Normen
AVG §66 Abs4;
LDG 1984 §29 Abs1;
LDG 1984 §69;
LDG 1984 §71 Abs1;
LDG 1984 §71 Abs2;
EMRK Art6 Abs1;
SchOG 1962 §2;
SchUG 1986 §17 Abs1;
SchUG 1986 §43 Abs1;
SchUG 1986 §43 Abs3;
SchUG 1986 §47 Abs1;
SchUG 1986 §47 Abs3;
SchulO 1974 §8 Abs1 litb;
StGB §34 Abs2;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
LDG 1984 §29 Abs1;
LDG 1984 §69;
LDG 1984 §71 Abs1;
LDG 1984 §71 Abs2;
EMRK Art6 Abs1;
SchOG 1962 §2;
SchUG 1986 §17 Abs1;
SchUG 1986 §43 Abs1;
SchUG 1986 §43 Abs3;
SchUG 1986 §47 Abs1;
SchUG 1986 §47 Abs3;
SchulO 1974 §8 Abs1 litb;
StGB §34 Abs2;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §63 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Hauptschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol.
Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Landeslehrer, Senat für Landeslehrer für Hauptschulen, beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 14. Oktober 2003 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe
"1. am 17. September 2002 zu einem namentlich genannten Schüler der 1b-Klasse, der auf die Toilette gehen wollte, gesagt, 'wir sind ja keine 'Schiffertruppe', sonst hole ich die Schere und 'schnipp, schnapp', dann kannst Du nicht mehr auf's Klo gehen';
2. in der 28., 29. und 30. Schulwoche des Schuljahres 2002/2003 einen namentlich genannten Schüler der 4c-Klasse auf Grund dessen Fehlverhaltens (Störung des Unterrichtes) über einen Zeitraum von ca. vier Unterrichtsstunden mit dem Rücken zur Stirnseite des Klassenzimmers sitzen und Deutschaufgaben sowie Deutschverbesserungen erledigen lassen (der Schüler habe dabei seinen Tisch und Sessel umdrehen müssen), womit er den genannten Schüler am Biologieunterricht nicht habe teilnehmen lassen.
Der Beschwerdeführer habe daher zu 1.) eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 (nicht rechtmäßige Erfüllung von Unterrichts- und Erziehungsaufgaben) und Abs. 2 (Störung des Vertrauens in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben als Lehrer) LDG 1984 jeweils in Verbindung mit § 47 Abs. 3 Schulunterrichtsgesetz 1986 (SchUG) in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2003 und zu 2.) eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 (nicht rechtmäßige Erfüllung von Unterrichts- und Erziehungsaufgaben) und Abs. 2 (Störung des Vertrauens in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben als Lehrer) LDG 1984 jeweils in Verbindung mit § 47 Abs. 1 des SchUG und § 8 der Schulordnung, BGBl. Nr. 373/1974 in der Fassung BGBl. Nr. 121/1996, begangen und sei hiefür gemäß § 70 Abs. 1 Z. 2 (richtig: Z. 3) LDG 1984 mit einer Geldstrafe in der Höhe von eineinhalb Monatsbezügen, sohin EUR 4.251,--, zu bestrafen gewesen."
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid vom 9. Februar 2004 gab die belangte Behörde der Berufung im Schuldausspruch keine, im Strafausspruch hingegen teilweise Folge und reduzierte die verhängte Geldstrafe auf einen Monatsbezug, sohin auf EUR 2.834,30.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der diesen Bescheid mit seinem Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2004/09/0033, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob.
Mit (Ersatz-)Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juli 2006 wurde der Berufung neuerlich in der Schuldfrage nicht, in der Strafbemessung hingegen insoweit teilweise Folge gegeben, als die Strafe mit einem Monatsgehalt festgesetzt wurde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer wiederum Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der diesen Bescheid mit seinem Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2006/09/0147, in seinem Schuldspruch betreffend den Spruchpunkt I.1. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses sowie in seinem Strafausspruch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich des Schuldspruches betreffend den Spruchpunkt I.2. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zur Vermeidung weiterer Wiederholungen wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen, im dritten Rechtszug ergangenen (Ersatz-)Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 2009 wurde der Berufung Folge gegeben und der Beschwerdeführer zum Schuldspruch nach Spruchpunkt I.1. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses freigesprochen.
