VwGH 2008/10/0017

VwGH2008/10/00179.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des J in A (Schweiz), vertreten durch Mag. Heinz Russold, Rechtsanwalt in 8580 Köflach, Judenburger Straße 24, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. Dezember 2007, Zl. FA11A- 32-1053/2005-3, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §143;
SHG Stmk 1998 §31;
SHG Stmk 1998 §34;
ABGB §143;
SHG Stmk 1998 §31;
SHG Stmk 1998 §34;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. Dezember 2007 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, einen Kostenersatz in der Höhe von EUR 6.494,18 für die seiner Mutter durch Unterbringung im Bezirksaltenheim Leibnitz vom 1. April 2002 bis 11. August 2003 gewährte Sozialhilfe zu leisten. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, der Aufwand des Sozialhilfeverbandes Leibnitz für die Unterbringung der Mutter des Beschwerdeführers habe bei durchschnittlichen monatlichen Bruttoheimkosten des Bezirksaltenheimes Leibnitz von EUR 2.201,56 und nach Abzug der Eigenleistungen (80 % Pensionsanteil und 80 % Pflegegeldanteil) EUR 12.131,65 betragen. Abzüglich des "Verlasserlöses" in Höhe von EUR 5.637,47 laut Beschluss des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 25. März 2004 seien Aufwendungen des Sozialhilfeverbandes Leibnitz in der Höhe von EUR 6.494,18 ungedeckt geblieben.

Der Beschwerdeführer verfüge über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 6.442,90, unter Berücksichtigung von im Einzelnen genannten Abzugsposten ergäbe sich eine Bemessungsgrundlage von EUR 3.930,72, somit ein zumutbarer Aufwandersatz von monatlich EUR 628,92 (16 % der Bemessungsgrundlage) bzw. von EUR 10.285,89 für den Zeitraum 1. April 2002 bis 11. August 2003. Da der tatsächliche Aufwand des Sozialhilfeträgers jedoch (nur) EUR 6.994,18 betrage, sei der dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Unterhaltspflicht vorzuschreibende Aufwandersatz mit diesem Betrag festzusetzen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Stmk. Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 29/1998 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 113/2008 (Stmk SHG) sind nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt verpflichtete Eltern, Kinder oder Ehegatten des Hilfeempfängers verpflichtet, dem Sozialhilfeträger den Aufwand zu ersetzen, soweit sie nach bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für den Empfänger der Sozialhilfe Unterhaltsleistungen zu erbringen (Z. 2).

Nach der für die Beurteilung der gesetzlichen Unterhaltspflicht maßgeblichen Bestimmung des § 143 ABGB schuldet das Kind seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat (Abs. 1). Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet (Abs. 3).

Die Kostenersatzpflicht nach § 28 Z. 2 Stmk SHG ist einerseits dadurch begrenzt, dass der Unterhaltspflichtige nur in dem Umfang und für den Zeitraum Ersatz zu leisten hat, als auf Grund sozialhilferechtlicher Bestimmungen Sozialhilfeleistungen zur Deckung des Bedarfes des Unterhaltsberechtigten erbracht wurden. Die Ersatzpflicht ist andererseits durch die Unterhaltspflicht selbst begrenzt, der Ersatzpflichtige darf nur in dem Umfang zum Ersatz herangezogen werden, in dem er dem Empfänger der Sozialhilfe Unterhalt leisten müsste.

Entscheidend für die Unterhaltspflicht des Nachfahren ist die Lösung der Frage, ob der Vorfahre in der Lage ist, die seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse aus seinen Mitteln zu decken. Zu diesen Bedürfnissen gehören gerade bei altersbedingt betreuungsbedürftigen Menschen auch die erhöhten Kosten eines menschenwürdigen Heimaufenthaltes und notwendige Pflege. Vorfahren mit unzureichender Alterversorgung oder ungedeckten Pflegekosten sind daher nicht selbsterhaltungsfähig (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2008, Zl. 2004/10/0069, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Mutter des Beschwerdeführers vom 1. April 2002 bis 11. August 2003 Sozialhilfe durch Unterbringung im Bezirksaltenheim Leibnitz gewährt wurde. Hiefür sind - gleichfalls unbestrittenermaßen - monatliche Unterbringungskosten von durchschnittlich EUR 2.201,56 aufgelaufen, die - so die belangte Behörde - aus den Eigenmitteln der Hilfeempfängerin nicht zur Gänze hätten gedeckt werden können:

Nach Abzug von 80 % der Pension und 80 % des Pflegegeldes sowie des "Verlasserlöses" (EUR 5.637,47) bestehe ein ungedeckter Sozialhilfeaufwand, der dem Beschwerdeführer unter Inanspruchnahme seiner Unterhaltspflicht gemäß § 143 ABGB zur Begleichung vorzuschreiben sei.

