VwGH Ra 2016/05/0083

VwGHRa 2016/05/008329.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der S GmbH in W, vertreten durch Mag. Harald Premm, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottenring 16/2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 29. April 2016, Zl. VGW-111/026/21707/2014-21, betreffend Aussetzung eines Verfahrens gemäß § 126 Abs. 3 Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: Dr. D G in W, vertreten durch Sladek & Meyenburg Rechtsanwälte in 1070 Wien, Neustiftgasse 3; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41;
VwGG §42 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41;
VwGG §42 Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

2 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa die Beschlüsse vom 20. Jänner 2015, Ro 2014/05/0083, und vom 11. März 2016, Ra 2016/06/0004, 0005, mwN).

3 In der vorliegenden Revision wird unter der Überschrift "II. Revisionspunkt:" Folgendes vorgebracht:

"Die Revisionswerberin erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis in ihrem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, normiert in §§ 37, 39 u. 65 AVG, verletzt, wobei das Erkenntnis an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet."

4 Mit diesem Vorbringen wird kein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG angeführt. Denn nach ständiger hg. Judikatur gibt es kein abstraktes "Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens" (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. September 2013, Zl. 2011/05/0065, und den Beschluss vom 30. Juni 2015, Ra 2015/06/0048, mwN) und handelt es sich auch bei der Behauptung der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht um die Geltendmachung eines Revisionspunktes, sondern um die Behauptung eines Revisionsgrundes (vgl. nochmals den Beschluss, Ra 2016/06/0004, 0005, und ferner den Beschluss vom 16. März 2016, Ra 2016/04/0028, mwN).

5 Da somit die Revisionswerberin in den von ihr geltend gemachten Rechten nicht verletzt sein kann, ist die Revision bereits deshalb nicht zulässig.

6 Darüber hinaus erweist sich die Revision noch aus einem weiteren Grund als unzulässig:

Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (vgl. etwa den Beschluss vom 29. Juni 2016, Ra 2016/05/0052, 0053, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 24. Mai 2016, Ra 2016/07/0038, mwN).

7 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit bringt die Revision (unter Punkt III.) im Wesentlichen vor, dass die "belangte Behörde" hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Frage, ob die mitbeteiligte Partei auf Grund der Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes Meidling vom 19. April 2011 berechtigt sei, die im gegenständlichen Verfahren beantragten Arbeiten durchzuführen, kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt sowie die vorliegenden Beweise teilweise aktenwidrig und exekutionsrechtlich unrichtig beurteilt habe. Auf Basis dieser unrichtigen Beurteilung des Exekutionsverfahrens habe sie dann ergänzende (unrichtige) Sachverhaltsfeststellungen getroffen, diese rechtlich gewürdigt und der ersten Instanz die Übernahme dieser unrichtigen Feststellungen und der auf diesen basierenden unrichtigen rechtlichen Beurteilung angeordnet. Indem sie entgegen ihrer Verpflichtung nach §§ 37, 39 und 65 AVG kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und insbesondere der Revisionswerberin das Recht auf Parteiengehör entzogen habe, habe sie sich in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gesetzt, wonach das Recht auf Wahrung des Parteiengehörs eine kardinale Voraussetzung für ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren sei. Die (unrichtige) Rechtsansicht, die mitbeteiligte Partei wäre auf Grund eines Exekutionstitels berechtigt, die Arbeiten durchzuführen, habe die belangte Behörde zu keinem Zeitpunkt mit den Parteien erörtert. Als Hauptbeweismittel habe sie einen Ausdruck aus dem (näher bezeichneten) elektronischen Gerichtsakt herangezogen, und sie habe weder diesen Akt beigeschafft noch auf andere Art den Sachverhalt amtswegig ermittelt. Der Revisionswerberin sei so das Recht genommen worden, von den Beweisergebnissen Kenntnis zu erlangen und sich dazu zu äußern. Die belangte Behörde habe das gegenständliche Verwaltungsverfahren wie ein Zivilverfahren geführt, wobei auch in diesem der Grundsatz der Gewährung von rechtlichem Gehör einzuhalten gewesen wäre. Damit lägen hier Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die außerordentliche Revision zulässig sei.

8 Nach ständiger hg. Judikatur sind Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden muss (vgl. etwa den Beschluss vom 24. Februar 2016, Ra 2016/05/0010, und nochmals den Beschluss, Ra 2016/05/0052, 0053, mwN).

9 Aus den genannten Ausführungen zur Begründung der Revisionszulässigkeit geht nicht hervor, inwieweit das Verwaltungsgericht Wien dadurch, dass es - wie behauptet - lediglich einen Ausdruck aus dem angeführten exekutionsrechtlichen Gerichtsakt herangezogen und nicht auch den gesamten Akt beigeschafft habe, tragende Verfahrensgrundsätze verletzt habe und insbesondere welche konkreten Feststellungen es bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels hätte treffen müssen, um zu einer anderen, für die Revisionswerberin günstigeren Sachverhaltsgrundlage als der von ihm angenommenen zu gelangen.

10 Im Hinblick darauf hat die Revisionswerberin somit auch keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargelegt.

11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 29. September 2016

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