VwGH 2013/17/0685

VwGH2013/17/068518.12.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. August 2013, Zl. UVS-06/50/438/2012-34, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: P-GaststättenbetriebsgmbH in Wien, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §4 Abs2;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2011/I/076;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2012/I/050;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2012/I/069;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2012/I/112;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2013/I/070;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2013/I/167;
GSpG 1989 §4 Abs2;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2011/I/076;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2012/I/050;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2012/I/069;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2012/I/112;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2013/I/070;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2 idF 2013/I/167;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit erstinstanzlichem Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. Dezember 2011 wurde gegenüber der mitbeteiligten Partei die Beschlagnahme von zwei Glücksspielgeräten angeordnet.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung Folge und hob den bekämpften Bescheid ersatzlos auf.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die mitbeteiligte Partei sei die Eigentümerin der gegenständlichen Glücksspielgeräte, welche zumindest in der Zeit vom 16. August 2010 bis 28. Oktober 2011 in einem näher bezeichneten Lokal voll funktionsfähig aufgestellt gewesen seien.

Mit Bescheid der Magistratsabteilung 36 vom 27. März 2001 sei gemäß § 9 und § 15 des Wiener Veranstaltungsgesetzes für dieses Lokal eine Konzession für den Betrieb von zwei Münzgewinnspielautomaten für die Dauer von zehn Jahren gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides erteilt worden. Als Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft sei der 27. April 2001 vermerkt.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass es sich bei den gegenständlichen Automaten um jene handle, die von dem Konzessionsbescheid erfasst seien.

Zumindest bis zum 27. April 2011 sei davon auszugehen, dass durch die gegenständlichen Automaten nicht in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden sei, weil bis zu diesem Tag eine aufrechte Konzession für die beiden Geräte bestanden habe.

Was den Zeitraum zwischen dem 27. April 2011 und dem Endes des Tatzeitraumes betreffe, so falle der legale Betrieb für diesen Zeitraum unter die Übergangsbestimmung des § 60 Abs. 25 Z. 2 GSpG, weil aufgrund des Beweisergebnisses davon auszugehen sei, dass die beiden Glücksspielautomaten mit landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 GSpG in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zugelassen worden seien, nämlich am 27. März 2001 und daher längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 hätten betrieben werden dürfen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 2011, B 533/11).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 60 Abs. 25 Glücksspielgesetz (GSpG) BGBl. 620/1989, in den Fassungen BGBl I Nr. 76/2011, BGBl. I Nr. 50/2012, BGBl. I Nr. 69/2012, BGBl. I Nr. 112/2012, BGBl. I Nr. 70/2013 und BGBl. I Nr. 167/2013 lautet:

"§ 60. (1)

(25) Nach erfolgter Notifikation im Sinne der RL 98/34/EG (Nr. 2010/228/A) und nach am 16. Juli 2010 abgelaufener Sperrfrist des Art. 8 RL 98/34/EG treten die Änderungen jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, am Tag nach Kundmachung dieses Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, im Bundesgesetzblatt in Kraft. Dabei gelten jedoch folgende Sonderbestimmungen:

2. Glücksspielautomaten, die aufgrund landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zugelassen worden sind, dürfen längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 betrieben werden (Übergangszeit). Wenn in einem Bundesland die nach § 5 Abs. 1 höchstzulässige Anzahl an Glücksspielautomaten zum 31. Dezember 2009 um mehr als das Doppelte überschritten worden ist, dürfen in diesem Bundesland Glücksspielautomaten, die aufgrund landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zugelassen worden sind, längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2015 betrieben und bis dahin an bereits bestehenden Standorten und im bestehenden Ausmaß auch verlängert werden.

…"

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, die gegenständlichen Glücksspielgeräte, deren landesrechtliche Konzession unstrittigerweise nur bis zum 27. April 2011 galt, hätten ab diesem Zeitpunkt aufgrund der Bestimmung des § 60 Abs. 25 Z 2 GSpG bis zum Ablauf des 31. Dezembers 2014 betrieben werden dürfen. Damit verkannte die belangte Behörde den Inhalt dieser Bestimmung.

§ 60 Abs. 25 Z 2 GSpG in den oben genannten Fassungen normiert unter anderem, dass Glücksspielautomaten, die aufgrund landesgesetzlicher Bewilligung bereits zugelassen worden sind, bis längstens zum Ablauf des 31. Dezember 2014 betrieben werden dürfen (Übergangszeit).

