Normen
32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge AnhIII PktXX;
32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge AnhIII;
32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge Art1 Abs9 litc;
32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge Art1 Abs9;
62000CJ0373 Adolf Truley VORAB;
62011CJ0526 IVD VORAB;
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2;
EURallg;
KAG OÖ 1997 §30 Abs1;
KAG OÖ 1997 §37;
KAG OÖ 1997 §75;
KAG Wr 1987 §18 Abs5;
KAG Wr 1987 §26;
KAG Wr 1987 §56 Abs2;
LVergRG OÖ 2006 §2 Abs4;
RHG 1948 §13;
RHG 1948 §15;
RHG 1948 §3;
RHG 1948 §4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (belangte Behörde) wurde über die Anträge der mitbeteiligten Partei vom 5. Februar 2013 auf Nachprüfung vor Zuschlagserteilung, umgewandelt mit Antrag vom 27. März 2013 auf Feststellung der Rechtswidrigkeit, und den eventualiter gestellten Feststellungsantrag vom 7. März 2013 im Vergabeverfahren der als Auftraggeberinnen bezeichneten Beschwerdeführerinnen betreffend die "Lieferung von implantierbaren Herzschrittmachern (HSM) und Defibrillatoren (ICD) für die II. innere Abteilung" wie folgt entschieden:
Zunächst wurde festgestellt, "dass der Zuschlag in diesem Vergabeverfahren an mehrere Unternehmen ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 BVergG 2006 rechtswidrig war".
Sodann wurden "Sämtliche in diesem Vergabeverfahren
abgeschlossenen Verträge ... mit dem Zeitpunkt der Erlassung
dieser Entscheidung soweit aufgehoben, als Leistungen noch ausständig sind" (Spruchpunkt I.).
Weiters wurden die Beschwerdeführerinnen zum Ersatz der von der mitbeteiligten Partei entrichteten Pauschalgebühren verpflichtet (Spruchpunkt II.)
2. Begründend stellte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges folgenden Sachverhalt fest:
Die Erstbeschwerdeführerin betreibe ein öffentliches, gemeinnütziges Krankenhaus in L, die Zweitbeschwerdeführerin ein solches in W. Alleingesellschafterin der Beschwerdeführerinnen sei die E GmbH, Alleingesellschafterin dieser GmbH sei der Konvent der E L-W.
Bei beiden Krankenanstalten handle es sich um Fondskrankenanstalten, bei denen die an im Inland sozialversicherten Patienten erbrachten ambulanten und stationären Leistungen durch LKF (Leistungsorientierte Krankenanstalten Finanzierung) - Gebührensätze über den OÖ. bzw. Wiener Gesundheitsfonds abgerechnet würden. Zudem decke das jeweilige Bundesland einen Großteil der Gesamtsumme der Betriebsabgänge ab. Fondskrankenanstalten unterlägen einer gewissen Wirtschaftsaufsicht (insbesondere bezüglich der Genehmigung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse) des Landes bzw. des jeweiligen Gesundheitsfonds des Landes sowie der Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof (geregelt im jeweiligen Landes-KAG bzw. -Fondsgesetz). Beide Krankenanstalten seien nicht auf die Erzielung von Gewinn gerichtet.
Die mitbeteiligte Partei habe durch Zumittlung einer Sendung ("Angebot betreffend implantierbare Herzschrittmacher (HSM) und Defibrillatoren (ICD) für die II. innere Abtg") von dem gegenständlichen Vergabeverfahren erfahren. Eine Vergabebekanntmachung sei nicht erfolgt. Es liege ein Lieferauftrag im Oberschwellenbereich im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung vor.
Die Erstbeschwerdeführerin habe im Jahr 2011 Gesamtumsatzerlöse von ca. 87,4 Mio. Euro erwirtschaftet, die Zweitbeschwerdeführerin von ca. 16 Mio. Euro. Der überwiegende Auftragswert der konkreten Ausschreibung sei der Erstbeschwerdeführerin zuzurechnen.
Die mitbeteiligte Partei habe ein nicht den Ausschreibungsunterlagen entsprechendes Angebot gelegt.
Mit E-Mail vom 28. Februar 2013 und in der Folge mit postalischem Schreiben vom 4. März 2013 sei der mitbeteiligten Partei mitgeteilt worden, dass der Auftrag anderweitig vergeben würde. Mit Schreiben vom 11. März 2013 sei von den Beschwerdeführerinnen mitgeteilt worden, dass der gegenständliche Auftrag an mehrere nicht näher zu bezeichnende Unternehmen erteilt worden sei.
3. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, Kernpunkt für die Zuständigkeit der belangten Behörde und die inhaltliche Entscheidung im Nachprüfungsverfahren sei die Frage, ob es sich bei den Beschwerdeführerinnen um öffentliche Auftraggeber im Sinne der einschlägigen Vergabebestimmungen handle.
3.1. Gemäß Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG seien die nicht erschöpfenden Verzeichnisse der Einrichtungen und Kategorien von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, welche die in Unterabs. 2 lit. a, b und c genannten Kriterien erfüllten, in Anhang III enthalten. Gemäß Anhang III Punkt XI (gemeint: XX) der Richtlinie seien dies für Österreich alle Einrichtungen ohne industriellen oder kommerziellen Charakter, die der Rechnungshofkontrolle unterlägen.
Die Entwicklung des europäischen aber auch des nationalen Vergaberechts sei vom funktionellen Auftraggeberbegriff geprägt. Ziel und Zweck des funktionellen Auftraggeberbegriffs sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) die Gefahr einer Bevorzugung heimischer Bieter oder Bewerber bei der Auftragsvergabe durch öffentliche Auftraggeber zu verhindern und zugleich die Möglichkeit auszuschließen, dass eine vom Staat, von Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanzierte oder kontrollierte Stelle sich von anderen als wirtschaftlichen Überlegungen leiten ließe. Diese Zielsetzungen der Vergaberichtlinien implizierten nach Ansicht des EuGH auch ein weites Verständnis des Begriffs der Einrichtung öffentlichen Rechts.
Mit § 3 Abs. 1 BVergG 2006 habe der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, den Anwendungsbereich des BVergG 2006 mit jenem der Richtlinie 2004/18/EG deckungsgleich zu gestalten.
Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 bzw. bei unmittelbarer Anwendung der Richtlinie 2004/18/EG seien die Beschwerdeführerinnen öffentliche Auftraggeber, da sie gemäß § 30 Abs. 1 OÖ. KAG bzw. § 18 Abs. 5 Wr. KAG der Rechnungshofkontrolle unterlägen. Auch ein industrieller oder kommerzieller Charakter liege auf Grund der gegebenen Gemeinnützigkeit der Einrichtungen nicht vor.
Wenngleich die Aufzählung in der Richtlinie (gemeint: der Anhang III.) nur deklarativen Charakter aufweise, finde sich keine Begründung, warum entgegen der Annahme des Mitgliedstaates Österreich bei Aufnahme in das Verzeichnis gerade die Beschwerdeführerinnen bzw. abstrakt gesehen öffentliche gemeinnützige Krankenanstalten nicht in den öffentlichen Auftraggeberbegriff fallen sollten.
Weiters seien auch die Beschwerdeführerinnen Begründungen dazu schuldig geblieben. Auch die Finanzierung der Beschwerdeführerinnen durch öffentliche Auftraggeber sowie die zweifelsfrei bestehenden Elemente einer Aufsicht durch öffentliche Auftraggeber bestärkten in einer Gesamtzusammenschau diese Annahme.
Überdies besäßen die Beschwerdeführerinnen Rechtspersönlichkeit und erfüllten durch den Betrieb der Krankenanstalten im Allgemeininteresse liegende Aufgaben. Außerdem sei die Tätigkeit der Auftraggeberinnen nicht gewerblicher Art, was sich schon aus der Gemeinnützigkeit ihrer Krankenanstalten ergebe.
Somit liege die öffentliche Auftraggebereigenschaft vor und es sei daher für das gegenständliche Auftragsvergabeverfahren das BVergG 2006 anwendbar.
3.2. Im gegenständlichen Fall liege eine gemeinsame Auftragsvergabe durch zwei verschiedene öffentliche Auftraggeber im Einflussbereich der Länder Oberösterreich und Wien vor. Dieser Fall sei in Art. 14b B-VG nicht vorgesehen. Entsprechend Abs. 2 dieser Bestimmung müsse jedoch auch in diesem Fall für die Zuständigkeit darauf abgestellt werden, ob der Erst- oder der Zweitauftraggeberin der überwiegende Anteil am Gesamtauftragswert zukomme. Dies sei nach den angeführten Umsatzzahlen und Größen der Spitäler eindeutig die Erstbeschwerdeführerin und sei dies auch von den Beschwerdeführerinnen nicht in Abrede gestellt worden. Daher sei die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde gegeben.
3.3. Nach § 2 Z 49 sowie § 131 Abs. 1 BVergG 2006 sei essentieller Mindestinhalt einer Zuschlagsentscheidung die Angabe, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden solle. Im gesamten Schriftverkehr mit der mitbeteiligten Partei sei diese Angabe nicht erfolgt, sondern nur die allgemeine Aussage getroffen worden, dass der Auftrag "anderweitig vergeben" werde. Es sei somit die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung durchgeführt worden und es seien daher die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Z 4 BVergG 2006 (gemeint: Oö. VergRSG 2006) gegeben. Zwar sei auch das Angebot der mitbeteiligten Partei nicht ausschreibungskonform, es sei jedoch von ihr bereits im Stadium der Aufforderung zur Angebotsabgabe das Nachprüfungsverfahren eingeleitet worden, sodass dieser Umstand einer Anfechtung nicht entgegenstehe.
3.4. Da ein bereits implantiertes und für unmittelbar bevorstehende Operationen geliefertes Material aus der gegenständlichen Auftragsvergabe nicht mehr rückgestellt werden könne, seien die abgeschlossenen Verträge gemäß § 16 Abs. 4 Oö. VergRSG 2006 nur insoweit aufzuheben gewesen, als weitere Leistungen noch ausständig seien.
3.5. Die Verpflichtung zum Gebührenersatz begründete die belangte Behörde mit § 23 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 und dem Umstand, dass die mitbeteiligte Partei vor der belangten Behörde zumindest teilweise obsiegt habe.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Grundsätzlich:
Im vorliegenden Beschwerdefall geht es im Wesentlichen darum, ob die Beschwerdeführerinnen Einrichtungen des öffentlichen Rechts nach § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 und somit öffentliche Auftraggeber sind.
Sodann ist zu prüfen, ob die belangte Behörde nach dem Oö. VergRSG 2006 zuständig war, auf dieser Auffassung aufbauend die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung zu treffen.
2. Rechtslage:
2.1. Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
2.2. Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 15/2010 (BVergG 2006), lauten:
"Öffentliche Auftraggeber und sonstige zur Anwendung von Bestimmungen
dieses Bundesgesetzes verpflichtete Auftraggeber
§ 3. (1) Dieses Bundesgesetz gilt mit Ausnahme seines
3. Teiles für die Vergabeverfahren von öffentlichen Auftraggebern (im Folgenden: Auftraggeber), das sind
...
2. Einrichtungen, die
a) zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind, und
- b) zumindest teilrechtsfähig sind und
- c) überwiegend von Auftraggebern gemäß Z 1 oder anderen Einrichtungen im Sinne der Z 2 finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch letztere unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von Auftraggebern gemäß
Z 1 oder anderen Einrichtungen im Sinne der Z 2 ernannt worden sind,
3. Verbände, die aus einem oder mehreren Auftraggebern gemäß
Z 1 oder 2 bestehen.
...
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung
§ 131. (1) Der Auftraggeber hat den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 132 Abs. 1, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde."
2.3. Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Vergaberechtsschutzgesetzes 2006, LGBl. Nr. 130 in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013 (Oö. VergRSG 2006), lauten:
"§ 1
Geltungsbereich
(1) Dieses Landesgesetz regelt den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber bzw. Auftraggeberinnen in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß
Artikel 14b Abs. 2 Z 2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.
...
§ 2
Zuständigkeit
(1) Die Gewährung von Rechtsschutz im Sinn des § 1 Abs. 1 obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat.
...
