VwGH Ra 2019/09/0064

VwGHRa 2019/09/006429.10.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die außerordentliche Revision des H L in D, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 15. Februar 2019, Zl. LVwG 30.23-2862/2016-28, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark),

Normen

AVG §68 Abs1
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
VwGG §42 Abs2 Z3 litb
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGVG 2014 §38
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019090064.L00

 

Spruch:

1. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruches über die Strafe wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 23. August 2018, Ra 2017/17/0340, und vom 24. Jänner 2019, Ra 2018/17/0209, verwiesen.

2 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 2. September 2016 wurde der Revisionswerber als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 52 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) betreffend ein näher bezeichnetes Glücksspielgerät für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000,-- Euro sowie im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen verhängt.

3 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 8. Februar 2017 wurde die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen, der Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren mit 600,-- Euro festgesetzt und dem Revisionswerber die Bezahlung von Barauslagen in Form von Sachverständigengebühren in der Höhe von 274,50 Euro auferlegt. 4 Dieses Erkenntnis wurde mit dem genannten hg. Erkenntnis vom 23. August 2018, Ra 2017/17/0340, im Umfang seines Ausspruches über die Strafe und die Verfahrenskosten (des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie des Beschwerdeverfahrens) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen Umfang wurde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes nicht aufgehoben und die dagegen erhobene Revision insoweit zurückgewiesen. 5 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 14. September 2018 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers "dem Grunde nach" (neuerlich) abgewiesen und die Ersatzfreiheitsstrafe mit zwei Wochen neu festgesetzt.

6 Dieses Erkenntnis wurde mit hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2019, Ra 2018/17/0209, im Umfang seines Ausspruches über die Strafe neuerlich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen Umfang wurde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes nicht aufgehoben und die dagegen erhobene Revision insoweit zurückgewiesen.

7 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 15. Februar 2019 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers "dem Grunde nach" (neuerlich) abgewiesen und die Ersatzfreiheitsstrafe mit einem Tag und sechs Stunden neu festgesetzt. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

9 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor. 10 Die belangte Behörde verzichtete auf die Erstattung einer Revisionsbeantwortung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 12 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 13 Liegen - wie hier in Bezug auf den Ausspruch von Schuld und Strafe - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu prüfen (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2018/09/0204, mwN).

14 Mit dem Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision wird hinsichtlich des Ausspruches über die Schuld schon deshalb keine für den Revisionsfall maßgebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, weil es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, dass der Revisionswerber durch die Missachtung der Teilrechtskraft des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 8. Februar 2017 - das vom Verwaltungsgerichtshof nur im Umfang seines Ausspruches über die Strafe und die Verfahrenskosten (des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie des Beschwerdeverfahrens) aufgehoben wurde - nicht in seinen Rechten verletzt wird, zumal der behördliche Schuldspruch lediglich neuerlich bestätigt (nicht aber etwa abgeändert) wurde (vgl. etwa VwGH 16.9.2009, 2008/09/0158, sowie 5.9.2008, 2005/12/0142, mit Verweis auf VwGH 22.5.1969, 1590/68, VwSlg. 7573 A; 21.2.1990, 89/03/0113; 2.4.1990, 90/19/0139; 22.12.1992, 91/04/0269; 21.9.1993, 90/08/0154; 20.9.2000, 97/08/0631).

15 Soweit sich die Revision gegen den Schuldspruch richtet, wird eine im Revisionsfall maßgebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG daher nicht aufgezeigt.

16 Der Revisionswerber ist jedoch im Recht, wenn er sich gegen die Anwendung des zweiten Strafsatzes des § 52 Abs. 2 GSpG wendet und meint, dass das Verwaltungsgericht den ersten Strafrahmen dieser Sanktionsnorm heranzuziehen gehabt hätte, weil es aktenwidrig sei, dass der Revisionswerber im maßgebenden Zeitpunkt "wegen einer Vortat iSd § 52 Abs. 2 erster Strafrahmen rechtskräftig" bestraft worden wäre. Die Revision ist in diesem Umfang auch begründet.

17 Die Staffelung der Strafsätze in § 52 Abs. 2 GSpG orientiert sich nach dem Willen des Gesetzgebers (siehe dazu ErläutRV 24 BlgNR 24. GP , 23) an der Staffelung der Mindest- und Höchststrafen in § 28 Abs. 1 Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) (vgl. etwa auch VwGH 22.2.2017, Ra 2016/17/0033). Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, kann von einer "Wiederholung" im Sinn dieser Gesetzesbestimmungen nur dann gesprochen werden, wenn zumindest eine einschlägige Vorstrafe vorliegt. Nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes bestimmt die Einordnung der Vortat, ob ein "Wiederholungsfall" im Sinn des zweiten Strafsatzes (bei einer Vorstrafe wegen höchstens drei Übertretungen) bzw. vierten Strafsatzes (bei einer Vorstrafe wegen mehr als drei Übertretungen) vorliegt. Der im Fall "der erstmaligen und weiteren Wiederholung" vorgesehene zweite Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG setzt nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes die Bestrafung wegen einer Vortat nach dem ersten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG voraus, bezieht sich das strafsatzbestimmende Kriterium der Wiederholung in diesem Fall doch auf die Übertretung des Abs. 1 Z 1 leg. cit. mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2018/09/0204, mwN). Maßgeblich sind Vortaten, die im Tatzeitraum bereits formell rechtskräftig waren (vgl. VwGH 25.9.2019, Ra 2019/09/0005, 0006). 18 Das Verwaltungsgericht begründete die Heranziehung des zweiten Strafsatzes des § 52 Abs. 2 GSpG damit, dass "von einer Wiederholung einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG auszugehen" sei. Welche Vortat das Verwaltungsgericht insofern als strafsatzbestimmend gewertet hat, ist dem angefochtenen Erkenntnis allerdings nicht zu entnehmen. Feststellungen zu etwaigen Vorstrafen finden sich weder im angefochtenen Erkenntnis noch im behördlichen Straferkenntnis.

19 Das angefochtene Erkenntnis entzieht sich somit infolge der dargestellten Begründungs- bzw. Feststellungsmängel insoweit einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof auf dessen inhaltliche Rechtmäßigkeit und war daher im Umfang seines Strafausspruches gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

20 Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen.

21 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 29. Oktober 2019

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