VwGH 2011/17/0244

VwGH2011/17/024424.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag.a Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer Hinterauer und Dr. Leonhartsberger sowie den Hofrat Mag. Berger als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des V S in Wien, vertreten durch die Jirovec & Partner Rechtsanwalts-GmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 30. Juni 2011, ABK - 135/10, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:2011170244.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Abgabenbehörde erster Instanz nahm mit Haftungsbescheid vom 18. Mai 2006 den Beschwerdeführer als Geschäftsführer (und späteren Liquidator) der D Gastronomie GmbH für den im Zeitraum Oktober 1998 bis März 1999 entstandenen Rückstand an Vergnügungssteuer im Betrag von EUR 11.802,95 als Haftenden gemäß den §§ 7, 54 Wiener Abgabenordnung - WAO in Anspruch. Sie führte dazu in der Begründung aus, der Rückstand setze sich aus Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen im Zeitraum Oktober 1998 bis März 1999 von EUR 10.005,38 zuzüglich Pfändungsgebühren von EUR 1.075,27 und aus Vergnügungssteuer für einen Spielapparat und einen Fußballtisch im Zeitraum Jänner bis März 1999 von EUR 686,76 zuzüglich Pfändungsgebühren von EUR 35,54 zusammen.

Über die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers entschied die Abgabenbehörde erster Instanz mit Berufungsvorentscheidung vom 20. Dezember 2006 dahingehend, dass sie den Haftungszeitraum hinsichtlich der Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen auf November 1998 bis März 1999 und den Haftungsbetrag auf insgesamt EUR 10.445,21 einschränkte und im Übrigen das Rechtsmittel als unbegründet abwies. Sie führte begründend aus, der Rückstand habe sich durch zwischenzeitige Zahlungen des ebenfalls zur Haftung herangezogenen (bis 11. Dezember 1998 verantwortlichen) früheren Geschäftsführers verringert, sodass noch folgende Beträge samt Nebengebühren offen seien:

Vergnügungssteuer (Tanzveranstaltungen) 11/98-

3/99 EUR 8.647,65 Verspätungszuschlag

12/98-3/99 EUR 799,18

Säumniszuschlag 11/98-3/99

EUR 249,05 Pfändungsgebühr

EUR 27,03

Vergnügungssteuer (Spielapparat, Fußballtisch) 1/99-

3/99 EUR 686,76 Säumniszuschlag

1/99-3/99 EUR 13,74

Pfändungsgebühr

EUR 21,80

EUR 10.445,21

Der Verspätungszuschlag von 10 % des Steuerbetrags für

Tanzveranstaltungen im Zeitraum Dezember 1998 bis März 1999 sei

auferlegt worden, weil die Einreichungsfrist für die

Steuererklärungen nicht gewahrt worden sei. Weiters seien ein

Säumniszuschlag von 2 % (für die offenen Abgaben- und

Nebengebührenbeträge) sowie Pfändungsgebühren (für die zwangsweise

Einbringung) zu entrichten. Die Haftung des Beschwerdeführers

erstrecke sich nach § 5 WAO auch auf die Nebengebühren.

Auf Antrag des Beschwerdeführers wurde die Berufung der belangten Behörde vorgelegt, welche mit Bescheid vom 9. Mai 2008 (im Folgenden auch: erster Berufungsbescheid) den angefochtenen Haftungsbescheid dahingehend abänderte, dass sie - wie schon die Behörde erster Instanz in der Berufungsvorentscheidung - den Haftungszeitraum auf November 1998 bis März 1999 und den Haftungsbetrag auf EUR 10.445,21 einschränkte und im Übrigen das Rechtsmittel als unbegründet abwies. Sie führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen für die Haftung des Beschwerdeführers nach den §§ 5, 7, 54 WAO seien gegeben. Die Abgabenansprüche gegen die Primärschuldnerin seien entstanden. Der Beschwerdeführer habe seine Pflichten als organschaftlicher Vertreter, für die rechtzeitige Entrichtung zu sorgen, schuldhaft verletzt und hierdurch die Einbringung erschwert bzw unmöglich gemacht. Die Höhe der offenen Ansprüche ergebe sich aus der Berufungsvorentscheidung und sei unwidersprochen geblieben. Die Reduzierung des Haftungsumfangs erfolge auf Grund der geleisteten Zahlungen des ebenfalls zur Haftung herangezogenen früheren Geschäftsführers.