(4) Nach Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig
1. im Rahmen der vom Antragsteller bzw. von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob wegen eines Verstoßes gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens oder die dazu ergangenen Verordnungen oder wegen eines Verstoßes gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis bzw. dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde;
2. auf Antrag des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin in einem Verfahren gemäß Z. 1 zur Feststellung, ob der Antragsteller bzw. die Antragstellerin auch bei Einhaltung der Bestimmungen der bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens oder der dazu ergangenen Verordnungen oder bei Einhaltung der Bestimmungen des unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte;
3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde;
4. zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß den §§ 131 bzw. 272 Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2010, erteilt wurde;
5. zur Feststellung, ob der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 152 Abs. 4 bis 6, § 158 Abs. 2 bis 5 oder § 290 Abs. 2 bis 5 Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2010, rechtswidrig war;
6. in einem Verfahren gemäß den Z. 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrags;
7. in einem Verfahren gemäß den Z. 3 bis 5 zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 16 Abs. 7.
...
4. TEIL
FESTSTELLUNGSVERFAHREN
§ 12
Antrag auf Feststellung
(1) Ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin, der bzw. die ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrags hatte, kann, sofern ihm bzw. ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass
1. der Zuschlag wegen eines Verstoßes gegen bundesgesetzliche Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens oder die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, oder
2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen bundesgesetzliche Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens oder die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war, oder
3. die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß den §§ 131 bzw. 272 Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2010, wegen eines Verstoßes gegen bundesgesetzliche Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens oder die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war, oder
...
(4) Wird während eines anhängigen Nachprüfungsverfahrens der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen, ist das Verfahren auf Antrag des Unternehmers bzw. der Unternehmerin, der bzw. die den Nachprüfungsantrag gestellt hat, als Feststellungsverfahren weiterzuführen. ...
...
§ 16
Feststellung von Rechtsverstößen, Nichtigerklärung und Verhängung von Sanktionen
(1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 Z. 1 und 5 und Abs. 5 Z 1 und 3 nur dann zu treffen, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war.
...
(4) Kann die erbrachte Leistung oder ein erbrachter Leistungsteil nicht mehr oder nur wertvermindert rückgestellt werden, so hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern Abs. 5 nicht zur Anwendung kommt, im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 Z. 3 bis 5 auszusprechen, dass der Vertrag nur soweit aufgehoben wird, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertverminderung rückstellbar sind."
2.4. Art. 14b B-VG lautet auszugsweise:
"(2) Die Vollziehung in den Angelegenheiten des Abs. 1 ist
...
2. Landessache hinsichtlich
e) der Vergabe von Aufträgen durch in Z 1 lit. a bis d und lit. a bis d nicht genannte Rechtsträger,
aa) die vom Land allein oder gemeinsam mit dem Bund oder anderen Ländern finanziert werden, soweit die Vergabe nicht unter
Z 1 lit. e sublit. aa fällt;
bb) die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht des Landes unterliegen, soweit die Vergabe nicht unter Z 1 lit. e sublit. aa oder bb oder sublit. aa fällt;
cc) deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane aus Mitgliedern bestehen, die vom Land ernannt worden sind, soweit die Vergabe nicht unter Z 1 lit. e sublit. aa bis cc oder sublit. aa oder bb fällt;"
2.5. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl. L 34 vom 30.4.2004, S. 114, in der Fassung der Richtlinie 2013/16/EU des Rates vom 13. Mai 2013, ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 184 (Richtlinie 2004/18 ), lauten:
"Artikel 1
Definitionen
(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten die Definitionen der Absätze 2 bis 15.
...
(9) 'Öffentliche Auftraggeber' sind der Staat, die Gebietskörperschaften, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts und die Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen.
Als 'Einrichtung des öffentlichen Rechts' gilt jede Einrichtung, die
a) zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,
- b) Rechtspersönlichkeit besitzt und
- c) überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird, hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von den Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind.
Die nicht erschöpfenden Verzeichnisse der Einrichtungen und Kategorien von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die die in Unterabsatz 2 Buchstaben a, b und c genannten Kriterien erfüllen, sind in Anhang III enthalten. Die Mitgliedstaaten geben der Kommission regelmäßig die Änderungen ihrer Verzeichnisse bekannt.
...
ANHANG III
VERZEICHNIS DER EINRICHTUNGEN DES ÖFFENTLICHEN RECHTS UND
DER KATEGORIEN VON EINRICHTUNGEN DES ÖFFENTLICHEN RECHTS NACH
ARTIKEL 1 ABSATZ 9 ZWEITER UNTERABSATZ
...
XX - ÖSTERREICH
- Alle Einrichtungen, die der Haushaltskontrolle durch den Rechnungshof unterliegen, sofern sie nicht gewerblichen Charakter haben."
3. Zum geltend gemachten Beschwerdepunkt:
Die Beschwerdeführerinnen erachten sich durch den angefochtenen Bescheid (unter anderem) im Recht verletzt, "dass trotz Nichtvorliegen der Anwendungsvoraussetzungen des BVergG festgestellt wird, dass der Zuschlag rechtswidrig war bzw. die abgeschlossenen Verträge aufgehoben werden".
Mit diesem solcherart ausreichend konkret formulierten Beschwerdepunkt wenden sich die Beschwerdeführerinnen zulässigerweise gegen die mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vorgenommene Feststellung. Daher kann auch dahingestellt bleiben, ob - wie von der mitbeteiligten Partei in der Gegenschrift eingewendet - der weitere von den Beschwerdeführerinnen genannte Beschwerdepunkt überhaupt zulässig war.
Soweit die mitbeteiligte Partei in der Gegenschrift vorbringt, die Beschwerde wäre im Hinblick auf die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Aufhebung der Verträge unzulässig, da keine Feststellung getroffen wurde, dass die abgeschlossenen Verträge aufgehoben werden, so genügt es darauf hinzuweisen, dass sich die Beschwerdeführerinnen im entsprechenden Beschwerdepunkt im Recht verletzt erachten, "dass trotz Nichtvorliegen der
Anwendungsvoraussetzungen des BVergG ... die abgeschlossenen
Verträge aufgehoben werden".
Daher ist die Beschwerde nicht als unzulässig anzusehen.
4. Zur Einordnung der Beschwerdeführerinnen als Einrichtungen des öffentlichen Rechts:
4.1. Zunächst ist im vorliegenden Zusammenhang festzuhalten, dass die Beschwerdeführerinnen den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht bestreiten.
