VwGH Ra 2015/02/0048

VwGHRa 2015/02/004817.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Revision des I in T, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Mittergasse 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 7. Jänner 2015, Zl. LVwG 30.9-430/2014-7, betreffend Übertretungen des KFG (Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landespolizeidirektion Steiermark, Polizeikommissariat Leoben), den Beschluss gefasst:

Normen

KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §2 Abs1 Z32;
KFG 1967 §2 Abs1 Z33;
KFG 1967 §4 Abs7a;
StVO 1960 §18 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015020048.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber zweier Übertretungen des KFG schuldig erkannt. Er habe sich zu einem näher bezeichneten Zeitpunkt am 11. März 2013 als Lenker eines nach den Kennzeichen bestimmten Kraftwagenzugs, obwohl ihm das zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von ihm verwendete Kfz den Vorschriften des KFG entspricht, da festgestellt worden sei, dass 1.) die zulässige Summe der Gesamtgewichte von 44.000 kg gemäß § 4 Abs. 7a KFG (Transport von Rundholz aus dem Wald oder bei der Sammlung von Rohmilch bis zum nächstgelegenen technisch geeigneten Verladebahnhof oder zu einem Verarbeitungsbetrieb, höchstens jedoch 100 km Luftlinie, wenn die hintere Achse des Anhängers mit Doppelbereifung oder einer der Doppelbereifung gleichwertigen Bereifung ausgerüstet ist oder beide Fahrzeuge jeweils mehr als zwei Achsen haben) um 12.550 kg überschritten worden sei (Übertretung des § 102 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 7a KFG), und 2) das höchste zulässige Gesamtgewicht des Kraftwagenzuges von 43.990 kg durch die Beladung um 12.560 kg überschritten worden sei (Übertretung des § 102 Abs. 1 KFG iVm § 101 Abs. 1 lit. a KFG). Als Tatort wurde "8700 Leoben, auf der S6, StrKm. 99.500" angegeben.

Über den Revisionswerber wurden wegen dieser Übertretungen gemäß § 134 Abs. 1 KFG Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1.330,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 11 Tagen) verhängt.

Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3. Zur Zulässigkeit der Revision führt der Revisionswerber hinsichtlich der Übertretung des § 102 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 7a KFG aus, dass das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wann bzw. unter welchen Voraussetzungen der Angabe der Fahrtrichtung Tatbestandsmäßigkeit zukomme, abweiche, weil es die in § 4 Abs. 7a KFG geforderten Tatbestandsmerkmale nicht aufweise. Der Revisionswerber verweist dazu auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. April 1985, Zl. 85/18/0025, und vom 19. Februar 1986, Zl. 85/18/0284.

§ 4 Abs. 7a KFG lautet:

"(7a) Bei Kraftwagen mit Anhängern darf die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 40 000 kg, im Vorlauf- und Nachlaufverkehr 44 000 kg, und beim Transport von Rundholz aus dem Wald oder bei der Sammlung von Rohmilch bis zum nächstgelegenen technisch geeigneten Verladebahnhof oder zu einem Verarbeitungsbetrieb, höchstens jedoch 100 km Luftlinie, wenn die hintere Achse des Anhängers mit Doppelbereifung oder einer der Doppelbereifung gleichwertigen Bereifung ausgerüstet ist oder beide Fahrzeuge jeweils mehr als zwei Achsen haben, 44 000 kg nicht überschreiten. Die größte Länge von Kraftwagen mit Anhängern darf 18,75 m, von Sattelkraftfahrzeugen jedoch 16,5 m nicht überschreiten."

Die vom Revisionswerber zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes betreffen Übertretungen der StVO, die für den hier vorliegenden Fall nicht einschlägig sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG hat die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr eine Doppelbestrafung ausgesetzt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. März 2010, Zl. 2010/17/0017). Bei Übertretungen im Straßenverkehr ist daher nach diesem Grundsatz zu prüfen, ob die Angabe der Fahrtrichtung wesentliches Tatbestandsmerkmal in dem Sinne ist, dass eine unterlassene Angabe den Beschuldigten in seinen Verteidigungsrechten einschränken oder ihn der Gefahr der Doppelbestrafung aussetzen würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa bei Übertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO (Erkenntnis vom 22. Februar 2002, Zl. 2001/02/0151), § 18 Abs. 1 und § 20 Abs 2 StVO (Erkenntnis vom 19. Oktober 1996, Zl. 96/03/0255), § 103 Abs. 2 KFG (Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 2001/02/0060) die Angabe der Fahrtrichtung zur Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat als nicht erforderlich erachtet.

