VwGH 2012/17/0023

VwGH2012/17/002327.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats für Kärnten vom 1. Dezember 2011, Zl. KUVS- 2691/23/2010, wegen Aufhebung einer vorläufigen Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: A in G, vertreten durch Dr. Ernst Brunner, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 62), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §53 Abs1;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2;
GSpG 1989 §53 Abs1;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1.1. Am 21. Oktober 2010 wurden in einem Lokal in Villach mehrere Glücksspielautomaten von Organen der öffentlichen Aufsicht gemäß § 53 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 (in der Folge: GSpG), in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, vorläufig beschlagnahmt.

1.2. Mit Bescheid vom 22. November 2010 der Bundespolizeidirektion Villach wurde die Beschlagnahme unter Berufung auf § 53 Abs. 3 GSpG aufgehoben.

Begründend führte die Behörde erster Instanz aus, dass für sämtliche beschlagnahmte Geldspielautomaten ein "Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung" vom 31. Dezember 2008 vorliege (der Bescheid liegt nicht vollständig im Verwaltungsakt ein, sodass vom Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt werden kann, wem der Bescheid tatsächlich zuzurechnen ist), mit welchem der A GmbH gemäß §§ 5 Abs. 1 lit. e und 7 Abs. 3, 6a und 7 Kärntner Veranstaltungsgesetz 1997 die Bewilligung erteilt worden sei, befristet bis zum 31. Dezember 2011 am Veranstaltungsort in Villach die Geldspielautomaten aufzustellen und zu betreiben. Auch anlässlich der Kontrolle am 21. Oktober 2010 hätte von den Kontrollorganen keine Gerätemanipulation festgestellt werden können und habe sich diese Feststellung auch in dem am 9. November 2010 durchgeführten Ortsaugenschein mit Befundaufnahme des Sachverständigen Ing. L bestätigt.

Die belangte Behörde gehe auf Grund der Ergebnisse des Ortsaugenscheins und der ergänzenden Einvernahme des Herrn Ing. K als zur Zertifizierung von Geldspielautomaten von Seiten des Amtes der Kärntner Landesregierung berufenen Sachverständigen davon aus, dass keine wie immer geartete technische Abänderung (insbesondere der Platine) der Automaten zum Zeitpunkt der Genehmigung am 31. Dezember 2008 vorgenommen worden sei und folglich die Automaten in rechtskonformem Zustand des Genehmigungsbescheides seien. Soferne tatsächlich mit den Geldspielautomaten in das Glücksspielgesetz eingegriffen werden sollte, so stehe jedenfalls die materielle Rechtskraft des Bescheides des Amtes der Kärntner Landesregierung jeglichen Eingriffen, die auf den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gründeten, entgegen.

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob das Finanzamt Spittal Villach Berufung, in der insbesondere darauf hingewiesen wurde, dass mit den gegenständlichen Glücksspielgeräten Gewinne von mehr als EUR 20,-- in Aussicht gestellt worden seien und ein Einsatz von mehr als 50 Cent pro Spiel möglich gewesen sei. Auf Grund der bei den Geräten dokumentierten Überschreitungen der normierten Werte für den Einsatz und den in Aussicht gestellten Gewinn sei der Eingriff in das Glücksspielmonopol zweifelsfrei bewiesen und sei der Verdacht, dass damit fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen werde, hinreichend gegeben. Aus diesen Gründen seien die Eingriffsgegenstände nach § 53 Abs. 2 GSpG vorläufig in Beschlag genommen worden, um unverzüglich sicher zu stellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden könnten. Es habe von der Abgabenbehörde unzweideutig festgestellt werden können, dass jeweils Beträge in der Höhe von EUR 20,-- zuzüglich einer bestimmten Anzahl von Supergames (SG) als Gewinn in Aussicht gestellt worden seien. Diese Feststellung sei weder von Seiten der Behörde noch von Seiten der mitbeteiligten Partei in Zweifel gezogen worden. Wenn jedoch ein Gewinn in Höhe von EUR 20,-- zuzüglich einer weiteren geldwerten Gratifikation in Aussicht gestellt werde, sei eine Überschreitung des Grenzwertes nach § 4 Abs. 2 GSpG (alte Fassung) erfolgt. Die Spieler wüssten aus Erfahrung, dass ein Supergame durchschnittlich einem Gewinn von EUR 10,-- entspreche. Dementsprechend würden die Gewinnzuteilungen auch immer so gewählt, dass sich aus der Addition von Gewinn und Supergames runde Beträge ergäben, z.B. EUR 20,-- + 498 Supergames (das ergäbe EUR 5.000,--).

