VwGH Ra 2014/11/0095

VwGHRa 2014/11/009516.12.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, Hofrat Dr. Grünstäudl und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Revision des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in 1010 Wien, Stubenring 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 26. August 2014, Zl. LVwG-300222/5/AL, betreffend Übertretungen des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (belangte Behörde:

Bezirkshauptmannschaft Freistadt; mitbeteiligte Partei: M H, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Böhmerwaldstraße 14), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1.1. Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2014, Zl. 2013/11/0123, verwiesen. Diesem Erkenntnis lag zugrunde, dass der Mitbeteiligte mit erstinstanzlichem Straferkenntnis vom 8. März 2012 als gemäß § 9 Abs. 2 VStG für die Einhaltung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (KA-AZG) in der Abteilung für Unfallchirurgie am Landeskrankenhaus X. (LKH) bestellter verantwortlicher Beauftragter der Oö. Gesundheits- und Spitals AG (Oö. GESPAG) gemäß § 12 Abs. 1 KA-AZG bestraft wurde, weil namentlich genannte Ärzte über die zeitlichen Grenzen des KA-AZG hinaus beschäftigt worden seien. Der daraufhin ergangene Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 15. April 2013, mit dem das genannte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden war, weil das Verhalten des Mitbeteiligten nach Ansicht der Berufungsbehörde durch eine Pflichtenkollision gerechtfertigt gewesen sei, wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit dem zitierten Erkenntnis, Zl. 2013/11/0123, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

1.2. Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz)Erkenntnis vom 26. August 2014 hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (in Anwendung des Art. 151 Abs. 51 Z 9 zweiter Satz B-VG) neuerlich über das Rechtsmittel gegen das Straferkenntnis vom 8. März 2012 entschieden, dieses Straferkenntnis (neuerlich) aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Mitbeteiligten gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 VStG verfügt. Weiters wurde gemäß § 25a VwGG die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision ausgesprochen.

Diese Entscheidung begründete das Verwaltungsgericht - auf das Wesentliche zusammengefasst - mit drei Argumentationslinien:

Erstens sei die Oö. GESPAG, welche die oberösterreichischen Landeskrankenhäuser betreibe, eine zur Gänze im Eigentum des Landes Oberösterreich stehende Aktiengesellschaft, deren vom Land zur Dienstverrichtung zugewiesene Ärzte (darunter auch der Mitbeteiligte) Landesbedienstete und als solche an die Weisungen der Landesregierung gebunden seien (Hinweis auf das Oö. Landesbediensteten-Zuweisungsgesetz). Daher - so das Verwaltungsgericht - sei der Mitbeteiligte als "Organ einer Gebietskörperschaft" iSd § 12 Abs. 2 KA-AZG anzusehen und folglich aufgrund dieser Ausnahmebestimmung nicht gemäß § 12 Abs. 1 leg. cit. strafbar.

Zweitens sei auch der Vorstand der Oö. GESPAG (somit das gemäß § 9 Abs. 1 VStG nach außen vertretungsbefugte Organ) als "Organ einer Gebietskörperschaft" iSd § 12 Abs. 2 KA-AZG anzusehen, weil der Vorstand gegenüber den zugewiesenen Ärzten Vertreter des Dienstgebers Land (Dienstbehörde erster Instanz gemäß § 2 Oö. Landesbediensteten-Zuweisungsgesetz) sei und ebenfalls an die Weisungen der Landesregierung gebunden sei. Da somit schon das gemäß § 9 Abs. 1 VStG nach außen vertretungsbefugte Organ der Oö. GESPAG zufolge § 12 Abs. 2 KA-AZG von der Strafbarkeit für Verstöße gegen das KA-AZG ausgenommen sei, habe der Vorstand eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht wirksam gemäß § 9 Abs. 2 VStG auf den Mitbeteiligten übertragen können.

Drittens sei der Mitbeteiligte auch deshalb nicht wirksam zum verantwortlich Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden, weil sein Verantwortungsbereich in der (im angefochtenen Erkenntnis zitierten) Bestellungsurkunde nicht klar iSd § 9 Abs. 4 VStG abgegrenzt worden sei. Die Formulierung der Bestellungsurkunde sei so zu verstehen, dass eine Übertragung der strafrechtlichen Verantwortung an den Mitbeteiligten nur unter der Voraussetzung erfolgen solle, dass die Oö. GESPAG "eine ausreichende Personalausstattung sicherstellt". Da die Erfüllung dieser Voraussetzung im Einzelfall ermittelt werden müsste, entspreche die Bestellung nicht dem Klarheitsgebot des § 9 Abs. 4 VStG im Sinne der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem zu § 12 Abs. 2 KA-AZG ergangenen hg. Erkenntnis vom 17. Juni 2013, Zl. 2010/11/0079.

