstößen gegen die Bereitstellungspflicht betreffend mehrere Arbeitnehmer Rechnung getragen werde. Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe (§ 16 VStG), erweise sich im Lichte der Ausführungen des EuGH als eine nicht verhältnismäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (vgl. insbes. Rn. 47 des zitierten Urteils des EuGH).
Diese Rechtsprechung wurde auf die einschlägigen zum Teil gleichlautenden Bestimmungen des LSD‑BG übertragen (vgl. VwGH 18.2.2020, Ra 2019/11/0195; vgl. auch VfGH 27.11.2019, E 2893‑2896/2019).
54 C.3.3. Zur unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit der in § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG vorgesehenen Strafsanktionen:
55 C.3.3.1. Die Einrichtung staatlicher Monopole ist eine Maßnahme, die den in Art. 56 AEUV verbürgten freien Dienstleistungsverkehr und die in Art. 49 AEUV verbürgte Niederlassungsfreiheit beschränkt. Eine solche Monopolregelung, die insbesondere den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, kann jedoch zur Verwirklichung von im Allgemeininteresse liegenden Zielen dienen (vgl. z.B. EuGH 8.9.2010, Markus Stoß ua, C‑316/07, Rn. 79).
56 Solche „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“ sind Verbraucherschutz, Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen (vgl. Pfleger, Rn. 41, mwN), wobei Art. 56 AEUV einer Regelung entgegensteht, die nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen (vgl. Pfleger, Rn. 56).
57 Nach der Rechtsprechung des EuGH stellen die Verhinderung und die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung legitime Ziele dar, zu deren Erreichung sich die Mitgliedstaaten sowohl auf internationaler als auch auf Unionsebene verpflichtet haben (EuGH 25.4.2013, Jyske Bank Gibraltar Ltd., C‑212/11, Rn. 62). Dabei ist die Bekämpfung der Geldwäsche, die Teil des Ziels des Schutzes der öffentlichen Ordnung ist, ein legitimes Ziel, das eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen kann (vgl. Jyske Bank Gibraltar Ltd., Rn. 64, mwN).
58 Die Mitgliedstaaten verfügen nach dieser Judikatur „im Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Soweit die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen im Übrigen beachtet werden, ist es Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten in Bezug auf Spiele und Wetten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen“ (vgl. in diesem Sinne Pfleger, Rn. 45, mwN).
59 C.3.3.2. Vorauszuschicken ist, dass nach dem GSpG jede der in § 52 Abs. 1 Z 1 inkriminierten Handlungen in Ansehung jedes einzelnen Glücksspielautomaten (oder anderen Eingriffsgegenstandes) eine eigene Verwaltungsübertretung bildet, für die im Sinne des § 22 VStG nebeneinander Strafen zu verhängen sind (vgl. z.B. VwGH 14.6.2018, Ra 2018/17/0055, mwN).
60 Im Revisionsfall hat das LVwG im Rahmen der Bemessung der Geldstrafen den Strafrahmen des § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG angewendet, der im Falle des unternehmerisch Zugänglichmachens verbotener Ausspielungen für jede Übertretung eine Mindeststrafe von € 1.000,‑ ‑ und eine Höchststrafe von € 10.000,‑ ‑ vorsieht. Die Anwendung dieses Strafsatzes ist auf jene Übertretungen beschränkt, die erstmalig und mit nicht mehr als drei Geräten (oder Eingriffsgegenständen) erfolgen. Daraus folgt, dass bei Anwendung dieses Strafsatzes bei drei Übertretungen die Summe der verhängten Geldstrafen mindestens € 3.000,‑ ‑ (3 x € 1.000) und maximal € 30.000,‑ ‑ (3 x € 10.000) beträgt.
