Normen
ABGB §867;
AgrGG Stmk 1985 §6;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ABGB §867;
AgrGG Stmk 1985 §6;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Revisionswerber ist Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 2 Grundbuch S, mit welcher Anteilsrechte an der mitbeteiligten Agrargemeinschaft verbunden sind.
Am 28. Februar 2014 fand die Jahreshauptversammlung der Agrargemeinschaft statt, bei der auch ein Vertreter der belangten Behörde anwesend war; als Punkt 8 der Tagesordnung war die vorzeitige Jagdpachtvergabe an die bisherigen Pächter genannt.
Der Obmann der Agrargemeinschaft präsentierte ein schriftliches Angebot der bisherigen Pächter zur vorzeitigen Vergabe der Jagd für den Zeitraum vom 1. April 2015 bis zum 31. März 2021 zu denselben Bedingungen und zu einem näher genannten Preis. Der Revisionswerber brachte vor, die vorzeitige Jagdvergabe sei nicht möglich, weil die Einladung zur Jahreshauptversammlung nicht fristgemäß ergangen sei; er biete überdies einen um EUR 400,00 höheren Betrag. In der nachfolgenden Abstimmung stimmten von den 82 abgegebenen Stimmen 53 für das vorliegende Angebot, 28 dagegen, eine Stimme war ungültig.
Daraufhin wandte sich der Revisionswerber mit einer Minderheitenbeschwerde an die belangte Behörde und beantragte nach § 6 des Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetzes (StAgrGG), den zu TOP 8 in der Jahreshauptversammlung vom 28. Februar 2014 gefassten Jagdvergabebeschluss aus näher dargestellten Gründen als gesetzwidrig zu beheben.
Mit Bescheid vom 7. Oktober 2014 wies die belangte Behörde diesen Antrag ab.
Der Begründung dieses Bescheides ist zu entnehmen, dass dem Revisionswerber die Einladung jedenfalls acht Tage vor der Jahreshauptversammlung und somit zeitgerecht im Sinne des § 10 Abs. 2 des Statutes der Agrargemeinschaft zugegangen sei. Die belangte Behörde befasste sich auch mit dem Verständnis des § 13 des Statutes, wonach die Anträge zur Vollversammlung mindestens 14 Tage vor derselben schriftlich beim Obmann eingebracht werden müssten, worauf sie von diesem in die Tagesordnung aufzunehmen seien, und verwies auch darauf, dass der Revisionswerber die Möglichkeit gehabt hätte, zu Beginn der Vollversammlung einen dringenden Antrag im Sinne des § 13 Abs. 1 des Statutes an die Vollversammlung zu stellen und ein entsprechendes Angebot zu legen. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Von einem vermögensrechtlichen Nachteil könne bei einem um EUR 400,-- höheren Angebot nicht gesprochen werden, da es lediglich einen Mehrerlös von 6 % gegenüber dem durch die Jagdgesellschaft gebotenen Jagdpachterlös bedeute. Ob eine Jagdpachtvergabe der Gemeinschaft zum Vorteil gereiche, könne nicht nur am Jagdpachterlös gemessen werden, vielmehr seien sämtliche Umstände zu betrachten, unter deren Voraussetzungen die Jagdpacht durch eine Agrargemeinschaft erfolge. Dem Protokoll sei diesbezüglich zu entnehmen, dass die bisherige Jagdausübung durchaus zur Zufriedenheit der Mehrheit der Mitglieder durchgeführt worden sei, weshalb auch die neuerliche Vergabe mehrheitlich an die nunmehrigen Jagdpächter erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid wandte sich der Revisionswerber mit Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) und verwies unter anderem darauf, dass der aus §§ 10 Abs. 2 bzw. 13 Abs. 1 des Statutes der Agrargemeinschaft ableitbare Widerspruch in Bezug auf die Ladungsfristen dahingehend aufzulösen gewesen wäre, dass der Termin für die Vollversammlung mindestens drei Wochen vorher in geeigneter Weise den Mitgliedern bekannt zu geben gewesen wäre. Schließlich wies der Revisionswerber auch darauf hin, dass der Beschluss hinsichtlich der vorzeitigen Jagdpachtvergabe nicht mehrheitlich im Sinne des § 12 Abs. 3 des Statutes zustande gekommen und auch aus diesem Grunde nichtig sei. Von den 82 abgegebenen Stimmen hätten nämlich lediglich 53 Stimmen für das vorliegende Angebot gestimmt. Bei qualifizierten Beschlüssen, wie der Verpachtung der Jagd, sei für die Beschlussfassung aber eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Diese sei nicht gegeben, sodass der Beschluss auch in dieser Hinsicht ungültig sei. Schließlich wurden auch die Argumente der belangten Behörde, weshalb das geringfügig höhere Angebot des Revisionswerbers nicht zu berücksichtigen sei, als nicht nachvollziehbar gerügt. Die Annahme der belangten Behörde, wonach die bisherige Jagdpachtausübung zur Zufriedenheit der Mehrheit der Mitglieder durchgeführt worden sei, entbehre zudem jeglicher Grundlage.
