VwGH Ra 2015/01/0194

VwGHRa 2015/01/01946.7.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching, sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision der revisionswerbenden Partei Z E in W, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. August 2015, Zl. W192 2111477- 1/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Asylgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist afghanischer Staatsangehöriger und stellte am 21. März 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 30. Juni 2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurück, sprach aus, dass für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-Verordnung), Ungarn zuständig sei, ordnete gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) die Außerlandesbringung des Revisionswerbers an und stellte fest, dass gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Ungarn zulässig sei.

2 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3 Das Bundesverwaltungsgericht begründete dies im Wesentlichen damit, dass für die Prüfung des Antrages des Revisionswerbers Ungarn zuständig sei und Ungarn der Wiederaufnahme des Revisionswerbers ausdrücklich zugestimmt habe. Es könne nicht erkannt werden, dass in Ungarn aufgrund der Rechtslage oder der Vollzugspraxis systematische Verletzungen gemäß der EMRK erfolgen würden. Besondere Gründe, die für eine reale Gefahr einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 3 EMRK in Ungarn sprechen würden, seien vom Revisionswerber nicht glaubhaft gemacht worden. Aus diesem Grund komme die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 zum Tragen, wonach ein Asylwerber in einem "Dublin-Staat" Schutz vor Verfolgung finde. Diese Beurteilung traf das Bundesverwaltungsgericht auf Grund im Einzelnen wiedergegebener Länderfeststellungen des BFA, die sich auf Quellen aus der Zeit bis Juni 2015 stützten.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen, weshalb er auch nicht berechtigt ist, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Dezember 2015, Ra 2015/19/0212, mwN).

6 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit vorgebracht, der Frage, ob die Abschiebung nach Ungarn im Hinblick auf die (zum Zeitpunkt der Revisionserhebung) aktuellen Entwicklungen im Rahmen der "Dublin III-VO" zulässig sei, komme grundsätzliche Bedeutung zu. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu Ra 2015/18/0113 bis 0120 vom 8. September 2015 sei "offenbar eine Einzelfallentscheidung" aufgrund der besonderen Vulnerabilität "der Beschwerdeführer", welche "im vorliegenden Fall nicht unbedingt gegeben" sei. Es fehle daher vergleichbare Rechtsprechung, "insbesondere unter Berücksichtigung der Gesetzesänderungen und der tatsächlichen Verhältnisse im ungarischen Asylsystem seit dem 1.8.2015".

7 Mit diesen allgemeinen Ausführungen wird nicht hinreichend dargetan, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte.

8 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung haben die Asylbehörden bei den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern die zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einbeziehen. Das gilt auch für von einem Verwaltungsgericht geführte Asylverfahren. Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte daher seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2015, Ra 2015/20/0030, mwN).

Eine Verletzung dieser Vorgabe stellt einen Verfahrensmangel dar. Es reicht jedoch nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. den hg. Beschluss vom 25. September 2014, Ra 2014/07/0057, mwN). Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2016/01/0012, mwN). Mit dem bloßen Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer näher bezeichneten Frage wird darüber hinaus nicht dargelegt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu lösen wäre (vgl. den hg. Beschluss vom 23. September 2014, Ro 2014/01/0033), zumal die Revision selbst einräumt, dass im Gegensatz zum hg. Erkenntnis vom 8. September 2015, Ra 2015/18/0113-0120, im vorliegenden Fall eine Vulnerabilität des Revisionswerbers nicht gegeben ist.

9 In der Zulassungsbegründung der gegenständlichen Revision werden im Lichte des Gesagten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. Juli 2016

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