61 Die Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist: Die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht hat dabei zunächst die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat zu bewerten. In der Folge sind bei der Strafbemessung die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (vgl. z.B. VwGH 22.5.2019, Ra 2018/09/0171; VwGH 18.3.2004, 2003/05/0201, zur Berücksichtigung eines Konkursverfahrens; VwGH 16.9.2010, 2009/09/0181, zur Berücksichtigung einer langen Verfahrensdauer als Milderungsgrund; VwGH 29.1.2020, Ra 2019/09/0079, keine Berücksichtigung der für den Tatbestand oder den Strafsatz relevanten Umstände als Strafzumessungsgründe im GSpG).
62 Dabei ist auch zu beachten, dass die im GSpG vorgesehene Mindeststrafe von € 1.000,‑ ‑ bei der Strafbemessung im Einzelfall gemäß § 20 VStG bis zur Hälfte (d.h. auf € 500,‑ ‑ pro Gerät oder Eingriffsgegenstand) unterschritten werden kann, sofern die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
63 Das GSpG ermöglicht daher in Verbindung mit dem VStG eine sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Ausmessung der für geboten erachteten Strafe bzw. Strafen.
64 C.3.3.3.1. Bei der Beurteilung, ob dieses Sanktionssystem mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist, ist zunächst nach den Vorgaben des EuGH zu prüfen, weswegen die Sanktion verhängt wird, d.h., welche Handlung die betreffende Norm konkret als strafbar bezeichnet. Dabei dürfen etwa nach der dargestellten Rechtsprechung des EuGH betrügerische Handlungen strenger bestraft werden als bloße Verletzungen einer Anmeldepflicht oder sonstiger administrativer Pflichten, wie etwa das Versäumnis des Umtausches eines Führerscheins oder der Bereithaltung von Unterlagen.
65 Wenn es § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verbietet, Glücksspiele ohne Konzession und damit auch ohne Aufsicht hinsichtlich des Spielerschutzes zu veranstalten, zu organisieren, unternehmerisch zugänglich zu machen oder sich an ihnen als Unternehmer zu beteiligen, so tragen, wie der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH zur Prüfung der Zulässigkeit der Einrichtung eines Glücksspielmonopols mehrfach ausgesprochen hat, u.a. die Festlegung des normativen Rahmens für die behördliche Aufsicht in § 50 GSpG und die damit einhergehende strikte behördliche Kontrolle ausreichend Sorge dafür, dass die Ziele des Gesetzgebers (v.a. Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung) tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden (vgl. VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mwN): Übertretungen des GSpG müssen wirkungsvoll geahndet werden, um dem mit einem Konzessionssystem kombinierten Monopolsystem zum Durchbruch zu verhelfen, weil es andernfalls wirkungslos wäre. Die Beachtung des Monopols (seiner Effizienz) ist vielmehr nach der Rechtsprechung des EuGH sicherzustellen (vgl. Stoß u.a., Rn. 84ff).
66 Bei den in § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG umschriebenen Übertretungen handelt es sich daher nicht etwa um die Übertretungen bloßer Ordnungsvorschriften, die administrativen Zwecken dienen. Vielmehr soll das Monopol gegen Personen gesichert werden, die keine Regelungen hinsichtlich des Spielerschutzes einzuhalten haben und sich keiner Aufsicht (etwa im Hinblick auf die Unterbindung von Geldwäsche, vgl. § 19 Abs. 7 GSpG) zu unterwerfen haben. Sanktioniert wird beispielsweise das Veranstalten verbotener Ausspielungen mit Glücksspielapparaten, die notorisch ein besonders hohes Suchtpotential und daher eine besonders hohe Gefährlichkeit mit sich bringen (vgl. hiezu VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 79). § 52 Abs. 2 GSpG stellt dabei auf die Anzahl der Eingriffsgegenstände (insbes. auf die Anzahl der Glücksspielautomaten) ab.