So bestreiten sie insbesondere nicht, dass es sich bei den von den Beschwerdeführerinnen betriebenen Krankenanstalten um öffentliche gemeinnützige Krankenanstalten und Fondskrankenanstalten handelt, die auf Grund einfachgesetzlicher Anordnung der Gebarungskontrolle des Rechnungshofes unterliegen. Vielmehr bestätigen die Beschwerdeführerinnen, dass die Erstbeschwerdeführerin in L eine Krankenanstalt im Sinn des § 37 Oö. KAG und die Zweitbeschwerdeführerin in W eine Krankenanstalt im Sinn des § 26 Wr. KAG jeweils mit Öffentlichkeitsrecht betreibt und in diesem Zusammenhang neben der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (über LKF-Punkte) nach den jeweils in Geltung befindlichen Krankenanstaltengesetzen der Länder eine Abgangsfinanzierung vorgesehen ist (hiebei verweisen die Beschwerdeführerinnen auf § 75 Oö. KAG und § 56 Abs. 2 Wr. KAG).
4.2. Auf Grundlage dieses Sachverhalts vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass es sich bei den Beschwerdeführerinnen um Einrichtungen des öffentlichen Rechts nach § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 bzw. Art. 1 Abs. 9 zweiter Unterabsatz iVm Anhang III. Punkt XX der Richtlinie 2004/18 handle.
Diese Auffassung ist aus folgenden Erwägungen nicht als rechtswidrig zu erkennen:
4.3. Zu Anhang III der Richtlinie 2004/18 :
Die belangte Behörde verweist zutreffend auf Anhang III Punkt XX der Richtlinie 2004/18 , wonach (für Österreich) alle Einrichtungen, die der Haushaltskontrolle durch den Rechnungshof unterliegen, sofern sie nicht gewerblichen Charakter haben, als Einrichtungen des öffentlichen Rechts nach Art. 1 Abs. 9 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2004/18 anzusehen sind.
Die Beschwerde bringt nun nicht vor, dass die Beschwerdeführerinnen keine solcherart in Anhang III Punkt XX genannten Einrichtungen seien. Sie bringen vielmehr vor, diese Formulierungen seien lediglich unbestimmt und bloß deklaratorisch. Vielmehr müssten nach Auffassung der Beschwerdeführerinnen die drei Tatbestandsmerkmale des Art. 1 Abs. 9 Unterabsatz lit. a, b und c der Richtlinie 2004/18 vorliegen, um die Eigenschaft einer Einrichtung öffentlichen Rechts begründen zu können.
Zur rechtlichen Bedeutung der Aufnahme von Einrichtungen in den Anhang III der Richtlinie 2004/18 hat der EuGH im Urteil vom 12. September 2013 in der Rechtssache C-526/11 , IVD GmbH & Co. KG gegen Ärztekammer Westfalen-Lippe, wie folgt festgehalten:
"Wie der Generalanwalt in den Nrn. 20 und 21 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, handelt es sich jedoch bei der Aufnahme einer bestimmten Einrichtung in diesen Anhang lediglich um die Durchführung der materiellen Vorschrift in Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 , ohne dass sich daraus eine unwiderlegbare Vermutung dafür ergibt, dass die Einrichtung eine 'Einrichtung des öffentlichen Rechts' im Sinne dieser Bestimmung ist. Daher ist es Sache des Unionsrichters, wenn ihm von einem nationalen Gericht ein dahin gehend begründetes Ersuchen unterbreitet wird, sich der inneren Kohärenz dieser Richtlinie zu vergewissern, indem er prüft, ob die Aufnahme einer Einrichtung in den fraglichen Anhang eine zutreffende Anwendung der genannten materiellen Vorschrift darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil Hans & Christophorus Oymanns, Randnrn. 42, 43 und 45)."
(Randnr. 18 des Urteils).
Wie die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, hat der EuGH damit deutlich gemacht, dass es alleine in seine Zuständigkeit fällt ("Daher ist es Sache des Unionsrichters") auf Grund eines begründeten Ersuchens eines nationalen Gerichtes zu prüfen, ob die Aufnahme einer Einrichtung in den Anhang III eine unionsrechtskonforme Anwendung der materiellen Bestimmungen dieser Richtlinie über Einrichtungen des öffentlichen Rechts darstellt.
Mit anderen Worten obliegt es alleine dem EuGH im Rahmen seines Auslegungsmonopols die in Anhang III der Richtlinie 2004/18 aufgestellte Vermutung, dass eine dort genannte Einrichtung eine Einrichtung des öffentlichen Rechts nach Art. 1 Abs. 9 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/18 ist, zu widerlegen.
Wenn der EuGH in diesem Zusammenhang von einem "begründeten Ersuchen" eines nationalen Gerichts spricht, so spricht er damit die in seiner Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für ein Vorabentscheidungsersuchen an. Nach dieser Rechtsprechung muss "ein Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, seiner Vorlagepflicht nachkommen (...), wenn sich in dem bei ihm anhängigen Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts stellt, es sei denn, es hat festgestellt, dass die aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende Gemeinschaftsbestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung des Gerichtshofes war oder dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt" (vgl. das Urteil des EuGH vom 6. Dezember 2005 in der Rechtssache C-461/03 , Gaston Schul Douane-expediteur BV gegen Minister van Landbouw, Natuur en Voedselkwaliteit, mit Verweis auf das Urteil vom 6. Oktober 1982 in der Rechtssache 283/81, Cilfit u. a., Slg. 1982, 3415, Randnr. 21, und das Urteil vom 15. September 2005 in der Rechtssache C-495/03 , Intermodal Transports, Randnr. 33).
Ausgehend davon ist daher im vorliegenden Beschwerdefall fallbezogen zu prüfen, ob im Hinblick auf die zu dieser Bestimmung der Richtlinie 2004/18 bereits bestehende Rechtsprechung des EuGH vernünftige Zweifel daran bestehen, dass die Einrichtungen der Beschwerdeführerinnen zutreffend mit Anhang III Punkt XX als Einrichtungen des öffentlichen Rechts nach dieser Richtlinie deklariert wurden:
4.4. Zu den Voraussetzungen einer Einrichtung des öffentlichen Rechts:
Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen einer Einrichtung des öffentlichen Rechts nach Art. 1 Abs. 9 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/18 hat der EuGH im zitierten Urteil "Ärztekammer Westfalen-Lippe" Folgendes ausgeführt:
"19 Um eine 'Einrichtung des öffentlichen Rechts' im
Sinne von Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 , die als solche den Vorschriften dieser Richtlinie unterliegt, handelt es sich, wenn drei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind: Die Einrichtung wurde zu dem besonderen Zweck gegründet, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen (Buchst. a), sie besitzt Rechtspersönlichkeit (Buchst. b), und sie wird überwiegend durch öffentliche Stellen finanziert oder ihre Leitung unterliegt der Aufsicht durch Letztere oder ihr Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan besteht mehrheitlich aus Mitgliedern, die von öffentlichen Stellen ernannt worden sind (Buchst. c)."
