VwGH Ra 2018/22/0059

VwGHRa 2018/22/005925.4.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl sowie die Hofräte Dr. Mayr, Dr. Schwarz und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des Landeshauptmannes von Wien, gegen das am 23. November 2017 verkündete und mit 5. Jänner 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, VGW-151/031/13716/2017- 11, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: B I in W, vertreten durch Mag. Gülay Aydemir, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 5/1A), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56
AVG §66 Abs4
NAG 2005 §11 Abs1
NAG 2005 §11 Abs2
NAG 2005 §11 Abs2 Z3
NAG 2005 §24
NAG 2005 §24 Abs1
NAG 2005 §25
NAG 2005 §25 Abs1
NAG 2005 §25 Abs2
NAG 2005 §25 Abs3
NAG 2005 §64
NAG 2005 §64 Abs3
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28
VwGVG 2014 §28 Abs3
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018220059.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte, ein türkischer Staatsangehöriger, verfügte zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung "Studierender" gemäß § 64 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) mit einer Gültigkeit bis zum 17. Februar 2017.

2 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (Behörde) vom 8. August 2017 wurde der Verlängerungsantrag des Mitbeteiligten abgewiesen, weil er im vorangegangenen Studienjahr 2015/2016 den erforderlichen Studienerfolg nicht habe nachweisen können. 3 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht Wien mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG Folge und behob den Bescheid des Landeshauptmannes. Weiters sprach es aus, dass eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis unzulässig sei.

4 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass während der Anhängigkeit des Verlängerungsverfahrens bereits ein weiteres Studienjahr verstrichen sei und der Mitbeteiligte im nunmehr relevanten Studienjahr 2016/2017 den erforderlichen Studienerfolg nachgewiesen habe. Allerdings verfüge der Mitbeteiligte "zum Entscheidungszeitpunkt" über keine alle Risken abdeckende Krankenversicherung.

5 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, dass die besondere Erteilungsvoraussetzung, nämlich der Nachweis eines Studienerfolges, erfüllt sei, es jedoch an einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 3 NAG fehle. Daher habe die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde (Revisionswerber) nunmehr ein Verfahren nach § 25 Abs. 1 NAG zu führen und je nach Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Verfahren gemäß § 25 Abs. 2 NAG einzustellen oder eine weitere Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. 6 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Die Revision bringt in der Zulässigkeitsbegründung auf das Wesentliche zusammengefasst vor, dass das Verwaltungsgericht nicht in der Sache selbst entschieden habe und "in Wirklichkeit" eine Zurückverweisung vorliege. Eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG sei jedoch nicht zulässig gewesen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb das Verwaltungsgericht nicht selbst gemäß § 25 NAG an das BFA herangetreten sei. Darüber hinaus habe eine Zurückverweisung einer Angelegenheit in Form eines Beschlusses und nicht eines Erkenntnisses zu erfolgen.

 

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung eines Vorverfahrens - der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er sich den Revisionsausführungen im Wesentlichen anschloss und Kostenersatz begehrte - erwogen:

9 Die Revision ist im Hinblick auf die dargelegte Rechtsfrage, ob das Verwaltungsgericht selbst ein Verfahren nach § 25 Abs. 1 NAG einzuleiten hat, zulässig und aus folgenden Gründen berechtigt.

10 Die maßgeblichen Vorschriften des NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten auszugsweise:

"Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. ...

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

...

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

...

Verlängerungsverfahren

§ 24. (1) Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

...

(3) Fremden ist im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens ein Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu erteilen, wenn die Voraussetzungen für diesen weiterhin vorliegen.

(4) Mit einem Verlängerungsantrag (Abs. 1) kann bis zur Erlassung des Bescheides ein Antrag auf Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels oder auf Änderung des Aufenthaltstitels verbunden werden. Sind die Voraussetzungen für den beantragten anderen Aufenthaltszweck oder Aufenthaltstitel nicht erfüllt, ist darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen und der bisherige Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen.

...