Die Beurteilung, ob hinsichtlich einer konkreten Übertretung die Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z 1 VStG ausreichend präzise ist, um den Beschuldigten nicht in seinen Verteidigungsrechten einzuschränken oder einer Gefahr der Doppelbestrafung auszusetzen, setzt eine Berücksichtigung des jeweiligen gesetzlichen Tatbildes und der Umstände des Einzelfalls voraus.

Dem Revisionswerber wurde die Übertretung des § 102 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 7a KFG vorgeworfen; entscheidend ist daher die Überschreitung des Gesamtgewichts, das nach § 4 Abs. 7a KFG im Allgemeinen 40.000 kg, in zwei besonders geregelten Ausnahmefällen jedoch 44.000 kg nicht überschreiten darf. Die (zugunsten des Revisionswerbers) angenommene Ausnahme bezieht sich auf den Rundholztransport, für den - unter weiteren Voraussetzungen - bis zum nächstgelegenen technisch geeigneten Verladebahnhof oder zu einem Verarbeitungsbetrieb, höchstens jedoch 100 km Luftlinie, ein Gesamtgewicht von bis zu 44.000 kg zulässig ist. Dass weder die Fahrtrichtung noch der Ausgangs- und Zielpunkt der Fahrt im Spruch angeführt wurde, begegnet - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - im vorliegenden Fall keinen Bedenken im Hinblick auf die Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat, weil nicht in Frage steht, dass zugunsten des Revisionswerbers ohnehin von einem Rundholztransport im Sinne des § 4 Abs. 7a KFG (für dessen Vorliegen es auf den Ausgangs- und Zielpunkt der Fahrt sowie gegebenenfalls die Fahrtrichtung ankäme) ausgegangen wurde. Dass ein Rundholztransport vorlag, bildet auch nicht Teil des Tatvorwurfs, gegen den sich der Revisionswerber verteidigen müsste; der Tatvorwurf bezieht sich vielmehr auf die Überschreitung des nach der angewendeten Gesetzesbestimmung des § 4 Abs. 7a KFG erlaubten Gesamtgewichts.

Die Revision zeigt damit nicht auf, dass das Verwaltungsgericht von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat abgewichen wäre.

4. Zur Zulässigkeit der Revision (hinsichtlich beider ihm vorgeworfenen Übertretungen) macht der Revisionswerber weiters geltend, dass das vom Verwaltungsgericht zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 1999, Zl. 99/03/0054, "nicht anwendbar" sei und die Klärung der grundlegenden Rechtsfrage erforderlich sei, ob eine "gleichzeitige" Bestrafung wegen § 4 Abs 7a KFG und § 101 Abs. 1 lit. a KFG zulässig sei bzw. ob § 4 Abs. 7a KFG "die Spezialnorm im Sinne einer Ausnahmebestimmung" zu § 101 Abs. 1 lit. a KFG sei.

Der Revisionswerber übersieht in seinen Ausführungen die Unterscheidung zwischen dem (tatsächlichen) Gesamtgewicht (§ 2 Abs. 1 Z 32 KFG), das für § 4 Abs. 7a KFG relevant ist, und dem höchsten zulässigen Gesamtgewicht (§ 2 Abs. 1 Z 33 KFG), wie es für § 101 Abs. 1 lit. a KFG maßgeblich ist. Er vermag auch nicht darzulegen, aus welchen Gründen das vom Verwaltungsgericht zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 99/03/0054, für den im Revisionsfall maßgeblichen Sachverhalt nicht einschlägig wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis darauf hingewiesen, dass nach § 101 Abs. 1 lit. a KFG auch die Überschreitung der Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftfahrzeuges mit Anhänger verpönt ist und dass § 4 Abs. 7a KFG 1967 auf die Summe der tatsächlichen Gesamtgewichte abstellt. Auch für Übertretungen des § 101 Abs. 1 lit. a KFG und des § 4 Abs. 7a KFG gilt der Grundsatz, dass durch diese Übertretungen zwei verschiedene Tatbilder verwirklicht werden, die einander nicht ausschließen, weil jedes für sich allein und beide gleichzeitig verwirklicht werden können.

5. Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG zurückzuweisen.

Wien, am 17. April 2015

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