1.3. Der Revisionswerber führt demgegenüber zur Zulässigkeit der Revision aus, diese hänge von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestellung von verantwortlich Beauftragten durch die zur Vertretung nach außen berufenen Organe ausgegliederter Rechtsträger sowie deren verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 12 KA-AZG fehle. Aus dem zitierten Erkenntnis, Zl. 2010/11/0079, sei für die genannte Rechtsfrage deshalb nichts zu gewinnen, weil dieses einen Sachverhalt betraf, auf den § 11a KA-AZG, der für den nun vorliegenden Fall entscheidende Bedeutung habe, noch nicht anwendbar gewesen sei.

2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Dem in § 28 Abs. 3 VwGG normierten Erfordernis, dass die Revision "gesondert" die Gründe zu enthalten hat, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, wird nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet, Genüge getan (vgl. den Beschluss vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001). Vielmehr ist in den "gesonderten" Gründen konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. den hg. Beschluss vom 28. Februar 2014, Zl. Ro 2014/16/0004).

Außerdem muss die Revision, damit sie zulässig ist, gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG von der Lösung der Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, "abhängen". In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. den hg. Beschluss vom 22. Juli 2014, Zl. Ro 2014/04/0055, mit Hinweis auf den Beschluss vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001).

2.2. Aus den Darlegungen der Revision zu ihrer Zulässigkeit ist zunächst nicht klar erkennbar, von welcher konkreten Rechtsfrage das rechtliche Schicksal der Revision behauptetermaßen abhängt, zumal der Revisionswerber lediglich auf das Fehlen von Rechtsprechung "zur Bestellung von verantwortlich Beauftragten durch die zur Vertretung nach außen berufenen Organe ausgegliederter Rechtsträger sowie deren verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 12 KA-AZG" verweist (dass speziell bei ausgegliederten Rechtsträgern oder gemäß § 12 KA-AZG andere Voraussetzungen für die Bestellung verantwortlich Beauftragter maßgeblich sein könnten, wird nicht aufgezeigt).

2.3. Richtig ist zwar, dass der vom Revisionswerber angesprochene § 11a KA-AZG im gegenständlichen Fall (in dem das Land Oberösterreich Ärzte zur Dienstleistung beim ausgegliederten Krankenanstaltenträger Oö. GESPAG verpflichtet hat) gemäß Abs. 2 leg. cit. dazu führt, dass als "Dienstgeber" iSd § 12 Abs. 1 KA-AZG die Oö. GESPAG anzusehen ist (vgl. Pkt. 2.2. des hg. Erkenntnisses vom 23. August 2014, Zl. 2010/11/0193, mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Selbst wenn man allerdings mit dem Revisionswerber davon ausgeht, dass das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund (in seinen ersten beiden Argumentationslinien) zu Unrecht zu dem Ergebnis kam, dass der Mitbeteiligte als Organ des Landes (und nicht der Oö. GESPAG) handelte und gemäß § 12 Abs. 2 KA-AZG von der Strafbarkeit ausgenommen sei, so hängt von der Beantwortung dieser Rechtsfrage, wie nachstehend aufgezeigt wird, nicht das Schicksal der Revision ab.

2.4. Entscheidend ist nämlich im vorliegenden Fall, dass das Verwaltungsgericht - unabhängig von seinen ersten beiden Argumentationslinien - das angefochtene Erkenntnis zusätzlich auf die (für sich tragfähige) Begründung stützte, die Bestellung des Mitbeteiligten zum verantwortlich Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG sei auch deshalb unwirksam, weil in der Bestellungsurkunde - entgegen Abs. 4 leg. cit - der Verantwortungsbereich nicht klar abgegrenzt sei. Dass es sich hierbei um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (also nicht bloß um eine fallbezogene Auslegung der Bestellungsurkunde) handle, wird in der Revision im Rahmen der Gründe des § 28 Abs. 3 VwGG nicht behauptet und ist auch vor dem Hintergrund diesbezüglicher umfassender Judikatur (vgl. etwa Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage, E 138 und E 156 zu § 9 VStG) zu verneinen.

3. Beruht daher (wie gegenständlich) das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung und liegt dieser keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zugrunde, so ist die Revision unzulässig (vgl. in diesem Sinne den hg. Beschluss vom 24. April 2014, Zl. Ra 2014/01/0010).

Die vorliegende Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2014

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