Das LVwG führte am 4. März 2015 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Obmann der Agrargemeinschaft die Vorgangsweise bei der Jahreshauptversammlung, insbesondere im Zusammenhang mit der Ladung zur Jahreshauptversammlung und der dort erfolgten Abstimmung näher darstellte. Die belangte Behörde erklärte, es sei für sie nun evident, dass der Beschluss einer qualifizierten Beschlussfassung bedurft hätte und daher nicht den geltenden Verwaltungssatzungen entspreche; sie ersuche, die entsprechende Entscheidung zu treffen.
Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis vom 23. März 2015 wies das LVwG die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab und erklärte die ordentliche Revision als unzulässig.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage legte das LVwG dar, dass der Beschluss über die Jagdvergabe den besonderen Beschlusserfordernissen nach § 12 Abs. 3 lit. b der Verwaltungssatzungen der Agrargemeinschaft unterliege und nach deren § 12 Abs. 4 lit. a unter Genehmigungsvorbehalt der Aufsichtsbehörde stehe. Der angefochtene Beschluss sei ohne die besonderen Beschlusserfordernisse gefasst worden und daher rechtswidrig. Trotzdem dürfe er auch vom Landesverwaltungsgericht nicht mehr aufgehoben werden.
Die Minderheitenbeschwerde des Beschwerdeführers sei entsprechend § 29 Abs. 3 der Verwaltungssatzungen rechtzeitig eingebracht worden. Diese Bestimmung biete ausreichenden Schutz für die bei bestimmten Beschlüssen der Vollversammlung in der Minderheit gebliebene Mitglieder. Dass einer solchen Einwendung keine aufschiebende Wirkung zukomme, entspreche dem Gedanken, die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gutes nicht ungebührlich zu behindern. Damit werde eine solche Satzungsbestimmung dem Ziel der zweckmäßigen Benutzung und Bewirtschaftung der gemeinschaftlichen Grundstücke gerecht, weil damit einerseits der überstimmten Minderheit entsprechender Schutz gewährt, andererseits aber die weitere Wirtschaftstätigkeit der Agrargemeinschaft nicht unterbrochen werde. Der vom Revisionswerber eingebrachten Minderheitsbeschwerde sei daher keine aufschiebende Wirkung dergestalt zugekommen, dass es dem Obmann verwehrt gewesen wäre, gemäß § 20 Abs. 2 lit. a der Verwaltungssatzungen auf Grund des Beschlusses tätig zu werden. Der Obmann sei auf Grund der Feststellung des bei der Jahreshauptversammlung anwesenden Vertreters der Aufsichtsbehörde, dass "somit dem Antrag auf vorzeitige Jagdpachtvergabe zugestimmt wurde", auch nicht veranlasst gewesen, diesen Beschluss der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen und habe demnach von der Rechtswirksamkeit der Beschlussfassung ausgehen können.
Der Obmann sei daher berechtigt gewesen, trotz des laufenden Minderheitenbeschwerdeverfahrens den Jagdpachtvertrag auch tatsächlich abzuschließen. Schließe der nach außen schlechthin vertretungsbefugte Obmann einen zivilrechtlichen Vertrag ab, so könne dies, selbst wenn dem eine gegenteilige oder etwa keine Beschlussfassung der Vollversammlung als zuständigem Organ im Innenverhältnis zu Grunde gelegen sei, nicht zur Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages führen (vgl. VwGH 26. September 2013, 2011/07/0121).