Der Beschwerdeführer bekämpfte den Berufungsbescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof, welcher im Erkenntnis vom 10. Mai 2010, 2009/16/0226, aussprach, dass der angefochtene Bescheid "hinsichtlich der Haftung für den Verspätungszuschlag und den Säumniszuschlag infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben" und im Übrigen "die Beschwerde als unbegründet abgewiesen" werde.

In Ansehung des aufhebenden Teils seines Erkenntnisses führte der Verwaltungsgerichtshof aus, die Haftung des Beschwerdeführers erstrecke sich zwar auch auf die Nebenansprüche, in Ansehung des Verspätungszuschlags erfordere die Inanspruchnahme aber eine bescheidmäßige Festsetzung, die nicht erfolgt sei. Der Abgabenanspruch sei daher insofern nicht entstanden und der Beschwerdeführer zu Unrecht zur Haftung herangezogen worden. Darüber hinaus werde mit einem Haftungsbescheid die Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe geltend gemacht, womit auch der Gegenstand des Haftungsverfahrens und der Rahmen für die Abänderungsbefugnis der Behörde zweiter Instanz festgelegt werde. Was die Pfändungsgebühren anbelange, so seien diese von dem im Spruch des erstinstanzlichen Bescheids angeführten Rückstand - zumindest nach der Begründung - mitumfasst. Auf den Verspätungszuschlag und den Säumniszuschlag treffe dies freilich nicht zu, weil die Ausdehnung der Haftung auf diese Nebenansprüche erstmals mit dem Berufungsbescheid erfolgt sei. Demnach habe aber die belangte Behörde eine in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz fallende Entscheidung getroffen, sodass der angefochtene Bescheid insoweit aufzuheben sei.

In Ansehung des bestätigenden Teils seines Erkenntnisses ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Abgabenforderungen im relevanten Zeitraum in der ausgewiesenen Höhe entstanden seien und der Beschwerdeführer für den Rückstand einzustehen habe. Unschädlich sei, dass über die Abgabenschuld kein gesonderter Abgabenbescheid ergangen sei, reiche doch die Verwirklichung des die Abgabepflicht begründenden Tatbestands aus, das Bestehen des Abgabenanspruchs sei dann als Vorfrage im Haftungsverfahren zu entscheiden. Auch die sonstigen Einwendungen des Beschwerdeführers seien - wie näher dargelegt wird - nicht stichhältig.

In der Folge holte die belangte Behörde eine Auskunft der Abgabenbehörde erster Instanz vom 5. Jänner 2011 über die Zusammensetzung des Haftungsbetrags und dessen Reduzierung um den Verspätungszuschlag und den Säumniszuschlag sowie die zwischenzeitigen Zahlungen ein. Auf Grund dieser Auskunft teilte sie dem Beschwerdeführer mit, dass er im Wege der Lohnpfändung bereits Zahlungen von EUR 5.335,03 geleistet habe; soweit er um die Übermittlung von Festsetzungsbescheiden hinsichtlich der Abgabenansprüche ersucht habe, seien solche Bescheide nicht erlassen worden. Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin die Erlassung der entsprechenden Abgabenbescheide; hilfsweise bekämpfte er die Steuerbemessung, weil er an der Feststellung der Bemessungsgrundlagen nicht habe mitwirken können und weil die Primärschuldnerin im relevanten Zeitraum keine Geschäftstätigkeit mehr entfaltet habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid (im Folgenden auch: zweiter Berufungsbescheid) sprach die belangte Behörde neuerlich über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Haftungsbescheid vom 18. Mai 2006 wie folgt ab:

"Gemäß § 289 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung - BAO (...) in der geltenden Fassung, wird der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Spruch lautet wie folgt:

I. Gemäß § 13 Abs. 5 des Vergnügungssteuergesetzes 2005 - VGSG (...) wird Herr V(...) S(...) für den Rückstand der D(...) Gastronomie GmbH in Liquidation (...) an Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 8.678,59 für den Zeitraum Dezember 1998 bis März 1999 haftbar gemacht.

