VwGH 97/13/0053

VwGH97/13/00539.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der F-GmbH in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. November 1995, Zl. GA 8-1134-1994, betreffend Einheitswert und Grundsteuermeßbetrag auf den 1. Jänner 1992, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §19 Abs2 lita;
BauO Wr §19 Abs2 litb;
BauO Wr §19;
BauO Wr §8;
BewG 1955 §10 Abs2;
BewG 1955 §55 Abs1;
BodenwertabgabeG 1960 §3 Abs2 Z2 litf;
BauO Wr §19 Abs2 lita;
BauO Wr §19 Abs2 litb;
BauO Wr §19;
BauO Wr §8;
BewG 1955 §10 Abs2;
BewG 1955 §55 Abs1;
BodenwertabgabeG 1960 §3 Abs2 Z2 litf;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft X, Katastralgemeinde A. Im Zuge einer Nachfeststellung im Sinne des § 22 Abs. 1 BewG wurde geltend gemacht, daß hinsichtlich der Liegenschaft mit Bescheid vom 10. April 1942 ein Bauverbot erlassen worden war. Im Zuge von Erhebungen wurde dem Finanzamt von der zuständigen Magistratsabteilung der Stadt Wien in einem Schreiben vom 17. Juni 1993 mitgeteilt, daß die Umstände des Bauverbotes nicht mehr bestünden und dieses sohin gelöscht werden könnte.

Das Finanzamt setzte daraufhin den Einheitswert der Liegenschaft zum 1. Jänner 1992 ausgehend von einem gemeinen Wert von S 400,-- pro m2 fest.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde unter Hinweis auf das bestehende Bauverbot begehrt, den Bodenwert mit S 200,-- pro m2 anzusetzen. Die Beschwerdeführerin berief sich dabei u.a. auf einen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 14. Jänner 1992 über die Abschreibung vom Gutsbestand der gegenständlichen Liegenschaft, wobei gleichzeitig verfügt worden sei, daß die auf dieser Einlage ersichtlich gemachten Verpflichtungen in die neue Grundbuchseinlage mitzuübertragen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung unter Hinweis auf verschiedene Vergleichspreise als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung der belangten Behörde seien die wirtschaftlichen Auswirkungen eines bestehenden Bauverbotes in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zu erforschen. Das Bauverbot sei im Streitfall seinerzeit mangels Anbaureife erlassen worden. Nach § 19 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien (WrBO) sei ein Bauverbot durch Bescheid auszusprechen, wenn die vor einem Bauplatz, einem Baulos oder vor Teilen von solchen gelegenen Verkehrsflächen noch nicht befestigt oder mit dem bestehenden Straßennetz noch nicht in Verbindung gebracht sind oder in ihnen nicht bereits ein öffentlicher Rohrstrang einer Trinkwasserleitung und ein Straßenkanal verlegt worden sind. Nach § 19 Abs. 2 lit. b sei vom Bauverbot nach Abs. 1 lit. c, d, e und f eine Ausnahme zu gewähren,

1. wenn der Ausbau der Verkehrsflächen bis zum ausgebauten Straßennetz und die Herstellung der in Abs. 1 lit. c genannten Einbauten bereits beschlossen ist, und

2. für Betriebsbauten, Industriebauten und Bauten auf Lagerplätzen und Ländeflächen, wenn vom ausgebauten Straßennetz eine nach Erfordernis beleuchtete Zufahrt von mindestens fünf Meter Breite mit einer befestigten Oberfläche, die Versorgung mit gesundheitlich einwandfreiem Trinkwasser und eine für Löschzwecke ausreichende Wassermenge sichergestellt sind, sämtliche Abwässer in gemäß § 93 Abs. 5 vorgesehene Anlagen eingeleitet werden und deren ordnungsgemäße Räumung und Beseitigung sichergestellt ist. Aus dieser Formulierung des Gesetzes gehe hervor, daß die Baubehörde bei Erfüllung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen eine Ausnahme vom Bauverbot gewähren müsse. Im Beschwerdefall seien die Tatbestandsvoraussetzungen für eine derartige Ausnahme zum Stichtag 1. Jänner 1992 bereits erfüllt gewesen. In wirtschaftlicher Hinsicht könne sich ein formell noch bestehendes Bauverbot auf den gemeinen Wert nicht mindernd auswirken.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, daß der Wert der Liegenschaft mit S 400,-- anstatt mit S 200,-- pro m2 angesetzt worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 55 Abs. 1 BewG sind unbebaute Grundstücke mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Nach § 10 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich ausschließlich dadurch beschwert, daß die belangte Behörde bei der Ermittlung des gemeinen Wertes des in Rede stehenden Grundstücks das bescheidmäßig verfügte Bauverbot nicht zum Anlaß einer Minderung des (durch Vergleichspreise von der Beschwerdeführerin unbeanstandet ermittelten) Bodenwertes genommen hat. Bei einem Bauverbot im Sinne des § 19 WrBO handelt es sich um ein individuelles Verbot, das bescheidmäßig auszusprechen ist. Bei Vorliegen eines der Ausnahmetatbestände der lit. a bzw. lit. b Z. 1 bis 4 des § 19 Abs. 2 WrBO bedarf es der "Gewährung" der Ausnahme vom Bauverbot, also eines förmlichen individuellen, bescheidmäßig zu verfügenden Verwaltungsaktes, worauf jedoch ein Rechtsanspruch besteht (vgl. das gleichfalls das beschwerdegegenständliche Grundstück betreffende, jedoch zur Befreiung nach § 3 Abs. 2 Z. 2 lit. f Bodenwertabgabegesetz ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1997, Zl. 96/16/0025 m. w.H.). Besteht aber ein solcher Rechtsanspruch, so hat damit der Liegenschaftseigentümer jederzeit die Möglichkeit, die Wirkungen des Bauverbotes zu beseitigen. Liegen also die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Bauverbot vor, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird, so kann einem seinerzeit bescheidmäßig verfügten Bauverbot keine Wirkung auf den im Geschäftsverkehr erzielbaren Preis zukommen. Die belangte Behörde hat damit zu Recht angenommen, daß das formale Fortbestehen des Bauverbotes im Beschwerdefall kein den Preis der Liegenschaft beeinflussender Umstand ist.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kommt für die im Beschwerdefall zu lösende Streitfrage die Erlassung des Bescheides der Stadt Wien vom 14. Jänner 1992 über die Genehmigung der Abschreibung bestimmter Grundstücke aus der EZ X, KG A, unter gleichzeitiger Übertragung der ob dieser Einlage ersichtlich gemachten Verpflichtungen keine Bedeutung zu. Die durch diesen Bescheid erfolgte Übertragung der bestehenden Verpflichtungen auf die neu eröffnete Grundbuchseinlage ändert nichts am Rechtsanspruch auf die Ausnahme vom Bauverbot.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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