Normen
AVG §52;
AVG §53;
AVG §63 Abs2;
AVG §7 Abs1;
AVG §7;
AWG 2002 §37;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §31 Abs2;
VwGVG 2014 §31 Abs3;
VwGVG 2014 §7 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
5 Die Mitbeteiligte hat mit Schreiben vom 12. Mai 2016 den Antrag auf Genehmigung der Änderung einer Anlage durch Errichtung und Inbetriebnahme einer Nachverbrennungsanlage im vereinfachten Verfahren gemäß § 37 Abs. 3 Z 5 AWG 2002 gestellt. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 30. Juni 2016 wurde diese Genehmigung erteilt.
6 Mit weiterem Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 30. Juni 2016 wurden die Anträge der Revisionswerber auf Zuerkennung der Parteistellung ab- bzw. zurückgewiesen, weil Nachbarn im vereinfachten Verfahren keine Parteistellung hätten. Die Beschwerde der Revisionswerber gegen diesen Bescheid wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis abgewiesen, eine Revision dagegen für unzulässig erklärt.
7 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird vorgebracht, Grundlage der Entscheidung sei ein aus näher dargelegten Gründen rechtswidrig im Anzeigeverfahren ergangener Bewilligungsbescheid vom 15. Dezember 2010 für 50.000 t/Jahr gefährlichen Kalkschlamm (wobei bereits mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 20.000 t genehmigt worden seien). Im hier gegenständlichen Verfahren wäre die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 15. Dezember 2010 aufzugreifen, die Durchführung eines Anzeigeverfahrens zu verneinen und ein UVP-Verfahren durchzuführen gewesen.
8 Die Änderung einer Behandlungsanlage iSd § 37 AWG 2002 setzt eine bereits erteilte Bewilligung voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 2015, Zl. Ro 2015/07/0032). In den Revisionszulässigkeitsgründen wird nicht in Abrede gestellt, dass rechtskräftige und rechtswirksame (vgl. dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 2015) Genehmigungsbescheide vorhanden sind und damit insofern hier eine Änderung gegenständlich ist. Bestritten wird aber die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 15. Dezember 2010.
9 Dazu ist festzuhalten, dass das Vorliegen der für die Änderung vorausgesetzten Bescheide ein Tatbestandselement darstellt, wobei die Auslegung des Inhaltes solcher Bescheide mit Tatbestandswirkung nicht über die Bedeutung im Einzelfall hinausgeht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG somit insofern nicht vorliegt (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Mai 2016, Zl. Ra 2016/16/0020). Abgesehen davon kommt es dann, wenn einem Bescheid in einem nachfolgenden Verfahren Tatbestandswirkung zukommt, in diesem nachfolgendem Verfahren nicht darauf an, ob jener Bescheid mit Tatbestandswirkung rechtmäßig war (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. März 2001, Zl. 2000/06/0008, und vom 24. Oktober 2016, Zl. 2013/17/0881, mwN).
10 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird weiters ausgeführt, dass ein Sachverständiger befangen gewesen sei. Damit wird eine Rechtsfrage des Verfahrensrechts aufgeworfen, die nur dann von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG ist, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechts auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. den hg. Beschluss vom 29. Juni 2017, Zl. Ra 2016/06/0150, mwN), wobei in den Revisionszulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels darzulegen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 24. November 2015, Zl. Ra 2015/05/0075, mwN). Eine entsprechende Relevanz wird in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht aufgezeigt.
11 Abgesehen davon besteht das Wesen der Befangenheit darin, dass in Bezug auf die zu beurteilenden Fachfragen eine Hemmung der unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive vorliegt oder zumindest nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1992, Zl. 91/08/0139). Von Befangenheit ist zu sprechen, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Organ durch seine persönliche Beziehung zu der den Gegenstand bildenden Sache oder zu den an der Sache beteiligten Parteien in der unparteiischen Amtsführung beeinflusst sein könnte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 2016, Zl. 2013/06/0127, vom 22. Juni 2016, Zl. Ra 2016/03/0027, und vom 28. März 2017, Zl. Ro 2016/09/0009). Die ständige oder häufige Abgabe von Gutachten gegen Bezahlung für eine Partei ist allenfalls geeignet, einen Ablehnungsgrund darzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. März 1967, Zl. 1638/66).
12 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird zwar ausgeführt, der Sachverständige S. habe für die mitbeteiligte Partei "(in 1991 und) am 26.08.2003 ein Gutachten zur Zerstörung gefährlicher Substanzen in Zementwerken" geschrieben. Nicht behauptet wird aber, dass er dies gegen Entgelt für die Mitbeteiligte auf einer privatrechtlichen Basis getan habe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2015, Zl. 2012/07/0137), vielmehr wird der Feststellung des Verwaltungsgerichtes (S. 24 des angefochtenen Erkenntnisses), dass nunmehr eine "neuerliche Bestellung" erfolgt sei (also auch früher behördliche "Bestellungen" und nicht Privatgutachtenstätigkeiten für die Mitbeteiligte erfolgten), nicht entgegengetreten.
13 Wenn in den Revisionszulässigkeitsgründen der Sache nach darauf hingewiesen wird, dass die vergangene Tätigkeit von S. in Bezug auf die Anlage der Mitbeteiligten zu einem der größten Umweltskandale geführt habe, bedeutet dies einerseits nicht (und dies wird auch nicht dargelegt), dass S. fachlich ungeeignet wäre, die hier gegenständlichen Maßnahmen zu beurteilen, und ist andererseits darauf hinzuweisen, dass auch die Unrichtigkeit eines Gutachtens nicht zur Befangenheit im oben dargestellten Sinn führt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2011, Zl. 2009/10/0086, und das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2015).
14 Soweit im Übrigen in den Revisionszulässigkeitsgründen darauf hingewiesen wird, dass das Verwaltungsgericht über den Antrag der Revisionswerber auf Ablehnung des Sachverständigen nicht abgesprochen habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über einen Ablehnungsantrag mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG zu erfolgen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1997, Zl. 97/07/0074), durch das Verwaltungsgericht somit mit nicht gesondert anfechtbarem, bloß verfahrensleitendem Beschluss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2015, Zl. Ra 2015/03/0022), der von den Revisionswerbern mit der Revision gegen das hier angefochtene Erkenntnis angefochten werden kann, was die Revision ja auch macht. Verfahrensleitende Beschlüsse müssen weder begründet noch den Parteien zugestellt werden (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2015). Das bezughabende Vorbringen in den Revisionszulässigkeitsgründen, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidungspflicht verletzt habe, trifft daher nicht zu und zeigt auch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.
15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Wien, am 26. September 2017
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