In der Berufung werden sodann detailliert die Spielabläufe und Gewinnmöglichkeiten dargestellt.

Es sei zwar unstrittig, dass für die acht Glücksspielgeräte ein Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung nach dem Kärntner Veranstaltungsgesetz vorliege, laut Bewilligungsbescheid dürfe der Einsatz je Spiel den Betrag oder Gegenwert von 50 Cent und der Gewinn den Betrag oder Gegenwert von EUR 20,-- nicht übersteigen. Eine Rechtswirksamkeit könne dieser Bescheid nur ausschließlich im Ausmaß der ausgesprochenen Bewilligung entfalten.

1.4. Auf Grund einer Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 21. Dezember 2010, in der diese darauf hinwies, dass nur einer der beschlagnahmten Apparate im Eigentum der mitbeteiligten Partei stehe, und der Feststellung, dass die mitbeteiligte Partei weder Eigentümerin noch Betreiberin der anderen Geräte sei, beschränkte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf einen Abspruch über die Berufung des Finanzamtes Spittal Villach betreffend ein Gerät einer näher genannten Version und Gerätenummer.

1.5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den bei ihr angefochtenen erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Gemäß § 53 Abs. 3 Glücksspielgesetz, BGBl. I 73/2010, wird die von Organen der öffentlichen Aufsicht (KIAB) am 21.10.2010 in Villach, G-Gasse Nr. 15, verfügte vorläufige Beschlagnahme des Glücksspielautomaten AGI Magic Games, Version …, Gerät Nr. …, Vignetten Nr. …, am Bescheid vom 31.12.2008, aufgehoben."

Begründend führte die belangte Behörde nach umfangreicher Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Vorbringens der Parteien und Darstellung der anzuwendenden Vorschriften des GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, insbesondere der Inkrafttretensbestimmungen der Novelle zum GSpG mit BGBl. I Nr. 73/2010 und des § 4 Abs. 2 GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 sowie der §§ 52 und 53 GSpG und der Vorschriften des Kärntner Veranstaltungsgesetzes 2010 - K-VAG 2010, LGBl. Nr. 27/2011, nach dessen § 33 Abs. 3 eine Reihe von Bestimmungen des K-VAG 1997 hinsichtlich des Aufstellens und des Betriebs von nach diesem Gesetz bewilligten Spielapparaten weiter in Geltung blieben, aus, dass sich die Regelung des Glücksspielwesens historisch auf den Kompetenztatbestand "Monopolwesen" (Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG) stütze und das Glücksspielwesen in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz des Bundes falle (Hinweis auf Bresich/Klingenbrunner, Kompetenzrechtliche Abgrenzungsfragen bei Spielen, AnwBl 2008, 59).

Bis zur Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 zum GSpG hätten Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten gemäß § 4 Abs. 2 GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 eine Ausnahme vom Glücksspielmonopol dargestellt, wenn die vermögensrechtlichen Leistungen des Spieles (gemeint wohl: des Spielers) den Betrag oder den Gegenwert von 50 Cent und der Gewinn den Betrag oder Gegenwert von EUR 20,-- nicht überstiegen habe. Damit sei das sogenannte "kleine Glücksspiel" mit Glücksspielautomaten nicht unter das Glücksspielmonopol des Bundes gefallen, solange die Wertgrenzen des § 4 Abs. 2 GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 (worauf in der Folge mit GSpG aF Bezug genommen werde) nicht überschritten worden seien.

Das Veranstaltungswesen sei auf Grund Art. 15 Abs. 1 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache und in die Kompetenz der Länder fielen jene Spiele, die nicht ausdrücklich dem Kompetenzbereich des Bundes zugeordnet seien, damit auch das "kleine Glücksspiel". Mit Novelle zum GSpG BGBl. I Nr. 73/2010 sei das Glücksspiel neu geregelt worden und damit auch die Festlegung betreffend der Ausnahme zum Glücksspielmonopol des Bundes. In der Übergangsbestimmung sei aber festgelegt, dass Glücksspielautomaten, die auf Grund landesgesetzlicher Bewilligungen gemäß § 4 Abs. 2 GSpG in der Fassung vor der Novelle zugelassen worden seien, in einer Übergangszeit bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 betrieben werden dürften.

