VwGH Ra 2016/01/0036

VwGHRa 2016/01/003611.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, den Hofrat Dr. Kleiser und die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des I H in G, vertreten durch Mag. Tanja Moosbrugger, Rechtsanwältin in 6840 Götzis, Dr.-A.-Heinzle-Straße 34, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Jänner 2016, Zl. W122 1436731- 1/21E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger Afghanistans und stellte am 8. September 2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er im Wesentlichen an, aufgrund seiner Weigerung, sich als Selbstmordattentäter rekrutieren zu lassen, von den Taliban verfolgt zu werden.

2 Das Bundesasylamt (BAA; nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl: BFA) wies den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 9. Juli 2013 hinsichtlich Asyl und subsidiärem Schutz ab (Spruchpunkte I. und II.) und diesen gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nach Afghanistan aus (Spruchpunkt III.). In der Begründung dieses Bescheides erachtete das BAA die Angaben des Revisionswerbers als glaubhaft, erblickte darin jedoch keine ausreichende Asylrelevanz bzw. keine Voraussetzung für die Gewährung von subsidiärem Schutz. Die Ausweisung des Revisionswerbers verletze außerdem nicht dessen gemäß Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

3 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 18. Jänner 2016 betreffend Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 AsylG 2005 ab, gab jedoch der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides statt und erteilte dem Revisionswerber gemäß § 8 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde dem Revisionswerber eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18. Jänner 2017 erteilt. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gab das BVwG statt und behob den Bescheid des BAA in diesem Umfang gemäß § 28 VwGVG ersatzlos. Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Zu § 3 AsylG 2005 führte das BVwG mit näherer Begründung beweiswürdigend aus, dem Vorbringen des Revisionswerbers hinsichtlich Zwangsrekrutierung und Flucht vor den Taliban sei kein Glauben zu schenken; auch sonst bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser aufgrund generalisierender Merkmale einer Verfolgung im Herkunftsland ausgesetzt sei. Für das BVwG habe sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch unmittelbare Wahrnehmung der Erzählungen des Revisionswerbers das Bild ergeben, dass dieser im Asylverfahren nicht bei der Wahrheit geblieben sei; der Revisionwerber habe eine zurechtgelegte Geschichte präsentiert, nicht jedoch aus seiner eigenen Erinnerung berichtet. Dem Revisionswerber sei es aus den im Erkenntnis näher dargelegten Erwägungen nicht gelungen, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen.

4 Gegen die Entscheidung gemäß § 3 AsylG 2005 im angefochtenen Erkenntnis des BVwG richtet sich ihrem Inhalt nach die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, die bekämpfte Entscheidung sei willkürlich und "krass falsch". Obwohl das BAA dem Revisionswerber hinsichtlich seines Vorbringens Glauben geschenkt habe, habe es darin keine Asylrelevanz gesehen; dies sei vom BVwG im angefochtenen Erkenntnis "ebenso gesehen" worden. Aus dem als glaubwürdig eingestuften Vorbringen des Revisionswerbers ergebe sich, dass er Afghanistan verlassen habe, weil er aufgrund seiner Weigerung, sich als Selbstmordattentäter rekrutieren zu lassen, von den Taliban verfolgt worden sei. Es stelle sich die "erhebliche Rechtsfrage", ob jemand, wenn er aus Afghanistan geflohen sei, weil er die Ermordung durch die Taliban fürchten müsse, ein Recht darauf habe, Asylstatus zuerkannt zu bekommen, weil er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne, ohne sein Leben zu riskieren.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Wenn die Revision im Rahmen ihrer Zulässigkeitsbegründung ausführt, das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers sei vom BVwG in dessen angefochtenem Erkenntnis als glaubwürdig eingestuft worden, entfernt sie sich damit grundlegend vom Inhalt der bekämpften Entscheidung. Das BVwG ist - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - vielmehr unter näherer Beweiswürdigung von der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des Revisionswerbers im Asylverfahren ausgegangen.

9 Der Verwaltungsgerichtshof ist - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. für viele den hg. Beschluss vom 15. März 2016, Ra 2014/01/0187).

10 Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2016/01/0013, mwN). Dass und wodurch dem BVwG ein derartiger krasser Fehler der Beweiswürdigung unterlaufen wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 26. November 2014, Ra 2014/19/0099, mwN).

11 Somit werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

12 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 11. Oktober 2016

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