Diese Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass Glücksspielautomaten, für die eine aufrechte landesrechtliche Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor diesem Glücksspielgesetz vorliegt, längstens bis zum 31. Dezember 2014 betrieben werden dürfen. Allerdings wird durch diese gesetzliche Regelung keine Verlängerung landesrechtlicher Bewilligungen, die nach Inkrafttreten des § 60 Abs. 25 Z. 2 GSpG während der Übergangszeit ablaufen, bewirkt. Diese Absicht wird insbesondere durch die Verwendung des Wortes längstens hervorgehoben, weil dadurch ersichtlich wird, dass der Ablauf landesgesetzlicher Bewilligungen vor dem 31. Dezember 2014 nicht gehindert werden soll (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Juli 2011, Zl. 2011/02/0130, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Insoweit kann diese Bestimmung auch nicht als unklar - wie in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei behauptet - angesehen werden. Dafür, dass die Voraussetzungen des zweiten Satzes des § 60 Abs. 25 Z. 2 GSpG vorgelegen wären und auf Grundlage dieser Bestimmung eine Verlängerung erfolgt sei, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Auch die Parteien haben keine Behauptungen in diese Richtung aufgestellt.

Die belangte Behörde verkannte daher die Rechtslage, wenn sie davon ausging, dass die gegenständlichen Geräte trotz des Ablaufs der Bewilligung während der Übergangszeit aufgrund der Bestimmung des § 60 Abs. 25 Z. 2 GSpG weiterhin hätten betrieben werden dürfen und daher ein ursprünglicher Verdacht auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz als ausgeräumt zu betrachten gewesen sei.

Im Übrigen rechtefertigen die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens auch im Hinblick auf die sich stellende Zuständigkeitsfrage nicht. Mit hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 2010, Zl. 2012/17/0507, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass eine verwaltungsbehördliche Zuständigkeit für die Anordnung einer Beschlagnahme nur dann besteht, wenn auf dem jeweiligen Glücksspielgerät keine Möglichkeit zur Überschreitung eines Höchsteinsatzes von EUR 10,-- möglich war.

Die belangte Behörde geht in dem angefochtenen Bescheid von einem Höchsteinsatz von EUR 0,5 aus, weil kein ausreichender Zweifel darüber bestehen könne, dass die Glücksspielgeräte anlässlich der Kontrolle so in Betrieb gewesen seien, wie von der Konzession umfasst. Dies begründet sie im Wesentlichen damit, dass die einvernommenen Zeugen in der mündlichen Verhandlung nicht mit Sicherheit hätten angeben können, um welche Höchsteinsätze gespielt worden sei. Diese Begründung der belangten Behörde ist nicht überzeugend. In der mündlichen Verhandlung haben drei Zeugen sinngemäß angegeben, dass durch die Verwendung eines Würfelsymbols eine Einsatzsteigerung möglich gewesen sei. Auch wenn die einvernommenen Zeugen nicht mit vollkommener Sicherheit die bei den Spielen gespielten Einsätze angeben konnten, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, Feststellungen zu treffen, ob die Möglichkeit bestand, bei irgendeinem der auf den gegenständlichen Geräten installierten Spielen einen Einsatz von über EUR 10,-- zu leisten und welche Bedeutung dem Würfelsymbol im Zusammenhang mit den möglichen Höchsteinsätzen zukam (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. August 2013, Zl. 2013/17/0012).

Die Feststellung, ob Einsätze von mehr als EUR 10,-- geleistet werden konnten, wäre auch notwendig gewesen, um beurteilen zu können, ob für den Zeitraum vor dem Ablauf der landesgesetzlichen Bewilligung die gegenständlichen Geräte von dieser Konzession überhaupt erfasst waren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2012, Zl. 2012/17/0023). Für diese Beurteilung wäre es überdies notwendig gewesen, Feststellungen zum höchstmöglichen Gewinn zu treffen.

Dem angefochtenen Bescheid ist auch nicht zu entnehmen, welche Bedeutung den Supergames im Zusammenhang mit den möglichen Höchsteinsätzen beziehungsweise dem möglichen Höchstgewinn zukam.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 18. Dezember 2013

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