Die Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 sei gemäß § 60 Abs. 25 GSpG am Tag nach der Kundmachung, das heiße am 19. August 2010, in Kraft getreten. Der gegenständliche Glücksspielautomat sei am 25. Oktober 2010 von der KIAB kontrolliert worden, somit zu einem Zeitpunkt, als das GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 bereits in Kraft getreten gewesen sei, sodass die Übergangsbestimmung zum Tragen komme.

Gemäß § 53 Abs. 2 GSpG idgF könnten Organe der öffentlichen Aufsicht Glücksspielautomaten aus eigener Macht in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretung gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden könne. Eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 GSpG begehe unter anderem, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstalte, organisiere oder unternehmerisch zugänglich mache oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteilige. Eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG liege bei Ausspielungen vor, für die eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt worden sei und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 GSpG ausgenommen sei. Gemäß § 60 Abs. 25 Z 1 GSpG seien Glücksspielautomaten vom Glücksspielmonopol ausgenommen, die auf Grund einer landesgesetzlichen Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 zugelassen worden seien (bis längstens 31. Dezember 2014).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 2009, Zl. 2005/17/0223, und vom 10. Mai 2010, Zl. 2009/17/0202) setze die Zulässigkeit einer Beschlagnahme nach § 53 GSpG das Vorliegen eines Verdachtes im Sinne des § 53 Abs. 1 GSpG voraus. Dieser Verdacht müsse jedoch ausreichend substanziiert sein. Weiters sei zu beachten, dass bei der Erlassung des Bescheides gemäß § 53 Abs. 3 GSpG nicht zu beurteilen sei, ob das Kontrollorgan zu Recht die Beschlagnahme vorgenommen habe, sondern die Behörde habe zu entscheiden, ob die vom Organ der öffentlichen Aufsicht vorgenommene Beschlagnahme aufrecht erhalten wird. Dies gelte gleichermaßen auch für die gemäß § 51 VStG im Berufungsweg angerufene Behörde. Diese habe nicht die Rechtmäßigkeit des bei ihr bekämpften Bescheides zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu prüfen, sondern als Berufungsbehörde gemäß § 51 Abs. 1 VStG in Verbindung mit § 24 VStG gemäß § 66 Abs. 4 VStG (gemeint hier: § 66 Abs. 4 AVG) in der Sache selbst zu entscheiden. Der nach § 53 Abs. 1 GSpG erforderliche Verdacht müsse im Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde noch gegeben sein (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2009, Zl. 2005/17/0223).

Dies bedeute für den Beschwerdefall, dass zu beurteilen sei, ob ein substanziierter Verdacht im Sinne des § 53 Abs. 1 GSpG zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vorliege oder nicht. Nur im Falle des Vorliegens eines substanziierten Verdachtes wäre der Beschwerdeführerin zu folgen und erneut eine Beschlagnahme auszusprechen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 2010, Zl. 2009/17/0202).

Die belangte Behörde habe bei ihrer Entscheidung von dem ihr vorliegenden Sachverhalt auszugehen und insoweit bei der Beurteilung der Verdachtslage auch auf das Vorbringen der mitbeteiligten Partei einzugehen. Der angefochtene Bescheid weise als Bescheidadressaten die mitbeteiligte Partei auf. Diese sei aber nur in Bezug auf den Glücksspielautomaten AGI Magic Games Partei, da alle anderen im Bescheid angeführten Glücksspielautomaten keinerlei Bezug zur mitbeteiligten Partei aufwiesen. Die rechtlichen Erwägungen bezögen sich daher nur auf diesen Glücksspielautomaten.