II. Es wird festgestellt, dass von Herrn V(...) S(...) bereits Zahlungen in der Höhe von EUR 5.335,03 erbracht wurden. Herr V(...) S(...) wird aufgefordert, den Differenzbetrag von EUR 3.343,56 zwischen den bereits geleisteten Zahlungen und dem in Spruchpunkt I. genannten Haftungsbetrag (...) binnen einem Monat ab Zustellung zu entrichten (...)"

Die belangte Behörde führte begründend im Wesentlichen aus, sie sei im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs gehalten gewesen, den Haftungsbetrag um den Verspätungszuschlag, den Säumniszuschlag und die Pfändungsgebühren zu reduzieren. Der Haftungsbetrag setze sich zusammen, wie die Abgabenbehörde erster Instanz in ihrer Aufgliederung vom 5. Jänner 2011 dargelegt habe. Die Aufstellung sei dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden, wobei dieser keine substanziellen Einwendungen erhoben habe. Seinem Antrag auf Erlassung von Festsetzungsbescheiden sei nicht zu entsprechen gewesen, weil die Abgabenbeträge bereits mit der Verwirklichung des jeweiligen die Abgabenpflicht begründenden Tatbestands entstanden seien. Im Übrigen seien die Voraussetzungen für eine Haftung des Beschwerdeführers nach den §§ 13 Abs 5 VGSG, 80 BAO gegeben. Wie die belangte Behörde weiters - großteils inhaltsgleich wie im ersten Berufungsbescheid - erörterte, seien die Abgabenansprüche gegen die insolvente Primärschuldnerin entstanden, der Beschwerdeführer habe seine Pflichten als organschaftlicher Vertreter, für die rechtzeitige Entrichtung zu sorgen, schuldhaft verletzt, er habe hierdurch die Einbringung erschwert bzw unmöglich gemacht. Die Abänderung des angefochtenen Bescheids erfolge auf Grund der Zahlungen des früheren Geschäftsführers von EUR 2.655,-- sowie infolge der Reduzierung um die Nebenansprüche. Im Übrigen sei festzustellen, dass der Berufungswerber bereits eigene Zahlungen von EUR 5.335,03 geleistet habe.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF BGBl I Nr 122/2013 - soweit das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt - die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

2. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die Ermittlung des Haftungsbetrags und der bereits getätigten Zahlungen sei nicht nachvollziehbar bzw unrichtig erfolgt und mit diversen Verfahrensmängeln behaftet.

Auf dieses Vorbringen ist jedoch nicht weiter einzugehen. Wie in der Folge zu zeigen sein wird, steht dem zweiten Berufungsbescheid das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegen, sodass die bekämpfte Entscheidung jedenfalls wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts ersatzlos aufzuheben ist.

3.1. Aus § 68 Abs 1 AVG ist das im Verwaltungsverfahren geltende Prinzip abzuleiten, dass über ein und dieselbe Verwaltungssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit dem Bescheid unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der res iudicata entgegen (vgl VwGH vom 9. Oktober 1998, 96/19/3364 uva).

Der aufgezeigte Grundsatz gilt auch im Abgabenverfahren (VwGH vom 18. September 2002, 98/17/0281).

3.2. Das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache liegt aber nur dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder der Sachverhalt noch die Rechtslage wesentlich geändert hat und sich auch das (allfällige) neue Parteienbegehren mit dem früheren deckt (vgl etwa VwGH vom 5. September 2008, 2005/12/0078).

Sind hingegen in den entscheidungsrelevanten Fakten (der maßgebenden Tatsachenlage) und/oder in den die Entscheidung tragenden Normen (der maßgebenden Rechtslage) nach der Erlassung des Bescheids wesentliche - also einen inhaltlich anders lautenden Bescheid ermöglichende oder gebietende - Änderungen eingetreten, so verliert die Sache ihre ursprüngliche Identität. Sie wird dann zu einer anderen Sache, über die bescheidförmig abgesprochen werden muss (vgl zB VwGH vom 17. Mai 2004, 2002/06/0203).

