VwGH 2006/12/0086

VwGH2006/12/008617.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Nowakowski, Dr. Thoma und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Mag. D in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 18. April 2006, Zl. BMVIT- 1.872/0006-I/CS5/2006, betreffend Arbeitsplatzbewertung nach § 137 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §137 Abs1 idF 2003/I/130;
BDG 1979 §137 Abs2 idF 1994/550;
BDG 1979 Anl1 idF 2005/I/080;
BDG 1979 Anl1 Z1.7.6 idF 2005/I/080;
BDG 1979 Anl1 Z1.8.8 idF 2005/I/080;
DienstrechtsNov 2005;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §137 Abs1 idF 2003/I/130;
BDG 1979 §137 Abs2 idF 1994/550;
BDG 1979 Anl1 idF 2005/I/080;
BDG 1979 Anl1 Z1.7.6 idF 2005/I/080;
BDG 1979 Anl1 Z1.8.8 idF 2005/I/080;
DienstrechtsNov 2005;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die belangte Behörde.

Über Antrag des Beschwerdeführers sprach die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. April 2006 wie folgt ab:

"Die Tätigkeit des Antragstellers als Referent mit ESB in der Abteilung ST 3 entspricht der besoldungsrechtlichen Stellung der Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 3."

In der Begründung dieses Bescheides erwähnte die belangte Behörde zunächst die Einholung eines Gutachtens des Amtssachverständigen im Bundeskanzleramt, A. Sodann erläuterte sie (offenbar gestützt auf die Ausführungen im Gutachten) - unter starker Anlehnung an die Materialien zur Neufassung des Richtverwendungskataloges durch die Dienstrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 80 (vgl. hiezu RV 953 BlgNR 22. GP, 5 ff.) - die eingehaltene Bewertungsmethode. Die diesbezüglichen Darlegungen lassen sich kurz wie folgt zusammenfassen:

Gegenstand des Streites um die Wertigkeit des Arbeitsplatzes könne ausschließlich die jeweilige Zuordnung eines Punktewertes bzw. einer verbalen Beurteilung zu einem Zuordnungskriterium und damit die Struktur der Bewertungszeile des gesamten Arbeitsplatzes sein. Dieser Struktur entspreche ein dreistelliger Punktewert, welcher nach einer von einem Personalberatungsunternehmen entwickelten, bei allen Arbeitsplatzbewertungen gleichermaßen zur Anwendung gebrachten Methode zu ermitteln sei. Eine Offenlegung dieser Methode sei nicht erforderlich. Ebenso wenig sei es erforderlich, durch Analyse von Richtverwendungen die Bandbreite der (dreistelligen) Punktewerte einer bestimmten Funktionsgruppe einer bestimmten Verwendungsgruppe zu ermitteln. Die obere und untere Grenze der jeweiligen Bandbreite der Punktewerte einer bestimmten Funktionsgruppe einer bestimmten Verwendungsgruppe stehe vielmehr schon auf Grund des von dem genannten Personalberatungsunternehmen entwickelten Systems fest. Diese - dem Sachverständigen bekannten - Punktewertgrenzen fänden im gesamten Bundesdienst Anwendung.

Der Vergleich des (strittigen) Arbeitsplatzes mit Richtverwendungen diene lediglich dazu, die Plausibilität der Zuordnung der Punktewerte zu den einzelnen Zuordnungskriterien darzutun.

Sodann wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers mit der unter Punkt 1.8.8. der Anlage 1 zum Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979) angeführten, der Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe A1 zugeordneten Richtverwendung "im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen der Referent der Abteilung I/B/6 (Gesundheitsberufe und allgemeine Rechtsangelegenheiten) mit umfassenden Approbationsbefugnissen für den Vollzug einschlägiger Gesetze betreffend Berufsausübung in nichtärztlichen Gesundheitsberufen in der Zentralstelle" verglichen. Dieser Richtverwendungsvergleich gelangte schließlich (mit näherer Begründung) zu folgenden Bewertungszeilen:

"Zuordnungskriterium

Punktewert für den APLdes Antragstellers

Punktewert für die Richtverwendung in A1/3

Fachwissen

10

10

Managementwissen

5

4

Umgang mit Menschen

3

4

Denkrahmen

5

5

Denkanforderung

5

6

Handlungsfreiheit

12

11

Dimension

7

6

Einfluss aufEndergebnisse"