67 Die in § 52 Abs. 1 GSpG formulierten Tatbilder unterscheiden sich durch die tatbestandsmäßig umschriebene Handlung und in dem von ihnen typisierten Unrecht daher bereits deutlich von jenen Tatbildern, hinsichtlich deren Verwirklichung der EuGH in seiner Judikatur die Verhältnismäßigkeit der jeweiligen Sanktion verneint hat. Hier ist der Normzweck darin gelegen, eine unrechtmäßige Handlung zu unterbinden, die eine hohe Sozialschädlichkeit aufweist. Bei den in § 52 Abs. 1 GSpG umschriebenen Tatbildern handelt es sich daher gerade nicht um die Verletzung einer bloßen Anmelde‑ oder Umtauschverpflichtung, sondern um die Beeinträchtigung gewichtiger öffentlicher Interessen.
68 C.3.3.3.2. In einem weiteren Schritt ist, der Judikatur des EuGH entsprechend, zu prüfen, ob die Härte der Sanktionen der Schwere der mit ihnen geahndeten Verstöße entspricht, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (vgl. Chmielewski, Rn. 23):
69 § 52 Abs. 2 GSpG ist geeignet, die mit dem GSpG verfolgten Ziele der Verhinderung verbotener Glücksspiele zu erreichen und eine tatsächliche Befolgung der Vorschriften des GSpG sicherzustellen, weil die Bestimmung so ausgestaltet ist, dass sie abschreckend wirkt.
70 Die Höhe der Summe der Strafen bemisst sich nach den bisherigen Ausführungen danach, mit wie vielen Geräten (oder Eingriffsgegenständen) jeweils eine Übertretung begangen wurde. Da es sich bei der Bemessung jeder einzelnen Strafe gemäß § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG nur um eine Konstellation mit höchstens drei Geräten (oder Eingriffsgegenständen) handeln kann, beträgt bei drei Geräten (oder Eingriffsgegenständen) die höchstmögliche Summe der Geldstrafen € 30.000,‑ ‑.
71 Da nach der Judikatur des EuGH ein System, bei dem die Höhe der zu verhängenden Sanktion etwa von der Höhe der nicht gemeldeten Barmittel oder von der Anzahl der Arbeitnehmer abhängt, nicht per se unverhältnismäßig ist (vgl. zur Möglichkeit der Bemessung einer Sanktion anhand der Zahl der von der Nichteinhaltung bestimmter arbeitsrechtlicher Verpflichtungen betroffenen Arbeitnehmer: Maksimovic, Rn. 41, bzw. zur Bemessung der Sanktion nach der Höhe der nicht angemeldeten Barmittel: Chmielewski, Rn. 26), ist es unter Beachtung dieser Rechtsprechung auch nicht von vornherein unverhältnismäßig, wenn das Gesetz die Anzahl der Geräte (oder Eingriffsgegenstände), mit denen Übertretungen begangen worden sind, in den Strafrahmen und damit letztlich auch die Strafbemessung einfließen lässt.
72 Es ist auch nicht zu erkennen, dass die vom Gesetzgeber vorgesehenen repressiven Maßnahmen die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit diesen Rechtsvorschriften zulässigerweise verfolgten Ziele erforderlich ist (vgl. Chmielewski, Rn. 22).
73 Wie nämlich bereits festgehalten, sind die hier vorliegenden Übertretungen für sich genommen hinsichtlich des typisierten Unrechts als besonders schwer zu qualifizieren. Die vorgesehenen Sanktionen werden nicht in Fällen verhängt, in denen nicht erwiesen ist, dass der beanstandete Sachverhalt von besonderer Schwere ist.
