VwGH Ra 2017/12/0132

VwGHRa 2017/12/01322.7.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Mag. A D in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Mai 2017, Zl. W 213 2011367-1/22E, betreffend Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §52;
AVG §53;
AVG §7;
BDG 1979 §137;
BDG 1979 Anl1;
B-VG Art133 Abs4;
GehG 1956 §28;
GehG 1956 §30;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017120132.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.

2 Zur Vorgeschichte wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf deren Darstellung in den hg. Erkenntnissen vom 17. Dezember 2007, 2006/12/0086, vom 16. Dezember 2009, 2008/12/0200, vom 21. Dezember 2011, 2010/12/0138, sowie vom 11. Dezember 2013, 2012/12/0123, verwiesen.

3 Mit dem zuletzt genannten Erkenntnis wurde der Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 26. Juli 2012, mit welchem über Antrag des Revisionswerbers vom 30. September 2005 gemäß §§ 28 und 30 Gehaltsgesetz 1956, Nr. 54 (GehG), in Verbindung mit § 137 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG), festgestellt worden war, dass diesem als Referent mit ESB in der Abteilung ST 3 vom 5. Oktober 2004 an die besoldungsrechtliche Stellung der Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 3, zukomme, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

4 Im fortgesetzten Verfahren traf die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde nach weiteren Verfahrensschritten mit Bescheid vom 20. Juni 2014 neuerlich die Feststellung, dass dem Revisionswerber gemäß §§ 28 und 30 GehG in Verbindung mit § 137 BDG als Referent mit ESB in der Abteilung ST 3 vom 5. Oktober 2004 (an) die besoldungsrechtliche Stellung der Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 3, zukomme.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid vom 20. Juni 2014 gemäß §§ 28 und 30 GehG in Verbindung mit § 137 BDG und § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für nicht zulässig.

6 Das Verwaltungsgericht setzte sich mit den Einwendungen des Revisionswerbers hinsichtlich der durch den Amtssachverständigen zu den Kriterien "Fachwissen", "Umgang mit Menschen" und "Einfluss auf Endergebnisse" vergebenen Zuordnungspunkte auseinander und gelangte aus näher dargestellten Gründen zu der Einschätzung, dass die im Gutachten des Amtssachverständigen vom 9. Dezember 2016 getroffene Punktezuordnung gerechtfertigt erscheine und dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Gutachten des Sachverständigen zu folgen sei. Darüber hinaus legte das Verwaltungsgericht dar, aufgrund welcher Überlegungen es davon ausging, dass eine Befangenheit des Amtssachverständigen T nicht vorliege.

7 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 22. September 2017, E 2150/2017-5, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und diese mit Beschluss vom 2. November 2017, E 2150/2017-7, über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

8 In der vorliegenden außerordentlichen Revision werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht, den angefochtenen Bescheid aus den genannten Gründen aufzuheben.

9 Zur Zulässigkeit macht die Revision geltend, es liege insofern ein schwerwiegender Verfahrensmangel vor, als das Bundesverwaltungsgericht jegliche Gegenüberstellung des vom Revisionswerber vorgelegten Privatgutachtens mit dem Gutachten des Amtssachverständigen unterlassen habe und das angefochtene Erkenntnis unter diesem Gesichtspunkt eine nachvollziehbare Begründung, weshalb sich das Gericht dem Gutachten des Amtssachverständigen anschließe, vermissen lasse. Darüber hinaus liege grundsätzlich eine - als schwerer rechtsstaatlicher Missstand zu bezeichnende - strukturelle und bezogen auf die gegenständliche Rechtssache auch konkrete Befangenheit des vom Gericht herangezogenen Amtssachverständigen vor, der im vorliegenden Fall immer wieder "Beharrungsgutachten" erstattet habe. Vor diesem Hintergrund bedürfe es durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer grundsätzlichen Klärung der Erfordernisse für die vergleichende bzw. gegenüberstellende Auseinandersetzung mit von Amts wegen eingeholten sowie mit von einer Verfahrenspartei vorgelegten Gutachten. Schließlich stelle sich die Frage, ob bei Richtverwendungen die Arbeitsplatzkonfiguration zum Gesetzgebungszeitpunkt - allein - maßgeblich sei oder ob auch auf die spätere Entwicklung eines solchen Arbeitsplatzes Bedacht zu nehmen sei.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargetan:

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

12 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Die Frage, ob ein Gutachten in seiner konkreten Ausgestaltung zu Recht als schlüssig qualifiziert wurde, stellt keine grundsätzliche Rechtsfrage, sondern eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, welche jedenfalls dann keine Zulässigkeit der Revision begründet, wenn sie zumindest vertretbar ist (VwGH 21.11.2017, Ra 2017/12/0082).