3

4

Schließlich erfolgte weiters die Analyse und Bewertung der der Funktionsgruppe 4 der Verwendungsgruppe A1 zugeordneten Richtverwendung gemäß Punkt 1.7.6. der Anlage 1 zum BDG 1979 "im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur der Leiter der Stabsstelle 'Budgeteinrichtungsangelegenheiten' in der Steuerungsgruppe 'Schulerhaltung/Facility Management' in der Zentralstelle". Für diesen Arbeitsplatz gelangte die belangte Behörde zu folgender Bewertungszeile:

"Zuordnungskriterium

 

Punktewert für die Richtverwendung in A1/4

Fachwissen

 

10

Managementwissen

 

5

Umgang mit Menschen

 

4

Denkrahmen

 

5

Denkanforderung

 

6

Handlungsfreiheit

 

13

Dimension

 

4

Einfluss auf Endergebnisse

 

5"

Ohne die Berechnungsmethode in irgendeiner Weise offen zu legen, gelangte der angefochtene Bescheid zur Behauptung, aus der Struktur der Bewertungszeile errechne sich für die Richtverwendung nach Punkt 1.8.8. der Anlage 1 zum BDG 1979 ein Punktewert von 571 Punkten, für den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers ein solcher von 579 Punkten und schließlich für die Richtverwendung gemäß Punkt 1.7.6. der Anlage 1 zum BDG 1979 ein Punktewert von 657 Punkten. Die Bandbreite der Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe A1 liege zwischen 530 und 609, jene der Funktionsgruppe 4 der Verwendungsgruppe A1 zwischen 610 und 746 Punkten. Hieraus folge die Zuordnung des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers zur Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe A1.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte - unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift - die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 137 Abs. 1 bis 3 BDG 1979 (Abs. 2 und 3 idF des Besoldungsreform-Gesetzes, BGBl. Nr. 550, Abs. 1 idF der 2. Dienstrechts-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 130) lautet:

"§ 137. (1) Die Arbeitsplätze der Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes sind auf Antrag des zuständigen Bundesministers vom Bundeskanzler zu bewerten und unter Bedachtnahme auf die in der Anlage 1 genannten Richtverwendungen einer Verwendungsgruppe und innerhalb dieser der Grundlaufbahn oder einer Funktionsgruppe zuzuordnen. Bei der Zuordnung zu einer Verwendungsgruppe ist auch auf die in der Anlage 1 für diese Verwendungsgruppe vorgeschriebenen Ausbildungserfordernisse Bedacht zu nehmen.

(2) Richtverwendungen sind gesetzlich zugeordnete Arbeitsplätze, die den Wert wiedergeben, der ihnen auf Grund ihres Inhaltes und ihrer organisatorischen Stellung am Tag des Inkrafttretens der betreffenden Gesetzesbestimmung zukommt.

(3) Bei der Arbeitsplatzbewertung sind die mit dem Arbeitsplatz verbundenen Anforderungen an das Wissen, die für die Umsetzung des Wissens erforderliche Denkleistung und die Verantwortung zu berücksichtigen. Im Einzelnen sind zu bewerten:

1. das Wissen nach den Anforderungen

a) an die durch Ausbildung oder Erfahrung erworbenen

Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten,

b) an die Fähigkeit, Aufgaben zu erfüllen, zu

überwachen, zu integrieren oder zu koordinieren, und

c) an die Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit sowie

an Führungsqualität und Verhandlungsgeschick,

2. die Denkleistung nach dem Umfang des Rahmens, in

dem Handeln mehr oder weniger exakt vorgegeben ist, sowie nach der

Anforderung, Wissen bei der Erfüllung von wiederkehrenden bis

neuartigen Aufgaben umzusetzen,

3. die Verantwortung nach dem Grad der Bindung an

Gesetze, Verordnungen und Dienstanweisungen sowie nach dem Umfang einer messbaren Richtgröße (wie zB Budgetmittel) und dem Einfluss darauf."

Punkt 1.7.6. und Punkt 1.8.8. der Anlage 1 zum BDG 1979 in der Fassung der wiedergegebenen Teile dieser Anlage nach der Dienstrechts-Novelle 2005 BGBl. I Nr. 80/2005 lauten:

"...

1.7. Verwendungen der Funktionsgruppe 4 sind zB:

...

1.7.6. im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur der Leiter der Stabsstelle 'Budget Einrichtungsangelegenheiten' in der Steuerungsgruppe 'Schulerhaltung/Facility Management' in der Zentralstelle,

...

1.8. Verwendungen der Funktionsgruppe 3 sind zB:

...