Zum Strafausspruch wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als über den Beschwerdeführer eine Geldbuße in Höhe eines halben Monatsgehaltes, sohin EUR 1.418,70, verhängt wurde.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Erkenntnis Zl. 2006/09/0147, entsprechend wegen des nicht feststellbaren Tatzeitpunktes zu Spruchpunkt I.1. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses ein Freispruch zu fällen gewesen sei.
Das Disziplinarverfahren sei mit Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss vom 17. Juli 2003 eingeleitet worden. Die Verjährungsfrist sei für die Dauer der verwaltungsgerichtlichen Verfahren vom 24. März 2004 bis zum 16. Juni 2005 und vom 18. August 2006 bis zum 18. September 2008 gehemmt. Die Frist des § 72 Abs. 1a LDG 1984 sei noch nicht abgelaufen.
Gemäß § 71 LDG 1984 sei das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei sei jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich sei, um den Landeslehrer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe seien dem Sinn nach zu berücksichtigen. Weiters sei auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landeslehrers Bedacht zu nehmen. Da die beiden zuletzt genannten Ziele vom Gesetz als nachrangig qualifiziert würden, seien sie nur innerhalb des Bereiches jenes Strafrahmens zu berücksichtigen, der sich durch die Schwere der Dienstpflichtverletzung ergebe.
Eine Bestrafung aus spezialpräventiven Gründen könne nur dann unterbleiben, wenn konkrete Umstände vorlägen, welche die Verhängung einer Strafe entbehrlich machen würden.
Spezialpräventive Gründe für eine Strafe könnten sich sowohl aus der Tat (der Schwere der Dienstpflichtverletzung) als auch aus dem Persönlichkeitsbild des Täters ergeben.
Ein Verstoß gegen § 47 Abs. 1 SchUG durch die Anwendung von Erziehungsmethoden, die durch § 8 Abs. 1 der Schulordnung nicht gedeckt seien, sei im Hinblick auf die objektive Schwere der Tat als erheblich einzustufen. Ähnliche Vorfälle könnten künftig zumindest nicht mit der für die Anwendung des § 83 LDG 1984 erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, weshalb die Bestrafung schon aus spezialpräventiven Gründen geboten sei. Darüber hinaus sei bei einer Anwendung gesetzlich nicht gedeckter Erziehungsmittel der Ausspruch einer Strafe auch aus dienstlichen generalpräventiven Erwägungen erforderlich.
Erschwerend sei das rechtskräftige Disziplinarerkenntnis (der erstinstanzlichen Behörde) vom 12. Juli 2001 (richtig: das rechtskräftige Disziplinarerkenntnis der belangten Behörde vom 11. März 2002, das Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom 20. November 2003, Zl. 2002/09/0088, gewesen ist) zu werten. Als mildernd das vorhergehende provokante Verhalten des Schülers Christoph G. Die Herabsetzung der Strafe sei auch dadurch zu rechtfertigen, dass ein Schuldspruch nur in einem Punkt erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 69 LDG 1984 sind Landeslehrer, die schuldhaft ihre Dienstpflichten verletzen, nach den Bestimmungen des 7. Abschnittes dieses Gesetzes zur Verantwortung zu ziehen.
§ 29 Abs. 1 LDG 1984 definiert diese Dienstpflichten dahin, dass der Landeslehrer verpflichtet ist, die ihm obliegenden Unterrichts-, Erziehungs- und Verwaltungsaufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
Gemäß § 17 Abs. 1 SchUG hat der Lehrer in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgabe der österreichischen Schule (§ 2 des Schulorganisationsgesetzes) zu erfüllen. In diesem Sinne und entsprechend dem Lehrplan der betreffenden Schulart (vgl. zur Stundentafel § 6 Abs. 2 lit. e des Schulorganisationsgesetzes) hat er unter Berücksichtigung der Entwicklung der Schüler und der äußeren Gegebenheiten den Lehrstoff des Unterrichtsgegenstandes dem Stand der Wissenschaft entsprechend zu vermitteln. Diese Unterrichts- und Erziehungsarbeit ist gemäß § 51 Abs. 1 SchUG die Hauptaufgabe des Lehrers.
