VwGH 2005/03/0231

VwGH2005/03/023127.6.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des DS in U, Deutschland, vertreten durch Dr. Birgit Streif, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Maria Theresien-Straße 27/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 22. September 2005, Zl. KUVS- 2101-2102/4/2004, betreffend Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
GGBG 1998 §13 Abs2 Z3;
GGBG 1998 §23 Abs2 Z3;
GGBG 1998 §27 Abs2 Z9 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §27 Abs2 Z9;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
GGBG 1998 §13 Abs2 Z3;
GGBG 1998 §23 Abs2 Z3;
GGBG 1998 §27 Abs2 Z9 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §27 Abs2 Z9;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 28. September 2004 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 8. November 2002 um 9.00 Uhr eine näher bestimmte Beförderungseinheit, beladen mit Gefahrgut, auf der Südautobahn (A 2), Parkplatz Greuth, Gemeinde Arnoldstein, Bezirk Villach, gelenkt, wobei er es als Lenker unterlassen habe,

"1.) sich in zumutbarer Weise davon überzeugt zu haben, dass die Beförderungseinheit den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht, zumal die gesetzliche Höchstsumme der Gesamtgewichte von 38.000 kg, im gegenständlichen Fall in einem EU-Mitgliedsstaat zugelassenen Sattelkraftfahrzeug erhöht um 5 vH, gerundet auf volle tausend Kilogramm, das sind 40.000 kg, durch die Beladung laut Abwaage auf der geeichten Brückenwaage des Zollamtes Arnoldstein um 2.140 kg überschritten worden ist und

2.) sich in zumutbarer Weise davon überzeugt zu haben, daß die Ladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht und ordnungsgemäß gesichert ist, zumal die Ladung nicht gesichert war und viele Fässer nach hinten und seitlich verrutschen konnten."

Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

"1.) § 27 Abs. 2 Ziffer 9 i.V.m. § 13 Abs. 2 Ziffer 3 Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998, i.V.m. § 4/7a des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267, in der derzeit geltenden Fassung.

2.) § 27 Abs. 2 Ziffer 9 i.V.m. § 13 Abs. 2 Ziffer 3 Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998."

Über den Beschwerdeführer wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen Geldstrafen von EUR 150,-- (zu 1.) und EUR 100,-- (zu 2.) verhängt (Ersatzfreiheitsstrafen von 10 bzw 6 Stunden).

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde unter Bezugnahme auf das Vorbringen des Beschwerdeführers aus, dass es sich im gegenständlichen Fall "um Bestimmungen handelt, die der Lenker zu verantworten hat" und es nicht möglich sei, diese Verantwortung auf den Arbeitgeber abzuwälzen. Aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung ergebe sich eindeutig, dass der Lenker in zumutbarer Weise die Kontrolle vornehmen müsse, unabhängig von der Verantwortung anderer Personen wie Beförderer, Absender, etc.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides legte die belangte Behörde zunächst den Verfahrensgang dar und gab die Bestimmungen des § 27 Abs 2 Z 9 und des § 13 Abs 2 Z 2 Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl I Nr 145/1998 idF BGBl I Nr 86/2002, sowie des § 4 Abs 7a Kraftfahrgesetz 1967, BGBl Nr 267 idF BGBl I Nr 80/2002 wieder. Sie führte aus, dass im Beschwerdefall das Gewicht der Beförderungseinheit 42.140 kg betragen und somit das zulässige Höchstgewicht um 2.140 kg überschritten habe, obwohl es bei den ADR-Gütern keine Toleranzgrenze gäbe. Das Gefahrgut sei weiters nicht mit Gurten gesichert gewesen, sodass die Fässer verrutscht seien. Der objektiv strafbare Tatbestand sei somit erfüllt und falle dem Beschwerdeführer als sogenanntes echtes Ungehorsamsdelikt auch subjektiv zur Last. Die anzuwendenden Rechtsvorschriften richteten sich eindeutig an den Lenker einer Beförderungseinheit. Der Lenker habe sich vor Fahrtantritt davon zu überzeugen, dass das Fahrzeug hinsichtlich seines Gewichtes und seiner Ladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspreche. Er könne sich auch nicht damit entschuldigen, dass der Arbeitgeber sich um die Sicherung der Ladung und um die Überprüfung des Gewichts kümmere.

Wörtlich heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides sodann:

"Auch die eingewendete günstigere Rechtslage liegt nicht vor. Das angefochtene Straferkenntnis wurde am 28.9.2004 erlassen, Tatzeitpunkt war der 8.11.2002. Mit der Novelle BGBl I 61/2003 ist hinsichtlich der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen keine wesentliche Änderung eingetreten (§ 13 Abs. 2 wurde ein Satz angefügt). Die im Straferkenntnis angeführten Bestimmungen sind mit der Novelle BGBl I 86/2002 am 24.5.2002 in Kraft getreten und waren somit zum Tatzeitpunkt bereits in Geltung."

