VwGH Ra 2015/05/0075

VwGHRa 2015/05/007524.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lechner, über die Revision des T R in W, vertreten durch die Dr. Wolfgang Schimek Rechtsanwalt GmbH in 3300 Amstetten, Graben 42, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 11. August 2015, Zl. LVwG-AB-14-0517, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (Mitbeteiligter: DI B H; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Gemeinde Wieselburg-Land; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht (im Folgenden: Gemeindevorstand) vom 11. Februar 2014 wurde dem Mitbeteiligten auf Grund dessen Bauansuchens vom 18. Juli 2013 die baubehördliche Bewilligung für die "Anpassung des Bestandes an den gesetzlichen Bauwich von 3 m, Aufstockung für zwei weitere Wohneinheiten und Zubau eines Carports" auf einem näher bezeichneten Grundstück erteilt.

Der Revisionswerber, der als Eigentümer des westlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes im erstinstanzlichen Verfahren gegen das Bauvorhaben Einwendungen vorgebracht hatte, erhob gegen diesen Berufungsbescheid Beschwerde.

Im Beschwerdeverfahren legte der Mitbeteiligte den geänderten, als "Nachtragsplan 2" bezeichneten Einreichplan vom 11. Februar 2015 vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) holte zur Frage der Berechnung der Gebäudehöhe an der westlichen Gebäudefront und der Einhaltung des seitlichen Bauwichs zur westlichen Grundgrenze das bautechnische Amtssachverständigengutachten (des DI Sch.) vom 27. März 2015 ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde des Revisionswerbers insofern Folge, als der Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes dahingehend abgeändert wurde, "dass der Einreichplan 'Nachtragsplan 2' vom 11. Februar 2015 an die Stelle des entsprechenden Einreichplanes vom 15. Juli 2013 sowie des Nachtragsblattes vom 24. September 2013 tritt und dieser somit zum Bestandteil der Bewilligung wird". Im Übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid bestätigt und die Beschwerde abgewiesen. Ferner erklärte das Verwaltungsgericht eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

II.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs.1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs.1 VwGG nicht gebunden.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 23. Juni 2015, Ra 2015/05/0041, mwN).

Dem in § 28 Abs. 3 VwGG normierten Erfordernis, dass die Revision gesondert die Gründe zu enthalten hat, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, wird nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet, Genüge getan. Vielmehr ist in den gesonderten Gründen konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Außerdem muss die Revision, damit sie zulässig ist, gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängen. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 16. Dezember 2014, Ra 2014/11/0095, mwN).

Im Rahmen der Ausführungen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bringt die Revision (unter Punkt 1.b) im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass grobe, offenkundige Verfahrensfehler vorlägen. Dem Revisionswerber seien der Nachtragsplan 2 vom 11. Februar 2015 und das Gutachten vom 27. März 2015 erst im Zuge der mündlichen Verhandlung am 1. Juni 2015 zur Kenntnis gebracht worden. Zudem sei ihm der Nachtragsplan 1 nie übermittelt oder sonst zur Kenntnis gebracht worden. Weiters habe das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis am 11. August 2015 erlassen, sohin zu einem Zeitpunkt, als die Frist zur Erstattung einer ergänzenden Stellungnahme noch aufrecht gewesen sei.

Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe zudem, dass der Amtssachverständige DI Sch. in seinem Gutachten von einem unrichtigen Grenzverlauf und unrichtigen Bezugspunkten ausgegangen sei. Dieser Sachverständige habe die Angaben im Nachtragsplan 2 ungeprüft und insbesondere ohne Durchführung eines Ortsaugenscheines und eigene Bemessungen übernommen, was jedoch nicht ausreichend sei, um sein Gutachten der Entscheidung zugrunde zu legen. Der Nachtragsplan 2, welcher zum "Bescheidinhalt" erklärt worden sei, weiche nicht nur von der Wirklichkeit ab, sondern könne auch den ursprünglichen Plan, von welchem "weit mehr" umfasst gewesen sei, nicht ersetzen. Die Einfriedungsmauer, welche sich zur Gänze im Eigentum des Revisionswerbers befinde, wie dies aus dem Teilungsplan und dem Grenzkataster ersichtlich sei, werde vom Amtssachverständigen völlig unrichtig von der Außenkante aus dessen Berechnungen zugrunde gelegt. Dies sei auch im Nachtragsplan 2 falsch eingezeichnet, und es stimmten sohin die Berechnungen und Messergebnisse in keiner Weise. Auch das Ausmaß der Mauer des Hauses sei "überall anders", die Stützmauern fehlten in den Berechnungen und Bemessungen, und die Baufluchtlinien würden in keiner Weise berücksichtigt. Die ursprünglichen, im erstinstanzlichen Verfahren angenommenen Gebäudehöhen seien durch den neuen Nachtragsplan 2 völlig überholt und falsch, und es könne sohin überhaupt kein Bezug mehr zum erstinstanzlichen Bescheid "unter der" Begutachtung durch den ursprünglichen Sachverständigen DI W. hergestellt werden. Da "das Gutachten" unschlüssig und unrichtig sei, könne dieses der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG können nicht nur solche des materiellen Rechtes, sondern auch solche des Verfahrensrechtes sein. Eine solche Bedeutung kommt der Entscheidung jedenfalls dann, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen, und nur dann zu, wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. März 2015, Ra 2015/05/0001, mwN).

Hiebei muss die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage des Verfahrensrechtes abhängen, wovon im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden kann, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser Mangel abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren -

Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. März 2015, Ra 2015/05/0010, mwN).

Ferner kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 4. August 2015, Ro 2015/02/0021, mwN).

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes - zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. dazu nochmals den vorzitierten Beschluss, Ro 2015/02/0021) - somit nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa den Beschluss vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0090, mwN).

Solches hat der Revisionswerber jedoch im Rahmen der in der Revision vorgebrachten Zulässigkeitsgründe nicht geltend gemacht. Insbesondere zeigt er darin nicht konkret auf, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. dazu nochmals den bereits zitierten Beschluss, Ra 2014/11/0095, mwN).

Mangels eines solchen konkreten Vorbringens erweist sich die Revision als nicht zulässig.

Die Revision war daher, weil darin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen wird, zurückzuweisen.

Wien, am 24. November 2015

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