VwGH 91/04/0269

VwGH91/04/026922.12.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des J in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. August 1991, Zl. Ge-50.963/2-1991/Rai/Str, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
VStG §21;
VwGG §34 Abs1;
AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
VStG §21;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. April 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, - nach Tatzeit und Tatort näher bestimmt - das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Imbißstube ausgeübt zu haben, ohne im Besitz einer entsprechenden Gastgewerbeberechtigung gewesen zu sein. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 366 Abs. 1 Z. 2 iVm §§ 5 "Abs." (richtig: Z.) 2 und 189 GewO 1973 verletzt. Im Spruch heißt es sodann weiter:

"Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese unein- Arreststrafe gemäß §

Schilling bringlich ist, von

Ersatzarrest von

366 Abs. 1

500,-- 5 Tagen Z. 2 Ge-

werbeord-

nung 1973

...

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

500,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens,

d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 50 S angerechnet):

------ Schilling als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen)

beträgt daher

5.500,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)."

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, was das Straferkenntnis vom 24. April 1991 betreffe, nehme er die Geldstrafe von S 500,-- an, obwohl er gutgläubig gewesen sei und Geringfügigkeit vorliege. Er bekämpfe lediglich die Höhe der Ersatzarreststrafe sowie die Höhe der Kosten, da diese weder S 500,-- noch S 5.000,-- ausmachen könnten. Er beantrage, das Straferkenntnis dahin gehend abzuändern, daß die Ersatzfreiheitsstrafe sowie die Kosten der Geldstrafe angepaßt würden.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. August 1991 wurde die Berufung des Beschwerdeführers im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG und § 366 Abs. 1 Z. 2 und § 5 Z. 2 GewO 1973 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß die verhängte Geldstrafe gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 auf S 5.000,-- berichtigt werde. Zur Begründung wurde - nach Darstellung des Sachverhaltes sowie der bezughabenden Rechtsvorschriften - ausgeführt, im erstinstanzlichen Straferkenntnis, welches dem Beschwerdeführer zugestellt worden sei, sei eine Geldstrafe in Höhe von S 500,-- angeführt. Weiters seien dem Beschwerdeführer S 500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben worden, mit dem Zusatz, daß dieser Kostenbeitrag 10 % der Strafe sei. Der zu bezahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) betrage daher S 5.500,--. Aus diesen Zahlen sei klar ersichtlich, daß die verhängte Strafe nur S 5.000,-- betragen habe können. Der Beschwerdeführer könne sich auf Grund der Offensichtlichkeit dieses Schreibfehlers nicht darauf berufen, daß über ihn nur eine Geldstrafe in Höhe von S 500,-- verhängt worden sei. Unabhängig davon sei auf Grund des Akteninhaltes offenkundig, daß die Erstbehörde eine Geldstrafe in Höhe von S 5.000,-- verhängt habe. Derartige Schreib- und Rechenfehler könnten jedenfalls auf Grund ihrer Offenkundigkeit gemäß § 62 Abs. 4 AVG jederzeit von Amts wegen berichtigt werden. Nach Auskunft des Beschwerdeführers verfüge dieser über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. S 12.000,--, über ein Einfamilienhaus und einen Imbißstand in Linz und sei für Gattin und Kind sorgepflichtig. Auf Grund der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers sei die verhängte Geldstrafe nach Ansicht der Behörde angemessen und gerade noch geeignet, den Beschwerdeführer in Hinkunft von der Begehung gleicher oder ähnlicher Übertretungen abzuhalten. Es sei somit spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinen "Rechten gemäß §§ 56, 59, 62, 63, 66, 68 AVG, §§ 19, 21, 24, 31, 44a, 45, 51, 64 VStG sowie §§ 5, 366 GewO verletzt". Schließlich sei er "im Petitionsrecht gemäß Art. 11 StGG verletzt" worden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, grundsätzlich habe er keinen Straftatbestand erfüllt, weil er der Meinung sein hätte dürfen, im Besitze der Gewerbeberechtigung zu sein, wobei ihm lediglich das Konzessionsdekret rechtswidrig und schikanös nicht ausgefolgt worden sei. Er sei daher gutgläubig gewesen, es habe die "Tatbestandsvoraussetzung der subjektiven Tatseite" gefehlt, zumal er aktenkundig vorsorglich um vorläufige Genehmigung angesucht habe, über welchen Antrag nie eine Entscheidung ergangen sei. Zumindest sei Geringfügigkeit im Sinne des § 21 VStG vorgelegen. Dennoch sei er bereit gewesen, S 500,-- Geldstrafe zu bezahlen, hätte der Zahlschein im Gegensatz zum "Tenor" nicht auf S 5.500,-- gelautet. Er habe daher S 500,-- anerkannt und gegen den übersteigenden Betrag von S 5.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen als unverhältnismäßig hoch berufen. Wenn nunmehr der angefochtene Bescheid im Widerspruch zu den gesetzlichen Rechtsfolgen der formellen und materiellen Rechtskraft den erstinstanzlichen Bescheid einerseits bestätige, gleichzeitig jedoch "berichtige", und zwar auf das Zehnfache der ursprünglichen Strafe, stelle dies einen rechtswidrigen Vorgang "praeter legem" dar. Einerseits hätte er nämlich das ursprüngliche Straferkenntnis vollinhaltlich bekämpft, hätte der Strafbetrag auf S 5.000,-- gelautet, andererseits werde ihm durch den nunmehr angefochtenen Berufungsbescheid die Möglichkeit genommen, gegen die "berichtigte" Strafe von S 5.000,-- ein ordentliches Rechtsmittel einzubringen. Dadurch werde das verfassungsgesetzlich garantierte Petitionsrecht (Art. 11 StGG) verletzt. Im übrigen sei die gleichzeitige Bestätigung des "Tenors" der ersten Instanz = S 500,-- und die "Berichtigung" auf S 5.000,-- in sich widersprüchlich und unzulässig, da die "Berichtigung" allenfalls die erste Instanz hätte vornehmen müssen, um ihm ein Rechtsmittel zu ermöglichen. Im übrigen wende er vorsorglich Verjährung ein. Die Begründung, ein für ihn erkennbarer Irrtum sei vorgelegen, sei unzulässig und unzutreffend, weil er einerseits kein Jurist sei und ihn lediglich der "Tenor" interessiere und aus der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses eine derartige Schlußfolgerung nicht zwingend sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Genehmigung ausübt.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, es habe Geringfügigkeit im Sinne des § 21 VStG vorgelegen, ist er darauf zu verweisen, daß die Schuld des Beschuldigten nur dann geringfügig ist, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1988, Zl. 86/08/0073). Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie § 21 VStG nicht anwendete.