74 Des Weiteren ist hervorzuheben, dass der erste Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG nicht nur eine klare Höchstgrenze für die einzelne Übertretung beinhaltet, sondern ‑ das unterscheidet ihn von dem in der Rs. Maksimovic einschlägigen Strafsatz des AVRAG ‑ auch eine Obergrenze für die Summe der Strafen. Der Strafsatz ist nämlich auf Übertretungen mit bis zu drei Glücksspielgeräten (oder Eingriffsgegenständen) beschränkt, was von vornherein eine Maximalstrafdrohung bewirkt. Die Summe der Geldstrafen darf ‑ wie bereits ausgeführt ‑ dreimal € 10.000 (d.h. € 30.000,‑ ‑) nicht überschreiten. Es ist nicht ersichtlich, dass eine solche Strafdrohung angesichts des in den Tatbildern des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG typisierten Unrechts und des üblicherweise daraus erzielten finanziellen Vorteils unverhältnismäßig wäre. Es ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Verfahren zur Erteilung einer Konzession bzw. Bewilligung nach dem GSpG nicht bloß um einen Akt handelt, bei dem seitens des Konzessionswerbers lediglich formalen Erfordernissen Genüge getan werden muss. Vielmehr ist aufgrund der äußerst geringen Zahl der zur Vergabe stehenden Konzessionen bzw. Bewilligungen und der hohen Anforderungen, die an einen Konzessionswerber gestellt werden, im Ergebnis davon auszugehen, dass das Durchführen von Glücksspielen im Regelfall verboten ist und nicht als Ausübung einer an sich erlaubten, von den Grundfreiheiten garantierten Tätigkeit angesehen werden kann. Die Verhängung strenger Strafen soll daher nicht die Ausübung einer jedermann eingeräumten Freiheit weniger attraktiv machen, sie soll vielmehr ihrer Intention nach das Veranstalten (Organisieren, Zugänglichmachen und sich daran unternehmerisch Beteiligen) aller Arten von Glücksspielen durch Personen ohne Konzession bzw. Bewilligung und die sich daraus ergebenden negativen Effekte für das Allgemeininteresse der Gesellschaft effektiv verhindern.
75 Auch die Verhängung einer Mindeststrafe in Höhe von € 1.000,‑ ‑ für jede erfolgte Übertretung mit einem Glücksspielgerät (oder Eingriffsgegenstand) ist dabei als verhältnismäßig anzusehen, wobei erneut berücksichtigt werden muss, dass in Ansehung besonderer Umstände § 20 VStG bei der Strafbemessung ohnehin die Unterschreitung der Mindeststrafe auf € 500,‑ ‑ ermöglicht (vgl. dazu Rn. 62).
76 Der vom EuGH im Urteil Maksimovic abgehandelte Verfahrenskostenbeitrag (dort: des § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG) ist ‑ für sich alleine ‑ nicht unvereinbar mit Unionsrecht; gemäß Rn. 46 dieses Urteils bewirkt vielmehr erst das Zusammenwirken der davor aufgezählten Vorgaben im Strafverfahren ein nicht angemessenes Verhältnis zur Schwere der geahndeten Verstöße. Ein Verfahrenskostenbeitrag im Ausmaß eines Prozentsatzes der Geldstrafe erreicht nämlich typischerweise erst im Zusammenwirken mit übermäßig hohen Geldstrafen ein unverhältnismäßiges Ausmaß und wird daher schon bei Beachtung der zuvor genannten Kriterien betreffend die unionsrechtskonforme Bemessung einer Geldstrafe auf ein angemessenes Ausmaß begrenzt (vgl. dazu VwGH 15.10.2019, Ra 2019/11/0033, 0034, Rn. 32). Im vorliegenden Revisionsfall wurde zwar kein Verfahrenskostenbeitrag nach § 52 VwGVG, sehr wohl aber einer gemäß § 64 VStG vorgeschrieben. Angesichts der Verhältnismäßigkeit der in § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG vorgesehenen Geldstrafen erweist sich auch eine Verhängung eines solchen Verfahrenskostenbeitrages gemäß § 64 VStG im Lichte der Rechtsprechung des EuGH als verhältnismäßig.
