VwGH Ra 2015/05/0057

VwGHRa 2015/05/005729.3.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision 1. der A B, 2. des K G, 3. des R R, 4. der M W und 5. des R W, alle in N, alle vertreten durch Dr. Alois Karan, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Stelzhamerstraße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 20. April 2015, Zl. LVwG 150393/2/MK/EG ‑ 150406/2, betreffend Einwendungen in einem Bauverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde Niederneukirchen; mitbeteiligte Parteien: 1. Ing. P H und 2. M H, beide in A; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung in 4020 Linz, Bahnhofsplatz 1), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8
BauO OÖ 1994 §31 Abs4
BauRallg
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/0051
ROG OÖ 1994 §30 Abs3
ROG OÖ 1994 §30 Abs6
VwGG §25a Abs1 idF 2013/I/033
VwGG §28 Abs3 idF 2013/I/033
VwGG §34 Abs1a idF 2013/I/033

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2015050057.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerber haben der Gemeinde Niederneukirchen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerber sind Nachbarn des gegenständlichen als Grünland „Sondernutzung Reitsportanlage“ gewidmeten Grundstückes Nr. 146/1, KG G, auf dem ein von den Mitbeteiligten beantragtes Lager und Büro in ein bereits bestehendes land‑ und forstwirtschaftliches Gebäude eingebaut werden soll. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde N vom 16. Jänner 2014 wurde den Mitbeteiligten die Baubewilligung für den Einbau unter Vorschreibung erforderlicher Bedingungen und Auflagen erteilt. Der dagegen von den Revisionswerbern erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde N vom 30. Juni 2014 keine Folge gegeben. Die dagegen erhobene Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde mit Erkenntnis vom 20. April 2015 in Verbindung mit einer Präzisierung des erstinstanzlichen Spruches als unbegründet abgewiesen und eine ordentliche Revision als nicht zulässig erklärt.

Das Verwaltungsgericht führte im Wesentlichen aus, dass die geltend gemachten Immissionen nicht in die Prüfungskompetenz der Baubehörde fielen. Für die in § 30 Abs. 3 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (ROG) vorgesehenen weiteren zulässigen Nutzungsarten im Grünland, mit denen insbesondere bauliche Maßnahmen verbunden sein können, sei die Sonderausweisung im Grünland im Sinne dieser Bestimmung für die Errichtung derartiger Sonderbauten erforderlich. Solche Sonderausweisungen fänden im Begriff der land‑ und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung Deckung. Für die Nutzung im Rahmen des Abs. 6 leg. cit. sei nicht ein land‑ und forstwirtschaftlicher Betrieb Voraussetzung, sondern „bloß“ das Bestehen eines Gebäudes, das seinem Wesen nach der Land‑ und Forstwirtschaft zuzurechnen sei. Im Ergebnis sei daher der Einbau eines Lagers und eines Büros in ein bestehendes land‑ und forstwirtschaftliches Gebäude zulässig und die bestehende Sonderwidmung „Reitsportanlage“ hindere dieses Vorhaben nicht.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, dieses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B‑VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B‑VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3 Die Revision ist nicht zulässig:

4 Die Revisionswerber bringen im Rahmen der Zulässigkeitsausführungen zunächst vor, das angefochtene Erkenntnis enthalte keine über die verba legalia des Art. 133 Abs. 4 B‑VG hinausgehende Begründung für den Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG.

Auch wenn das Verwaltungsgericht nach § 25a Abs. 1 letzter Satz VwGG seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG kurz ‑ und in der Regel fallbezogen ‑ zu begründen hat, ist der Verwaltungsgerichtshof entsprechend § 34 Abs. 1a VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an diesen Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof vielmehr im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. An der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, war der Revisionswerber nicht gehindert, weshalb dieses Vorbringen keine Rechtsfrage von der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufzeigt (vgl. dazu u.a. den hg. Beschluss vom 1. Oktober 2014, Zl. Ra 2014/09/0022).

5 Weiters bringen die Revisionswerber vor, die Interpretation des § 30 Abs. 6 ROG, wonach die Nutzung von Gebäuden im Sinne des § 30 Abs. 6 ROG auch im Bereich der Grünlandsonderwidmungen zulässig sein soll, weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Widmung von Baugrundstücken und den subjektiv‑öffentlichen Nachbarrechten im Sinne des § 31 Oö. Bauordnung 1994 bereits mehrfach festgehalten, dass aus der Anordnung der Widmungskategorien in Flächenwidmungsplänen grundsätzlich insoweit Nachbarrechte auf Beachtung derselben erfließen, als die in diesen generellen Normen enthaltenen Regelungen unter Gesichtspunkten getroffen worden sind, die nicht nur öffentliche Interessen, sondern auch Interessen der Nachbarn in sich schließen (vgl. hierzu das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2005, Zl. 2003/05/0091). Widmungskategorien kommen als eine subjektiv‑öffentliche Nachbarrechte gewährleistende Norm somit insoweit in Betracht, als durch die bestimmte Widmungskategorie ein Immissionsschutz gewährt wird (vgl. hierzu das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/05/0075). Die BO gewährt dem Nachbarn somit nicht schlechthin einen Anspruch auf widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes (vgl. hierzu das hg. Erkenntnis vom 29. April 1997, Zl. 96/05/0210); sie enthält nämlich keine Bestimmung, die ausdrücklich ein Recht auf Einhaltung der Flächenwidmung einräumt (vgl. hierzu die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1998, Zl. 97/05/0132 und vom 27. Juni 2006, Zl. 2005/05/0007).

Die Revisionswerber bringen in der Revision nicht vor, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben um einen gemäß dem § 30 Abs. 6 ROG unzulässigen Betrieb handelt. In Bezug auf das Kriterium in § 30 Abs. 6 leg. cit., dass ein bestehendes land‑ und forstwirtschaftliches Gebäude vorliegen muss, kommt den Revisionswerbern kein Mitspracherecht zu.

6 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

7 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 29. März 2017

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