Der angefochtene Beschluss der Vollversammlung dürfe, nachdem auf ihn gestützt bereits der Jagdpachtvertrag abgeschlossen worden sei, auch nicht mehr (unbeschränkt) abgeändert oder aufgehoben werden. Eine Aufhebung oder Abänderung dieses Beschlusses sei jedenfalls dann unzulässig, wenn sie gegen gesetzliche Bestimmungen verstoße. Dies sei hier der Fall, da die Einhaltung des bereits abgeschlossenen Vertrages vom Vertragspartner eingeklagt werden könnte. In diesem Fall verstoße die Aufhebung des Beschlusses gegen den aus dem bürgerlichen Recht ableitbaren Grundsatz, dass Verträge einzuhalten seien (vgl. VwGH 18. Februar 1994, 93/07/0122).
Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der der Revisionswerber als Zulässigkeitsgründe geltend macht, der Beschluss der Vollversammlung sei mangels der erforderlichen Stimmenmehrheit nicht rechtswirksam zustande gekommen und nichtig; er könne die beabsichtigte Rechtswirkung nicht begründen. Die Ansicht der belangten Behörde stehe im Widerspruch zu den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts bezüglich der Erfordernisse eines mängelfreien Rechtsgeschäftes.
Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Obmann der Agrargemeinschaft auf Grund einer Feststellung des bei der Jahreshauptversammlung anwesenden Vertreters der belangten Behörde (als Aufsichtsbehörde) den Beschluss der Aufsichtsbehörde nicht zur Genehmigung vorlegen müsste und von der Rechtswirksamkeit der Beschlussfassung hätte ausgehen können. Auch die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis über die Unmöglichkeit der Abänderung bzw. Aufhebung des angefochtenen Beschlusses widerspreche der Rechtslage.
Weiters wäre die belangte Behörde auf Grund ihrer gesetzlichen Aufsichtspflicht von Amts wegen verpflichtet gewesen, den Widerspruch, der sich aus den Bestimmungen des § 10 Abs. 2 bzw. § 13 Abs. 1 des Statutes im Zusammenhang mit den Ladungsfristen zur Jahreshauptversammlung ergebe, aufzulösen.
Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie sich gegen die Zulässigkeit der Revision aussprach. Sie vertrat unter anderem die Ansicht, der Beschluss der Agrargemeinschaft habe nicht die Beschlussfassung über die Jagdvergabe an und für sich zum Gegenstand gehabt, sondern lediglich die vorzeitige Vergabe der Eigenjagd an die bisherigen Pächter. Ein solcher Beschluss bedürfe lediglich der einfachen Mehrheit. Der Obmann sei daher auch nicht veranlasst gewesen, diesen Beschluss der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen.
Die einander möglicherweise widersprechenden Bestimmungen des § 10 Abs. 2 bzw. § 13 Abs. 1 der Statuten hätten den Revisionswerber nicht an seiner Rechtsverfolgung gehindert. Es werde beantragt, die außerordentliche Revision ohne vorherige mündliche Verhandlung als unzulässig zurückzuweisen.
Auch die mitbeteiligte Agrargemeinschaft erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie sich der Ansicht des LVwG anschloss, wonach der Obmann als nach außen auftretendes Organ der Agrargemeinschaft zu Recht habe davon ausgehen können, es liege ein rechtswirksamer Beschluss vor. Für ihn sei auch entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers der bezügliche Beschluss nicht "schwebend unwirksam", da für ihn kein Grund zur Ungewissheit bestanden habe, ob die Voraussetzungen für eine Rechtswirksamkeit des Beschlusses erfüllt seien. Immerhin sei nicht nur ein Behördenvertreter anwesend gewesen und habe dieser sogar zu einer Abstimmung aufgefordert, sondern sei das Nichterreichen der qualifizierten Mehrheit zur Fassung des Beschlusses offenbar vorerst nicht einmal vom Revisionswerber aufgegriffen worden.
Unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis 93/07/0122 führte die Agrargemeinschaft weiter aus, dort sei wohlbegründet darauf hingewiesen worden, dass gefasste Beschlüsse nicht unbeschränkt abgeändert oder aufgehoben werden dürften. Dies sei jedenfalls dann unzulässig, wenn die Aufhebung oder Änderung gegen gesetzliche Bestimmungen verstoße. Ein solcher Fall liege vor, wenn bereits Verträge abgeschlossen worden seien, deren Einhaltung vom Vertragspartner eingeklagt werden könnte. Wenn auch zum Zeitpunkt der bekämpften Beschlussfassung ein solcher Vertrag noch nicht vorgelegen sondern lediglich der Abschluss eines solchen beschlossen worden sei, so hätte doch die mitbeteiligte Partei von einer gefestigten Rechtslage zur Berechtigung des Abschlusses des Jagdpachtvertrages ausgehen dürfen. Es werde daher beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 21. November 2014, Zl. Ra 2014/02/0114, mwN).
2. Die außerordentliche Revision zeigt mehrere rechtliche Aspekte auf, aus denen sich eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ergebe.
So macht sie u.a. geltend, dass die Argumentation des LVwG, wonach trotz erkannter Rechtswidrigkeit des in Minderheitenbeschwerde gezogenen Beschlusses dieser nicht aufgehoben werden könne, der Rechtsprechung und der Rechtslage widerspreche.
Insofern zeigt die Revision eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, zumal diese Argumentation des LVwG - wie zu zeigen sein wird - von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die Revision ist in diesem Punkt zulässig und auch berechtigt.
Darauf, ob die Widersprüchlichkeit in den Statutenbestimmungen über den Zeitpunkt der Ladung zur Jahreshauptversammlung überhaupt geeignet wäre, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, war daher nicht näher einzugehen.
3. Das LVwG ging davon aus, dass es sich bei der Beschlussfassung über die vorzeitige Jagdpachtvergabe um einen Beschluss handle, der einer qualifizierten Beschlussfassung unterliege. Davon ging auch die belangte Behörde im Zeitraum des Beschwerdeverfahrens vor dem LVwG aus.
In ihrer Revisionsbeantwortung stellt die belangte Behörde nun die Behauptung auf, es wären die Erfordernisse des § 12 Abs. 3 lit. b des Statutes nicht einzuhalten gewesen, weil es nicht um die Beschlussfassung zur Jagdpachtvergabe "an und für sich" sondern "lediglich" um die vorzeitige Vergabe der Eigenjagd (an die bisherigen Pächter) gegangen sei.
§ 12 des Statutes der Agrargemeinschaft hat folgenden
Wortlaut (Hervorhebungen im Original):
"§ 12
Beschlüsse der Vollversammlung
(1) ...
(3) Qualifizierte Beschlüsse:
a) für die Abänderung der Bestimmungen des Statutes und des Regulierungsplanes sowie
b) für die Veräußerung, Belastung und Verpachtung von Gemeinschaftsgut und gemeinschaftlichen Rechten ist zur Beschlussfähigkeit die Anwesenheit oder Vertretung von mindestens der Hälfte aller Mitglieder und für die Beschlussfassung eine 2/3 Mehrheit der Stimmen erforderlich;
c) ... .
(4) Beschlüsse unter Vorbehalt der aufsichtsbehördlichen Genehmigung
a) Die Beschlussfassung in den in Abs. (3) lit. a) und b) genannten Fällen bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Daher sind derartige Beschlüsse umgehend der Aufsichtsbehörde vorzulegen.
b) ... ."
Auch die vorzeitige Verpachtung der Jagd stellt einen Beschluss über die Verpachtung von Gemeinschaftsgut bzw. gemeinschaftlichen Rechten im Sinne des § 12 Abs. 3 lit b des Statutes dar. Daher benötigt die Agrargemeinschaft zur Beschlussfähigkeit die Anwesenheit oder Vertretung von mindestens der Hälfte aller Mitglieder und für die Beschlussfassung eine Zweitdrittelmehrheit der Stimmen. Eine solche lag aber unstrittig nicht vor.
4. Das LVwG stützte sich als Begründung seiner Rechtsansicht, wonach der angefochtene Beschluss der Vollversammlung ungeachtet dessen, dass er nicht rechtswirksam zustande gekommen sei, nicht mehr unbeschränkt abgeändert oder aufgehoben werden dürfe, auf zwei aufeinander aufbauende Überlegungen.