Verfahren im Fall des Fehlens von Erteilungsvoraussetzungen

für die Verlängerung eines Aufenthaltstitels

§ 25. (1) Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung des Aufenthaltstitels Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 und 2, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung gemäß §§ 52 ff. FPG beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - gegebenenfalls unter Anschluss der Stellungnahme des Fremden - zu verständigen. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(2) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist das Verfahren über den Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung auf Antrag des Fremden fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird. Ist eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig, hat die Behörde einen Aufenthaltstitel mit dem gleichen Zweckumfang zu erteilen.

(3) Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung eines Aufenthaltstitels besondere Erteilungsvoraussetzungen des 2. Teiles, hat die Behörde den Antrag ohne weiteres abzuweisen.

...

Studierende

§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie

  1. 1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
  2. 2. ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule oder einen anerkannten privaten Studiengang oder anerkannten privaten Hochschullehrgang absolvieren und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.

    Eine Haftungserklärung ist zulässig.

(2) Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit richtet sich nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Diese Erwerbstätigkeit darf das Erfordernis des Studiums als ausschließlicher Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen.

(3) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule oder anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule erbringt. Gleiches gilt beim Besuch eines anerkannten privaten Studienganges oder anerkannten privaten Hochschullehrganges. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.

..."

11 § 17, § 28 und § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz

(VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, lauten auszugsweise:

"Anzuwendendes Recht

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

...

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

  1. 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
  2. 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

...

Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

..."

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, festgehalten, dass dem Verwaltungsgericht sowohl in den in Art. 130 Abs. 4 B-VG vorgesehenen und in § 28 Abs. 2 VwGVG angeordneten, als auch in den von § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG erfassten Fällen (kein Widerspruch durch die Verwaltungsbehörde gegen eine Entscheidung in der Sache), in denen nicht § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingreift, eine kassatorische Entscheidung nicht offen steht. Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht nachvollziehbar zu begründen habe, weshalb es keine meritorische Entscheidungskompetenz annehme.

13 Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Verwaltungsgericht, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet, nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen hat, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Dabei hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in der Regel an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl. VwGH 23.6.2015, Ra 2014/22/0199, Pkt. 4.5., mwN). 14 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses der gegen den bekämpften Bescheid der belangten Behörde erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten Folge gegeben und diesen Bescheid behoben. Ein inhaltlicher Abspruch über den Antrag des Mitbeteiligten, der Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde war, ist nicht erfolgt. 15 Vorauszuschicken ist, dass die erfolgte Behebung des bekämpften Bescheides nicht als ersatzlose Behebung im Sinn einer negativen Sachentscheidung anzusehen ist. Dies ließe sich nämlich weder mit dem ebenfalls erfolgten Ausspruch, dass der Beschwerde Folge gegeben wird, in Einklang bringen (beantragt wurde darin nämlich die Titelerteilung) noch mit den in der Begründung enthaltenen Ausführungen, wonach die Behörde nunmehr ein Verfahren nach § 25 Abs. 1 NAG zu führen und je nach Entscheidung des BFA das Verfahren gemäß § 25 Abs. 2 NAG einzustellen oder eine weitere Aufenthaltsbewilligung zu erteilen habe.

16 Es liegt somit im gegenständlichen Fall - wie der Revisionswerber zutreffend vorbringt - keine Sachentscheidung vor. 17 Das Verwaltungsgericht ist zum Ergebnis gelangt, dass der Mitbeteiligte im nunmehr relevanten Studienjahr 2016/2017 den erforderlichen Studienerfolg nachgewiesen habe (vgl. dazu VwGH 13.12.2018, Ro 2017/22/0007, Rn. 12, mwN) und daher die besonderen Erteilungsvoraussetzungen erfülle, jedoch über keine alle Risken abdeckende Krankversicherung verfüge und somit die allgemeine Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 3 NAG nicht vorliege. Dies wird in der Revision auch nicht bestritten. 18 § 25 Abs. 1 NAG 2005 regelt die Vorgehensweise bei Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung (gemäß § 11 Abs. 1 und 2 NAG). Fehlt hingegen eine besondere Erteilungsvoraussetzung, so ist der Antrag nach § 25 Abs. 3 NAG ohne weiteres abzuweisen (vgl. VwGH 21.3.2017, Ra 2017/22/0016, Rn. 7).

