VwGH Ro 2014/10/0063

VwGHRo 2014/10/006318.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der O AG in Linz, vertreten durch Dr. Modelhart & Partner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Museumstraße 25, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 15. Juni 2012, Zl. UVS 47.10-28/2011-10, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfeleistungen (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §143 Abs1;
AVG §38;
SHG Stmk 1977 §39 Z4;
SHG Stmk 1977 §45 Abs2;
SHG Stmk 1998 §28 Z1;
SHG Stmk 1998 §28 Z2 lita;
SHG Stmk 1998 §28 Z4;
SHG Stmk 1998 §34 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 15. Juni 2012 hat der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark die Revisionswerberin gemäß § 28 Z. 4 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 29/1998 (Stmk. SHG), verpflichtet, für die gegenüber David B. erbrachten Sozialhilfeleistungen für den Zeitraum von 1. Jänner 2008 bis 30. September 2011 einen Aufwandersatz in der Höhe von EUR 254.631,45 zu leisten.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass David B. am 27. Jänner 2007 bei einem Verkehrsunfall schwerste Verletzungen mit Spät- und Dauerfolgen erlitten habe. Seit 11. Juli 2007 sei er in einer Pflegeanstalt untergebracht. Die Unterbringungskosten für ihn als chronisch kranken und beatmungspflichtigen Patienten würden sich auf EUR 239,10 pro Tag belaufen. Der Sozialhilfeträger habe für den Zeitraum von 1. Jänner 2008 bis 30. September 2011 zu diesen Kosten einen Zuschuss in der Höhe des nunmehr vorgeschriebenen Aufwandersatzes geleistet.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 7. April 2011 sei das Alleinverschulden des Fahrzeuglenkers Wolfgang B. festgestellt und ein Mitverschulden des Verletzten ausgeschlossen worden. Mit Schreiben vom 24. Mai 2011 habe die Revisionswerberin als Haftpflichtversicherer des Fahrzeuglenkers die Haftung für sämtliche künftigen Schäden des David B., beschränkt auf die Haftpflichtversicherungssumme von EUR 12 Mio., übernommen.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2011 habe der Sozialhilfeträger die Revisionswerberin gestützt auf § 28 Z. 4 Stmk. SHG unter Beilage einer Rechnung aufgefordert, die für den Zeitraum von 11. Juli 2007 bis 31. März 2011 gegenüber David B. erbrachten Sozialhilfeleistungen zu ersetzen. Dies habe die Revisionswerberin unter Berufung auf die bereits eingetretene Verjährung abgelehnt.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 habe die Sachwalterin von David B. dessen Ansprüche auf Ersatz der Pflegekosten an den Sozialhilfeträger zum Zweck der Geltendmachung gegenüber dem Haftpflichtversicherer abgetreten.

Die Revisionswerberin habe die Höhe der Forderung für den bescheidgegenständlichen Zeitraum außer Streit gestellt, jedoch die Verjährungseinrede aufrecht erhalten.

In rechtlicher Hinsicht sei auszuführen, dass die Frage der Verjährung nach § 29 Abs. 3 Stmk. SHG zu beurteilen sei. Demnach sei nur der Aufwandersatz für die im Jahr 2007 erbrachten Sozialhilfeleistungen verjährt, weil der Antrag auf Erlassung des gegenständlichen Aufwandersatzbescheides noch im Jahr 2011 gestellt worden sei.

Zum Einwand der Revisionswerberin, dass sich an der Natur des Schadenersatzanspruches durch die Legalzession nichts ändere und der Anspruch somit nur gerichtlich geltend gemacht werden könne, sei auszuführen, dass gemäß § 34 Abs. 2 Stmk. SHG über den Ersatzanspruch, somit auch über jenen gemäß § 28 Z. 4 leg. cit., die Behörde mit Bescheid zu entscheiden habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 19. September 1984, Zl. 82/11/0199, ausgeführt, keine Bedenken gegen eine verwaltungsbehördliche Entscheidung über den Aufwandersatzanspruch zu haben. Weiters sei auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Frage des Bestehens eines Unterhaltsanspruches des Hilfeempfängers im Rahmen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Ersatzanspruch gegenüber dem Unterhaltspflichtigen als Vorfrage zu lösen sei.