Gemäß § 43 Abs. 1 SchUG sind die Schüler verpflichtet, durch ihre Mitarbeit und ihre Einordnung in die Gemeinschaft der Klasse und der Schule an der Erfüllung der Aufgabe der österreichischen Schule (§ 2 des Schulorganisationsgesetzes) mitzuwirken und die Unterrichtsarbeit (§ 17 SchUG) zu fördern. Sie haben den Unterricht (und den Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen, zu dem sie angemeldet sind) regelmäßig und pünktlich zu besuchen, die erforderlichen Unterrichtsmittel mitzubringen und die Schulordnung bzw. die Hausordnung einzuhalten.
Gemäß § 47 Abs. 1 SchUG hat der Lehrer im Rahmen der Mitwirkung der Schule an der Erziehung der Schüler (§ 2 des Schulorganisationsgesetzes) in seiner Unterrichts- und Erziehungsarbeit die der Erziehungssituation angemessenen persönlichkeits- und gemeinschaftsbildenden Erziehungsmittel anzuwenden, die insbesondere Anerkennung, Aufforderung oder Zurechtweisung sein können. Gemäß § 47 Abs. 3 SchUG sind körperliche Züchtigung, beleidigende Äußerungen und Kollektivstrafen verboten.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 24. Juni 1974, BGBl. Nr. 373, betreffend die Schulordnung, haben die Schüler durch ihr Verhalten und ihre Mitarbeit im Unterricht in der Schule und bei Schulveranstaltungen die Unterrichtsarbeit zu fördern. Gemäß Abs. 2 leg. cit. haben sich die Schüler in der Gemeinschaft der Klasse und der Schule hilfsbereit, verständnisvoll und höflich zu verhalten.
§ 8 der Schulordnung lautet:
"§ 8. (1) Im Rahmen des § 47 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes sind folgende Erziehungsmittel anzuwenden:
a) bei positivem Verhalten des Schülers: Ermutigung, Anerkennung, Lob, Dank;
b) bei einem Fehlverhalten des Schülers: Aufforderung, Zurechtweisung, Erteilung von Aufträgen zur nachträglichen Erfüllung versäumter Pflichten, beratendes bzw. belehrendes Gespräch mit dem Schüler, beratendes bzw. belehrendes Gespräch unter Beiziehung der Erziehungsberechtigten, Verwarnung.
Die genannten Erziehungsmittel können vom Lehrer, vom Klassenvorstand und vom Schulleiter, in besonderen Fällen auch von der Schulbehörde erster Instanz, angewendet werden.
(2) Erziehungsmaßnahmen sollen möglichst unmittelbar erfolgen und in einem sinnvollen Bezug zum Verhalten des Schülers stehen. Sie sollen dem Schüler einsichtig sein und eine die Erziehung des Schülers fördernde Wirkung haben."
Soweit der Beschwerdeführer neuerlich beweiswürdigende Überlegungen betreffend den Schuldspruch zu Spruchpunkt I.2. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses anstellt, ist er darauf zu verweisen, dass der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. das bereits erwähnte Vorerkenntnis Zl. 2006/09/0147).
§ 71 Abs. 1 LDG 1984 legt die Schwere der Dienstpflichtverletzung als "Maß für die Höhe der Strafe" fest. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der "Strafbemessungsschuld" des Strafrechtes. Für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens. Das objektive Gewicht der Tat (der "Unrechtsgehalt") wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt (vgl. das zu
§ 93 Abs. 1 erster Satz BDG ergangene hg. Erkenntnis vom 16. September 2009, Zl. 2008/09/0180, mwN).
Der Beschwerdeführer hat in der 28., 29. und 30. Schulwoche des Schuljahres 2002/2003 einen namentlich genannten Schüler der 4c-Klasse auf Grund dessen Fehlverhaltens (Störung des Unterrichtes) über einen Zeitraum von ca. vier Unterrichtsstunden mit dem Rücken zur Stirnseite des Klassenzimmers sitzen und Deutschaufgaben sowie Deutschverbesserungen erledigen lassen. Der Schüler musste dabei seinen Tisch und Sessel umdrehen. Dadurch war dem Schüler die Teilnahme am Biologieunterricht verwehrt.