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Der Beschwerdeführer macht geltend, es werde ihm durch den angefochtenen Bescheid (zu Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Bescheides) vorgeworfen, er habe gegen die Bestimmungen des § 27 Abs 2 Z 9 iVm § 23 Abs 2 Z 3 Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG), BGBl Nr 145/1998 iVm § 4 Abs 7a Kraftfahrgesetz 1967 idgF verstoßen. Bis zum Zeitpunkt des schriftlichen Berufungsbescheides der belangten Behörde sei jedoch nie die Rede von einer Übertretung im Sinne des § 23 Abs 2 Z 3 GGBG gewesen, sodass bezüglich "dieses nunmehr vollkommen neuen Vorwurfs" Verfolgungsverjährung vorliege.

Dem ist entgegenzuhalten, dass dem Beschwerdeführer mit dem Straferkenntnis erster Instanz die Übertretung des § 27 Abs 2 Z 9 iVm § 13 Abs 2 Z 3 GGBG (iVm § 4 Abs 7a KFG) zur Last gelegt wurde. Wenn im angefochtenen Bescheid, der in seinem Spruch die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abweist, in der Begründung bei der Wiedergabe des erstinstanzlichen Spruches § 23 Abs 2 Z 3 GGBG (statt richtig § 13 Abs 2 Z 3 GGBG) angeführt wird, so handelt es sich dabei um einen offensichtlichen Schreibfehler, der keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bewirkt.

2. § 27 Abs 2 Z 9 GGBG in der Stammfassung, BGBl I Nr 145/1998, lautete:

"(2) Wer ...

9. als Absender gefährliche Güter entgegen § 13 Abs. 1 zur Beförderung auf der Straße übergibt ...

begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung ..."

Mit der Novelle des GGBG, BGBl I Nr 86/2002, wurde unter anderem § 27 Abs 2 GGBG neu gefasst, sodass er - mit Wirksamkeit ab dem 25. Mai 2002 - auszugsweise wie folgt lautete:

"(2) Wer ...

9. als Lenker entgegen § 13 Abs. 2 bis 4, § 15 Abs. 5 und 6 oder § 18 Abs. 2 und 4 eine Beförderungseinheit, mit der gefährliche Güter befördert werden, in Betrieb nimmt oder lenkt, Begleitpapiere oder Ausstattungsgegenstände nicht mitführt oder nicht auf Verlangen aushändigt, der Behörde nicht auf Verlangen die notwendigen Mengen oder Teile der beförderten gefährlichen Güter zur Verfügung stellt oder die in § 18 Abs. 2 angeführten Nachweise oder sonstigen Unterlagen vorlegt oder den Bescheid über die Einschränkung der Beförderung oder der Beförderungsgenehmigung nicht mitführt oder nicht auf Verlangen aushändigt ...

begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung ..."

Gemäß § 44a Z 2 VStG hat der nicht auf Einstellung lautende Spruch eines Straferkenntnisses die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung kommt demnach einem Beschuldigten das subjektive Recht darauf zu, dass ihm die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten wird, wozu auch die Anführung der Fundstelle der Vorschrift zählt. Dem Gebot der ausreichend deutlichen Angabe der Fundstelle der verletzten Verwaltungsvorschrift wird nur dann Rechnung getragen, wenn die Fundstelle jener Novelle angegeben wird, durch welche die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hat (vgl das hg Erkenntnis vom 26. April 1995, Zl 92/07/0175).

Der Beschwerdeführer macht daher zurecht geltend, dass ihm nach dem Spruch des - mit der Abweisung seiner Berufung durch den angefochtenen Bescheid bestätigten - Straferkenntnisses zwei Übertretungen des § 27 Abs 2 Z 9 GGBG, BGBl I Nr 145/1998, vorgeworfen würden, wobei sich diese Bestimmung jedoch gegen den Absender gefährlicher Güter und nicht gegen den Lenker richteten. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist jedoch nicht Verfolgungsverjährung eingetreten, da bereits in der an den Beschwerdeführer ergangenen Strafverfügung vom 13. Jänner 2003 alle für die Umschreibung des strafbaren Verhaltens erforderlichen Sachverhaltselemente enthält; dass die verletzte Verwaltungsvorschrift dabei unrichtig zitiert wurde, schadet nicht (vgl das hg Erkenntnis vom 29. September 1986, Zl 86/10/0040).

Die belangte Behörde ist zwar in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die GGBG-Novelle BGBl I Nr 86/2002 eingegangen, hat es jedoch unterlassen, den Spruch des von ihr bestätigten Straferkenntnisses entsprechend richtig zu stellen. Sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass er wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 27. Juni 2007

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