VwGH 2013/16/0168

VwGH2013/16/016816.12.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde der Mag. H F in W, vertreten durch Dr. Georg Rihs, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottenring 16/246, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 2. August 2013, Zl. 100 Jv 5982/09m-33a, betreffend Rückzahlung von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §19;
BewG 1955 §1 Abs1;
BewG 1955 §1 Abs2;
BewG 1955 §10 Abs2;
GGG 1984 TP9 litb Z1;
GGG 1984;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:2013160168.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluss vom 14. April 2004 bewilligte das Bezirksgericht H auf Antrag der Beschwerdeführerin die Einverleibung der Eigentumsrechte aufgrund eines am 4. Juli 2003 berichtigten Realteilungsvertrages vom 15. Mai 2003. Dem Grundbuchsgesuch lag unter anderem eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes vom 8. August 2003 zu Grunde, wonach die Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr gemäß § 26 Abs. 1 GGG, in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2001, 310.808 EUR betrage.

Die ihr daraufhin mit Zahlungsaufforderung gemäß TP 9 lit b Z 1 GGG vorgeschriebene Gerichtsgebühr in Höhe von 3.184 EUR entrichtete die Beschwerdeführerin am 21. Mai 2004.

Mit Schreiben vom 10. August 2009 beantragte die Beschwerdeführerin die Neubemessung der Eintragungsgebühr sowie die Rückzahlung zu viel entrichteter Gerichtsgebühren gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 GGG, weil die nach Vornahme der Realteilung "vorgeschriebenen" Einheitswerte der Liegenschaften nunmehr mit Bescheid des unabhängigen Finanzsenates vom 17. März 2009 massiv herabgesetzt worden seien, wodurch es zu einer Änderung der in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angeführten Bemessungsgrundlage gekommen sei.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 gab die belangte Behörde dem Rückzahlungsantrag nicht statt, weil, wie aus einer Mitteilung des Finanzamtes vom 17. September 2009 hervorgehe, bei Realteilungsverträgen zur Teilung des Miteigentums die Bemessungsgrundlage im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes der Verkehrswert und nicht der Einheitswert des eingebrachten Miteigentumsanteiles sei, womit sich die Bemessungsgrundlage nicht geändert habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 23. Oktober 2009 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher daraufhin von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 26 Abs. 1 und 1a GGG, in der Fassung BGBl. I 131/2001, einleitete und diese Bestimmungen mit Erkenntnis vom 21. September 2011, G 34,35/11 als verfassungswidrig aufhob. Darin sprach er mit Relevanz für den Anlassfall aus, die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung führe im Hinblick auf § 1 BewG dazu, dass für "die Bemessung der Eintragungsgebühr in allen Fällen die Vorschriften des ersten Teiles des BewG, somit insbesondere § 10 BewG", heranzuziehen seien.

Da der in Beschwerde gezogene Bescheid mit Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 25. August 2011 aufgehoben wurde, weil hinsichtlich der Verhältnisse der aufgegebenen Miteigentumsanteile im Verhältnis zur Gesamtliegenschaft Divergenzen vorgelegen hätten, erfolgte mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2011, B 1306/09-20 die Einstellung des Beschwerdeverfahrens.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. August 2013 gab die belangte Behörde dem Rückzahlungsantrag der Beschwerdeführerin neuerlich keine Folge und führte aus, dass § 26 Abs. 1 und 1a GGG im Beschwerdefall aufgrund der Anlassfallwirkung im Sinne des Art 144 Abs. 7 B-VG nicht mehr zur Anwendung gelange. Dies führe dazu, dass für die Bemessung der Eintragungsgebühr in allen Fällen die Vorschriften des ersten Teiles des BewG heranzuziehen seien. Demnach sei der Bemessung der Eintragungsgebühr gemäß § 10 BewG der gemeine Wert des Eigentumsrechts, das durch die konkrete Eintragung erworben worden sei, zugrunde zu legen.

Im Beschwerdefall sei Grundlage für die Eintragung, nach welcher die Gebührenbemessung vorzunehmen sei, eine Realteilung. Im Zuge dieser Teilung habe einer der vormaligen drei Miteigentümer das Teilgrundstück A im Ausmaß von 443 m2 sowie das Teilgrundstück B im Ausmaß von 44 m2 erhalten. Dem Teilgrundstück B liege ein Kaufvertrag mit einem vereinbarten Kaufpreis von 18.546 EUR für 44 m2 zu Grunde, wodurch ein Quadratmeterpreis 421,50 EUR errechnet werden könne. Die Beschwerdeführerin habe das Teilgrundstück C im Ausmaß von 685 m2 sowie das Teilgrundstück D im Ausmaß von 446 m2 in ihr Alleineigentum und zusätzlich 2/5 des Eigentumsrechtes an verbleibenden Restflächen von 169 m2 übernommen. Der gemeine Wert der von der Beschwerdeführerin erworbenen Grundstücke, welcher auch die Bemessungsgrundlage bilde, betrage somit insgesamt 505.209,40 EUR, sodass die Eintragungsgebühr nicht zu hoch, sondern zu niedrig bemessen worden sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "Rückerstattung von zu viel bezahlten Gerichtsgebühren" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Gerichtsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

