VwGH Ra 2017/17/0968

VwGHRa 2017/17/096825.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des H K in Wien, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 10. Mai 2017, LVwG-S-1454/001-2016, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich),

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170968.L00

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit,

1. als damit die Bestrafung des Revisionswerbers wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 dritter Tatbestand Glücksspielgesetz hinsichtlich eines "Cash-Centers" (Gerätenummer 5, Spruchpunkt 5. des Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 25. April 2016, VStV/916300130128/2016) samt dem darauf entfallenden Kostenpunkt für das verwaltungsbehördliche Strafverfahren (§ 64 VStG) bestätigt wurde, sowie

2. als damit dem Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ein über den Betrag von EUR 2.400,-- hinausgehender Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren zur Bezahlung vorgeschrieben wurde,

gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 25. April 2016 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 dritter Fall Glücksspielgesetz (GSpG) mit fünf Glücksspielgeräten, eines davon ein sogenanntes "Cash-Center" (Gerätenummer 5., Spruchpunkt 5. des genannten Straferkenntnisses) für schuldig erkannt. Es wurden über ihn fünf Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 3.000,-- (sowie Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Darüber hinaus wurde der Revisionswerber zur Zahlung von EUR 1.500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 VStG verpflichtet.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass sich die Strafnorm auch auf § 52 Abs. 2 GSpG stütze, schrieb dem Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren in der Höhe von EUR 3.000,-- vor und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

4 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete im vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren eine mit dem Antrag auf Aufwandersatz verbundene Revisionsbeantwortung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Der Revisionswerber hält dem angefochtenen Erkenntnis in der Zulässigkeitsbegründung der Revision einerseits die Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG entgegen und wendet sich andererseits gegen die Bestätigung des bekämpften Straferkenntnisses hinsichtlich der Bestrafung betreffend das Gerät "Cash-Center". Dieses Gerät stelle im Sinne der Bestimmungen des GSpG nur ein technisches Hilfsmittel zu anderen Geräten dar. Die gesonderte Bestrafung des Revisionswerbers für das "Cash-Center" hätte durch das LVwG nicht bestätigt werden dürfen.

9 Liegen - wie im vorliegenden Fall - in der angefochtenen Entscheidung trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. dazu etwa VwGH 25.1.2018, Ro 2016/06/0003, 21.6.2017, Ro 2016/03/0011, oder auch 22.11.2017, Ra 2016/17/0302, jeweils mwN).

10 A) Im Hinblick auf das in der Zulässigkeitsbegründung ausgeführte Vorbringen zur Bestrafung des Revisionswerbers wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit einem "Cash-Center" erweist sich die Revision als zulässig. Sie ist in diesem Umfang auch berechtigt:

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. Februar 2018, Ra 2017/17/0718, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass es sich bei einem "Cash-Center" allenfalls um eine Komponente eines Glücksspielgerätes handelt, die nicht als selbstständiger Eingriffsgegenstand einer Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG iVm. § 52 Abs. 2 GSpG zu Grunde gelegt werden darf (vgl. z.B. VwGH 18.7.2018, Ra 2017/17/0821, mwN).

12 Damit erweist sich das angefochtene Erkenntnis im Umfang der Bestätigung von Spruchpunkt 5. des Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 25. April 2016 einschließlich der Bestätigung der auf diesen Spruchpunkt entfallenden Verfahrenskosten gemäß § 64 VStG als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet und war daher im genannten Umfang samt der damit untrennbar verbundenen Vorschreibung der auf diesen Spruchpunkt entfallenden Verfahrenskosten für das Beschwerdeverfahren vor dem LVwG gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

13 B) Im Übrigen erweist sich die Revision als unzulässig:

14 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision betreffend eine behauptete Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C- 390/12 , Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15 , Rn. 31, 35 ff, 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 28, 62 ff, sowie 6.9.2018, Gmalieva, C-79/17 ). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, sowie vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12 .

15 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 55).

16 Die Revision war daher im Übrigen gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

17 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. September 2018

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