Normen
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
VStG §19 Abs1
VStG §19 Abs2
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019090079.L00
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit mit diesem die Beschwerde gegen den Strafausspruch und die Kosten des behördlichen Strafverfahrens als unbegründet abgewiesen wurde, sowie im Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis erkannte das Landesverwaltungsgericht Steiermark nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Revisionswerber - durch Abweisung seiner Beschwerde gegen das behördliche Straferkenntnis - wegen einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig und verhängte über ihn eine Geldstrafe von 5.000 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen. Den im Übrigen übernommenen Spruch des behördlichen Straferkenntnisses ergänzte es um die Sanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG. Ferner verpflichtete es den Revisionswerber zur Zahlung eines Kostenbeitrags für das Beschwerdeverfahren von 1.000 Euro. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig. 2 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Februar 2019, E 228/2019-5, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
3 Mit der innerhalb der nach § 26 Abs. 4 VwGG eröffneten Frist wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen außerordentlichen Revision macht der Revisionswerber geltend, dass er durch das angefochtene Erkenntnis in seinem Recht, dass über ihn keine zu hohe Strafe verhängt werde, verletzt worden sei. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 6 Liegen - wie hier in Bezug auf den Ausspruch von Schuld und Strafe - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu prüfen (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2018/09/0204, mwN).
7 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision u.a. die Bezeichnung der Rechte zu enthalten, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte). Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens daher insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (siehe etwa VwGH 25.10.2017, Ra 2017/12/0095, mwN).
8 Der Revisionswerber erachtet sich nach dem von ihm formulierten Revisionspunkt dadurch in seinen Rechten verletzt, dass über ihn eine zu hohe Strafe verhängt wurde. Damit beschränkte er den Prozessgegenstand vor dem Verwaltungsgerichtshof auf die Strafhöhe. Das Zulässigkeitsvorbringen zum Fehlen von Tatsachenfeststellungen für die Vornahme einer Kohärenzprüfung zeigt im Rahmen dieses Revisionspunktes daher keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Soweit sich die Revision gegen den Schuldspruch richtet, war sie daher in diesem Umfang als unzulässig zurückzuweisen.
9 Der Revisionswerber ist jedoch im Recht, wenn er sich gegen die Strafbemessung durch das Verwaltungsgericht wendet:
10 Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. etwa VwGH 21.2.2019, 2018/09/0161; 30.8.2018, Ra 2017/17/0517). 11 Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, in der Begründung seines Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG die für die Überprüfung der Ermessensübung maßgeblichen Gründe insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich sein kann (siehe VwGH 11.1.2018, Ra 2017/02/0136, unter Hinweis auf VwGH 28.6.2017, Ra 2017/09/0016).
12 Im vorliegenden Fall wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, am Tag der Kontrolle, dem 23. November 2016, von "mindestens" 10:00 Uhr bis "zumindest" 17:10 Uhr in seinem Lokal mit einem Glücksspielgerät verbotene Ausspielungen durchgeführt zu haben. 13 Das Verwaltungsgericht führte im Rahmen der Strafbemessung aus, dass dem Glücksspiel, weil es die gesellschaftsrechtliche Verantwortlichkeit betreffe, hohe ordnungspolitische Relevanz zukomme. Entsprechend der Intention des Gesetzgebers stehe der Spielerschutz an erster Stelle, um zu verhindern, dass durch die Spiellust, der ein hohes Suchtpotential zukomme, die wirtschaftlichen und damit auch die sozialen und familiären Grundlagen des einzelnen Spielers zerstört würden.
14 Ausgehend von einem angenommenen monatlichen Einkommen von 4.000 Euro, keinem Vermögen und keinen finanziellen Verbindlichkeiten, keinen Erschwerungs- und keinen Milderungsgründen sah das Verwaltungsgericht bei einem Strafrahmen von 1.000 Euro bis 10.000 Euro trotz Wegfalls des von der Behörde noch angenommenen Erschwerungsgrunds einer einschlägigen Vorstrafe die verhängte Geldstrafe von 5.000 Euro als gerechtfertigt an. Dazu verwies es auf (nicht näher dargelegte) spezialpräventive Erwägungen und den ausgeführten Schutzzweck. Da der Revisionswerber schon vor der betreffenden Amtshandlung eine Beschlagnahme eines Glücksspielgerätes zu verantworten gehabt habe, habe er durch sein Verhalten grob fahrlässig in Kauf genommen, dass die mit dem Glücksspielsektor verbundenen Gefahren hervorgerufen würden. Dies rechtfertige die vorgenommene 50%-ige Ausschöpfung des Strafrahmens.
15 Diese Begründung des Landesverwaltungsgerichts ist nicht geeignet, die Höhe der verhängten Strafe nachvollziehbar zu begründen. Zwar ist dem Verwaltungsgericht hinsichtlich seiner allgemeinen Ausführungen zum Schutzzweck der Norm nicht entgegenzutreten und ist Grundlage für die Bemessung der Strafe nach § 19 Abs. 1 VStG zunächst die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies u.a. die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. 16 Die hohe ordnungspolitische Relevanz als abstrakte Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsguts findet ihren Ausdruck jedoch bereits in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens und ist daher kein geeignetes Kriterium zur Strafausmessung innerhalb dieses im konkreten Einzelfall (vgl. auch dazu VwGH 21.2.2019, Ra 2018/09/0161).
17 In Anbetracht des vorgeworfenen Tatzeitraums von wenigen Stunden, dem Umstand, dass die Tat zum Zeitpunkt der Bestrafung bereits mehr als zwei Jahre zurücklag und dem Fehlen jeglicher Erschwerungsgründe wurden vom Verwaltungsgericht für das Ausschöpfen des Strafrahmens bis zur Hälfte der Höchststrafe keine hinreichenden, nachvollziehbaren Gründe angeführt. Die angenommenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und der - nicht näher ausgeführte - Umstand, dass beim Revisionswerber bereits einmal ein Glücksspielgerät beschlagnahmt worden sei, sind hiefür nicht ausreichend.
18 Da das Verwaltungsgericht dies verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis im Umfang seines Strafausspruchs sowie hinsichtlich der Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Revision jedoch zurückzuweisen.
19 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
20 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 4 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 29. Jänner 2020
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