19 Die ErläutRV (952 BlgNR 22. GP , 130) halten zu § 25 NAG fest:

"§ 25 stellt das Verfahren bei Verlängerungsanträgen dar, wenn Erteilungsvoraussetzungen fehlen. Die Behörde hat den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihn zu einer Äußerung aufzufordern. Nach Eingang der Äußerung oder fruchtlosem Ablauf der eingeräumten Frist ist der gesamte Akt der Fremdenpolizeibehörde vorzulegen. Diese prüft, ob gegen den Fremden ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung erlassen werden kann. Ist dies nicht der Fall, so gilt § 24 Abs. 3 - dem Fremden ist von der Niederlassungsbehörde ein Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu erteilen.

Erwächst eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in Rechtskraft, sind Verfahren nach diesem Bundesgesetz einzustellen."

20 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass bei Fehlen allgemeiner Erteilungsvoraussetzungen bei Verlängerungsanträgendie Niederlassungsbehörde nach § 25 Abs. 1 NAG vorzugehen und nicht etwa den an sie gerichteten Antrag meritorisch durch Abweisung zu erledigen hat (vgl. VwGH 27.1.2011, 2008/21/0249). Der Umstand allein, dass erst das Verwaltungsgericht vom Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung ausgegangen ist, vermag an der Maßgeblichkeit des § 25 NAG nichts zu ändern (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024, Pkt. 4.7.). 21 Nach § 25 Abs. 1 NAG erfolgt kein Zuständigkeitsübergang von der Niederlassungsbehörde auf das BFA (vgl. VwGH 4.10.2018, Ro 2018/22/0001, Rn. 18). Bei der darin vorgesehenen Verständigungsvorschrift handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Bestimmung.

22 Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies Folgendes:

23 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde hat den Verlängerungsantrag wegen Fehlen von besonderen Voraussetzungen (Studienerfolg) abgewiesen. Das Verwaltungsgericht kam zu dem Schluss, dass die besonderen Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels vorlägen, jedoch nicht die allgemeine Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 3 NAG (Krankenversicherung). Demnach wäre - bezogen auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes - die Behörde nicht befugt, den Verlängerungsantrag nach § 25 Abs. 3 NAG abzuweisen, sondern wäre angehalten gewesen, nach § 25 Abs. 1 NAG vorzugehen. 24 Dieser Umstand allein berechtigt das Verwaltungsgericht jedoch nicht, die Angelegenheit an die Behörde zurückzuverweisen. Gemäß § 17 VwGVG sind die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des NAG, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren anzuwenden gehabt hätte, vom Verwaltungsgericht sinngemäß anzuwenden. Daraus folgt, dass § 25 NAG auch vom Verwaltungsgericht anzuwenden ist, ungeachtet dessen, dass lediglich von der "Behörde" die Rede ist (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024, Pkt. 4.7.). 25 § 25 Abs. 2 erster Satz NAG sieht für den Fall, dass eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft erwächst, vor, dass das Verfahren über den Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels formlos einzustellen ist. Zur Klarstellung wird angemerkt, dass im Fall des Vorliegens einer rechtskräftigen Aufenthaltsbeendigung vom Verwaltungsgericht aufgrund der Beschwerde der Bescheid dahingehend abgeändert wird, dass nach § 25 Abs. 2 erster Satz NAG das Verlängerungsverfahren als eingestellt gilt.

26 Das Verwaltungsgericht war somit im vorliegenden Fall nicht zu einer Behebung und (der Sache nach) Zurückverweisung der Angelegenheit an die Verwaltungsbehörde - die in Beschlussform zu ergehen hätte (vgl. VwGH 13.12.2018, Ra 2018/22/0186, Pkt. 7.1.) - berechtigt, weil keine besonders gravierenden Ermittlungslücken ersichtlich sind, die eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG ermöglichen würden (vgl. zu den engen Grenzen der Möglichkeit einer Zurückverweisung nochmals VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063).

27 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. 28 Kosten waren schon deshalb nicht zuzusprechen, weil der Mitbeteiligte gemäß § 47 Abs. 3 VwGG nur im Fall der Abweisung der Revision Anspruch auf Aufwandersatz hätte.

Wien, am 25. April 2019

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