Das Beweisverfahren habe klar ergeben, dass der Glücksspielautomat über eine landesgesetzliche Bewilligung nach dem K-VAG 1997 verfüge. Dabei lege das K-VAG 1997 in § 5 Abs. 4 fest, dass je Spiel der Einsatz den Betrag oder Gegenwert von 50 Cent oder der Gewinn den Betrag oder Gegenwert von EUR 20,-- nicht übersteigen dürfe. Dies entspreche im Wesentlichen der Formulierung in § 4 Abs. 2 GSpG aF, in dem festgelegt werde, dass Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten nicht dem Glücksspielmonopol unterlägen, wenn die vermögensrechtliche Leistung des Spieles (gemeint wohl: des Spielers) den Betrag oder Gegenwert von 50 Cent nicht übersteige oder der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von EUR 20,-- nicht übersteige. Ing. K als akkreditierter Prüfer in Sachen Glücksspielautomaten habe in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass Glücksspielautomaten, die eine intakte Versiegelung und Plombierung aufwiesen, nach wie vor über die ursprünglich für die Erteilung der Bewilligung überprüfte Software verfügten. Dabei werde überprüft, ob die Software des Glücksspielautomaten dem Kärntner Veranstaltungsgesetz entspreche. Da der gegenständliche Glücksspielautomat über eine intakte Versiegelung und Plombierung verfüge, sei auch nach wie vor davon auszugehen, dass er den Anforderungen des K-VAG 1997 entspreche.

Gleichzeitig sei aber festzuhalten, dass ein Glücksspielautomat, wenn er den Anforderungen des K-VAG entspreche, grundsätzlich auch den Bestimmungen des § 4 Abs. 2 GSpG aF entsprechen müsse.

Bei der Auslegung dieser Bestimmung könne es naturgemäß zu unterschiedlichen Auffassungen kommen, wobei es dem Bundesgesetzgeber freigestanden wäre, eine präzisere Regelung zu schaffen, um den Interpretationsspielraum des Landesgesetzgebers und damit auch der Vollziehung zu minimieren.

Da im gegenständlichen Fall nicht hervorgekommen sei, dass "nach der Auslegung des K-VAG 1997 ein Einsatz von mehr als 50 Cent bzw. ein Gewinn von mehr als EUR 20,--" möglich sei, stelle sich im gegenständlichen Fall die Frage, ob die Klärung einer Rechtsfrage, nämlich wie weit oder eng § 4 Abs. 2 GSpG aF auszulegen sei, ausreiche, um einen substanziierten Verdacht für eine Beschlagnahme zu rechtfertigen.

Es sei festzuhalten, dass es gesetzliche Regelungen gebe, die das "kleine Glücksspiel" vom Glücksspielmonopol des Bundes ausnähmen und sich der Eigentümer bzw. Betreiber oder Nutznießer eines Glücksspielautomaten darauf verlassen können sollte, dass dann, wenn er die geforderten landesgesetzlichen Bewilligungen einholt, samt Vignette und Plakette, er rechtmäßig einen Glücksspielautomaten nach dem "kleinen Glücksspiel" betreibe und nicht in das Glücksspielmonopol des Bundes eingreife.

Das Beweisverfahren habe weiters ergeben, dass bei der Bewilligung des Glücksspielautomaten nach dem K-VAG 1997 nicht offenkundig gegen Bestimmungen des GSpG verstoßen worden sei. Dem berufenden Finanzamt sei zwar zuzugestehen, dass seine Argumentation durchaus als Auslegungsvariante des § 4 Abs. 2 GSpG aF herangezogen werden könne, gleichzeitig liege aber auch die von der Landesregierung in Ausübung ihrer Kompetenz zum "kleinen Glücksspiel" vorgenommene Auslegung des K-VAG in Verbindung mit § 4 Abs. 2 GSpG aF durchaus im Rahmen der vom Gesetz vorgegebenen Parameter. Die Argumentation des berufenden Finanzamtes sei als eine Interpretationsmöglichkeit des GSpG anzusehen und es reiche eine mögliche Auslegungsvariante des Gesetzes jedenfalls nicht aus, um einen substanziierten Verdacht auf einen Verstoß gegen das Glücksspielmonopol des Bundes hervorzurufen, insbesondere wenn dieser Auslegungsvariante rechtskräftige Bescheide der Landesregierung entgegenstünden, die ebenso den vom Bundesgesetzgeber vorgegebenen Rahmen nicht offenkundig überschritten.

Es sei daher festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde kein substanziierter Verdacht auf einen Verstoß gegen das Glücksspielmonopol des Bundes vorliege und damit eine Beschlagnahme des Glücksspielautomaten nicht ausgesprochen werden könne.