4.5. Zu den im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art:
Die Beschwerdeführerinnen bestreiten zunächst, dass sie in ihren Krankenanstalten derartige "im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art" nach Art. 1 Abs. 9 zweiter Unterabsatz lit. a der Richtlinie 2004/18 bzw. § 3 Abs. 1 Z 2 lit. a BVergG 2006 erfüllen. Sie bringen hiezu vor, die Intentionen der letztgenannten Bestimmung des BVergG 2006 lägen lediglich in der Hintanhaltung der Umgehung des Vergaberegimes durch Ausgliederung staatlicher Aufgaben. Jedoch sei die Gründung des Konvents der E L-W nicht zum Zweck der Ausgliederung staatlicher Aufgaben und damit zur Umgehung des Vergaberegimes erfolgt. Der Ordenszweck des Konvents (nämlich nicht die Gründung und Führung eines Krankenhauses, sondern die Führung des Krankenhauses nur als Ausdruck der Erfüllung der Ordenspflicht) könne durch gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen nicht zu einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe werden. Daran ändere auch die Verleihung des Öffentlichkeitsrechts und die Innehabung des Öffentlichkeitsrechts mit umfangreichen Verpflichtungen aus dem Krankenanstaltenrecht nichts.
Gerade mit dem letzten Argument belegen die Beschwerdeführerinnen aber den Umstand, dass es sich um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art handelt.
Diese Aufgaben werden in der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. etwa das Urteil des EuGH vom 22. Mai 2003 in der Rechtssache C-18/01 , Korhonen u.a., Randnr. 47) wie folgt gesehen:
"47 Nach ständiger Rechtsprechung stellen Aufgaben, die auf andere Art als durch das Angebot von Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt erfüllt werden und die der Staat aus Gründen des Allgemeininteresses selbst erfüllt oder bei denen er einen entscheidenden Einfluss behalten möchte, in der Regel im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b der Gemeinschaftsrichtlinien über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge dar (vgl. u. a. Urteile BFI Holding, Randnrn. 50 und 51, Agora und Excelsior, Randnr. 37, sowie Adolf Truley, Randnr. 50)."
Im zitierten Urteil vom 27. Februar 2003 in der Rechtssache C- 373/00 , Adolf Truley GmbH gegen Bestattung Wien GmbH, Randnr. 66, hielt der EuGH fest,
"dass das Vorhandensein eines entwickelten Wettbewerbs allein nicht den Schluss zulässt, dass keine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nicht gewerblicher Art vorliegt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände, u.a. der Umstände, die zur Gründung der betreffenden Einrichtung geführt haben, und der Voraussetzungen, unter denen sie ihre Tätigkeit ausübt, zu beurteilen, ob eine derartige Aufgabe vorliegt."
In diesem Zusammenhang verweist die belangte Behörde darauf, dass die Beschwerdeführerinnen durch den Betrieb der Krankenanstalten im Allgemeininteresse liegende Aufgaben erfüllen. Außerdem sei die Tätigkeit der Beschwerdeführerinnen nicht gewerblicher Art, was sich schon aus der Gemeinnützigkeit ihrer Krankenanstalten ergebe.
Dieses Argument ist überzeugend, da es fallbezogen nicht auf den Ordenszweck des Konvents, sondern vielmehr auf die objektiv festzustellende Tätigkeit der Beschwerdeführerinnen als juristische Personen ankommt. So hat auch der EuGH in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass
"eine Einrichtung, die zwar nicht zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, die jedoch später solche Aufgaben übernommen hat und diese seither tatsächlich wahrnimmt, das Tatbestandsmerkmal (...) erfüllt, um als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne dieser Bestimmung qualifiziert werden zu können, sofern die Übernahme dieser Aufgaben objektiv festgestellt werden kann"
(vgl. zur Richtlinie 93/37/EWG das Urteil des EuGH vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C-470/99 , Universale-Bau AG, Randnr. 63).
Es ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerinnen öffentliche gemeinnützige Krankenanstalten und Fondskrankenanstalten betreiben. Den Rechtsträger öffentlicher Krankenanstalten trifft die gesetzliche Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung durch den unterbrechungslosen Betrieb der Krankenanstalt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2014, Zlen. 2013/11/0123 bis 0125, mwN). Entscheidende Voraussetzung der Gemeinnützigkeit von Krankenanstalten ist unter anderem, dass ihr Betrieb nicht die Erzielung eines Gewinnes bezweckt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2013, Zl. 2011/11/0049, mwN).
Das Beschwerdevorbringen ist daher nicht geeignet, diese für das Vorliegen einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe nicht gewerblicher Art sprechenden Umstände zu entkräften.
4.6. Zur Rechtspersönlichkeit:
Da weiters unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerinnen Rechtspersönlichkeit besitzen und somit die weiteren Voraussetzungen der Teilrechtsfähigkeit (§ 3 Abs. 1 Z 2 lit. b BVergG 2006) bzw. der Rechtspersönlichkeit (Art. 1 Abs. 9 lit. b der Richtlinie 2004/18 ) erfüllt sind, ist auf die vom EuGH im Urteil Ärztekammer Westfalen-Lippe näher behandelten kumulativen Voraussetzungen der lit. c des Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 (welche im § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. c BVergG 2006 entsprechend wiedergegeben sind) einzugehen:
4.7. Zu den Beherrschungskriterien (nach lit. c des Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 ):
Zu diesen Kriterien hat der EuGH in diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung zusammengefasst und Folgendes klargestellt:
20 In allen drei der in Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/18 genannten alternativen Kriterien kommt eine enge Verbindung mit den öffentlichen Stellen zum Ausdruck. Eine solche Verbindung kann es den öffentlichen Stellen nämlich ermöglichen, die Entscheidungen der betreffenden Einrichtung im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen, was die Möglichkeit mit sich bringt, dass andere als wirtschaftliche Überlegungen diese Entscheidungen leiten, und insbesondere die Gefahr, dass einheimische Bieter oder Bewerber bevorzugt werden, wodurch Hemmnisse für den freien Dienstleistungs- und Warenverkehr geschaffen würden, die durch die Anwendung der Vergaberichtlinien gerade verhindert werden sollen (vgl. zu entsprechenden, der Richtlinie 2004/18 vorangegangenen Vorschriften, Urteil vom 1. Februar 2001, Kommission/Frankreich, C- 237/99 , Slg. 2001, I-939, Randnrn. 39, 41, 42, 44 und 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).