Soweit sich das Beschwerdevorbringen gegen die "Berichtigung" des angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde richtet, ist auszuführen, daß nach § 62 Abs. 4 AVG Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von der Behörde von Amts wegen berichtigt werden können.

Wie der Verwaltungsgerichtshof unter anderem in seinem Erkenntnis vom 26. April 1991, Zl. 91/18/0056, dargetan hat, setzt die Anwendung der Vorschrift über die Berichtigung nach § 62 Abs. 4 einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, daß eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides erkennen können und die Unrichtigkeit ferner von der belangten Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können.

Berichtigungsfähig sind - gleichgültig ob im Spruch oder in der Begründung des Bescheides enthaltene - Fehler, die erkennbar nicht der behördlichen Willensbildung selbst, sondern alleine ihrer Mitteilung anhaften. § 62 Abs. 4 AVG hat daher insbesondere auch auf Fälle Anwendung zu finden, in denen die der Partei zugestellte Ausfertigung des Bescheides mit dem genehmigten Bescheidkonzept der erkennenden Behörde nicht übereinstimmt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 1962, Zl. 1644/61 und 2171/61).

Es kann der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß auf Grund des ausgewiesenen Gesamtbetrages von S 5.500,--, der Vorschreibung von S 500,-- als Beitrag zu den Kosten, mit dem Zusatz, daß dieser Kostenbeitrag 10 % der Strafe betrage, sowie auf Grund der mit 5 Tagen festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe klar ersichtlich sei, daß die verhängte Strafe nur S 5.000,-- betragen habe können und es sich bei der im Straferkenntnis genannten Geldstrafe in Höhe von S 500,-- nur um einen auf einem Versehen beruhenden Schreibfehler der Behörde, dessen Offenkundigkeit gegeben ist, und der von der belangten Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit - etwa bei sorgfältigem Vergleich der Urschrift mit der Ausfertigung - hätte vermieden werden können. Dafür, daß es sich um einen auf einem Versehen beruhenden Schreibfehler der belangten Behörde handelte, spricht auch, daß das im Akt befindliche Original S 5.000,-- als Höhe der Geldstrafe ausweist.

Die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, ein Schreibfehler dürfe nur von jener Behörde berichtigt werden, die ihn gesetzt habe, findet weder in § 62 Abs. 4 AVG noch in einer anderen gesetzlichen Vorschrift eine Stütze. Eine Bescheidberichtigung gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann nicht bloß von der Behörde vorgenommen werden, die den fehlerhaften Verwaltungsakt gesetzt hat, sondern in einem Berufungsverfahren auch von der Berufungsbehörde (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1990, Zl. 90/04/0083).

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde im vorliegenden Fall eine Bescheidberichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG vornahm.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er werde in seinem "verfassungsgesetzlich garantierten Petitionsrecht (Art. 11 StGG) verletzt", ist darauf hinzuweisen, daß nach Art. 133 Z. 1 B-VG Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind. Nach Art. 144 Abs. 1 B-VG erkennt über Beschwerden gegen Bescheide, soweit der Beschwerdeführer durch einen Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, der Verfassungsgerichtshof. Es ist dem Verwaltungsgerichtshof daher verwehrt, auf das betreffende Beschwerdevorbringen einzugehen.

Hinsichtlich des übrigen Beschwerdevorbringens hat sich der Verwaltungsgerichtshof auf den Hinweis zu beschränken, daß in der Berufung allein der Strafausspruch bekämpft wurde; der Schuldspruch somit in Rechtskraft erwachsen ist. Dadurch aber, daß durch den angefochtenen Bescheid (auch) der Schuldspruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses bestätigt wurde, wurde der Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht verletzt (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1987, Zl. 86/03/0158).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhang mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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