VwGH Ra 2018/03/0113

VwGHRa 2018/03/011311.3.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des l U in F, Deutschland, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Domgasse 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 25. Juli 2018, Zl. LVwG-S-1362/001-2017, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten), den Beschluss gefasst:

Normen

VStG §44a Z1;
VStG §9;
VwGG §47;
VwGG §48 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §38;
VwGVG 2014 §50;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018030113.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Kostenersatzbegehren der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

1 A.  Das Verwaltungsgericht legte mit dem angefochtenen im Rechtszug ergangenen Erkenntnis dem Revisionswerber zur Last, dass er (insoweit in Ergänzung zur verwaltungsbehördlichen Entscheidung) als Unternehmer am 26. November 2015 in S (beides wurde noch näher konkretisiert) eine gewerbsmäßige Güterbeförderung durchgeführt habe, wobei keine Gemeinschaftslizenz habe vorgelegt werden können. Die Fracht (eine Ladung von 500 kg Nüssen) sei im Transit durch Österreich von Bulgarien nach Deutschland transportiert worden. Da das höchstzulässige Gesamtgewicht der Fahrzeugkombination 3,5 t überschritten habe, sei der Transport der Verpflichtung unterlegen, eine Gemeinschaftslizenz mitzuführen. Der Revisionswerber habe dadurch § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 9 Abs. 1 iVm § 23 Abs. 1 Z 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG) verletzt, weshalb über ihn gemäß § 23 Abs. 1 und Abs. 4 zweiter Satz GütbefG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 67 Stunden) verhängt wurde.

2 B. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3 Nach § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 leg. cit.) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, (u.a.) die als erwiesen angenommene Tat (Z 1), die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2), sowie die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung (Z 3) zu enthalten.

4 C. Ausgehend davon erweist sich die vorliegende Revision als nicht zulässig. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Rahmen der Rechtslage getroffen, wie sie sich aus den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt.

5 Der vom Revisionswerber herangezogene § 44a Z 1 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige als erwiesen angenommene Tat aufscheint. Wird im Spruch die als erwiesen angenommene Tat unzutreffend umschrieben, stellt dies eine offenkundige Verletzung des Gesetzes zum Nachteil des Bestraften dar (vgl. etwa VwGH 30.6.2011, 2011/03/0078).

6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses in diesem Sinne so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Auf dem Boden des § 44a Z 1 VStG muss die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2017/05/0294, mwH). Der angeführten Rechtsvorschrift wird dann entsprochen, wenn im Spruch der verwaltungsstrafrechtlichen Entscheidung dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und weiters der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. etwa VwGH 11.8.2006, 2005/02/0234). Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (vgl. etwa VwGH 8.9.2011, 2011/03/0130). Der Bestrafte hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2017/05/0294, mwH).

7 Das Verwaltungsgericht, das verpflichtet ist, das die Verantwortlichkeit des Beschuldigten konstituierende Merkmal im Rahmen der von ihm zu treffenden Entscheidung richtig und vollständig anzugeben, ist entgegen der Stoßrichtung der Revision berechtigt und verpflichtet, in seiner Entscheidung eine Richtigstellung des von der Verwaltungsbehörde festgehaltenen, vom Verwaltungsgericht nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens aber als unzutreffend erkannten Verantwortlichkeitsmerkmales vorzunehmen (vgl. VwGH 16.1.2019, Ra 2018/02/0300, mwH). Das Verwaltungsgericht war somit verpflichtet, das die Verantwortlichkeit des Revisionswerbers konstituierende Merkmal "Unternehmer" im Spruch seiner Entscheidung richtig zu stellen. Es ist nämlich auch nicht erkennbar, dass der Revisionswerber durch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Richtigstellung in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt oder der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (vgl. dazu etwa VwGH 17.4.2015, Ra 2015/02/0048). Der Revisionswerber stellt im Übrigen nicht konkret in Abrede, dass ihm dieses Merkmal im gegenständlichen Fall (neben seiner Eigenschaft als Lenker) auch zukam.

8 Weiters wurde ihm schon mit der als Verfolgungshandlung nach § 32 Abs. 2 VStG zu qualifizierenden "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 12. Oktober 2016 - somit innerhalb der in § 31 Abs. 1 VStG normierten Jahresfrist - von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde mittels Bezugnahme auf die für Unternehmer einschlägigen Bestimmung des § 23 Abs. 1 Z 8 GütbefG hinreichend deutlich gemacht, dass er im vorliegenden Zusammenhang als "Unternehmer" verfolgt wird. Schon deshalb kommt entgegen der Revision diesbezüglich eine Verfolgungsverjährung iSd § 31 Abs. 1 VStG nicht zum Tragen.

9 D.  In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

10 Da in der Revisionsbeantwortung der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde lediglich "auf die bisherige Aktenlage verwiesen" wird, war das Kostenersatzbegehren der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde auf dem Boden der §§ 47 ff VwGG abzuweisen (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2017/05/0251).

Wien, am 11. März 2019

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