VwGH Ra 2017/01/0088

VwGHRa 2017/01/008810.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des A F W in T, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom "22.02.2016" (richtig: 22. Februar 2017), Zl. W245 2136303-1/8E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 24. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Im Rahmen seines Fluchtvorbringens brachte er vor, er sei 18 Jahre lang in Pakistan aufhältig gewesen, und habe danach für ca. 1 Jahr in Kabul in einem Hotel gearbeitet. In Pakistan habe er nicht bleiben können, weil die Sicherheitslage dort sehr schlecht gewesen sei. Aus Kabul sei er geflohen, weil seine noch in Pakistan aufhältige Mutter ihn vor deren Brüdern gewarnt habe. Der Vater des Revisionswerbers sei vom Stamm der Hazara gewesen, seine Mutter sei eine "Queselbash". Die Eltern des Revisionswerbers hätten versteckt geheiratet, die Brüder der Mutter seien dagegen gewesen. Der Revisionswerber habe daher mit Attacken seiner Onkel mütterlicherseits zu rechnen; während seiner Tätigkeit im Hotel in Kabul sei zweimal nach ihm gefragt worden.

2 Mit Bescheid vom 13. September 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt; gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.).

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß §§ 3, 8, 10, 55 und 57 AsylG 2005 sowie gemäß §§ 52 und 55 FPG als unbegründet ab (Spruchpunkt A) und sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt B).

4 Nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gem. § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die außerordentliche Revision bringt zum Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG im hierfür alleine maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 18. März 2016, Ra 2015/01/0255) vor, das angefochtene Erkenntnis leide "unter einem wesentlichen Begründungsmangel, somit unter einem wesentlichen Verfahrensmangel sowie darunter, dass das BVwG von der Rechtsprechung, wonach Asylbehörden einer amtswegigen Ermittlungspflicht unterliegen", abgewichen sei. Der Revisionswerber entstamme einer ethnisch gemischten Ehe; an seinem Arbeitsplatz in Kabul sei nach ihm gefragt worden und seine Mutter sei um sein Wohlergehen besorgt, da sie die Gefahr durch ihre Brüder kenne. Nach allgemeinen Ausführungen zur Frage von Mischehen in Afghanistan wird weiters vorgebracht, das Gericht habe keine Feststellungen über den Stamm der "Qeselbash" und über das Thema Blutrache, wenn Heiratsvorschriften verletzt würden, getroffen.

8 Dazu ist Folgendes auszuführen:

9 Das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers wurde durch das BVwG nach Durchführung eines mängelfreien Verfahrens mit näherer Begründung als unglaubwürdig beurteilt.

10 Der Verwaltungsgerichtshof ist - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. für viele den hg. Beschluss vom 15. März 2016, Ra 2014/01/0187).

11 Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2016/01/0013, mwN). Dass und wodurch dem BVwG ein derartiger krasser Fehler der Beweiswürdigung unterlaufen wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 11. Oktober 2016, Ra 2016/01/0036, mwN). Ein Abweichen des BVwG von der hg. Rechtsprechung zur Begründungspflicht verwaltungsbehördlicher Entscheidungen, wie in der Zulässigkeitsbegründung der Revision - unsubstantiiert - behauptet, ist in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht ersichtlich.

12 Wenn der Revisionswerber darüberhinaus das Vorliegen von Verfahrensmängeln behauptet, ist darauf hinzuweisen, dass es nach der ständigen hg. Rechtsprechung nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2016/01/0012, mwN). Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. den hg. Beschluss vom 6. Juli 2016, Ra 2015/01/0194, mwN). Die allgemeinen Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision werden dieser Anforderung nicht gerecht.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 10. April 2017

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