Zum einen meinte es unter Berufung auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 2013, 2011/07/0121, dass der nach außen schlechthin vertretungsbefugte Obmann einen zivilrechtlichen Vertrag abschließen könne und dieser auch dann nicht unwirksam sei, wenn dem eine gegenteilige oder gar keine Beschlussfassung der Vollversammlung als zuständigem Organ im Innenverhältnis zu Grunde gelegen sei.
Darauf aufbauend vertrat es unter Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Februar 1994, 93/07/0122, auf welches auch die mitbeteiligte Agrargemeinschaft im Rahmen ihrer Revisionsbeantwortung Bezug nimmt, die Ansicht, es sei nicht möglich, einen Beschluss der Vollversammlung zu beheben, auf dessen Grundlage bereits ein Vertrag gültig abgeschlossen worden sei.
Diese Überlegungen hätten aber hier und auch in anderen vergleichbaren Fällen zur Konsequenz, dass rechtswidrig zustande gekommene Beschlüsse der Vollversammlung (oder eines anderen Organs der Agrargemeinschaft), auf deren Grundlage Verträge abgeschlossen wurden, von der Aufsichtsbehörde nicht aufgehoben werden könnten, auch wenn dagegen Minderheitenbeschwerde von einem in seinen Rechten verletzten Mitglied der Agrargemeinschaft erhoben wurde. Ein solches Ergebnis widerspricht aber der Rechtslage und der Rechtsprechung.
4.1. Das LVwG berief sich zur Begründung seiner Ansicht, der nach außen schlechthin vertretungsbefugte Obmann hätte einen zivilrechtlichen Vertrag abgeschlossen und auch das Fehlen oder eine gegenteilige Beschlussfassung der Vollversammlung als zuständiges Organ im Innenverhältnis führte nicht zur Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages auf das hg. Erkenntnis vom 26. September 2013, 2011/07/0121.
Diesem Erkenntnis ist ein solcher Rechtssatz aber nicht zu entnehmen. Um die Frage des Abschlusses eines Vertrages durch den Obmann einer Agrargemeinschaft und dessen Gültigkeit ging es in diesem Erkenntnis nicht. Es befasste sich allerdings mit der Zurechenbarkeit eines Antrags einer Agrargemeinschaft (damals:
nach § 43 des Kärntner Wald- und Weidenutzungsrechte-Landesgesetzes auf Feststellung des Bestandes eines Nutzungsrechtes), der vom Obmann der Agrargemeinschaft für diese an die Behörde gestellt wurde, an diese; dabei wurde die Frage der Vertretungsbefugnis des Obmanns bzw. der Deckung durch einen entsprechenden Beschluss im Innenverhältnis aufgeworfen und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Fragenkomplex wiedergegeben.
Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Vertretungsbefugnis eines Obmanns von Agrargemeinschaften (und ähnlichen Gemeinschaften) "schlechthin" bezog und bezieht sich - ausgehend von der Entscheidung eines verstärkten Senates vom 29. Mai 1980, 2671/1978, VwSlg 10147 A/1980 - regelmäßig auf die Berechtigung zur Erhebung eines Rechtsmittels bzw. einer Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat seitdem stets die Auffassung, dass die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Organe als zur Erhebung eines Rechtsmittels bzw. einer Beschwerde berechtigt anzusehen sind, wenn die ordnungsgemäß kundgemachten Organisationsnormen der juristischen Person von einer "Vertretung nach außen schlechthin" sprechen. Auf anderweitige, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Normen ist in einem solchen Fall nicht zurück zu greifen. Binden die Organisationsnormen der juristischen Person das (Vertretungs‑)Handeln der zur Vertretung berufenen Organe nach außen jedoch an eine Mitwirkung anderer Organe, kann von einer Befugnis "zur Vertretung nach außen schlechthin" nicht gesprochen werden (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, 87/07/0042, VwSlg 12594 A/1987, den hg. Beschluss vom 16. November 1993, 91/07/0072, und die hg. Erkenntnisse vom 28. April 2011, 2009/07/0124, und vom 26. September 2013, 2011/07/0121).