77 C.3.3.4. Es bleibt schließlich zu beurteilen, ob bei Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG auch die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG verhältnismäßig ist:
78 Gemäß § 16 Abs. 1 VStG ist eine Ersatzfreiheitsstrafe nach den Regelungen der Strafbemessung für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe festzusetzen. Gemäß § 16 Abs. 2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG (Bemessung der Freiheitsstrafe) nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
79 Die Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind nur bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 letzter Satz VStG).
80 § 52 Abs. 2 GSpG sieht weder eine Freiheitsstrafe vor, noch ist für die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von § 16 Abs. 2 VStG Abweichendes vorgesehen (vgl. VwGH 28.5.2018, Ra 2018/17/0081). Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt daher maximal zwei Wochen pro Übertretung.
81 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum VStG besteht zwischen der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe und der Geldstrafe insofern ein innerer Zusammenhang, als etwa bei der Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe darauf Bedacht zu nehmen ist, ob der Beschuldigte die Übertretung vorsätzlich oder nur fahrlässig begangen hat: Würde etwa das Verwaltungsgericht eine behördlich festgesetzte Geldstrafe herabsetzen, weil anders als von der Behörde angenommen eine bloß fahrlässige Tatbegehung stattgefunden hat, so hätte dies auch in der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe Niederschlag zu finden (vgl. näher VwGH 28.5.2013, 2012/17/0567).
82 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ferner jedenfalls dann, wenn zwischen der Höhe der verhängten Geldstrafe und der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe ein erheblicher, nach dem Verhältnis zur Höchststrafe zu bemessender Unterschied besteht, dafür eine Begründung erforderlich (vgl. VwGH 6.9.2016, Ra 2016/09/0056).
83 Im Übrigen setzt der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 54b VStG voraus, dass die Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist (VwGH 20.2.2002, 2001/08/0088). Uneinbringlichkeit liegt dann vor, wenn der Bestrafte wirtschaftlich außerstande ist, die Geldstrafe zu bezahlen (vgl. VfSlg. 12.255/1990). Keine Uneinbringlichkeit liegt jedoch vor, wenn eine andere Person für die verhängte Geldstrafe haftet; dies ist etwa bei Ausspruch der Haftung einer juristischen Person gemäß § 9 Abs. 7 VStG der Fall. Erst wenn sich die Erfolglosigkeit der Vollstreckung gegen die haftende Person herausstellt, ist der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zulässig (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II 1122 f).
84 Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erweist sich bei Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG angesichts des in den Tatbildern des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG typisierten Unrechts die vorgesehene Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe als gerechtfertigt, um die vom Gesetzgeber intendierten Ziele zu erreichen. Andernfalls bestünde im Fall vermögensloser Beschuldigter nämlich keine wirkungsvolle Sanktionsmöglichkeit.
85 C.3.3.5. Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass weder die einzelnen Elemente der gemäß § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG zu gewärtigenden Sanktionen ‑ Mindeststrafe(n), Höchststrafe(n) ‑ noch die gemäß § 16 VStG zu bemessenden Ersatzfreiheitsstrafe(n) noch der Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 VStG noch diese Elemente in ihrem Zusammenwirken als unverhältnismäßig zu beurteilen sind. Das Unionsrecht steht der uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG, des § 16 VStG sowie des § 64 VStG somit nicht entgegen.
86 C.3.4. Für den Revisionsfall folgt daraus:
87 Das LVwG hat im vorliegenden Fall bei der Strafbemessung insbesondere auch auf den hohen Unrechtsgehalt der Übertretungen verwiesen. Die Geld‑ sowie Ersatzfreiheitsstrafen wurden aufgrund der Einschränkung des Tatzeitraumes herabgesetzt. Eine Rechtsverletzung des Revisionswerbers wurde diesbezüglich weder behauptet noch ist eine solche ersichtlich.
88 Da schon der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die vom Revisionswerber behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Revision gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 6. Mai 2020
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