14 Wenn die Revision Begründungsmängel des angefochtenen Erkenntnisses ins Treffen führt, ist festzuhalten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit den vom Revisionswerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebrachten Argumenten und dessen Einwendungen gegen die Schlüssigkeit des Gutachtens des Amtssachverständigen in jedenfalls nicht unvertretbarer Weise auseinander gesetzt hat. Dabei befasste sich das Verwaltungsgericht inhaltlich mit jenen Kritikpunkten, die in dem in der Revision angesprochenen Privatgutachten vorgetragen wurden und auf deren Grundlage der Revisionswerber in seinen darauffolgenden Eingaben eine höhere Punktezuordnung zu den Kriterien "Fachwissen", "Umgang mit Menschen" und "Einfluss auf die Endergebnisse" forderte. Welche weiteren Aspekte, die in dem vom Revisionswerber vorgelegten Privatgutachten aufgegriffen worden seien, in das ergänzte Gutachten des Amtssachverständigen und in die gerichtlichen Erwägungen nicht ausreichend Eingang gefunden hätten, ist auf dem Boden der Zulässigkeitsbegründung nicht ersichtlich. Es wird somit in diesem Punkt kein Begründungsmangel aufgezeigt, der eine Verletzung tragender Grundsätze des Verfahrensrechts und damit das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bewirkte (vgl. zur Begründungspflicht VwGH 27.4.2017, Ra 2017/12/0030; im Zusammenhang mit Fragen der Arbeitsplatzbewertung siehe VwGH 11.4.2018, Ra 2017/12/0038).

15 Unter dem Gesichtspunkt ihrer Vertretbarkeit sind auch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu prüfen, wonach an dem für die Vergleichsrichtverwendung herangezogenen Arbeitsplatz (u.a.) infolge der ständigen Weiterentwicklung wissenschaftlicher Methoden hohe Anforderungen zu erfüllen seien. Dabei ist auch hinsichtlich der zuletzt genannten, die Schlüssigkeit des ergänzenden Gutachtens betreffenden Überlegungen des Gerichts (vgl. die in der Revision zitierten Passagen auf Seite 70, zweiter Absatz des angefochtenen Erkenntnisses, auf welche die Zulässigkeitsbegründung erkennbar Bezug nimmt) nicht ersichtlich, inwiefern das Schicksal der Revision von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG abhinge.

16 Wohl trifft es zu, dass die als Richtverwendungen bezeichneten Arbeitsplätze mit dem "versteinerten" Inhalt maßgebend sind, der den betreffenden Bestimmungen des Richtverwendungskatalogs der Anlage 1 zum BDG zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens zukam (vgl. beispielsweise VwGH 21.02.2001, 94/12/0048). Die in der Revision angesprochenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts stehen mit dieser Vorgabe aber nicht in Widerspruch, sondern sind so zu deuten, dass damit auf eine bereits bei der Festlegung der Richtverwendung erforderliche Flexibilität (u.a. hinsichtlich der ständigen Weiterentwicklung wissenschaftlicher Methoden) und auf daraus resultierende erhöhte Anforderungen an dem betroffenen Vergleichsarbeitsplatz Bezug genommen wurde, die in dieser Dimension schon Eingang in den der Richtverwendung zugrundeliegenden Inhalt fanden.

17 Hinsichtlich der Frage, ob ein Bediensteter der Behörde, der bereits im Verfahren vor der Behörde als Sachverständiger tätig geworden ist, zulässiger Weise auch vom Verwaltungsgericht in derselben Sache als Sachverständiger beigezogen werden darf, hat sich der Verwaltungsgerichtshof dem - auch im Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 22. September 2017 zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 7. Oktober 2014, E 707/2014, angeschlossen (VwGH 20.6.2016, Ra 2016/09/0046, mwN; vgl. auch VwGH 3.2.2017, Ra 2016/02/0055). Demnach bestehen gegen die Heranziehung von Amtssachverständigen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine grundsätzlichen Bedenken.

18 Dass im vorliegenden Fall besondere Umstände vorgelegen wären, die geeignet wären, die volle Unbefangenheit des dem Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen, ist nach Lage des Falles - allein aufgrund der in der Revision angesprochenen langen Verfahrensdauer sowie des Umstandes, dass der Sachverständige in mehreren Rechtsgängen zur Ergänzung seines Gutachtens aufgefordert wurde - nicht ersichtlich.

19 An dieser Einschätzung vermögen auch die Ausführungen des Revisionswerbers nichts zu ändern, wonach in der Regel ein Beamter einer Organisationseinheit eine Erstbewertung eines Arbeitsplatzes vornehme und anschließend "im rechtlichen Verfahren" ein anderer Beamter derselben Organisationseinheit zum Sachverständigen zwecks Beurteilung der Richtigkeit ebendieser Erstbewertung bestellt werde.

20 Da selbst die Heranziehung ein und desselben Sachverständigen in einem mehrstufigen Verfahren keinen grundsätzlichen Bedenken begegnet, trifft dies umso mehr für den in der Revision angesprochenen Fall zu, bei dem in aufeinanderfolgenden Verfahrensschritten zwei verschiedene Sachverständige betreffend Fragen der Bewertung eines Arbeitsplatzes herangezogen werden (zu einer Fallgestaltung, in der das Verwaltungsgericht einen bereits im Verfahren vor der belangten Gemeindebehörde tätig gewordenen Sachverständigen beizog, wobei die Richtigkeit des vor der Behörde erstatteten Gutachtens in der Beschwerde ausdrücklich bekämpft wurde, siehe VwGH 14.4.2016, Ra 2015/06/0037; zu einem nahezu gleichlautenden Vorbringen des Revisionswerbers, und zwar im Zusammenhang mit einem Arbeitsplatz, den er in der Zeit vom 16. September 2002 bis 10. August 2003 innehatte, vgl. schon VwGH 27.9.2011, 2009/12/0112¸ unter Hinweis auf VwGH 20.5.2008, 2005/12/0113).

21 Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zur Behandlung geeignet. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 2. Juli 2018

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