Zu berücksichtigen sei, dass das Verschulden des bei der Revisionswerberin haftpflichtversicherten Wolfgang B. bereits gerichtlich festgestellt worden sei und die Revisionswerberin die Haftung für künftige Schäden anerkannt habe. Bei der Ersatzpflicht gemäß § 28 Z. 4 Stmk. SHG handle es sich vorliegend daher "nicht mehr um eine privatrechtliche Feststellung eines Schadenersatzanspruches". Der Sozialhilfeträger habe vielmehr die ihm vom Hilfeempfänger David B. mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 abgetretene Forderung in Anspruch genommen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 21. Februar 2014, B 893/2012, nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Dazu hat er ausgeführt, es begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Landesgesetzgeber den Sozialhilfeträger auch mit einem im Zivilrecht wurzelnden Ersatzanspruch für erbrachte Betreuungsleistungen auf eine Entscheidung im Verwaltungsweg (im Berufungsverfahren durch ein Tribunal im Sinn von Art. 6 EMRK) verweise.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark erwogen:

Vorweg sei festgehalten, dass auf die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof erst im Jahr 2014 abgetretene Revision § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, sinngemäß anzuwenden ist (vgl. den hg. Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/10/0029). Gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. gelten für die Behandlung dieser Revision die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann, wobei die Revision gegen den Bescheid einer unabhängigen Verwaltungsbehörde gesondert die Gründe zu enthalten hat, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG für die Zulässigkeit vorliegen.

Die Revisionswerberin bringt dazu u.a. vor, dass die zivilrechtliche Natur des Schadensersatzanspruches des Hilfeempfängers gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers durch die Abtretung an den Sozialhilfeträger in Form der Legalzession gemäß § 28 Z. 4 Stmk. SHG nicht verändert werde. Für die Entscheidung über diesen Anspruch seien daher die Zivilgerichte zuständig.

Damit wird eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt. Die Revision ist daher zulässig und aus folgenden Gründen auch berechtigt:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 29/1998, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 64/2011 (Stmk. SHG), haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 28

Ersatzpflichtige

Zum Ersatz des Aufwandes gegenüber dem Sozialhilfeträger sind

verpflichtet:

...

4. nicht unterhaltspflichtige Dritte, soweit der Hilfeempfänger ihnen gegenüber Rechtsansprüche oder Forderungen hat, ausgenommen solche nach § 947 ABGB und Schmerzensgeldansprüche, und der Sozialhilfeträger die Abtretung in Anspruch nimmt. Damit gehen Ansprüche des Hilfeempfängers gegenüber einem Dritten im Ausmaß der Leistung auf den Sozialhilfeträger über. Der Übergang erfolgt mit Verständigung des verpflichteten Dritten;

...

§ 29

Grenzen der Einbringung

...

(3) Ersatzansprüche verjähren, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden ist, drei Jahre verstrichen sind. Der Ersatzanspruch nach § 28 Z 1 verjährt, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden ist, mehr als drei Jahre verstrichen sind. Ersatzansprüche, die in dieser Zeit nicht oder nicht zur Gänze geltend gemacht werden konnten, erlöschen in diesem Ausmaß.

...

§ 34

Verfahren bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen

(1) Die Sozialhilfeträger können über Ersatzansprüche mit den Ersatzpflichtigen Vergleiche abschließen. Einem solchen Vergleich kommt, wenn er von der Bezirksverwaltungsbehörde beurkundet wird, die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches zu.

(2) Kommt ein Vergleich im Sinne des Abs. 1 nicht zustande, so hat auf Antrag die nach § 35 zuständige Behörde mit Bescheid zu entscheiden.

..."