§ 1 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) lautet:

"(1) Die Bestimmungen des ersten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 2 bis 17) gelten, soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem zweiten Teil dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben sowie für die bundesrechtlich geregelten Beiträge an sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechtes und an Fonds.

(2) Die Bestimmungen des zweiten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 18 bis 79) gelten für die Vermögensteuer und für die Stempel- und Rechtsgebühren; der erste Abschnitt des zweiten Teiles (§§ 19 bis 68) gilt nach näherer Regelung durch die in Betracht kommenden Gesetze auch für die Grundsteuer, die Gewerbesteuer, die Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Grunderwerbsteuer und für die Beiträge nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz.

(3) Soweit sich nicht aus den §§ 19 bis 79 etwas anderes ergibt, finden neben diesen auch die Vorschriften des ersten Teiles dieses Gesetzes (§§ 2 bis 17) Anwendung."

§ 10 BewG lautet:

"(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen."

§ 18 Abs. 1 BewG lautet:

"(1) Das Vermögen, das nach den Vorschriften des zweiten Teiles dieses Bundesgesetzes zu bewerten ist, umfaßt die folgenden Vermögensarten:

  1. 1. Land- und forstwirtschaftliches Vermögen;
  2. 2. Grundvermögen;
  3. 3. Betriebsvermögen;
  4. 4. sonstiges Vermögen."

    Nach Ansicht der Beschwerdeführerin habe die belangte Behörde die konkret anzuwendenden Rechtsvorschriften verkannt, weil

    § 10 BewG nur einen allgemeinen Grundsatz normiere, von welchem

    § 18 Abs. 1 Z 2 leg. cit. eine Ausnahme festlege, nämlich dass für

    Grundvermögen die Bewertungsvorschriften des zweiten Teils des Bewertungsgesetzes heranzuziehen seien. Dem ist zu entgegnen, dass die Bestimmungen des zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (§§ 18 bis 79 leg. cit.) lediglich für die in § 1 Abs. 2 leg. cit. aufgezählten Steuern, Abgaben und Beiträge zur Anwendung gelangen. Bei den Gerichtsgebühren handelt es sich nicht um die dort aufgezählten Stempel- und Rechtsgebühren (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 18. März 2013, 2011/16/0214).

    Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem bereits wiederholt ausgesprochen, dass für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr gemäß § 1 Abs. 1 BewG die Bestimmungen des ersten Teiles des Bewertungsgesetzes maßgebend sein können, sofern sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften etwas anderes ergibt, weil es sich bei der Gerichtsgebühr um eine bundesrechtlich geregelte Abgabe handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, 90/16/0204, mwN).

    Die belangte Behörde hatte daher im Beschwerdefall den gemeinen Wert im Sinne des § 10 BewG für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr heranzuziehen. Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist, und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 2001, 2001/16/0296). Die brauchbarste Methode für die Feststellung des gemeinen Wertes eines Grundstückes wird der Vergleich mit tatsächlich in zeitlicher Nähe zum Feststellungszeitpunkt erfolgten Kaufgeschäften sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1995, 92/13/0187, mwN).

    Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung des Parteiengehörs durch die belangte Behörde. Sie habe deshalb keine Gelegenheit gehabt, auf das Bauverbot bei den in Rede stehenden Liegenschaften hinzuweisen. Die im Beschwerdefall für die in Wien gelegenen Liegenschaften zum Tragen kommende Wiener Bauordnung (BauO) sieht in § 19 Bauverbote mit Ausnahmetatbeständen vor. Liegen die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Bauverbot vor, kann einem seinerzeit bescheidmäßig verfügten Bauverbot keine Wirkung auf den im Geschäftsverkehr erzielbaren Preis zukommen und bildet das formale Fortbestehen des Bauverbotes keinen hinreichenden den Preis der Liegenschaft bestimmenden Umstand (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. April 1997, 97/13/0053). Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, dass kein solcher Tatbestand nach § 19 Abs. 2 BauO vorliegt und zeigt deshalb die Relevanz des gerügten Verfahrensfehlers nicht auf.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

    Wien, am 16. Dezember 2014

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