21 Im Licht dieser Ziele ist jedes dieser Kriterien
funktionell auszulegen (vgl. zu entsprechenden, der Richtlinie 2004/18 vorangegangenen Vorschriften, Urteile Kommission/Frankreich, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Bayerischer Rundfunk u. a., Randnr. 40), d. h. unabhängig von den formellen Modalitäten seiner Anwendung (vgl. entsprechend Urteil vom 10. November 1998, BFI Holding, C?360/96, Slg. 1998, I?6821, Randnrn. 62 und 63), und muss so verstanden werden, dass es eine enge Verbindung mit öffentlichen Stellen schafft.
22 Was zunächst das erste in Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/18 genannte Kriterium, die überwiegende Finanzierung durch die öffentlichen Stellen, anbelangt, ist unter dem Begriff der Finanzierung ein Transfer von Finanzmitteln zu verstehen, der ohne spezifische Gegenleistung mit dem Ziel vorgenommen wird, die Tätigkeiten der betreffenden Einrichtung zu unterstützen (vgl. zu entsprechenden, der Richtlinie 2004/18 vorangegangenen Vorschriften, Urteil vom 3. Oktober 2000, University of Cambridge, C-380/98 , Slg. 2000, I- 8035, Randnr. 21).
23 Da dieser Begriff funktionell auszulegen ist, hat der
Gerichtshof entschieden, dass das Kriterium der überwiegenden
Finanzierung durch die öffentlichen Stellen auch eine mittelbare
Finanzierungsweise einschließt.
24 Eine solche Finanzierung kann durch eine dem
Grundsatz und der Höhe nach gesetzlich vorgesehene und auferlegte Gebühr erfolgen, die keine Gegenleistung für die tatsächliche Inanspruchnahme der von der betreffenden Einrichtung erbrachten Dienstleistungen durch die Gebührenschuldner darstellt und mittels hoheitlicher Befugnisse eingezogen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Bayerischer Rundfunk u. a., Randnrn. 41, 42, 44, 45 und 47 bis 49).
25 Dass eine Einrichtung die Höhe der Beiträge, aus
denen sie sich überwiegend finanziert, formal selbst festlegt, schließt das Vorliegen einer das genannte Kriterium erfüllenden mittelbaren Finanzierung nicht aus. Dies ist der Fall, wenn sich Einrichtungen wie die gesetzlichen Sozialversicherungskassen durch die von ihren Mitgliedern oder für diese entrichteten Beiträge, denen keine spezifische Gegenleistung gegenübersteht, finanzieren, sofern die Mitgliedschaft in einer solchen Kasse und die Zahlung dieser Beiträge gesetzlich vorgeschrieben sind, sofern der Beitragssatz zwar formal von den Kassen selbst festgelegt wird, aber zum einen rechtlich vorgegeben ist, wobei das Gesetz die von den Kassen erbrachten Leistungen und die damit verbundenen Ausgaben festlegt und den Kassen untersagt, ihre Aufgaben mit Gewinnerzielungsabsicht wahrzunehmen, und zum anderen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedarf, und sofern die Beiträge aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zwangsweise eingezogen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Hans & Christophorus Oymanns, Randnrn. 53 bis 56).
...
29 Sodann ist zum zweiten in Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/18 genannten Kriterium, der Aufsicht der öffentlichen Stellen über die Leitung, darauf hinzuweisen, dass eine nachträgliche Kontrolle dieses Kriterium grundsätzlich nicht erfüllt, da eine solche Kontrolle es den öffentlichen Stellen nicht erlaubt, die Entscheidungen der betreffenden Einrichtung im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2003, Adolf Truley, C-373/00 , Slg. 2003, I-1931, Randnr. 70). Dies ist somit bei einer nachträglichen allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle durch eine Aufsichtsbehörde grundsätzlich der Fall und gilt erst recht, wenn die Behörde in der Form tätig wird, dass sie die Entscheidung dieser Einrichtung über die Festlegung der Höhe der ihre Finanzierung im Wesentlichen sicherstellenden Beiträge genehmigt, und sich dabei auf die Prüfung beschränkt, ob der Haushalt der betreffenden Einrichtung ausgeglichen ist."
Nach dieser Rechtsprechung handelt es sich zunächst bei den in lit. c genannten Kriterien um alternative Kriterien (vgl. Randnr. 20). Es reicht daher fallbezogen bereits die Erfüllung eines der dort drei genannten Voraussetzungen aus:
4.8. Zur Aufsicht der öffentlichen Stellen über die Leitung im Wege der Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof:
Dabei hat sich die belangten Behörde unter anderem darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerinnen gemäß § 30 Abs. 1 Oö. KAG bzw. § 18 Abs. 5 Wr. KAG der Rechnungshofkontrolle unterliegen. Wie bereits ausgeführt treten die Beschwerdeführerinnen dieser Feststellung nicht entgegen.
Damit wird von der belangten Behörde das zweite in Art. 1 Abs. 9 lit. c der Richtlinie 2004/18 genannte Kriterium der Aufsicht der öffentlichen Stellen über die Leitung angesprochen, welches vom EuGH im Urteil Ärztekammer Westfalen-Lippe in den Randnrn. 29 ff ausführlich behandelt wird.
In dieser Rechtsprechung weist der EuGH darauf hin, dass eine nachträgliche Kontrolle dieses Kriterium grundsätzlich nicht erfüllt, da eine solche Kontrolle es den öffentlichen Stellen nicht erlaubt, die Entscheidungen der betreffenden Einrichtung im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen und verweist in diesem Zusammenhang auf seine Rechtsprechung im (obzitierten) Urteil Adolf Truley. In diesem Urteil hat der EuGH zum Kriterium der Aufsicht der öffentlichen Stellen über die Leitung folgendes festgehalten:
"69 Gerade zu dem Tatbestandsmerkmal der Aufsicht über die Leitung hat der Gerichtshof entschieden, dass es nur erfüllt ist, wenn diese Aufsicht eine Verbindung mit der öffentlichen Hand schafft, die der Verbindung gleichwertig ist, die besteht, wenn eines der beiden anderen alternativen Merkmale erfüllt ist, nämlich dass die Finanzierung überwiegend durch die öffentliche Hand erfolgt oder dass die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs- , Leitungs- oder Aufsichtsorgans dieser Einrichtung, die es der öffentlichen Hand ermöglichen, die Entscheidungen dieser Einrichtung im Bereich öffentlicher Aufträge zu beeinflussen, von der öffentlichen Hand ernannt wird (vgl. Urteil Kommission/Frankreich, Randnrn. 48 und 49).