Die Revisionswerberin bringt vor, dass die zivilrechtliche Natur des Schadenersatzanspruches des Hilfeempfängers nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes durch die Legalzession nicht verloren gehe und die Zivilgerichte zur Entscheidung über diesen Anspruch zuständig blieben. § 34 Abs. 2 Stmk. SHG könne die Entscheidung über solche Ansprüche nicht der Zuständigkeit der Zivilgerichte entziehen. Diese Bestimmung könne daher nur so verstanden werden, dass die Verwaltungsbehörde über den Aufwandersatzanspruch nur zu entscheiden habe, wenn ihr diese Kompetenz auf Grund anderer Vorschriften zukomme.

Der Landesgesetzgeber könne auch die Verjährung von Schadenersatzansprüchen nicht regeln. Die Verjährung richte sich daher entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht nach § 29 Abs. 3 Stmk. SHG, sondern nach den Regeln des ABGB. Demgemäß sei der Anspruch bereits verjährt, weil der Verkehrsunfall mehr als drei Jahre zurückliege.

Überdies fehlten Feststellungen, welche Forderungen David B. aus dem Verkehrsunfall gegen die Revisionswerberin habe, die als zeitlich und sachlich kongruent auf den Sozialhilfeträger übergegangen sein könnten.

Das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 7. April 2011, auf das sich die belangte Behörde beziehe, entfalte seine bindende Wirkung nur zwischen der Revisionswerberin und der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse als Verfahrensparteien. Das Anerkenntnis vom 24. Mai 2011 beziehe sich nur auf künftige Ansprüche von David B. aus dem Verkehrsunfall.

Die nach den Feststellungen der belangten Behörde mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 erfolgte rechtsgeschäftliche Abtretung der Schadenersatzforderung durch die Sachwalterin von David B. sei weder pflegschaftsbehördlich genehmigt noch der Revisionswerberin angezeigt worden.

Aus der bloßen Geltendmachung der Forderung gegenüber der Revisionswerberin ergebe sich nicht, dass der Sozialhilfeträger die Legalzession gemäß § 28 Z. 4 Stmk. SHG in Anspruch genommen habe.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

§ 28 Z. 4 Stmk. SHG normiert eine Legalzession, die durch die Verständigung des Schuldners bewirkt wird (vgl. die Materialien zum in den maßgeblichen Punkten inhaltsgleichen § 39 Z. 4 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 1/1977 (im Folgenden: Stmk. SHG 1977), AB Blg. Nr. 56, VIII Periode, Einl.- Zl. 38/2, S. 26). Durch eine solche Legalzession geht der Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Dritten ohne Zutun des Hilfeempfängers auf den Sozialhilfeträger über; nur mehr diesem kommt das Recht zu, den Anspruch geltend zu machen; eine Leistung des Schuldners an den Hilfeempfänger wirkt nicht mehr schuldbefreiend (vgl. aus der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes schon das Urteil vom 18. Februar 1970, Zl. 5Ob25/70, Sz 43/41, sowie aus jüngerer Zeit etwa den Beschluss vom 5. Juni 2012, Zl. 10Ob18/12p, und das Urteil vom 28. März 2014, Zl. 2Ob216/13y, weiters Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht (1989) S. 529).

Der - hier schadenersatzrechtliche - Charakter der Forderung ändert sich durch den Übergang auf den Sozialhilfeträger nicht, insbesondere ändern sich weder der Beginn noch das Ende der Verjährungsfrist (vgl. auch dazu die zitierte Judikatur des Obersten Gerichtshofes). Ebenso wenig ändert sich die - gerichtliche - Zuständigkeit zur Entscheidung über den Anspruch (vgl. das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 19. September 1984, Zl. 82/11/0199, und das Erkenntnis vom 26. September 1995, Zl. 94/08/0071, vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 29. September 1992, Zl. 92/08/0144, weiters Pfeil, a. a.O., S. 533). So hat der Oberste Gerichtshof etwa mit Urteil vom 23. Jänner 2003, Zl. 6Ob328/02g, inhaltlich über einen mit Legalzession gemäß § 28 Z. 4 Stmk. SHG auf den Sozialhilfeträger übergegangenen und von diesem klagsweise geltend gemachten zivilrechtlichen Anspruch entschieden.