1.6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende (Amts‑)Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.7. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 60 Abs. 25 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, lautet auszugsweise:

"(25) Nach erfolgter Notifikation im Sinne der RL 98/34/EG (Nr. 2010/228/A) und nach am 16. Juli 2010 abgelaufener Sperrfrist des Art. 8 RL 98/34/EG treten die Änderungen jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, am Tag nach Kundmachung dieses Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, im Bundesgesetzblatt in Kraft. Dabei gelten jedoch folgende Sonderbestimmungen:

2. Glücksspielautomaten, die auf Grund

landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zugelassen worden sind, dürfen längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 betrieben werden".

Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die §§ 4 und 5 GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 noch nicht maßgeblich sind, sofern ein Glücksspielautomat vorliegt, der auf Grund landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor BGBl. I Nr. 73/2010 zugelassen worden ist.

2.2. Strittig ist im Beschwerdefall, unter welchen Voraussetzungen eine Beschlagnahme nach § 53 GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 vorgenommen werden darf, wenn sich der Betreiber des Apparats auf eine rechtskräftige Bewilligung für den von ihm betriebenen Glücksspielautomaten nach landesrechtlichen Bestimmungen beruft.

2.3. Dazu ist zunächst grundsätzlich festzuhalten, dass - wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat - nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das von der belangten Behörde genannte Erkenntnis vom 26. Jänner 2009, Zl. 2005/17/0223) zwar der Verdacht auf eine fortgesetzte Übertretung des Glücksspielgesetzes ausreichend ist, dieser Verdacht jedoch auch entsprechend substanziiert sein muss. Wie die belangte Behörde zutreffend herausgearbeitet hat, hat sie als Berufungsbehörde auf Grund einer Berufung gegen einen Beschlagnahmebescheid auch nicht nur zu prüfen, ob die Beschlagnahme ursprünglich durch die Organe der öffentlichen Aufsicht bzw. durch die Behörde erster Instanz bei Bescheiderlassung auf Grund eines ausreichenden Verdachtes ausgesprochen wurde, sondern sie hat alle in der Zwischenzeit erhobenen bzw. hervorgekommenen Umstände bei der Entscheidung über die Berufung insoweit einfließen zu lassen. Sie hat nämlich auf Grund des ihr vorliegenden Sachverhalts darüber zu entscheiden, ob die Beschlagnahme weiter aufrechterhalten werden kann.

2.4. Für den vorliegenden Zusammenhang der Berufung des Betreibers auf einen rechtskräftigen Bescheid nach landesrechtlichen Bestimmungen gemäß § 60 Abs. 25 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, bedeutet dies Folgendes:

Soweit sich der Sachverhalt für die belangte Behörde so darstellt, dass tatsächlich ein rechtskräftiger Bewilligungsbescheid nach dem Kärntner Veranstaltungsgesetz vorliegt und eine Veränderung der mit dem Glücksspielautomaten zu spielenden Spiele ausgeschlossen werden kann, wäre ein ursprünglich gegebener Verdacht auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz in der Tat als ausgeräumt zu betrachten.

Die belangte Behörde hat sich ausgehend von dieser Prämisse auf die Aussagen des Ing. K in der mündlichen Verhandlung gestützt, dass eine intakte Versiegelung und Plombierung auch gleichzeitig bedeute, dass der Glücksspielautomat nach wie vor den Anforderungen des K-VAG 1997 entspreche.

2.5. Die Beschwerdeführerin tritt dieser Annahme in der Beschwerde unter Hinweis auf die Aussagen des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Glücksspielangelegenheiten F entgegen. Die belangte Behörde hätte die Frage zu klären gehabt, weshalb der vom Land Kärnten bestellte Prüfer ausschließlich unter Hinweis auf die Unversehrtheit von Plomben, Etiketten und Vignetten bescheinigt habe, dass das Glücksspielgerät den Bedingungen des Kärntner Veranstaltungsgesetzes entsprochen habe, während der Sachverständige den Verdacht der Kontrollorgane nach § 53 Abs. 1 GSpG durch ein mündliches Gutachten bestätigt und mit weiterem Bildmaterial und entsprechenden Erklärungen untermauert habe. Die Berufungsbehörde habe die im Berufungsbescheid zitierte umfassende Stellungnahme der Abgabenbehörde vom 6. Oktober 2011 nicht gewürdigt. Den somit mündlich und schriftlich ausführlich dargelegten Verdacht entkräftende oder widerlegende Argumente seien der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung nicht vorgelegen.