70 In Anbetracht dieser Rechtsprechung lässt sich nicht annehmen, dass der Tatbestand der Aufsicht über die Leitung im Falle einer bloßen nachprüfenden Kontrolle erfüllt ist, denn schon begrifflich erlaubt es eine derartige Kontrolle der öffentlichen Hand nicht, die Entscheidungen der betreffenden Einrichtung im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen.
71 Wie der Generalanwalt in den Nummern 109 bis 114 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, lassen die Angaben des vorlegenden Gerichts jedoch die Annahme vertretbar erscheinen, dass die Kontrolle der Stadt Wien über die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall den Rahmen einer bloßen nachprüfenden Kontrolle bei weitem übersteigt.
72 Denn zum einen unterliegt die Antragsgegnerin gemäß § 73 WStV unmittelbar der Aufsicht der Stadt Wien, da sie im Eigentum einer Gesellschaft - der WSH - steht, deren gesamtes Kapital in den Händen dieser Gebietskörperschaft liegt.
73 Zum anderen geht ebenfalls aus dem Vorlagebeschluss hervor, dass das Kontrollamt nach Punkt 10.3 des Gesellschaftsvertrags der Antragsgegnerin berechtigt ist, nicht nur den Jahresabschluss dieser Gesellschaft zu prüfen, sondern auch die laufende Gebarung auf ihre ziffernmäßige Richtigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit". Dieser Punkt des Gesellschaftsvertrags der Antragsgegnerin erlaubt es dem Kontrollamt weiter, die Betriebsräume und Anlagen der Gesellschaft zu besichtigen und über das Ergebnis dieser Prüfung den zuständigen Organen sowie den Gesellschaftern der Gesellschaft und der Stadt Wien zu berichten. Derartige Aufsichtsrechte ermöglichen eine aktive Aufsicht über die Leitung dieser Gesellschaft.
74 Nach allem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass eine bloße nachprüfende Kontrolle nicht das Tatbestandsmerkmal der Aufsicht über die Leitung im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 dritter Gedankenstrich der Richtlinie 93/36 erfüllt. Dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt jedoch ein Sachverhalt, bei dem zum einen die öffentliche Hand nicht nur die Jahresabschlüsse der betreffenden Einrichtung kontrolliert, sondern auch ihre laufende Verwaltung im Hinblick auf ihre ziffernmäßige Richtigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, und bei dem zum anderen die öffentliche Hand berechtigt ist, die Betriebsräume und Anlagen dieser Einrichtung zu besichtigen und über das Ergebnis dieser Prüfung einer Gebietskörperschaft zu berichten, die über eine andere Gesellschaft das Kapital der in Rede stehenden Einrichtung hält."
Damit hat der EuGH in seiner Rechtsprechung bereits klargestellt, dass ein Sachverhalt, bei dem auch die laufende Verwaltung im Hinblick auf ihre ziffernmäßige Richtigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit kontrolliert wird und zum anderen die öffentliche Hand berechtigt ist, die Betriebsräume und Anlagen dieser Einrichtung zu besichtigen und über das Ergebnis dieser Prüfung einer Gebietskörperschaft zu berichten, das Tatbestandsmerkmal der Aufsicht der Leitung erfüllt. Dabei hat der EuGH sachverhaltsmäßig auf die Prüfungsbefugnisse des Kontrollamtes der Stadt Wien abgestellt.
Diesen Prüfungsbefugnissen sind aber die Befugnisse des Rechnungshofes bei der Gebarungskontrolle durchaus vergleichbar:
So lauten die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des Rechnungshofgesetzes 1948, BGBl. Nr. 144 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 (RHG), wie folgt (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"§ 3. (1) In Ausübung und zum Zwecke der ihm obliegenden Kontrolle verkehrt der Rechnungshof mit allen seiner Überprüfung unterliegenden Stellen unmittelbar.
(2) Er ist befugt:
1. von diesen Stellen jederzeit schriftlich oder im kurzen Wege alle ihm erforderlich erscheinenden Auskünfte zu verlangen;
2. die Einsendung von Rechnungsbüchern, -belegen und sonstigen Behelfen (wie Geschäftsstücke, Verträge, Korrespondenzen) zu verlangen;
3. durch seine Organe an Ort und Stelle in die mit der Gebarung im Zusammenhang stehenden Rechnungsbücher, -belege und sonstigen Behelfe Einsicht zu nehmen und
4. die Vornahme von Lokalerhebungen (wie Kassenprüfungen) bei einer Dienststelle durch die vorgesetzte Verwaltungsbehörde zu veranlassen und an diesen Amtshandlungen durch seine Organe teilzunehmen sowie auch die Prüfung von Verlagskassen unter Beiziehung eines leitenden Beamten der betreffenden Dienststelle vorzunehmen.
§ 4. (1) Die im § 3, Abs. (1), genannten Stellen haben die Anfragen des Rechnungshofes ohne Verzug vollinhaltlich und unmittelbar zu beantworten, alle abverlangten Auskünfte zu erteilen und jedem Verlangen zu entsprechen, das der Rechnungshof zum Zwecke der Durchführung der Kontrolle im einzelnen Falle stellt.
...
§ 13. (1) Die Gebarung öffentlich-rechtlicher Körperschaften mit Mitteln des Bundes und mit den ihnen aus öffentlichen Mitteln zur Förderung der Zwecke der Hoheitsverwaltung des Bundes zur Verfügung gestellten Geldbeträgen unterliegt der Überprüfung durch den Rechnungshof. Hiebei prüft der Rechnungshof in sinngemäßer Anwendung der §§ 3 und 4, Abs. (1), die ziffernmäßige Richtigkeit, die auftrags- und widmungsmäßige Verwendung sowie die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung.
(2) Das Ergebnis seiner Überprüfung hat der Rechnungshof den zuständigen Bundesministerien mitzuteilen.
