VwGH Ra 2020/09/0013

VwGHRa 2020/09/00136.8.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch die Bruckmüller RechtsanwaltsgmbH in 4020 Linz, Landstraße 50/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 16. Dezember 2019, LVwG 30.26‑1044/2019‑55, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Murtal),

Normen

VStG §44a Z2
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020090013.L00

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Spruchpunktes II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde wurde der Revisionswerber als nach § 9 Abs. 2 VStG verwaltungsstrafrechtlich Beauftragter eines näher bezeichneten Unternehmens der Übertretung des § 28 Abs. 1 Z 4 lit. b Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) in Verbindung mit § 18 Abs. 12 AuslBG „i.d.g.F.“ in acht Fällen für schuldig erkannt und über ihn acht Geldstrafen zu jeweils 2.000 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weil zu näher angeführten Zeiträumen im Oktober und November 2017 acht den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterliegende ausländische Arbeitnehmer, auf die der Arbeiterkollektivvertrag 2017 für eisen‑ und metallverarbeitendes Gewerbe anzuwenden gewesen sei, im Rahmen einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung von einem polnischen Arbeitgeber dem Unternehmen des Revisionswerbers als Beschäftiger zur Verfügung gestellt worden seien, obwohl die österreichischen Lohn‑ und Arbeitsbedingungen nach § 18 Abs. 12 Z 2 AuslBG nicht eingehalten worden seien und arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen nicht vorgelegen wären.

2 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde hinsichtlich sieben Übertretungen statt, behob das angefochtene Straferkenntnis in diesem Umfang und stellte das Strafverfahren in drei Fällen gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 erster Fall VStG und in vier Fällen gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 erster Fall VStG ein (Spruchpunkt I.). Die Beschwerde betreffend einer Übertretung wies es hingegen ab, gab ihr hinsichtlich des Strafausmaßes jedoch Folge und setzte die Geldstrafe mit 1.000 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe) neu fest (Spruchpunkt II.). Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende außerordentliche Revision. Eine Revisionsbeantwortung wurde in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Liegen ‑ wie hier ‑ trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu prüfen (vgl. VwGH 25.2.2020, Ra 2019/09/0108, mwN).

7 zu II.: Die vorliegende Revision bekämpft das angefochtene Erkenntnis ohne Einschränkung und richtet sich damit auch gegen dessen Spruchpunkt I.

8 Gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Revisionen, denen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung entgegensteht, sind nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

9 Durch den den Revisionswerber ausschließlich begünstigenden Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses, mit dem seiner Beschwerde Folge gegeben, das behördliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde, kann dieser in subjektiven Rechten nicht verletzt sein. Soweit die Revision sich daher gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, war sie somit schon mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 8.3.2018, Ra 2017/11/0265).

10 zu I.: Soweit der Revisionswerber hingegen in Bekämpfung von Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses zur Zulässigkeit der Revision (unter anderem) vorbringt, dieses weiche von (näher angeführter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 VStG ab, wonach im Spruch bei der Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift auch die Fundstelle anzuführen und die Zitierung einer Vorschrift mit dem Zusatz „in der geltenden Fassung“ oder „idgF“ nicht ausreichend sei, erweist sich diese als zulässig und auch begründet:

11 Gemäß § 44a Z 2 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. § 44a Z 2 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0162; 25.4.2019, Ra 2018/09/0113; 27.3.2020, Ra 2018/17/0168, u.a.).

12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird dem Gebot des § 44a Z 2 VStG dann nicht entsprochen, wenn die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift nicht unter Zitierung der entsprechenden Norm im Spruch angeführt wird. Hiezu zählt auch die Angabe ihrer ‑ richtigen ‑ „Fundstelle“. Dem Gebot der ausreichend deutlichen Angabe der Fundstelle der verletzten Verwaltungsvorschrift wird nur dann Rechnung getragen, wenn die Fundstelle jener Novelle angegeben wird, durch welche die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hat. Ein diesbezüglich unrichtiger oder unvollständiger Ausspruch im Spruch kann durch Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses nicht ersetzt werden (siehe zum Ganzen abermals VwGH 25.4.2019, Ra 2018/09/0113; vgl. etwa auch VwGH 27.6.2007, 2005/03/0231).

13 Dem Spruch des behördlichen Straferkenntnisses ist eine Fundstelle der als verletzte Verwaltungsvorschrift zitierten Norm des § 18 Abs. 12 AuslBG nicht zu entnehmen. Durch die ‑ insoweit erfolgte ‑ Abweisung der Beschwerde übernahm das Verwaltungsgericht den Spruch des mit Beschwerde bekämpften Bescheids der vor ihm belangten Behörde (vgl. VwGH 22.10.2015, Ra 2015/16/0038, u.a.). Eine Fundstelle der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift führte auch das Verwaltungsgericht nicht an.

14 Das angefochtene Erkenntnis entspricht somit diesbezüglich nicht den Vorgaben des § 44a Z 2 VStG, weshalb es in seinem Spruchpunkt II. schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

15 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

16 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 bzw. Z 4 und 5 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 6. August 2020

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