Die Entwicklung der Anlagen der Jugend iSd § 2 des Schulorganisationsgesetzes erfolgt nach der oben dargestellten Rechtslage durch ein Zusammenwirken von Lehrern und Schülern. Der Pflicht der Lehrer, die Unterrichtsarbeit vorzunehmen, entspricht eine Pflicht der Schüler, die Unterrichtsarbeit durch ihre Mitarbeit und ein entsprechendes Verhalten zu fördern. Ein Schüler, der durch sein Verhalten den Unterricht maßgeblich stört, beeinträchtigt nicht nur den Erfolg seiner eigenen Teilnahme am Unterricht, sondern auch den seiner Mitschüler.
Im vorliegenden Fall bestanden die Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers in Maßnahmen, mit denen er auf das Fehlverhalten des Schülers (Störung des Unterrichts) reagierte. Dem Beschwerdeführer standen als Erziehungsmittel die in § 8 Abs. 1 lit. b der Schulordnung aufgelisteten Maßnahmen zu Gebote, insbesondere die Erteilung von Aufträgen zur nachträglichen Erfüllung versäumter Pflichten (z.B. der Erarbeitung von Hausübungen iSd § 17 Abs. 2 SchUG). § 8 Abs. 1 lit. b der Schulordnung kann indes in Anbetracht der vorrangigen Verpflichtung zur Unterrichtsarbeit nicht dahin verstanden werden, ein Lehrer könne einem Schüler die Teilnahme am Unterricht verwehren und ihn statt dessen mit anderen Aufgaben, sei es im Gegenstand des zur Rede stehenden Unterrichtsfachs, sei es in einem anderen, befassen. Die Anweisung an einen Schüler, während der Biologiestunde Deutschaufgaben sowie Deutschverbesserungen zu erledigen, stellt daher grundsätzlich kein erlaubtes Erziehungsmittel dar. Der Unrechtsgehalt einer solchen Anweisung kann aber im Einzelfall reduziert sein, wenn der betreffende Schüler sich durch sein Verhalten selbst der Mitwirkung an der Unterrichtsarbeit entzieht oder die Unterrichtsarbeit des Lehrers oder anderer Schüler beeinträchtigt.
Die Weisung an den Schüler, Tisch und Sessel umzudrehen und mit dem Rücken zur Klasse zu sitzen, ist eine Maßnahme, die ebenfalls durch § 8 Abs. 1 lit. b der Schulordnung nicht gedeckt ist, und deren Unrechtsgehalt schwerer wiegt, weil ihr - anders als der organisatorischen Maßnahme eines sachlich gerechtfertigten Versetzens innerhalb des Klassenraumes - eine den Schüler herabsetzende bzw. beleidigende Komponente innewohnen kann, was nach § 47 Abs. 3 SchUG verboten ist.
Den Unrechtsgehalt des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers erschwerend kommt hinzu, dass sich seine Maßnahmen über einen längeren Zeitraum erstreckten, also nicht lediglich Ausdruck eines Versuchs waren, mit einer beharrlichen Störung des Unterrichts während einer Unterrichtsstunde zumindest bis zur nächsten Pause zurecht zu kommen. Es kann daher im vorliegenden Fall dahin gestellt bleiben, welche rechtmäßigen Alternativen ein Lehrer konkret gehabt hätte, um in einer solchen Situation sowohl dem Anspruch der Klasse auf störungsfreien Unterricht als auch dem Anspruch des störenden Schülers auf ordnungsgemäße Behandlung gerecht zu werden.
Als erschwerend muss es dem Beschwerdeführer schließlich angelastet werden, dass er durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt hat, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2009, Zl. 2008/09/0219). Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie die objektive Schwere der Tat als erheblich eingestuft hat.
Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Disziplinarstrafe erforderlich sei, um den Beschwerdeführer von der weiteren Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, ist in Anbetracht dessen, dass er die Maßnahme über mehrere Wochen aufrecht erhalten hat, nicht zu beanstanden.