Der Beschwerdeführer wendet dagegen zunächst ein, die belangte Behörde habe in unzulässiger Weise nicht das gesamte Einkommen seiner Mutter als einzusetzende Eigenmittel berücksichtigt. Vielmehr sei ein frei bleibender monatlicher Betrag von EUR 364,43, der sich aus EUR 41,40 (Taschengeld), EUR 146,83 (Sonderzahlungen zur Pension) und EUR 176,20 (20 % verbleibender Pensionsanteil) zusammensetze, unberücksichtigt geblieben. Hochgerechnet auf die Dauer der Unterbringung der Hilfeempfängerin im Bezirksaltenheim Leibnitz ergebe dies einen Betrag in der Höhe von EUR 5.940,21, welcher fast die Höhe des Verpflichtungsbetrages erreiche.

Dem Beschwerdeführer ist auf dieses Vorbringen zunächst zu entgegnen, dass das im Todeszeitpunkt vorhandene Vermögen seiner Mutter in Höhe von EUR 5.637,47 - wie dargelegt - zur Deckung der Aufwendungen des Sozialhilfeverbandes Leibnitz verwendet wurde. Soweit seine Mutter daher aus dem ihr verbliebenen Teil der Pension, den Sonderzahlungen und dem Taschengeld Ersparnisse bilden konnte, wurden diese bei Ermittlung des Fehlbetrages des Sozialhilfeträgers ohnedies berücksichtigt.

Davon abgesehen übersieht der Beschwerdeführer, dass durch die Unterbringung seiner Mutter im Bezirksaltenheim nicht ihr gesamter Unterhaltsbedarf gedeckt war. Es besteht nämlich, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 25. Mai 2004 und die dort zitierte Vorjudikatur), neben dem durch die Unterbringung gedeckten Bedarf des Hilfeempfängers ein weiterer Unterhaltsbedarf (z.B. für Kleidung, Medikament etc.), der bei Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit gleichfalls zu berücksichtigen ist. Dass es seiner Mutter aber möglich gewesen wäre, mit den von ihm erwähnten Beträgen nicht nur die offen gebliebenen Unterbringungskosten, sondern auch den weiteren, durch die Unterbringung im Bezirksaltenheim nicht gedeckten Unterhaltsbedarf zu befriedigen, hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren, noch in der vorliegenden Beschwerde konkret behauptet. Vielmehr hat er sich auf die nach dem Gesagten unzutreffende Behauptung beschränkt, das seiner Mutter (u.a. zur Befriedigung ihrer sonstigen Unterhaltsbedürfnisse) verbliebene Einkommen hätte insgesamt zur Abdeckung der offenen Unterbringungskosten herangezogen werden müssen.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, nach § 13 Bundespflegegeldgesetz ruhe bei einem Aufenthalt in einem Pflegeheim der Pflegegeldanspruch teilweise, wenn der Pflegebedürftige unter Kostenbeteiligung eines Sozialversicherungsträgers stationär gepflegt werde. Dieser Ruhensbetrag mache im vorliegenden Fall EUR 127,08 aus und müsse über den Umweg der Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers von diesem getragen werden. Die Unsachlichkeit der Regelung erfordere eine Korrektur im Wege verfassungskonformer Interpretation in dem Sinn, dass der Ruhensbetrag als "fiktives Einkommen" der Mutter anzurechnen wäre, wodurch sich die Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers verringere.

Hier übersieht der Beschwerdeführer, dass der Unterhaltsbedarf einer Person nur durch tatsächlich zur Verfügung stehendes Einkommen gedeckt werden kann. Die Berücksichtigung "fiktiver Einkommensbestandteile" bei Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit kommt daher von vornherein nicht in Betracht. Bei dieser Beurteilung ist auch nicht entscheidend, aus welchen Gründen dem Betreffenden bestimmte Einkommensteile tatsächlich nicht zur Verfügung stehen.

Schließlich bringt der Beschwerdeführer noch vor, die Unterhaltspflicht eines Kindes gegenüber seinen Eltern sei nach den Bestimmungen des ABGB gegenüber der Unterhaltspflicht des Ehegatten subsidiär. Die belangte Behörde habe jedoch nicht beachtet, dass die Mutter des Beschwerdeführers eine Witwenpension nach ihrem verstorbenen Ehegatten erhalten habe, durch die ihr "primärer Unterhaltsanspruch" erfüllt worden sei. Folglich gäbe es keinen Platz für einen "sekundären Unterhaltsanspruch" gegenüber dem Beschwerdeführer.

Bei diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass die Unterhaltspflicht des Nachfahren gemäß § 143 ABGB immer dann zum Tragen kommt, wenn die eigenen Mittel des Vorfahren (Pension, Pflegegeld etc.) zur Deckung seiner Bedürfnisse nicht ausreichen. Dies traf auf die Mutter des Beschwerdeführers - ungeachtet der Witwenpension - zu.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 9. September 2009

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