Eine beachtliche Änderung des maßgebenden Sachverhalts - im soeben dargelegten Sinn - ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn bloß der in einem Bescheid geforderte Zustand hergestellt wird. Ein mit einem Auftrag verbundener Bescheid ist nämlich auf dessen Erfüllung ausgerichtet, sodass es mit dem Bescheidzweck unvereinbar wäre, wenn der Bescheid nach seiner Befolgung oder auch zwangsweisen Durchsetzung wieder aufgehoben werden müsste. Die Herstellung des dem Bescheid entsprechenden Zustands - auch durch einen Dritten (vgl den dem hg Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, 89/07/0186, zugrunde liegenden Sachverhalt) - spielt eine Rolle in einem Vollstreckungs- oder Strafverfahren, führt aber nicht zur Aufhebung des Titelbescheids (vgl etwa VwGH vom 20. Oktober 2005, 2005/07/0112; allgemein auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 S 913 ff).

3.3. Verletzt die Behörde den Grundsatz der Unwiederholbarkeit, indem sie infolge eines Anbringens (Ansuchens) oder von Amts wegen ein Verfahren in einer entschiedenen Sache unzulässig einleitet (vgl VwGH vom 2. Oktober 2008, 2008/18/0538), so belastet sie nach herrschender Rechtsprechung den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts (vgl VwGH vom 31. Juli 2006, 2005/05/0020, uva).

3.4. Ein hervorkommendes Prozesshindernis ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen - auch vom VwGH - wahrzunehmen (vgl VwGH vom 3. August 2004, 2004/13/0099).

4.1. Vorliegend änderte die belangte Behörde mit dem ersten Berufungsbescheid den erstinstanzlichen Bescheid (mit dem die Haftung des Beschwerdeführers für Vergnügungssteuer im Zeitraum Oktober 1998 bis März 1999 von insgesamt EUR 10.692,14 und Pfändungsgebühren von insgesamt EUR 1.110,81, zusammen daher EUR 11.802,95, ausgesprochen wurde) dahingehend ab, dass sie wegen zwischenzeitiger Zahlungen des früheren Geschäftsführers den Haftungszeitraum auf November 1998 bis März 1999 und den Haftungsbetrag auf Vergnügungssteuer von insgesamt EUR 9.334,41, Pfändungsgebühren von insgesamt EUR 48,83 sowie Verspätungszuschlag und Säumniszuschlag von zusammen EUR 1.061,97, in Summe daher EUR 10.445,21, einschränkte, im Übrigen jedoch das Rechtsmittel als unbegründet abwies. Diesen Berufungsbescheid hob der Verwaltungsgerichtshof lediglich in Ansehung des Verspätungszuschlags und des Säumniszuschlags auf, im Übrigen wies er die Beschwerde als unbegründet ab.

Davon ausgehend liegt im Umfang der bestätigenden Entscheidung des Verwaltungsgerichthofs - also in Ansehung des Ausspruchs der Haftung für Vergnügungssteuer im Zeitraum November 1998 bis März 1999 (EUR 9.334,41) und Pfändungsgebühren (EUR 48,83) - eine rechtskräftig entschiedene Sache vor. Insoweit wurde nämlich die Abgabensache unanfechtbar und unwiderruflich erledigt und ist auf Grund des Wiederholungsverbots eine nochmalige Entscheidung wegen res iudicata ausgeschlossen (vgl zu einer ähnlichen Fallkonstellation VwGH vom 20. Mai 2008, 2005/12/0218).

4.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vertrat die belangte Behörde die unrichtige Ansicht, dass sie auf Grund der teilweisen Aufhebung des Berufungsbescheids durch den Verwaltungsgerichtshof den Haftungsbetrag um die Nebengebühren (einschließlich Pfändungsgebühren) und die bisherigen Zahlungen reduzieren müsse und im Zuge dessen auch über die Berufung neuerlich zu entscheiden habe.