Dass der Beschwerdeführer, wie er vorbringt, die Dienstpflichtverletzungen "aus achtenswerten Beweggründen" ("aus Gründen der ordnungsgemäßen Erteilung des Unterrichts") begangen habe, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, zumal er nicht behauptet hat, über mehrere Wochen hinweg keine andere Möglichkeit (z.B. Einschaltung des Schulleiters) zur Verfügung gehabt zu haben, einen ordnungsgemäßen Unterricht sicherzustellen. Das in Anbetracht des Verbotes des § 43 Abs. 3 SchUG nicht geringe Maß des Verschuldens des Beschwerdeführers betreffend die Maßnahme, Tisch und Sessel des Schülers umzudrehen, kann - anders als die Beschwerde meint - von Ansichten, die nachfolgende Disziplinarerkenntnisse darüber äußern, nicht berührt werden. Schließlich könnte auch die behauptete Zustimmung des Vaters des Schülers zur Nichtteilnahme am Biologieunterricht das Verhalten des Beschwerdeführers in keinem günstigeren Licht erscheinen lassen, weil diesem klar gewesen sein musste, dass eine solche Zustimmung an den Dienstpflichten eines Lehrers nichts ändern würde. Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung im Ergebnis auch § 71 Abs. 2 LDG 1984 (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2006/09/0145) nicht verletzt, weil in Anbetracht des langen Tatzeitraumes die schwerste Dienstpflichtverletzung (die Anweisung, den Schüler mit dem Rücken zur Stirnseite des Unterrichtsraumes sitzen zu lassen) schon für sich allein im Zusammenhalt mit der weiteren Dienstpflichtverletzung (Anweisung, während einer Unterrichtsstunde Deutschaufgaben sowie Deutschverbesserungen zu erledigen) als Erschwerungsgrund die verhängte Geldbuße rechtfertigt.
Die Beschwerde macht schließlich geltend, dass das Strafverfahren vor ca. sechs Jahren eingeleitet worden sei und damit unverhältnismäßig lang gedauert habe. Dies hätte als Milderungsgrund berücksichtigt werden müssen.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Art. 130 Abs. 2 B-VG normiert für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen einen besonderen Prüfungsmaßstab. Die Ermessensübung kann nur dann als rechtswidrig erkannt werden, wenn die Behörde nicht "im Sinne des Gesetzes", also im Sinne der im Gesetz festgelegten Kriterien der Ermessensübung entschieden hat. Im Hinblick auf diese Einschränkung seiner Befugnis hat der Verwaltungsgerichtshof nur zu prüfen, ob die Behörde unter Einbeziehung der im Gesetz festgelegten Kriterien (noch) eine vertretbare Lösung gefunden hat oder ob ihr ein Ermessensfehler zum Vorwurf gemacht werden muss, d.h. ob sie bei der Ermessensübung zu berücksichtigende Umstände unbeachtet gelassen, unsachliche Ermessenskriterien herangezogen, die gebotene Abwägung überhaupt unterlassen oder dabei das Gewicht der abzuwägenden Sachverhaltselemente grob verkannt hat.
Gemäß § 71 Abs. 1 LDG 1984 iVm § 34 Abs. 2 StGB ist es auch ein Milderungsgrund, wenn das gegen den Täter geführte Verfahren aus einem nicht von ihm oder seinem Verteidiger zu vertretendem Grund unverhältnismäßig lange gedauert hat.
Im vorliegenden Fall sind seit dem Einleitungsbeschluss vom 17. Juli 2003 bis zum angefochtenen Bescheid sechs Jahre verstrichen. Die belangte Behörde hat diese unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer bei der Strafbemessung weder als solches noch der Sache nach, etwa im Rahmen der Bedachtnahme auf ein mehrjähriges Wohlverhalten, berücksichtigt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. September 2009, Zl. 2008/09/0360, und vom 18. Mai 2010, Zl. 2006/09/0230).