In diesen Fällen ging es jeweils um die Frage der Wirksamkeit und Zurechenbarkeit verfahrensrechtlich relevanter Schritte (wie die Stellung eines verfahrenseinleitenden Antrags, die Erhebung eines Rechtsmittels oder einer Beschwerde) einer Agrargemeinschaft gegenüber einer Behörde, wobei diese Schritte durch den Obmann im Außenverhältnis vorgenommen wurden, ohne dass eine Deckung durch eine entsprechende Beschlussfassung im Innenverhältnis vorlag.
Diese Rechtsprechung wurde aber weder in dem vom LVwG zitierten Erkenntnis noch in einem anderen Erkenntnis auf die Wirksamkeit zivilrechtlicher Verträge übertragen; insofern verkannte das LVwG die Rechtsprechung. Weder die Stellung eines Antrags, noch die Erhebung einer Berufung oder einer Beschwerde ist mit dem Abschluss eines Vertrages vergleichbar; darauf hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. April 2002, 2001/05/1082, wo es (ebenfalls) um die Zurechenbarkeit einer von einem Bürgermeister erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ging, dezidiert hingewiesen, als er auf die in der dortigen Beschwerde zitierte zivilgerichtliche Judikatur mit dem Hinweis nicht einging, dass die Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eben kein "Vertrag" im Sinne des § 867 ABGB sei.
Ob hingegen Verträge rechtswirksam abgeschlossen wurden oder nicht und ob und welche Bedeutung der Kenntnis des Obmanns von der erhobenen Minderheitenbeschwerde zukommt, ergibt sich allein aus den Bestimmungen des Zivilrechts und aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. u.a. zu einer ähnlichen Fallgestaltung das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 10. Dezember 1992, 7 Ob 630/92). Auf diese Frage war im vorliegenden Zusammenhang aber nicht näher einzugehen.
4.2. Auch die Bezugnahme in der Argumentation des LVwG auf das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1994, 93/07/0122, geht fehl.
Diesem, zum Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetz 1979 ergangenen Erkenntnis ist als Rechtssatz zu entnehmen, dass weder im Gesetz noch in der Satzung der damaligen Agrargemeinschaft ein grundsätzliches Verbot bestehe, Beschlüsse von Organen der Agrargemeinschaft durch nachfolgende Beschlüsse wieder aufzuheben oder abzuändern. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, dass diese unbeschränkt abgeändert oder aufgehoben werden dürften. Unzulässig sei die Aufhebung oder Abänderung von Beschlüssen von Organen der Agrargemeinschaft, wenn sie gegen gesetzliche Bestimmungen, wie den aus dem bürgerlichen Recht ableitbaren Grundsatz, dass Verträge einzuhalten seien, verstoße. Daher dürfe ein Beschluss, auf dessen Grundlage ein Vertrag abgeschlossen worden sei, wobei die Einhaltung vom Vertragspartner eingeklagt werden könne, nicht aufgehoben werden.
Diesem Fall (und diesem Rechtssatz) lag aber eine spezielle und völlig andere Sachverhaltskonstellation zu Grunde als dem gegenständlichen Fall.
Damals hatte die Agrargemeinschaft im Jänner einen gültigen Beschluss über eine Jagdvergabe gefasst, diesen Beschluss durch einen Beschluss einer weiteren Vollversammlung im November 1992 behoben und einem anderen Anbieter den Zuschlag erteilt. Der zuletzt gefasste Beschluss wurde schließlich von der damals belangten Behörde aufgehoben. Dazu erklärte der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis, grundsätzlich sei es einer Agrargemeinschaft nicht verboten, Beschlüsse zu einem Gegenstand durch spätere Beschlüsse aufzuheben oder abzuändern. Es gebe allerdings eine Schranke im Zusammenhang mit der Aufhebung oder Abänderung von Beschlüssen, nämlich immer dann, wenn dadurch gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen werde. Ein solcher Fall könnte sich dann ergeben, wenn auf Grund eines Beschlusses bereits Verträge abgeschlossen worden seien, deren Einhaltung eingeklagt werden könnte. In einem solchen Fall verstoße die Aufhebung des zuerst gefassten Beschlusses gegen den Grundsatz, dass Verträge einzuhalten seien. Im Beschwerdefall liege eine solche Situation allerdings nicht vor, da im Zeitpunkt der zweiten Beschlussfassung noch kein Vertrag mit dem ersten Vertragspartner abgeschlossen worden sei.