1.8.8. im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen der Referent der Abteilung I/B/6 (Gesundheitsberufe und allgemeine Rechtsangelegenheiten) mit umfassenden Approbationsbefugnissen für den Vollzug einschlägiger Gesetze betreffend Berufsausübung in nichtärztlichen Gesundheitsberufen in der Zentralstelle,

..."

Die Beschwerde rügt u.a. das Fehlen einer nachvollziehbaren Darstellung der Errechnung der dreistelligen Punktewerte aus der Bewertungszeile und verweist in diesem Zusammenhang auf die von der belangten Behörde behaupteten Bandbreiten der Funktionsgruppe 3 bzw. 4. Schon mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2007, Zl. 2006/12/0221, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, auch schon für die Rechtslage nach Inkrafttreten des Richtverwendungskataloges der Anlage 1 zum BDG 1979 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 80, ausführte, gilt, dass die Umrechnung der für die einzelnen Kriterien festgelegten Werte der Bewertungszeile in dreistellige Werte nachvollziehbar dargestellt werden muss. Dies ist nur dann nicht erforderlich, wenn die Bewertungszeilen zweier Arbeitsplätze völlig ident sind (dann ist von Gleichwertigkeit auszugehen) oder die für die einzelnen Zuordnungskriterien vergebenen Punkte bei einem Arbeitsplatz in Ansehung all dieser Kriterien teils gleich und teils höher als beim anderen Arbeitsplatz sind (dann ist von der Höherwertigkeit des erstgenannten Arbeitsplatzes, wenn auch nicht notwendigerweise von seiner Zugehörigkeit zu einer höheren Funktionsgruppe, auszugehen). Da den Erläuterungen zur Novellierung des Richtverwendungskataloges durch die Dienstrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 80, keine normative Kraft zukommt, vermögen auch gegenteilige Ausführungen in diesen Gesetzesmaterialien an den aus den Bestimmungen des Verfahrensrechtes abgeleiteten Grundsätzen, welche an die Nachvollziehbarkeit eines Sachverständigengutachtens anzulegen sind, nichts zu ändern.

Darüber hinaus erweist sich der angefochtene Bescheid aber auch deshalb als rechtswidrig, weil er (selbst bei zutreffender Berechnung des dreistelligen Punktewertes aus der Struktur der Bewertungszeile nach dem - nicht offen gelegten - System) nicht schlüssig darlegte, dass der dreistellige Punktewert für den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers innerhalb der Bandbreite der Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe A1 liegt. Die auf einem Sachverständigengutachten beruhenden Darlegungen im angefochtenen Bescheid beschränken sich auf die Behauptung, die Punktewertgrenze zwischen der Bandbreite der Funktionsgruppe 3 und jener der Funktionsgruppe 4 liege zwischen 609 und 610 Punkten. Ein Nachweis dieser behaupteten Wertgrenze setzte aber die Analyse und Bewertung aller Richtverwendungen der voneinander abzugrenzenden Funktionsgruppen voraus.

Auch hier gilt, dass einer Beurteilung in den Gesetzesmaterialien, die der hier vertretenen Auffassung widerspricht, mangels normativer Kraft und deshalb nicht gefolgt werden kann, weil die gesetzlichen Richtverwendungen die einzigen positivrechtlichen Anhaltspunkte für die Abgrenzung der Bandbreiten der Funktionsgruppen darstellen, während die im angefochtenen Bescheid behaupteten Grenzwerte zwar dem System zu Grunde liegen mögen, jedoch keinen eigenen von den Richtverwendungen unabhängigen positivrechtlichen Niederschlag gefunden haben.

Zur sonst zum Nachweis der Zugehörigkeit eines Arbeitsplatzes zu keiner höheren als der im Bescheid festgestellten Funktionsgruppe einzuhaltenden Methode wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 25. April 2003, Zl. 2001/12/0195 = Slg. 16.073/A, verwiesen. Es genügte etwa der Nachweis, dass der nach einer offen zu legenden Methode errechnete dreistellige Punktewert für den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers unter jenem einer der Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe A 1 zugeordneten Richtverwendung gelegen ist. Gerade dieser Nachweis ist mit dem hier erfolgten Richtverwendungsvergleich aber nicht gelungen, lag doch der behauptetermaßen aus der Bewertungszeile abzuleitende dreistellige Punktewert der Richtverwendung nach Punkt 1.8.8. der Anlage 1 zum BDG 1979 nicht über jenem des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers.

Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Auf die Berechtigung der weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers musste bei diesem Ergebnis nicht eingegangen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. Dezember 2007

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