Die Aussagen des Sachverständigen hätte die belangte Behörde entweder mit entsprechender Begründung als unschlüssig verwerfen oder durch ein auf gleicher fachlicher Ebene erstelltes Gutachten widerlegen müssen.

Darüber hinaus wird in der Beschwerde darauf hingewiesen, dass bei den mit dem beschlagnahmten Gerät möglichen Kartenpokerspielen das Spielergebnis erst nach mindestens zwei Spieldurchgängen festgestanden sei, der Einsatz somit entgegen dem landesrechtlichen Bewilligungsbescheid in zwei Teilen zu je 50 Cent, insgesamt also 1 Euro, betragen habe. Dies habe der der Kontrolle beigezogene allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde ausgesagt. Dies werde schließlich auch durch die Spielbeschreibung im angefochtenen Bescheid bestätigt, in der davon die Rede sei, dass je Betätigung der Start-Collect-Taste 5 Punkte des Guthabens (entsprechend 50 Cent) abgebucht würden. Da bei den Spielen das Ergebnis erst nach zweimaligem Drücken der Start-Collect-Taste feststehe, ergebe sich aus diesen Feststellungen ebenfalls, dass der Einsatz 1 Euro betragen habe. Schließlich werde im angefochtenen Bescheid auch festgehalten, dass bei Vorhandensein von Gewinnen der Einsatz maximal 20 Punkte betragen könne.

2.6. Dieses Vorbringen führt die vorliegende Beschwerde zum Erfolg.

Die belangte Behörde hat nicht dargelegt, inwieweit die von Ing. K bestätigte Unversehrtheit von Vignetten und Plomben bei einem technischen Gerät wie dem Glücksspielautomaten schon bedeuten sollte, dass die im Gerät vorhandene Software noch jener entsprach, welche der Bewilligung durch die Landesregierung zu Grunde gelegen war. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass auch die Bewilligungsbehörde, die den Bescheid vom 31. Dezember 2008 nach K-VAG erließ, ersichtlich davon ausgegangen ist, dass eine Veränderung des Spielprogramms durchaus möglich wäre.

Eine Entkräftung des Verdachts auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz ist nicht schon dann anzunehmen, wenn sich der Betreiber des Geräts auf eine landesrechtliche Bewilligung beruft und es nicht ausgeschlossen ist, dass das Gerät noch die der Bewilligung zu Grunde liegenden Eigenschaften aufweist, sondern es müsste in einem ordnungsgemäßen Verfahren festgestellt sein, dass dies tatsächlich der Fall ist.

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hängt daher wesentlich davon ab, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, dass das Betreiben des Glücksspielautomaten im Hinblick auf § 60 Abs. 25 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, durch den Bescheid der Kärntner Landesregierung (bzw. des Amtes der Landesregierung) gedeckt war, weil die vorgefundenen Spiele von der Bewilligung nach K-VAG gedeckt seien.

2.7. Der Beschwerdeführerin ist dahin gehend zu folgen, dass die Rechtskraft des Bescheides vom 31. Dezember 2008 jedenfalls keine Spiele deckt, bei denen der Einsatz den Betrag von 50 Cent und der Gewinn EUR 20,-- übersteigt.

Die von der belangten Behörde angesprochene Problematik des Vertrauensschutzes für den Bewilligungsadressaten der Bewilligung nach K VAG stellt sich im Beschwerdefall nicht, weil die mitbeteiligte Partei auf Grund des Bescheides vom 31. Dezember 2008 gerade nicht darauf vertrauen konnte, bestimmte Spiele ungeachtet eines Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes betreiben zu dürfen.