Im vorliegenden Fall hat der Sozialhilfeträger am 21. Juni 2011 ein Schreiben mit (auszugsweise) folgendem Inhalt an die Revisionswerberin gerichtet:

"Unter Bezugnahme auf das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz (...) wird Ihnen in der Beilage die Rechnung des Sozialhilfeträgers Stadt Graz für den Aufenthalt von Herrn David (B.) für den Zeitraum 11.7.2007 bis 31.3.2011 mit dem Ersuchen übermittelt, diese bis 6.7.2011 mit beiliegendem Zahlschein zu überweisen.

Zum Ersatz des Aufwandes gegenüber dem Sozialhilfeträger sind gemäß § 28 Abs. 4 Dritte, soweit der Hilfeempfänger ihnen gegenüber Rechtsansprüche und Forderungen hat, verpflichtet. Damit gehen Ansprüche des Hilfeempfängers gegenüber einem Dritten im Ausmaß der Leistung auf den Sozialhilfeträger über.

Mit freundlichen Grüßen

für den Sozialhilfeträger Stadt Graz:

..."

Mit diesem Schreiben hat der Sozialhilfeträger durch den Hinweis auf den Forderungsübergang gemäß "§ 28 Abs. 4" (offensichtlich gemeint: § 28 Z. 4 Stmk. SHG) die Revisionswerberin als verpflichtete Dritte gemäß dieser Gesetzesstelle verständigt (und zugleich zur Zahlung aufgefordert), wodurch die Legalzession bewirkt wurde (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 2014, Zl. 2013/10/0148, zu einem für die Bewirkung der Legalzession nicht ausreichenden Schreiben).

Durch diese Legalzession ist die Forderung auf den Sozialhilfeträger übergegangen. Dem Hilfeempfänger kam ab dem Zeitpunkt der Zession insoweit kein Anspruch gegen die Revisionswerberin zu. Bereits damit ist auf den Sozialhilfeträger jener Vermögenswert übergegangen, der in der Forderung des Hilfeempfängers gegen einen nicht unterhaltspflichtigen Dritten liegt. Insoweit der Sozialhilfeträger durch die Legalzession daher in den Besitz der Forderung des Hilfeempfängers gelangt ist, ist damit sein (in Wahrheit gegen den Hilfeempfänger bestehenden) Anspruch gemäß § 28 Z. 4 Stmk. SHG bereits erfüllt.

Im Umfang der Legalzession kommt dem Sozialhilfeträger nach der oben dargestellten Rechtslage das Recht zu, die Schadenersatzforderung gegen die Revisionswerberin als Haftpflichtversicherer des Schädigers beim dafür zuständigen Gericht geltend zu machen, wobei im Gerichtsverfahren - unter Berücksichtigung u.a. der Bestimmungen über die Verjährung - zu klären ist, ob und in welcher Höhe die zedierte Schadenersatzforderung besteht.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde bleibt bei dieser Konstellation kein Raum für eine verwaltungsbehördliche Entscheidung über den Anspruch. Der belangten Behörde ist zwar zuzustimmen, dass bei der Entscheidung über den Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers gegen einen gegenüber dem Hilfeempfänger unterhaltspflichtigen Dritten die zivilrechtliche Frage der Unterhaltspflicht als Vorfrage von der Behörde zu lösen ist (vgl. zum Stmk. SHG etwa die Erkenntnisse vom 21. November 2005, Zl. 2002/10/0119, vom 31. Juli 2009, Zl. 2008/10/0097, und vom 9. September 2009, Zl. 2008/10/0017, vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2013, G 93/2012 u.a.). Diese Erkenntnisse ergingen aber zu Normen, die keine Legalzession vorsehen, sondern - wie § 28 Z. 2 lit. a Stmk. SHG in der hier maßgeblichen Fassung - einen Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers gegen den Unterhaltspflichtigen, der mit der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht begrenzt ist, vorsehen. In einem solchen Fall handelt es sich beim Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers um einen originären Anspruch (vgl. Pfeil, a.a.O., S. 528, und das darauf bezugnehmende bereits zitierte hg. Erkenntnis zur Zl. 2008/10/0097). Der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch steht nach wie vor dem Hilfeempfänger zu, der diesen auch gerichtlich geltend machen und damit eine - die Verwaltungsbehörde bindende - Entscheidung über die Unterhaltspflicht als Hauptfrage herbeiführen kann. (Zur Zulässigkeit einer behördlichen Entscheidung über derartige im Zivilrecht wurzelnde sozialhilferechtliche Ersatzansprüche vgl. neben dem im vorliegenden Verfahren ergangenen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 21. Februar 2014, B 893/2012, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 1976, B 288/75, Slg. 7764, sowie Pfeil, a.a.O., S. 533 unter Bezugnahme auf das bereits mehrfach zitierte hg. Erkenntnis zur Zl. 82/11/0199).

