VwGH Ra 2015/17/0029

VwGHRa 2015/17/002918.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des E S in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 3. März 2015, LVwG-10/275/4- 2015, betreffend Übertretung des GSpG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zell am See), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §50 Abs4;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z5;
MRK Art6 Abs1;
VStG §31 Abs2 idF 2013/I/033;
VStG §44a Z1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §29 Abs4;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2015170029.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 3. Oktober 2014 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Zell am See über den Revisionswerber wegen Verletzung der Auskunftspflicht am 6. März 2012 nach § 50 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 5 Glücksspielgesetz (GSpG) eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 112 Stunden).

Dagegen gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg der Beschwerde des Revisionswerbers mit dem angefochtenen, in der Verhandlung vom 3. März 2015 mündlich verkündeten und dem Revisionswerber am 9. März 2012 zugestellten Erkenntnis teilweise Folge und setzte die Geldstrafe auf EUR 2.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 50 Stunden herab. Im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

2 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 In der Zulassungsbegründung vermeint der Revisionswerber zunächst, das angefochtene Erkenntnis weiche von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach es geboten sei, dass die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben sei, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur dadurch verletzten Verwaltungsvorschrift in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht werde (VwGH vom 14. Jänner 1987, 86/06/0017) und dass aus dem Spruch eines Straferkenntnisses für einen Beschuldigten unzweifelhaft zu entnehmen sei, zu welcher Auskunft er aufgrund einer konkreten Aufforderung verpflichtet gewesen sei (VwGH vom 12. August 1997, 96/17/0355).

4 Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um den Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl etwa das hg Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg 11894 A, sowie VwGH vom 12. August 1997, 96/17/0355, und vom 22. Februar 1999, 99/17/0026). Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat dem § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin ob die erfolgte Umschreibung der Tat im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt. Das an die Umschreibung der Tat zu stellende Genauigkeitserfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wieder gegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl VwGH vom 14. Juli 2000, 2000/02/0154).

5 Davon ausgehend kann der Verwaltungsgerichtshof im konkreten Fall nicht erkennen, dass die im Spruch des Straferkenntnisses dargestellte Tathandlung dem im § 44a Z 1 VStG umschriebenen Rechtsschutzbedürfnis des Beschuldigten nicht entspricht und das angefochtene Erkenntnis insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die den wesentlichen Tatbestandsmerkmalen der vorliegenden Verwaltungsübertretung nach § 50 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 5 GSpG entsprechenden Merkmale der Tat sind die mangelnde Erfüllung der Pflicht zur Erteilung umfassender Auskünfte gegenüber den Organen der öffentlichen Aufsicht im Zusammenhang mit der Ausübung der diesen Organen zukommenden Aufgaben zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Wenn sich wie im vorliegenden Fall aus dem auf die Glücksspielkontrolle am 6. März 2012 und die Stellung des Revisionswerbers als damals anwesender Verantwortlicher der Firma Restaurant F S KG bezugnehmenden Spruch des Straferkenntnisses ergibt und auch sonst für den Revisionswerber angesichts der konkreten Glücksspielkontrolle nicht zweifelhaft sein kann, zu welcher Auskunft er gegenüber den Organen der öffentlichen Sicherheit verpflichtet war, so wurde dem Erfordernis des § 44a Z 1 VStG entsprochen. Eine vollständige, wortgetreue Wiedergabe des Inhaltes des Auskunftsbegehrens ist in diesem Fall nicht erforderlich.

6 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision überdies mit einem Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der ständigen Judikatur, wonach einem Beschuldigten ein Aussageverweigerungsrecht zukomme, soweit er sich selbst oder einen nahen Angehörigen mit einer wahrheitsgetreuen Auskunft einer Straftat bezichtigen müsste.

Damit wird die Begründung für die Zulässigkeit der Revision im Sinne des § 28 Abs 3 VwGG nicht gesetzmäßig ausgeführt, schon weil nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher "ständigen Judikatur" und inwiefern bezogen darauf das angefochtene Erkenntnis nach Ansicht des Revisionswerbers abweichen soll (vgl VwGH vom 6. Oktober 2015, Ra 2015/02/0187, sowie vom 27. Jänner 2016, Ra 2015/05/0042). Im Übrigen konnte ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 50 Abs 4 GSpG in Bezug auf ein Aussageverweigerungsrecht im Falle der Selbstbezichtigung bzw der Bezichtigung eines nahen Angehörigen mit einer wahrheitsgetreuen Auskunft einer Straftat nicht erkannt werden. Im vorliegenden Fall verweigerte der Revisionswerber die Aussage im Rahmen einer Kontrolle zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl hg Erkenntnis vom 24. Februar 2014, 2013/17/0834) liegt bei einer solchen Kontrolle (noch) keine Situation vor, in der ein derartiges Aussageverweigerungsrecht überhaupt zum Tragen kommen kann. Inwiefern das angefochtene Erkenntnis von dieser Rechtsprechung abweicht, ist nicht ersichtlich.

7 Schließlich vermeint der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, inwieweit auch einem bloß mündlich verkündeten Straferkenntnis bereits eine fristwahrende Wirkung nach § 31 VStG zukomme.

Gemäß § 31 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr 33/2013 tritt Strafbarkeitsverjährung ein, wenn das Straferkenntnis bzw das dieses bestätigende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes erst nach Ablauf von drei Jahren, gerechnet ab dem in Abs 1 genannten Zeitpunkt (Tatzeit), erlassen wird (vgl VwGH vom 29. Juli 2014, Ro 2014/02/0074, mwN, sowie vom 25. November 2015, Ra 2015/09/0050). Nach ständiger hg Rechtsprechung ist die Frist des § 31 Abs 2 VStG nur dann gewahrt, wenn im konkreten Fall das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg innerhalb der dort genannten dreijährigen Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde (vgl VwGH vom 15. Dezember 2011, 2008/10/0010, zu § 31 VStG in der Fassung vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl I Nr 33/2013, sowie vom 29. Juli 2014, Ro 2014/02/0074, mwN, und vom 25. November 2015, Ra 2015/09/0050). Mit der mündlichen Verkündung wird das das Straferkenntnis bestätigende Erkenntnis des Verwaltungsgerichts unabhängig von der in § 29 Abs 4 VwGVG 2014 geforderten Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung rechtlich existent (vgl VwGH vom 13. Oktober 2015, Fr 2015/03/0007, mwN). Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht ein - wie im vorliegenden Fall - innerhalb der gemäß § 31 Abs 2 VStG dreijährigen Frist mündlich verkündetes (ein Straferkenntnis bestätigendes) Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes dem Eintritt der Strafbarkeitsverjährung entgegen (vgl VwGH vom 30. Jänner 2001, 99/05/0116).

8 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Mai 2016

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