2.8. Die belangte Behörde ist allein auf Grund der Aussage des Ing. K davon ausgegangen, dass das Vorhandensein der intakten Versiegelung und Plombierung darauf schließen lasse, das Gerät entspreche noch den Anforderungen des Kärntner Veranstaltungsgesetzes. Die Aussage des Sachverständigen F hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zwar wieder gegeben, ist aber in der Folge seiner rechtlichen Qualifikation, dass ein Spieleinsatz von mehr als 50 Cent erforderlich gewesen sei, nicht gefolgt, da für die Zuteilung neuer Karten jeweils nur 50 Cent zu entrichten gewesen seien. Die belangte Behörde ist somit ebenfalls davon ausgegangen, dass in mehrstufigen Spielen ein höherer Einsatz als 50 Cent erforderlich war, scheint aber in rechtlicher Hinsicht dies deshalb als unbeachtlich erachtet zu haben, weil (auch) diese Spiele vom seinerzeitigen Bewilligungsbescheid nach Kärntner Veranstaltungsgesetz erfasst gewesen seien.

Dieser Auffassung kann nach dem Vorgesagten jedoch nicht gefolgt werden.

2.9. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde auch ihre Feststellung getroffen, dass eine offenkundige Verletzung des GSpG bei der Bewilligung nach Kärntner Landesrecht nicht habe festgestellt werden können. Es sei im Beschwerdefall nicht hervorgekommen, "dass nach der Auslegung des K-VAG 1997 ein Einsatz von mehr als 50 Cent bzw. ein Gewinn von mehr als EUR 20,-- " möglich sei.

Im Bewilligungsbescheid wurde - wie bereits hervorgehoben - ausdrücklich festgehalten, der Einsatz je Spiel dürfe den Betrag oder Gegenwert von 50 Cent und der Gewinn den Betrag oder Gegenwert von EUR 20,-- nicht übersteigen. Es ist somit davon auszugehen, dass auch die Bewilligungsbehörde bei Bescheiderlassung nicht ausgeschlossen hat, dass auch ohne Bruch des Siegels oder der Plombe eine Einstellung des Apparats derart, dass damit die zulässigen Wertgrenzen je Spiel überschritten werden könnten, möglich wäre.

Der Schluss, dass die Zeugenaussage des Sachverständigen K ausreichend Beweis liefere, dass sich die A GmbH auf einen rechtskräftigen Bescheid der Kärntner Landesregierung berufen könne und daher kein Eingriff in das Glücksspielmonopol vorliegen könne, ist daher auf Grund der vorliegenden festgestellten Beweisergebnisse nicht nachvollziehbar.

2.10. Soweit die belangte Behörde jedoch gemeint haben sollte, dass bei dem festgestellten Sachverhalt (mehrstufiges Spiel mit jeweils gesondertem, insgesamt 50 Cent übersteigendem Einsatz) kein Verstoß gegen das Glücksspielgesetz bzw. keine verfassungswidrige Bewilligung vorliege, kann einer solchen Auffassung nicht gefolgt werden.

Diese Auffassung kann sich auch nicht - wie in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei vertreten wird - auf P. Bydlinski, Zivilrechtsfragen des "kleinen" Automatenglücksspiels, ÖJZ 2008, 97, stützen. P. Bydlinski gehtvielmehr ausdrücklich davon aus, "dass nicht zwei Spiele mit je gesondertem Einsatz (von insgesamt über EUR 0,50) von bloß einem Ereignis abhängig gemacht" werden dürften. "Umgekehrt" gelte das nicht: werde dem Spieler deutlich gemacht, dass das Ergebnis uU erst nach mehreren Spielschritten feststehe, die je für sich nur ein Zwischenergebnis darstellten, bestünden "keine rechtlichen Probleme". Derartige Spiele dauerten länger, "ohne dass sich der Einsatz erhöht". Die Aussage bezieht sich also nur auf mehrstufige Spiele, bei denen der Einsatz in Summe nicht den Grenzwert übersteigt. Damit ist jedoch für den Fall nichts ausgesagt, in dem mehrere Spielschritte mit je eigenem Einsatz, der in Summe mehr als 50 Cent beträgt, für einen allfälligen Gewinn erforderlich sind (vgl. die hg. Rechtsprechung zu den sog. "Fun-Wechslern", z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068).

2.11. Unverständlich sind die Ausführungen in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei, die Beschwerdeführerin habe nicht behauptet, dass der Verdacht auf Übertretung des GSpG noch zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde bestanden habe (vgl. nur den Schriftsatz des Finanzamts Spittal Villach vom 6. Oktober 2011, die Behauptung ist somit aktenwidrig).

2.12. Aus diesen Erwägungen folgt, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben war.

Wien, am 27. April 2012

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