Im vorliegenden Fall ist aber durch die Legalzession die zivilrechtliche Forderung des Hilfeempfängers auf den Sozialhilfeträger übergegangen. Ein originärer Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers wird von § 28 Z. 4 Stmk. SHG nicht eingeräumt, besteht doch die "Ersatzpflicht" von Dritten nach dieser Bestimmung nach den obigen Ausführungen eben nur darin, dass der Sozialhilfeträger die auf ihn im Weg der Legalzession übergegangenen Ansprüche anstelle des Hilfeempfängers  - beim dafür zuständigen Gericht - geltend machen kann. In diesem Sinn führen die zitierten Materialien zur Vorgängerbestimmung des § 39 Z. 4 Stmk. SHG 1977 aus, dass durch die Legalzession "der Sozialhilfeträger ohne formelle Schwierigkeit einen Anspruch auf eine Forderung erwirbt, welche der Empfänger der Hilfe gegen einen Dritten hat".

Es kann dem Steiermärkischen Landesgesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe mit § 34 Abs. 2 Stmk. SHG, wonach über den Ersatzanspruch - falls kein Vergleich zu Stande kommt - von der Behörde mit Bescheid zu entscheiden ist, auch eine Zuständigkeit der Sozialhilfebehörden zur Entscheidung über solche Ansprüche normieren wollen, bei denen es sich nicht um originär sozialhilferechtliche Ersatzansprüche handelt, sondern um - zivilrechtliche - Ansprüche, die ursprünglich dem Hilfeempfänger zustanden und im Weg der Legalzession auf den Sozialhilfeträger übergegangen sind. Diese Bestimmung kann daher nur so verstanden werden, dass sie sich ausschließlich auf originäre sozialhilferechtliche Ersatzansprüche, wie z.B. solche nach § 28 Z. 1 oder Z. 2 lit. a Stmk. SHG, bezieht. Dazu sei nochmals auf das zum Stmk. SHG 1977 ergangene hg. Erkenntnis zur Zl. 82/11/0199 verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet der mit § 34 Abs. 2 Stmk. SHG inhaltsgleichen Bestimmung des § 45 Abs. 2 Stmk. SHG 1977 davon ausgegangen ist, dass über den Ersatzanspruch nach der in den hier relevanten Punkten mit § 28 Z. 4 Stmk. SHG übereinstimmenden Norm des § 39 Z. 4 Stmk. SHG 1977 das für den zedierten Anspruch zuständige Gericht zu entscheiden hat.

Nach dem Gesagten kam der belangten Behörde keine Kompetenz zu, über den auf Grund der Legalzession gemäß § 28 Z. 4 Stmk. SHG als Ersatz für die dem Hilfeempfänger gewährten Sozialhilfeleistungen auf den Sozialhilfeträger übergegangenen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers zu entscheiden.

Soweit die belangte Behörde ihre Entscheidung auch auf eine mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 erfolgte - allenfalls über den Umfang der Legalzession hinausgehende - rechtsgeschäftliche Zession des Schadenersatzanspruches an den Sozialhilfeträger stützt, ergeben sich weder aus dem Stmk. SHG noch sonst aus der Rechtsordnung Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit der Sozialhilfebehörden zur Entscheidung über den Anspruch.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. März 2015

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