Die belangte Behörde übersah dabei freilich, dass die Aufhebung durch das hg Erkenntnis vom 10. Mai 2010 lediglich den Verspätungszuschlag und den Säumniszuschlag betraf. Deren Höhe war jedoch aus dem ersten Berufungsbescheid (in Verbindung mit der Berufungsvorentscheidung) zwanglos abzuleiten. Folglich stand der Umfang der Ansprüche, über die im fortgesetzten Verfahren - nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs durch die Abgabenbehörde erster Instanz - noch zu entscheiden war, ohne Weiteres fest.

Auch die zwischenzeitig erfolgten Zahlungen berechtigten die Behörde nicht zu einer neuerlichen Vorschreibung des Haftungsbetrags. Die Erfüllung der dem Beschwerdeführer mit dem Haftungsbescheid auferlegten Zahlungspflicht - sei es auch durch den früheren Geschäftsführer als Mitschuldner - stellte nämlich keine wesentliche Änderung des Sachverhalts im Sinn der obigen Rechtsprechung dar, die eine neue Entscheidung ermöglicht oder notwendig gemacht hätte. Es wurde damit lediglich der im Haftungsbescheid geforderte Zustand hergestellt, sodass insoweit keine Abänderung (teilweise Aufhebung) der Entscheidung zu erfolgen hatte.

Die belangte Behörde hatte auch nicht nochmals über die Berufung gegen den erstinstanzlichen Haftungsbescheid zu entscheiden, hatte sie doch bereits im ersten Berufungsbescheid darüber abgesprochen. Die teilweise Aufhebung des ersten Berufungsbescheids durch den Verwaltungsgerichtshof (im Umfang des Verspätungszuschlags und des Säumniszuschlags) führte zu keiner Zurückverweisung der Abgabensache an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung. Vielmehr war zum erstmaligen Abspruch über die angeführten Zuschläge die Abgabenbehörde erster Instanz zuständig.

4.3. Auf Grund ihrer (soeben dargelegten) unrichtigen Rechtsansicht sah sich die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung veranlasst und änderte dabei den erstinstanzlichen Haftungsbescheid dahingehend ab, dass sie den Haftungszeitraum auf Dezember 1998 bis März 1999 und den Haftungsbetrag auf Vergnügungssteuer von EUR 8.678,59 (ohne jede Nebengebühren) einschränkte.

Sie verstieß dabei jedoch gegen das Wiederholungsverbot (ne bis in idem), weil sie - obwohl keine wesentliche Änderung des Sachverhalts und auch keine Änderung der maßgeblichen Rechtslage eingetreten war - neuerlich über die Abgabenansprüche, die bereits Gegenstand des in Rechtskraft erwachsenen ersten Berufungsbescheids waren, entschied.

Identität der Ansprüche war gegeben, weil der zuletzt auferlegte Haftungsbetrag von EUR 8.678,59 - wie aus dem ersten Berufungsbescheid in Verbindung mit der Berufungsvorentscheidung hervorgeht - der Summe aus der Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen im Zeitraum Dezember 1998 bis März 1999 von EUR 7.991,83 und für den Spielapparat und den Fußballtisch im Zeitraum Jänner bis März 1999 von EUR 686,76 entsprach.

4.4. Davon ausgehend stand dem zweiten Berufungsbescheid das Prozesshindernis der res iudicata entgegen. Dieses Hindernis war von Amts wegen aufzugreifen und musste zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen.

5. Ergänzend ist festzuhalten, dass sich aus der angefochtenen Entscheidung und dem Verfahren auch keinerlei Anhaltspunkte für die Verwirklichung eines sonstigen gesetzlichen Tatbestands (vor allem) nach den §§ 293 ff BAO ergaben, der den bekämpften zweiten Berufungsbescheid allenfalls hätte rechtfertigen können.

6. Insgesamt war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455, welche gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 in der Fassung BGBl II Nr 8/2014, im Beschwerdefall weiterhin anzuwenden ist. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die zusätzlich verzeichnete Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung bereits enthalten ist (vgl VwGH vom 28. November 2014, 2013/01/0095).

Wien, am 24. April 2015

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