...
1. Länder.
§ 15. ...
...
(3) Werden Landesmittel einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder sonst einem außerhalb der Landesverwaltung stehenden Rechtsträger zur Erfüllung bestimmter Zwecke zur Verfügung gestellt, so kann der Rechnungshof die Verwendung dieser Mittel prüfen. Hiebei finden die Bestimmungen des § 13, Abs. (1) und (2), sinngemäß Anwendung."
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die Gebarungskontrolle des Rechnungshofes über die Beschwerdeführerinnen auch jene Prüfungsbefugnisse aufweisen wie die vom EuGH in seiner Rechtsprechung aufgestellten Erfordernisse.
4.9. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des EuGH zum Tatbestandsmerkmal der Aufsicht über die Leitung sind beim Verwaltungsgerichtshof keine vernünftigen Zweifel darüber entstanden, dass die Einstufung der Beschwerdeführerinnen als Einrichtungen des öffentlichen Rechts in Anhang III Punkt XX Richtlinie 2004/18 nicht den in dieser Richtlinie genannten materiellen Voraussetzungen entspricht. Vielmehr erscheint die Anwendung dieses Tatbestandsmerkmales auf den vorliegenden Sachverhalt auf Grund der bereits bestehenden Rechtsprechung des EuGH hinreichend geklärt (vgl. zum "acte eclaire" das Urteil des EuGH vom 17. Juli 2014 in den verbundenen Rechtssachen C-58/13 und C-59/13 , Angelo Alberto Torresi (C-58/13 ), Pierfrancesco Torresi (C-59/13 ) gegen Consiglio dell'Ordine degli Avvocati di Macerata, Randnrn. 31 und 32, mwN).
Aus diesen Gründen war auch der Anregung der Beschwerdeführerinnen auf ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gemäß Art. 234 EG (nunmehr: Art. 267 AEUV) nicht zu folgen.
4.10. Vielmehr war die Auffassung der belangten Behörde, bei den Beschwerdeführerinnen handle es sich um Einrichtungen des öffentlichen Rechts und somit um öffentliche Auftraggeber, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
5. Zur Zuständigkeit der belangten Behörde:
5.1. Zur örtlichen Zuständigkeit:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde bei der Bestimmung ihrer örtlichen Zuständigkeit zu Recht darauf abgestellt hat, ob der Erst- oder der Zweitbeschwerdeführerin ein überwiegender Anteil am Gesamtauftragswert zukommt (vgl. hiezu auch S. Denk in Schramm/Aicher/Fruhmann, Bundesvergabegesetz 2006-Kommentar (2009), Rz. 58 zu Art. 14b B-VG).
5.2. Zur sachlichen Zuständigkeit im Hinblick auf die getroffene Feststellung:
Die belangte Behörde hat in Spruchpunkt I. festgestellt, "dass der Zuschlag in diesem Vergabeverfahren an mehrere Unternehmen ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 BVergG 2006 rechtswidrig war".
Die Beschwerdeführerinnen bringen gegen diese Feststellung vor, ausgehend von ihren eigenen Feststellungen hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, dass ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung iSd § 2 Abs. 4 Z 3 Oö. VergRSG 2006 durchgeführt worden sei. Dies hätte allenfalls eine Feststellung nach § 16 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 4 Z 3 Oö. VergRSG 2006 gerechtfertigt, nicht die von der belangten Behörde getroffene Feststellung nach § 2 Abs. 4 Z 4 Oö. VergRSG 2006. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss gewesen sei, zumal das Angebot der mitbeteiligten Partei von vornherein für einen Zuschlag nicht in Frage gekommen wäre.
Im hg. Erkenntnis vom 25. September 2012, Zl. 2008/04/0045, hat der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage des Oö. VergRSG 2006 in der Stammfassung LGBl. Nr. 130 festgehalten, dass die im Oö. VergRSG 2006 normierte Feststellungskompetenz der belangten Behörde abschließend geregelt ist: Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist daher im Rahmen des Vergabekontrollverfahrens nicht zuständig, andere als die im Oö. VergRSG 2006 (siehe § 2) vorgesehenen Feststellungsbescheide zu erlassen (vgl. idS zum Burgenländischen Vergaberechtschutzgesetz das hg. Erkenntnis vom 14. März 2012, Zl. 2008/04/0228; zur Rechtslage des WVRG 2007 das hg. Erkenntnis vom 13. November 2013, Zl. 2011/04/0034, und zur Rechtslage des BVergG 2006 den hg. Beschluss vom 11. Dezember 2013, Zlen. 2012/04/0133 und 0134).
Vorliegend hat die belangte Behörde eine (im Gesetz vorgesehene) Feststellung nach § 2 Abs. 4 Z 4 Oö. VergRSG 2006 getroffen (Feststellung, dass der Zuschlag rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt wurde).
Diese Feststellung konnte die belangte Behörde zulässigerweise darauf stützen, dass die Beschwerdeführerinnen nach dem festgestellten Sachverhalt die mitbeteiligte Partei durch Zumittlung einer Sendung von dem gegenständlichen Vergabeverfahren in Kenntnis setzten und sodann der mitbeteiligten Partei mitteilten, dass der Auftrag anderweitig vergeben würde. Jedoch war im gesamten Schriftverkehr nicht die Angabe erfolgt, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden solle, was essentieller Mindestinhalt einer Zuschlagsentscheidung sei. Letzteres ergibt sich bereits aus § 131 Abs. 1 BVergG 2006.
Soweit die Beschwerdeführerinnen rügen, die belangte Behörde hätte die Wesentlichkeit der Rechtswidrigkeit prüfen müssen, genügt es darauf hinzuweisen, dass für eine Feststellung nach § 2 Abs. 4 Z 4 Oö. VergRSG 2006 eine derartige Prüfung in § 16 Abs. 1 leg. cit. nicht vorgeschrieben ist.
Daher ist die Auffassung der belangten Behörde, es seien die Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 2 Abs. 4 Z 4 Oö. VergRSG 2006 vorgelegen, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Auch die die darauf aufbauende Aufhebung des Vertrages nach § 16 Abs. 4 Oö. VergRSG 2006 ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal die belangte Behörde nachvollziehbar ausgeführt hat, dass im Beschwerdefall bereits erbrachte Leistungen nicht mehr rückgestellt werden können.
5.3. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht (gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014) auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 17. September 2014
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