VwGH Ra 2017/20/0097

VwGHRa 2017/20/00974.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in den Rechtssachen der Revisionen

  1. 1. des S S A A, (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/20/0097), und
  2. 2. der A A, (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/20/0136), beide in Wien, beide vertreten durch Mag. Michaela Gerlach, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Pfarrhofgasse 16/2, diese vertreten durch Mag. Dr. Christian Gepart, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Gymnasiumstraße 56/13, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Februar 2017, Zl. L507 2104365- 1/21E (zu 1.) und Zl. L506 1433981-1/63E (zu 2.), betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
AVG §13a;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber ist der Ehemann der Zweitrevisionswerberin. Beide sind irakische Staatsangehörige.

2 Mit Bescheiden des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - BFA) vom 18. März 2013 (betreffend den Antrag der Zweitrevisionswerberin vom 8. September 2012) und des BFA vom 5. März 2015 (betreffend den Antrag des Erstrevisionswerbers vom 8. Juli 2014) wurden jeweils die Anträge der Revisionswerber auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) (Spruchpunkte I.) abgewiesen, ihnen der Status von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt (Spruchpunkte II.) und befristete Aufenthaltsberechtigungen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkte III).

3 Mit den nunmehr angefochtenen Erkenntnissen jeweils vom 8. Februar 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Spruchpunkte I. der angeführten Bescheide erhobenen Beschwerden der Revisionswerber gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig seien.

4 Gegen diese Erkenntnisse richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Soweit sich die vorliegenden Revisionen zur Begründung ihrer Zulässigkeit jeweils gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts wenden, ist ihnen entgegen zu halten, dass der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung würde nur dann vorliegen, wenn das Bundesverwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. den Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2015/20/0142, mwN). Das Fluchtvorbringen der Revisionswerber wurde vom Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen - mit nicht als unschlüssig zu erkennenden Begründungen als unglaubwürdig beurteilt. Den Revisionen gelingt es nicht darzulegen, inwiefern jeweils die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft gewesen wäre.

9 Weiters führt der Erstrevisionswerber zur Zulässigkeit der Revision aus, das ihn betreffende Erkenntnis habe lediglich verkürzte Länderberichte beinhaltet, wohingegen dem Erkenntnis betreffend die Zweitrevisionswerberin umfassende länderspezifische Berichte als Feststellungen zugrunde gelegt worden seien. Zudem führte die Zweitrevisionswerberin aus, das Bundesverwaltungsgericht habe seiner Verpflichtung zur umfassenden Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts nicht entsprochen, indem Feststellungen zu ihrer Furcht im Hinblick auf die individuelle Situation als Frau und Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, aber auch zur mangelnden Effizienz des Polizei- und Justizsystems im Irak unterblieben seien.

10 Dazu ist auszuführen, dass die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser geeignet sein muss, im Fall eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbenden Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. den hg. Beschluss vom 22. November 2016, Ra 2016/20/0259, mwN).

11 Die Revisionen, die mit ihren Vorbringen darauf abzielen, die Verletzung von Ermittlungspflichten geltend zu machen, zeigen jedoch mit ihren allgemein gehaltenen Rechtsausführungen in den Zulassungsbegründungen die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel für den Verfahrensausgang nicht auf. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel ist in ausreichend konkreter Weise in der Zulassungsbegründung darzustellen (vgl. den hg. Beschluss vom 10. April 2017, Ra 2017/01/0088, mwN).

12 Soweit die Zweitrevisionswerberin die Zulässigkeit der Revisionen damit begründet, das Bundesverwaltungsgericht hätte die Manuduktionspflicht verletzt, weil es die Zweitrevisionswerberin hätte anleiten müssen bzw. unter Hinweis auf allfällige Säumnisfolgen aufzufordern gehabt, Nachweise für das von ihr vorgetragene Vorbringen vorzulegen bzw. weitere entscheidungsrelevante Vorbringen zu erstatten, ist ihr zu entgegnen, dass - abgesehen davon, dass die Revisionswerber im gesamten verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten waren und die Manuduktionspflicht nach § 13a AVG keine Beratung der Verfahrensparteien in materiell-rechtlicher Hinsicht durch das Verwaltungsgericht verlangt (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Dezember 2015, Ra 2015/22/0096) - auch hier die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels für den Verfahrensausgang nicht dargelegt wird.

13 Ausgehend von den zur Zulässigkeit vorgebrachten Gründen werden in den Revisionen keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die gegenständlichen Revisionen waren daher nach Verbindung der Rechtssachen wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. September 2017

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