Dem Verwaltungsgerichtshof ist es im Grunde des Art. 130 Abs. 2 B-VG verwehrt, jene Ermessensgesichtspunkte, welche die Behörde entgegen dem Gesetz außer Acht gelassen hat, in seine Beurteilung miteinzubeziehen und dergestalt an Stelle der belangten Behörde eine Ermessensübung hinsichtlich der Strafhöhe durchzuführen. Die verhängte Geldbuße ist im vorliegenden Fall zwar nicht als sehr hoch, im Verhältnis zur Schwere der Dienstpflichtverletzungen aber auch nicht als so gering anzusehen, dass von vornherein gesagt werden könnte, die Berücksichtigung dieses Milderungsgrundes könne die Strafbemessung nicht beeinflussen. Es bleibt daher der gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Sache selbst entscheidenden belangten Behörde vorbehalten, im fortgesetzten Verfahren auf Grund einer vollständigen Berücksichtigung aller Ermessensgesichtspunkte eine neuerliche Strafbemessung vorzunehmen.
In Anbetracht des Vorbringens der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift sieht sich der Verwaltungsgerichtshof für das fortgesetzte Verfahren zu folgenden Ausführungen veranlasst:
Die belangte Behörde setzt sich in ihrer Gegenschrift mit der Frage der Strafbemessung auseinander und führt ins Treffen, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Disziplinarerkenntnis vom 14. Dezember 2004 schuldig erkannt worden sei, während des Zeitraumes vom 5. Juni 2004 bis 20. Juli 2004 eine Arbeitskollegin sexuell belästigt zu haben (die Beschwerde gegen dieses Disziplinarerkenntnis, mit dem über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von einem Monatsbezug verhängt worden war, wurde mit hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2009, Zl. 2007/09/0104, als unbegründet abgewiesen). Der Beschwerdeführer habe sich seit dem Tatzeitpunkt nicht wohlverhalten. Ein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung sei nicht erkennbar. Die Dauer des Verfahrens sei größtenteils durch die Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgerichtshof zu erklären.
Zunächst ist anzumerken, dass der Mangel einer (ausreichenden) Bescheidbegründung nicht durch Ausführungen in der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Gegenschrift beseitigt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2001, Zl. 2000/07/0013, mwN). Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist die Kontrolle des angefochtenen Bescheides in der Form und mit dem Inhalt, wie er an die Partei des Verwaltungsverfahrens ergangen ist, und nicht unter Zugrundelegung einer nachgetragenen Ergänzung in wesentlichen Punkten des Tatsachenbereiches.
Die von der belangten Behörde angesprochene lange Dauer des Verfahrens wird nicht nur nach § 71 Abs. 2 LDG 1984, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des auf disziplinarrechtliche Streitigkeiten eines öffentlich Bediensteten anzuwendenden Art. 6 Abs. 1 EMRK zu beurteilen sein (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. März 2010, B 1928/07). Die Angemessenheit der Verfahrensdauer iSd Art. 6 EMRK ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant. Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis staatlicher Organe zurückzuführen.
Dem Beschwerdeführer kann kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er zur Durchsetzung seiner Rechte den Verwaltungsgerichtshof angerufen hat. Der Verwaltungsgerichtshof war im vorliegenden Fall bereits zum dritten Mal genötigt, die von der belangten Behörde erlassenen Bescheide als rechtswidrig aufzuheben. Die unangemessene Dauer des Verfahrens ist im vorliegenden Fall daher allein dem Verhalten staatlicher Organe zuzuschreiben. Da nach der Aktenlage weder Art und Umfang des Sachverhalts noch die zu beurteilenden Rechtsfragen die Behandlung dieser Rechtssache als ungewöhnlich komplex oder schwierig erscheinen lassen, im vorliegenden Beschwerdeverfahren aber auch keine weiteren besonderen Umstände hervorgekommen sind, die die Dauer des Verfahrens rechtfertigen könnten, ist dessen Dauer schon zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr angemessen iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK.
Durch eine im Hinblick auf die überlange Verfahrensdauer vorgenommene signifikante Herabsetzung der Strafe kann die Eigenschaft des Beschwerdeführers als Opfer einer Verletzung des Art. 6 EMRK beseitigt werden. Schon jetzt kann daher - auch unter Berücksichtigung des von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift dargelegten neuen Sachverhalts - gesagt werden, dass zur Vermeidung einer Überschreitung der zulässigen Grenzen der Strafbemessung angesichts der mittlerweile wesentlich überlangen Verfahrensdauer eine gegenüber der zuletzt verhängten Strafe deutlich gemilderte Strafe bzw. ein Schuldspruch ohne Strafausspruch geboten ist.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 16. September 2010
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