Das zitierte Erkenntnis befasste sich somit mit einer Situation, in der die Vollversammlung selbst einen eigenen und rechtskonform zustande gekommenen Beschluss später durch einen anderslautenden Beschluss wieder abänderte, und erachtete eine solche Vorgangsweise grundsätzlich als zulässig. Eine Grenze wurde aber zB in dem Fall erblickt, in dem die Vollversammlung aufgrund des ersten rechtskonformen Beschlusses bereits Verpflichtungen (zB durch einen Vertragsabschluss) eingegangen war.
Diese durch die Agrargemeinschaft selbst vorgenommene Aufhebung eines bereits gefassten Beschlusses hat mit der hier relevanten Befugnis einer Aufsichtsbehörde zur Entscheidung über eine Minderheitenbeschwerde und der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten des Eingriffs in Beschlüsse einer Agrargemeinschaft aber nichts zu tun. Der zitierte Rechtssatz ist daher auf den vorliegenden Fall ebenfalls nicht übertragbar.
4.3. Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die Minderheitenbeschwerde des Revisionswerbers gegen den verfahrensgegenständlichen Vollversammlungsbeschluss ist vor dem Hintergrund des § 6 StAgrGG und der korrespondierenden Bestimmungen des Statutes unstrittig.
Nach § 28 Abs. 3 des Statutes überwacht die Aufsichtsbehörde die Bewirtschaftung der agrarischen Gemeinschaften im Allgemeinen, insbesondere die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, der Bestimmungen des Regulierungsplanes sowie die Ausführung und Erhaltung der gemeinschaftlichen Anlagen und Verbesserungen.
Die Aufsichtsbehörde hat daher das Handeln der Agrargemeinschaft, auch im Rahmen ihrer Beschlussfassungen bei den Vollversammlungen, zu überprüfen und ihre Rechtmäßigkeit unter anderem an den Bestimmungen des Regulierungsplanes, zu denen auch das Statut (Satzungen) zählen, zu messen.
Dass die Bestimmung des § 12 Abs. 3 lit b des Statutes bei der Beschlussfassung über die vorzeitige Jagdpachtvergabe nicht eingehalten wurde, wurde bereits oben dargetan; auch das LVwG selbst ging davon aus.
Angesichts dessen wäre der strittige Beschluss der Vollversammlung vom 28. Februar 2014 über die vorzeitige Jagdpachtvergabe aber bereits durch die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde aufzuheben gewesen; das mit Beschwerde angerufene LVwG hätte seinerseits eine entsprechende Entscheidung treffen und in Abänderung des Bescheides der belangten Behörde dem Antrag des Revisionswerbers Folge geben müssen.
5. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Beschluss der Vollversammlung vom 28. Februar 2014 (TOP 8) - ungeachtet der dargestellten Rechtswidrigkeit seines Zustandekommens - auch nicht rechtswirksam wurde, hätte er doch nach § 12 Abs. 4 lit. a des Statutes einer agrarbehördlichen Genehmigung bedurft.
Eine solche Genehmigung wurde nicht eingeholt und kann durch die bloße Anwesenheit eines Vertreters der belangten Behörde bei der Vollversammlung auch nicht ersetzt werden. Nach dem Protokoll der Vollversammlung forderte der Vertreter der belangten Behörde den Obmann auf, über den Antrag abstimmen zu lassen, und stellte nach der Auszählung der Stimmen fest, dass "somit dem Antrag auf vorzeitige Jagdpachtvergabe zugestimmt wurde". Diese Feststellung bezieht sich aber auf das Ergebnis der Abstimmung, nämlich der mehrheitlichen Zustimmung der Agrargemeinschaft zum Antrag TOP 8, und stellt weder - wie das LVwG offenbar annimmt - eine Zustimmung des Vertreters der Aufsichtsbehörde zum Inhalt des Beschlusses noch die notwendige Genehmigung des Beschlusses durch die Aufsichtsbehörde dar.
6. Aus den oben dargestellten Gründen erweist sich das angefochtene Erkenntnis daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und Z 6 VwGG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen des geltend gemachten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 24. September 2015
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